Soziales verrohtes bürgertum

sittingbull
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verrohtes bürgertum
geschrieben von sittingbull
„Die bürgerliche Gesellschaft steht vor einem Dilemma: Entweder Übergang zum Sozialismus oder Rückfall in die Barbarei"
Rosa Luxemburg

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“
Aristoteles



Studie ''Deutsche Zustände'' vorgestellt...

"Rohe Bürgerlichkeit und soziale Vereisung''

Seit 2002 untersuchen Wissenschaftler in einer Langzeitstudie die Ausmaße, Entwicklungen und Ursachen von Vorurteilen in Deutschland. Aktuell haben die Forscher die Folgen der Wirtschaftskrise unter die Lupe genommen - und dabei eine ''deutliche Vereisung des sozialen Klimas'', "rohe Bürgerlichkeit" und einen zunehmenden Klassenkampf von oben beobachtet. Die Feindbilder in einer durchweg wirtschaftlich geprägten Gesellschaft seien Muslime und ''wirtschaftlich Nutzlose''.

Von Patrick Gensing, tagesschau.de

In der 9. Folge des jährlichen Reportes ''Deutsche Zustände'' wird unter anderem gefragt: Welche Auswirkung hat das Gefühl der Bedrohung durch die Wirtschaftskrise auf Einstellungen zu schwachen Gruppen? Wie steht es um die Solidarität in unserer Gesellschaft? Welche Entwicklung zeichnet sich dabei in den höheren Einkommensgruppen ab?

Zentrales Ergebnis der Untersuchung: Angefeuert von politischen, medialen und wissenschaftlichen "Eliten" sind in höheren Einkommensgruppen deutliche Anstiege hinsichtlich abwertender, menschenfeindlicher Einstellungen gegenüber verschiedenen schwachen Gruppen vorzufinden. Dies müsse als eine deutliche Vereisung des sozialen Klimas interpretiert werden, meinen die Forscher.

Kulturloses und verrohendes Bürgertum

Zudem sprechen die Wissenschaftler von einer zunehmend ''rohen Bürgerlichkeit''. Diese Rohheit zeichne sich dadurch aus, dass es infolge von ökonomischen wie gesellschaftlichen Kriseneffekten deutliche Hinweise auf eine ''entsicherte wie entkultivierte Bürgerlichkeit'' gebe, die auch über ''angeblich liberale Tages- und Wochenzeitungen'' verbreitet werde. Die neue Formel des Abbaus von sozialstaatlichem Anrecht auf Unterstützung laute: Gnade durch Wohlhabende und Selbstverantwortung der sozial Schwachen.

Die Forscher betonen, dass der gepflegte Konservatismus abgestreift werde: Zivilisierte, tolerante, differenzierte Einstellungen in höheren Einkommensgruppen scheinen sich in unzivilisierte, intolerante Einstellungen zu wandeln. So nimmt beispielsweise in der höheren Einkommensgruppe (ab 2500 Euro pro Kopf; Haushaltsnettoeinkommen, umgerechnet und gewichtet nach Anzahl der Personen im Haushalt) die Zustimmung zu Etabliertenvorrechten und Islamfeindlichkeit besonders deutlich zu. Da sich die zunehmende Islamfeindlichkeit insbesondere bei höheren Einkommensgruppen zeige, wirke Bildung in diesem Fall nicht entgegen, heißt es in der Studie weiter.

Ungeniertes Abwerten von Schwächeren

Auch die Entsolidarisierung der Besserverdienenden fällt bei den Ergebnissen der Studie ins Auge. Wohlhabendere fühlen sich ungerecht behandeln - obwohl es eine Umverteilung von unten nach oben gebe. ''Der semantische Klassenkampf von oben wird ungeniert offenbart'', schreiben die Wissenschaftler. Zudem werten Höherverdienende Langzeitarbeitslose deutlich mehr ab, als Befragte in niedrigeren Einkommensgruppen dies tun.

Wer eine ökonomistische Sichtweise teilt - also Menschen nach ihrem Nutzen beurteilt - neigt der Studie zufolge deutlich eher zur Abwertungen schwacher Gruppen. Der Zusammenhang ist bei denen besonders hoch, die sich selbst ''oben'' verorten. Insgesamt sei ''eine ökonomistische Durchdringung sozialer Verhältnisse zu registrieren''.

Die Feindbilder: Muslime und ''wirtschaftlich Nutzlose''

Zudem sei das Verhältnis von regierender Politik und gesellschaftlichen Gruppen nachhaltig gestört, so die Ergebnisse der Untersuchung. Das rechtspopulistische Potential, mit islamfeindlichen Einstellungen verbunden und aggressiv aufgeladen, zeige dies.

Dieses rechtspopulistische Potential sei in allen gesellschaftlichen Gruppen vorrätig, aber die Zunahme in höheren Einkommensgruppen sei ''auffällig und gefährlich'', weil die rohe Bürgerlichkeit und ihre ''Mobilisierungsexperten'' in Medien die angebliche Dekadenz dieser Gesellschaft, das angebliche Schweigen über die Integrationsprobleme von Eingewanderten und fehlende Leistungsbereitschaft ''unten in der Gesellschaft'' aggressiv beklagen. Zur Bekämpfung dieser Dekadenz bedarf es dieser Logik zufolge innergesellschaftlicher Feindbilder. Muslime gehören ebenso dazu wie wirtschaftlich Nutzlose.

Beunruhigende Aussichten für demokratische Gesellschaft

Die Wissenschaftler betonen, rechtspopulistische Positionen versprächen angebliche Sicherheit in unruhigen Zeiten. Dies nehme mit dem Alter zu und sei in einer alternden Gesellschaft keine beruhigende Prognose für die demokratische Qualität. Für den sozialen Zusammenhalt in einer zunehmend ethnisch-kulturell heterogenen Gesellschaft seien das keine positiven Signale.

Quelle: tagesschau.de
Marija
Marija
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Re: verrohtes bürgertum
geschrieben von Marija
als Antwort auf sittingbull vom 04.12.2010, 11:11:05
ja, sittingbull,so sieht es aus..............

Das ist die Gegenwart. Die Zukunft wird noch schlimmer - Notstandsverordnungen - Versammlungsbeschränkungen, zeitweises Abschalten des Internet.......

Wer keine Rücklagen, Wissen, Begabungen hat, der ist am Ende.

Die Vermögenden schotten sich jetzt schon ab -
sie wissen warum.
Gillian
Gillian
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Re: verrohtes bürgertum
geschrieben von Gillian
Sittingbull, ich sehe das so: Die Mehrheit der Menschen sitzt abends (oder auch tags) vor dem Fernseher und sieht alle möglichen Filme und Shows an, in denen wahrlich kein gutes Miteinander dargeboten wird. Verächtlichmachung, Demütigung, Beleidigung bis hin zur rohen Gewalt werden als "normales Leben" dargestellt. Es gibt kaum eine Sendung, wo ein höflicher und freundlicher Umgang mit den Mitmenschen gezeigt wird. Grobheit und Gefühllosigkeit ist "in".
Ich habe die Nase voll davon. Von den Privaten sowieso und (leider) zunehmend auch von den Staatlichen. Meine letzte Rettung sind noch die Dritten, da geht es grade so noch.
Ich sehe seit einiger Zeit nur noch Populärwissenschaftliches und Sportsendungen, soweit sie mich interessieren.
Wie soll die Jugend Höflichkeit und gute Manieren lernen, wenn schon nicht von den Eltern? Aber die Jugend hört seit jeher mehr auf ihresgleichen als auf die "Alten". Ich finde es ist Zeit, das mal zu erkennen und auch beim Fernsehen umzudenken. Aber wem sagt man das? Auf uns hört doch keiner ...

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urmelviech
urmelviech
Mitglied

Re: verrohtes bürgertum
geschrieben von urmelviech
als Antwort auf Gillian vom 05.12.2010, 15:32:39
Ich habe die Nase voll davon. Von den Privaten sowieso und (leider) zunehmend auch von den Staatlichen. Meine letzte Rettung sind noch die Dritten, da geht es grade so noch.
Ich sehe seit einiger Zeit nur noch Populärwissenschaftliches und Sportsendungen, soweit sie mich interessieren.
Wie soll die Jugend Höflichkeit und gute Manieren lernen, wenn schon nicht von den Eltern? Aber die Jugend hört seit jeher mehr auf ihresgleichen als auf die "Alten". Ich finde es ist Zeit, das mal zu erkennen und auch beim Fernsehen umzudenken. Aber wem sagt man das? Auf uns hört doch keiner ...

Dem kann man nur beipflichten. Es erhebt sich nur die Frage: wie sollens die Eltern richten.
Man schaut sich die Polit Talks in der ARD oder ZDF an, da wird einem schlecht, also wenn das die Diskussionskultur ist. Hier kann man keinen Falles "Höflichkeit und gute Manieren lernen"
das sind die öffentlich rechtlichen.

Deutschhland besteht nur aus Musikantenstadl, Talks ala Will ( dabei kommt noch mehr), Dauer Tatort. Gerichtsendungen, Superstars, -Talente , -Models, und Köchen. Laut Autobahnpolizei und Gerichtsendungen besteht NRW nur aus Ganoven. Wer's glaubt.

Alles Super auch bei den Privaten.
Dumm nur das man für den Müll immer zahlen muss, trotz abschalten.
Das ist das Wahre Leben,

Urmel
olga64
olga64
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Re: verrohtes bürgertum
geschrieben von olga64
als Antwort auf Gillian vom 05.12.2010, 15:32:39

Ich sehe seit einiger Zeit nur noch Populärwissenschaftliches und Sportsendungen, soweit sie mich interessieren.
Wie soll die Jugend Höflichkeit und gute Manieren lernen, wenn schon nicht von den Eltern? Aber die Jugend hört seit jeher mehr auf ihresgleichen als auf die "Alten".
[/quote]

Wie wäre es denn mal mit einem guten Film im TV(soweit Sie sich dafür interessieren?).
Das was Sie an der Jugend kritisieren, hat diese zu allen Zeiten so gemacht. In dem sie nicht "auf die Alten hört" - beginnt die Zukunft. Und oft ist es der Jugend nur zu empfehlen , nicht auf überkommene Standpunkt der Alten zu hören, sondern sich neue zu erschaffen.
Soll die Jugend jetzt vom Fernsehen erzogen werden? Was machen dann eigentlich die Eltern überhaupt noch für ihre "Wunschkinder"? Olga
Gillian
Gillian
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Re: verrohtes bürgertum
geschrieben von Gillian
als Antwort auf olga64 vom 06.12.2010, 15:05:57
Hallo, Frau Olga:

Mein vorletzter Satz drückte es doch aus, dass "von jeher" die Jugend nicht auf die Alten hört. Ich möchte doch hierbei keinen Streit anfangen.

Ja, und die "guten Filme" kommen im Fernsehen immer erst mitten in der Nacht. Wir nehmen oft welche mit DVD-Recorder auf und genießen sie dann, wenn das Abendprogramm ansonsten "ungenießbar" ist.

Zur Zeit verfolge ich Snooker auf Eurosport. Auch eine schöne Alternative zu anderen TV-Angeboten.
Schönen Gruß von Gillian

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