Soziales Tabu-Thema?...Tod...

andrea
andrea
Mitglied

Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von andrea
wenn jemand stirbt, der einem sehr nahe steht,
ob plötzlich oder nach kurzer oder langer krankheit,
hat man meistens keine anlaufstelle, wo man sich verstanden fühlt.

geht, oder ging es euch auch schon so?

es gibt menschen , die gerne dasein möchten, sich aber bald überfordert fühlen.
sodass der trauernde rücksicht nehmen muss.
freunde sortieren sich schnell.
verwandte ziehen sich zurück.

nach einiger zeit soll dann alles wieder gut und "normal" sein.

ist es aber nicht eher so?
man fühlt sich oft so alleine, dass man denkt... man ist schon jahrzehnte alleine,
obwohl es vielleicht erst 1 oder 2 jahre sind.
und manchmal, wenn der film der letzten gemeinsamen zeit oder die erste zeit nach dem tod, abläuft
denkt man...es war doch erst gestern.

wenige erwähnen gerne den verstorbenen.

sollen verstorbene "tot-geschwiegen" werden?

man hat manchmal das bedürfnis mit wem über die "trauer-zeit" sprechen zu können.
dann hört man... "bitte nicht so ein trauriges thema".
und wieder ist man alleine.

was gerade noch erlaubt ist, sind schöne gemeinsame erlebnisse, die man zusammen mit dem verstorbenen hatte.

andere wiederum setzen verstorbene auf einen thron, dass bedeutet...er war der beste mensch ohne jegliche fehler. anders könnten sie den schweren verlust nicht ertragen.

mich würde eure meinung und eure erfahrungen sehr interessieren.

aber ich möchte ehrlich auch niemandem zu nahe treten oder "heilende" wunden aufreissen.

herzlichen gruss von

--
andrea
sonja47
sonja47
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von sonja47
als Antwort auf andrea vom 09.01.2009, 18:21:46
Liebe andrea
Das Thema Tod, Trauer um eine geliebte Person, jeder Mensch empfindet
da auf seine Weise!
Die Einen stürzen sich in Arbeit und möchten möglichst nicht darauf
angesprochen werden, andere Menschen leiden sehr und fühlen sich wie Du
es beschreibst, alleingelassen!
Für mich war es nach dem Tod meines Ehemannes wichtig, auf die Menschen
zuzugehen, ihnen mitzuteilen was ich brauche!
Das erste Trauerjahr wurde ich von meiner Umgebung sehr oft auf
mein Befinden angesprochen! (zuviel)
Nach einem Jahr nahm das Intresse sprunghaft ab, dabei spüre ich die
Einsamkeit heute nach gut 8 Jahren stärker als unmittelbar nach dem
Tod!
Irgendwie haben wir Mühe das richtige Mass an Zuwendung, ausfindig zu
machen!

--
sonja47
cariha
cariha
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von cariha
als Antwort auf andrea vom 09.01.2009, 18:21:46

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es einem unheimlich hilft, wenn man immer wieder über den Menschen spricht, der nicht mehr da ist. Vor ca. 4 Jahren ist meine allerbeste Freundin voraus gegangen und in meinem Freundeskreis wird immer noch so über sie gesprochen, als sei sie noch unter uns. Wir können über manches herzhaft lachen aber manchmal sitzen wir auch mit Tränen in den Augen da und spüren, wie sehr sie uns fehlt. Gerade das ist es, was uns hilft, mit dem Verlust um zu gehen. Denn in unseren Herzen lebt sie weiter und wird immer da sein. Wie oft halte ich Zwiesprache mit ihr und es geht mir danach wieder gut. Totschweigen ist für einen selbst, das Schlimmste was man machen kann.

Liebe Grüße - Conny

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andrea
andrea
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von andrea
als Antwort auf sonja47 vom 09.01.2009, 19:22:33
liebe Sonja,

genauso ging und geht es mir auch.

zuerst wird man völlig eingenommen, ständig sind leute um einen, so dass es schwer ist überhaupt etwas ruhe zu finden.
dann nach einiger zeit...soll man wieder fuktionieren als wäre nichts geschehn.

die zeit heilt nicht alle wunden...

es wird auch nicht "besser"... es wird nur "anders"...

mir ist auch bewusst, dass es für unsere angehörigen und "freunde" auch schwer ist mit uns umzugehn.

ganz lieben gruss von

--
andrea
andrea
andrea
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von andrea
als Antwort auf cariha vom 10.01.2009, 08:50:24
liebe Conny,

ich denke selbst kann man den oder die tote gar nicht totschweigen.
dazu hat er oder sie zulange zum leben gehört.

jedoch mache ich immer wieder die erfahrung, wenn ich meinen mann erwähne, dass dann betretenes schweigen eintritt, sodass ich schnell still bin und sogar ein schlechtes gewissen habe.

vielleicht hat man auch gerade um die feiertage, die jetzt (zum glück) hinter uns liegen ein grösseres befürfnis reden zu dürfen, weil man da ja oft noch einsamer ist als sonst.
und da sind eben andere mit ihren familien beschäftigt, was nur normal ist und ich ja sehr gut verstehe.

es ist halt für alle schwer mit dem tod umzugehn.

--
andrea
pilli
pilli
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von pilli
als Antwort auf andrea vom 10.01.2009, 09:44:37
vielleicht ist es nicht schwer, "mit dem tod umzugehen" wenn die aufarbeitung des geschehens in einem kreis mit anderen trauernden geschieht? es hat zahlreiche selbsthilfegruppen; nur nutzen sollte mann oder frau das schon?

"betreten" , wie du es bezeichnest, andrea

schauen andere vielleicht, wenn sie schon lange erkannt haben, der oder die trauernde ist nicht fähig, abschied zu nehmen und den verstorbenen "gehen zu lassen"? auch das ist ein zeichen von liebe und wertschätzung zu dem verstorbenen: ihn endlich gehen zu lassen und nicht immer wieder hervor zu kramen, damit mann oder frau vielleicht im vordergrund stehen kann?

es hat eine zeit zu trauern; aber es hat ebenso eine zeit, sich dem leben wieder zuzuwenden! wie lange nun dieser zeitraum der trauer ist, das bestimmt jede und jeder für sich und niemand wird m.e. vergessen sein, der in den gedanken der hinterbliebenen bleibt; aber muss datt nun ständig gesprächsstoff sein?


--
pilli

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Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf andrea vom 10.01.2009, 09:44:37

hallo andrea,

es ist in der tat schwierig, mit dem thema unbefangen umzugehen.
es kommt immer auf den jeweiligen menschen an, den der verlust am meisten/engsten
getroffen hat.

nach dem tod meiner mutter im august war ich auch in den ersten monaten froh, nicht
über alles sprechen zu müssen, war froh, wenn niemand das thema erwähnte.

jetzt - nach einiger zeit - können wir in der familie schon sagen "omi würde ....."
oder "omi hätte..."

man muss sensible antennen entwickeln im zusammenhang mit den angehörigen,
spüren, ob jemand drüber sprechen mag oder gar kann.

viele menschen sind einfach nur hilflos im umgang mit trauernden.





karin2
andrea
andrea
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von andrea
als Antwort auf pilli vom 10.01.2009, 09:55:30
"ständig" muss er sicher nicht gesprächsstoff sein, da hast du recht.

--
andrea
sonja47
sonja47
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von sonja47
als Antwort auf pilli vom 10.01.2009, 09:55:30
Hallo pilli
Nein ständig den Tod eines uns nahestehenden Menschen anzusprechen
ist absolut nicht sinnvoll!
Unser Leben geht weiter, Ihm neuen Sinn geben ist angesagt, dies habe
ich schnell begriffen und habe Kurse besucht, karitative Arbeit
angenommen, dabei hatte aber auch die Trauerarbeit immer wieder seinen Platz.
Im Loslassen können, die geliebte Person aber im Herzen zu tragen ist
eine der Trauerarbeit!
Dann ab und zu mit Kolleginnen welche dasselbe erlebt haben sich auszutauschen, ist Seelennahrung.
Die Trauer jedoch ist in einer steten Veränderung.
Grüsse von
Sonja


--
sonja47
ruth
ruth
Mitglied

Re: Tabu-Thema?...Tod...
geschrieben von ruth
als Antwort auf pilli vom 10.01.2009, 09:55:30
Pilli,
grundsätzlich bin ich Deiner Meinung.
Für das Umgehen mit dem Tod gibt es sicher kein Rezept. Der eine empfindet es als wohltuend, wenn im Bekanntenkreis über den Verstorbenen gesprochen wird - der andere (z.B. ich) tut und will das nicht. Am wenigsten kann ich das, wenn es ein besonders schmerzlicher Verlust war - vielleicht wird das sogar falsch verstanden, aber ich muss mit mir allein zurecht kommen.
Während meiner Tätigkeit als Hospizmmitarbeiterin war ich wahrscheinlich auch für den Kreis der Betrtoffenen beim Sterben ihres Angehörigen mehr Hilfe als Trost, hatte aber mit demjenigen, der im Begriff war, diese Welt zu verlassen meist eine besonders innige Verbindung.
Besonders viel oder oft über den Verstorbenen sprechen, konnte ich auch in diesen Fällen nicht, beschränkte mich aufs Zuhören.
--
ruth

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