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Soziales Haben oder Sein - immer noch aktuell?

loretta
loretta
Mitglied

Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von loretta
Aus gegebenem Anlass ist mir dieses Buch von Erich Fromm, welches ich vor über 30 Jahren, wohl wie die meisten von euch auch zu dieser Zeit, gelesen habe, in den Sinn gekommen.

Sind die von ihm aufgestellten Thesen und Werte noch immer überlegenswert und/oder hat sich unsere Gesellschaft entschieden und ist nur noch und ausschließlich auf „Haben“ ausgerichtet ….. nach dem Motto: Haste was, biste was.

Ist dieses Thema in unserer Gesellschaft, die auf Leistung und Besitztümer sowie Prestigedenken getrimmt ist, wirklich noch nachdenkenswert? Wiki meint: ja – das Thema sei sogar so hochaktuell wie eh und je.

Haben oder Sein (Untertitel: die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft) ist ein populäres gesellschaftskritisches Werk des Sozialpsychologen Erich Fromm von 1976.
Es ist im humanistischen Geist Fromms geschrieben und stellenweise – verfasst ein Jahrzehnt vor Glasnost und Perestroika – vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und insbesondere der Gefahr eines Atomkrieges (Kubakrise etc.) zu verstehen. Ersetzt man die von Fromm verwendeten und für die damalige Zeit aktuellen maschinenfixierten Beispiele durch computerfixierte, so ist das Werk zum größten Teil noch immer hochaktuell.

Am Ende seines Werkes arbeitet Fromm Gemeinsamkeiten derjenigen Denkweisen heraus, die sich vom Gedanken des Habens gelöst haben und sich der Sicht des Seins verpflichtet fühlen. Dieser Geist des Seins zeichnet sich durch folgende Punkte aus:


1. die Produktion habe der Erfüllung der wahren Bedürfnisse des Menschen und nicht den Erfordernissen der Wirtschaft zu dienen
2. das Ausbeutungsverhältnis der Natur durch den Menschen wird durch ein Kooperationsverhältnis zwischen Mensch und Natur ersetzt
3. der wechselseitige Antagonismus zwischen den Menschen ist durch Solidarität ersetzt
4. oberste Ziele des gesellschaftlichen Arrangements seien das menschliche Wohlsein und die Verhinderung menschlichen Leids
5. maximaler Konsum ist durch einen vernünftigen Konsum (Konsum zum Wohle des Menschen) ersetzt
6. der einzelne Mensch wird zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben motiviert



Denker, bei denen Fromm diese geistige Grundhaltung erkennt, sind u.a.:
Thoreau, Emerson, Albert Schweitzer, Ernst Bloch, Ivan Illich, die jugoslawischen Schriftsteller um die Zeitschrift "Praxis", Ernst Friedrich Schumacher, Erhard Eppler

Gemeinschaften, in denen dieser Geist gelebt wird, seien u.a.:
die israelischen Kibbuzim, die hutterischen Gemeinden, die Communautées de Travail



loretta
Marija
Marija
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von Marija
als Antwort auf loretta vom 20.08.2011, 20:04:02

loretta,

ganz entschieden : JA, ES IST NOCH AKTUELL.

Danke für den thread !
Täglich drin gelesen, war mir und ist mir immer noch ein wichtiges Buch..

Gruß
Marija
Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf loretta vom 20.08.2011, 20:04:02
... ganz einfach: JA -

... und wird es immer bleiben.

Davon bin ich zutiefst überzeugt.
ozimmi

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senhora
senhora
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von senhora
Die meisten Menschen haben sich bis heute ziemlich eindeutig für das Haben entschieden und die werden mit den Thesen von Fromm nicht viel anfangen können, die halten es eher für linke Spinnerei.

Die drei Säulen der heutigen Gesellschaft sind immer noch Privateigentum, Profit und Macht, die nur funktionstüchtig bleiben, wenn Egoismus, Selbstsucht und Habgier in ausreichendem Maße vorhanden sind.

Der Drang, immer mehr zu essen, immer mehr zu kaufen, immer mehr zu haben, immer mehr zu benutzen ist allgegenwärtig, und auch die Leidenschaften, wie Eifersucht, Ehrsucht, Machtsucht, Geldsucht, Esssucht ….. sind ständiger Begleiter der Menschen.

Ich kann nicht erkennen, dass die Mehrheit des modernen Menschen eine Notwendigkeit sieht, daran etwas zu ändern.

Senhora
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf senhora vom 21.08.2011, 05:43:32
Ob ich wohl ein Buch mit dem Titel "Haben oder Schein" schreiben sollte?
loretta
loretta
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von loretta
als Antwort auf schorsch vom 21.08.2011, 10:36:11


Gut gebrüllt, Löwe

loretta

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Marija
Marija
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von Marija
als Antwort auf loretta vom 21.08.2011, 10:40:12
Ich stelle einen Insider-link ein.
Hier erzählt ein ehemaliger Moody´s CEO, wie es die Habenden anstellen, habend zu bleiben und auch in Zukunft immer habend zu sein.

Leider in englischer Sprache.
Es ist interessant, wie mehr und mehr versucht wird, die Abgrenzung zur "Verliererschicht"
zu fixieren.

Erich Fromm träumte einen "frommen Traum".

"vom Wesen und Handeln der Habenden"

Marija
sittingbull
sittingbull
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von sittingbull
als Antwort auf Marija vom 21.08.2011, 10:52:37
Erich Fromm träumte einen "frommen Traum".


ich hab das buch natürlich auch gelesen...vor 30 oder 30000 jahren .
schwer beindruckt und durchdrungen von dem wissen , dass sich etwas ändern muss...
bin ich heute notwendig dort angelangt wo ich bin .
erich fromm war ein wegweiser... die letzte konsequenz hatte er nicht bedacht .
trotzdem ein großartiges buch ...
sollte man "haben" .

sitting bull
Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Marija vom 21.08.2011, 10:52:37
... wer "träumt" nicht?
EehemaligesMitglied58
EehemaligesMitglied58
Mitglied

Re: Haben oder Sein - immer noch aktuell?
geschrieben von EehemaligesMitglied58
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.08.2011, 08:37:32
In einer demokratie sollte es immer ein mehrparteiensystem geben und ein parlament das die regierung kritisiert.
Es wird deshalb schon mächtig schwer sein DIE WAHREN BEDÜRFNISSE des oder der menschen praxistauglich und gerecht zu fixieren und die wirtschaft in allen ihren bereichen darauf einzustellen.
In der praxis würde das planwirtschaft und diktatur bedeuten.
Wohin das bisher geführt hat ist allgemein bekannt.

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