Soziales Gute alte Zeit ?

minu
minu
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Gute alte Zeit ?
geschrieben von minu
Man redet immer von der guten, alten Zeit, was war denn soooo gut daran?
Uneheliche Kinder wurden wie Dreck behandelt, arme Kinder wurden verdingt. Eltern verschacherten ihre Kinder, weil sie nicht genug Nahrung hatten.
Mädchen wurden in die Klöster gesteckt, weil sie keinen Platz auf dem Bauernhof mehr hatten. Akordarbeit, Kinderarbeit in den Fabriken , das Geld wurde in den Familientopf gesteckt. Ausbildung für Mädchen gab es nicht, sie heiraten ja sowieso.
Was also war denn so gut, an der guten , alten Zeit?
minu
adam
adam
Mitglied

Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von adam
als Antwort auf minu vom 27.03.2010, 07:41:40

Stimmt, wenn ich an meine "Gute, alte Zeit denke. PC gab es nicht ansatzweise, kein Handy, die Schallplatten hatten Kratzer und verbogen sich in der Sonne, die Familie war hierarchisch-autoritär und in der Schule wurde noch geprügelt. Dabei ist meine ehrliche Erinnerung noch das reiste Zuckerschlecken gegenüber der guten, alten Zeit meiner Oma mit Kaiserzeit, Weltkriegen und Hunger. Trotzdem schwärmte sie.

Aber die Zeit verklärt, das Denken wird nostalgisch und die rosarote Brille zeichnet alles in warmen Tönen. Das Positive bleibt im Gedächnis und gaukelt gegenüber den Problemen der Gegenwart eine gute, alte Zeit vor. Jungend hat das Privileg der Unbekümmertheit.

Daran erinnert sich wohl jeder gern und last not least kann es ja auch als Vorbild und Mahnung an die Jüngeren weiter gegeben werden. Was waren wir doch toll als wir in euerem Alter waren. Ich fand diese Angeberei immer entsetzlich.

--

adam

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usabima
usabima
Mitglied

Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von usabima
als Antwort auf minu vom 27.03.2010, 07:41:40
ich denke, daß die "gute, alte Zeit" deswegen eine solche ist, weil wir da jung und gesund waren, mehr oder weniger "wild", die Welt zu entdecken, voller Zuversicht, unsere Ziele zu erreichen.....wir hatten quasi das ganze Leben vor uns, die Welt stand uns offen, alles war möglich - jedenfalls bei mir

die weniger schönen Dinge werden ja ohnehin und glücklicherweise in der Erinnerung oft "ausgeblendet", so daß der Tod der Oma(z.B.)längst nicht mehr so eine "Weltuntergangsstimmung" auslöst, wie "damals"

Usabima

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majana
majana
Mitglied

Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von majana
als Antwort auf minu vom 27.03.2010, 07:41:40
Die gute alte Zeit ist nur deshalb so gut, weil man sie heute in einem verklärten Licht betrachtet. Vielleicht auch noch deshalb, weil nicht alles so schnellebig war, die Menschen nicht so unter Zeit- und Leistungsdruck standen und, und, und. Gut war diese Zeit in der Tat nicht, man war erheblich intoleranter als heute. Als ich jung war, war auch nicht alles Gold was glänzte und es gab nach dem Krieg viele Einschränkungen, von denen die jungen Menschen heute überhaupt keine Ahnung haben.

Gehen wir ins 18. und 19. Jahrhundert zurück, dass ja als "die gute alte Zeit" genannt wird, dann denke ich an
die Kinderarbeit. Mit der Industrialisierung nahm diese im 18. und 19. Jahrhundert in Europa und den USA Ausmaße an, die die Gesundheit und Bildung der Bevölkerung massiv beeinträchtigten. Kinder ab vier, sechs oder acht Jahren arbeiteten in dieser Zeitepoche nicht nur als Hilfskräfte und Dienstboten, sondern auch zu einem großen Teil in der Textilindustrie, in Kohlegruben und Minen, zwischen 10 und 16 Stunden täglich. Manche Arbeiten im Bergbau konnten nur von Kindern wegen ihrer geringen Körpergröße ausgeführt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war ein Drittel der Fabrikarbeiter in den USA zwischen sieben und zwölf Jahren alt.

Wer wünscht sich solche Zeiten zurück, wohl niemand.
clara
clara
Mitglied

Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von clara
als Antwort auf majana vom 27.03.2010, 20:23:35
Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland jedes 5. bis 6. Kind arm ist. Viele wachsen ohne intakte Familie auf, ein Schicksal, das vielen Nachkriegskindern auch nicht erspart blieb. Der Vorteil damals war, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht so auseinander klaffte und dementsprechend weniger Neid herrschte, mit all den negativen Folgeerscheinungen.

Die Ausgangsfrage ist vermutlich nur auf Deutschland bezogen, denn weltweit befinden wir uns in einer "schlechten neuen Zeit": 190 Millionen Kinder zwischen 5 und 14 Jahren arbeiten weltweit in der Landwirtschaft, in Steinbrüchen, als Kindermädchen. 10 Millionen im Tourismus, davon werden 1 Million sexuell ausgebeutet.

Clara
eko
eko
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Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von eko
als Antwort auf minu vom 27.03.2010, 07:41:40
An der "guten alten Zeit" ist gar nichts dran. Sie wird, wie majana es beschreibt, in einem verklärten Licht betrachtet.

Experten nennen das, glaubich, "Verdrängungsoptimismus".


Sooo gut war die gute alte Zeit nämlich auf gar keinen Fall.

e k o

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nasti
nasti
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Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von nasti
als Antwort auf eko vom 27.03.2010, 21:28:04
Die gute Zeiten
waren immer da, lediglich wir haben das nicht bemerkt, genauso wie jetzt. Wenn ich ente durch die Straßen, erinnere mich an die Zeiten wo ich 10 Stunden frisch und jugendlich spazierte. Und jetzt beschwere mich warum muss ich mich öfter ausruhen. Dabei vergesse ich die Tatsache, dass nach paar Jahre kann noch schlimmer werden, also jetzt sollte mich freuen über meine noch vorhandene Kräfte. Aber ich tue das nicht.
Vor 20 Jahren waren die Straßen mit mehr Licht bestrahlt, die Geschäfte liefen gut, und wir klagten über schwache Geschäfte, wenige schöne Schaufenster. Jetzt sind die Laden leer, schwarze, verlassen Schaufenster gähnen von leere, aber es gibt noch einige, wir sehen noch die Defizite.
Und weil wir uns nicht gaukeln ein das es alles schön, rosig positiv ist, ist das Beweis dafür das wir noch gesund sind, wir schaffen es auch ohne Meditation. *g*

Nasti
eleonore
eleonore
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Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von eleonore
als Antwort auf adam vom 27.03.2010, 09:09:27
ich denke gerne an meine kinderzeit zurück, ohne verklären.
die auslands aufenthalte mit meine mutter waren ganz wunderbar, keinen tag möchte ich davon missen.
obwohl ich ein *schlüßelkind* war, da in sozialismus die frauen und mütter gearbeitet haben, hatte ich mein opa.
meine zeiten als aktive, junge sportlerin waren auch wundervoll, es hat trotz alle anstrengungen viel freude gemacht.

allerdings denke ich nicht gerne an zeit zurück, wo es in letzte gymnasium klasse um den berufswahl ging.
ich wollte gerne medizin studieren, in 2. fach archäologie und wollte in forschungs bereich gehen.
dies wurde mir verwehrt, trotz mein sehr gute abi (1,2),begründung grob geschildert:
du kommst aus der falsche familie.
und dafür hab ich mich jahrelang mit latein rumgeplagt :)

nein, nüchtern betrachtet war nicht alles besser,vieles ja und einiges nein.
oder bin ich noch zu jung????

olga64
olga64
Mitglied

Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf eleonore vom 28.03.2010, 08:45:51
An meine Kindheit denke ich nicht gerne zurück: geboren im letzten Kriegsjahr wurden wir dermassen miefig erzogen und dies noch im alten Nazi-Stil (egal ober Elternhaus oder Schule).
Dazu nicht funktionierende Badezimmer, Kohleheizungen, keine Waschmaschinen, keinen Geschirrspüler und kleine Wohnungen für zu viele Menschen.
Zu fette Ernährung, wenig Obst und Gemüse (zumindest in den Städten)und die Bauern schröpften dann die Stadtbevölkerung entsprechend ab.
Da lebt es sich heute für jeden doch viel komfortabler.
ERst als ich mein Studium begann und mit Gleichgesinnten (auch vielen Frauen) dafür kämpfte, dass sich dies änderte, machte das Leben wirklich Spass.
Und abhalten hätte mich davon von niemanden lassen (z.B. "falsche Familie"). Dies war in der Aufbruchszeit des Wirtschaftswunders auch nicht so relevant wie heute, wo junge Bewerber sehr wohl daran gemessen werden, aus welchen Schulen sie kommen und auf welchen Universitäten sie studierten.
Olga
fenna
fenna
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Re: Gute alte Zeit ?
geschrieben von fenna
ich denke gerne an meine kindheit zurück. ich wurde dezember 42. geboren. als ich alt genug war um meine umwelt bewußt wahrzunehmen, war das schlimmste schon vorbei. wir waren nicht reich, hatten aber eine warme wohnung, und immer genug zu essen.
die delikatesse von damals war ein brot mit margarine, und ein apfel
an feiertagen gab es manchmal würstchen.
immer mal wünsche ich mir die bescheidenheit und das einfache leben von damals zurück

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