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Wirtschaftsthemen Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens

Karl
Karl
Administrator

Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von Karl
Wir haben hier schon oft das Zinssystem diskutiert und es gab viele Stimmen, die diesem System die Schuld an den Krisen des Finanzsystems gegeben haben.

Sehr spannend war es deshalb für mich heute auf http://www.finanzen100.de/ folgendes zu lesen:
Der Koran verbietet es Muslimen, Zinsen zu verlangen oder an der Börse zu spekulieren. Trotzdem wächst kaum ein Finanzmarkt so rasant wie islamische Banken. Die haben sich besondere Geschäftsmodelle ausgedacht - die uns als Vorbild dienen könnten.
geschrieben von Finanzen100


Lest selbst den Artikel im Detail.

Karl
pschroed
pschroed
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Karl vom 17.02.2015, 20:13:37
Hallo Karl.

Aber es gibt auch Lücken sowie sehr hohe Transaktionskosten. Gutes Beispiel der Verkauf und Rückkauf eines Hauses

Phil.

Das ist ok.

Weil Muslime keine Zinsen nehmen können, werden islamische Anleihen, die Sukuks, nicht verzinst. Stattdessen erwirbt der Gläubiger tatsächlich einen entsprechenden Anteil an der Firma, der er das Geld leiht und ist entsprechend prozentual am Gewinn beteiligt.

Na, ja ,

Zudem tricksen viele Instrumente auch das Zinsverbot aus: Bei "Murabahas" etwa kauft die Bank dem Kunden sein Haus ab und dieser verpflichtet sich, es später zu einem höheren Preis zurückzukaufen. Ein ähnliches Leasingmodell heißt "Ijara" - technisch gesehen zahlen die Kunden hier also schon Zinsen.

Pas mal!
olga64
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von olga64
als Antwort auf pschroed vom 17.02.2015, 20:56:30
Aktuell ist das ja nicht so unterschiedlich zu unseren Banken: Geld,das man sich leiht, kostet sehr wenig Zinsen - für eigenes Anlagegeld gibt es ebenfalls fast keine Zinsen.
Aber die wirklich reichen Muslimen (z.B. aus den Emiraten, Saudi-Arabien, Katar) legen nicht nur bei muslimischen Banken an. DAfür haben sie zu viele Beteiligungen auch an renommierten, deutschen Grossunternehmen, Fussballvereinen - kaufen sich viel und gerne in die Londoner Immobilienmärkte ein usw. Das bringt ja alles eine gute Rendite, die sie dann anscheinend als völlig legal ansehen.
Ich finde es seit langem interessant, wie Muslimen sich an der Versorgung von Armen usw. beteiligen: nach jedem Freitagsgebet warten vor den Moscheen die Bettler und es muss etwas gegeben werden.
Auch die Ehen, wo Männer mehrere Ehefrauen haben, sind für die Allgemeinheit doch gar nicht so schlecht: diese Männer werden auch gezwungen, für abgelegte Ehefrauen bis an deren Lebensende zu bezahlen,bzw.wenn sie sich noch eine neue dazunehmen, den Unterhalt der anderen entsprechend aufzustocken.
Das muss sich natürlich einer erst mal leisten können - aber ich denke in Saudi-Arabien, den Emiraten usw. geht das schon. Olga

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carlos1
carlos1
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 17.02.2015, 20:13:37
Hallo Karl,

zwar erlaubt die Scharia keine Zinsnahme für geliehenes Geld, aber sie gestattet die Entgegennahme von Gewinnen im Zusammenhang mit Sachwerten. Das führt zu neuen Anlageformen. Es wird getrickst, sicher, wie phil gezeigt hat. Aber die Vorteile in unserem Notenbanksystem (Fiat-Geld) sind offensichtlich.

Es gibt Diskussionen darüber, was der Zins eigentlich ist. Vereinfacht lässt sich Zins darstellen als Bezahlung für geliehenes Geld. Geld kann in diesem Zusammenhang als getane Arbeit definiert werden.Geld hat die Eigenschaft, dass es gespeichert werden kann, um es später zu nutzen. Wer Geld verleiht verzichtet also auf sofortigen eigenen Konsum, ihm entgeht ein Nutzen. Für den entgangenen Nutzungsgewinn stellt der Zins eine Entschädigung dar. Es gibt viele Erklärungen für den Zins.

Das Problem in unserer Geldwirtschaft ist jedoch nicht so sehr der Zins (Stichwort: ungerechtfertigte Bereicherung, arbeitsloses Einkommen, Wucherzins), sondern der Zinseszins, der nach Jahrzehnten eine gesparte Geldsumme in die Höhe schießen lässt (exponentielles Wachstum).

Der Charme des islamischen Systems liegt m. E. in der Verhinderung ungezügelter Spekulation und Vermeidung von Spekulationsblasen infolge der Bindung von Gewinnen an Sachwerte. Das ist eine Stärkung der Realwirtschaft. In unserem Notenbanksystem (Fiat-Geld) stünden der wachsenden Geldmenge dann immer weniger Sachwerte gegenüber. Die gegenwärtig aufgelaufene Menge an Staatsanleihen beträgt weltweit mehr als 100 Billionen Dolaar, das ist weitaus mehr als das BIP sämtlicher Staaten dieser Welt: Geldentwertung, Blasenbildung.

Die Stärkung der Realwirtschaft trüge zur Stabilität des Geldsystems bei. Gab es früher mal in Europa mit dem Goldstandard.
Karl
Karl
Administrator

Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 18.02.2015, 19:07:30
@ Carlos,

ja, das Problem ist der Zinseszins, der das Finanzsystem langfristig immer von der Realwirtschaft entkoppeln wird. Die Beteiligung an Firmen wirft natürlich auch Gewinn ab, ist aber dauerhaft an die Realwirtschaft gekoppelt. Dies ist der Vorteil der Strategie des islamischen Bankensystems.

Karl
carlos1
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 18.02.2015, 22:38:10
@ Karl,

es gibt solche Formen islamischer Anleihen längst in unserem Land.

Beispiel:

"Sachsen-Anhalt hat im Jahr 2004 als erster europäischer Emittent Sukuk über 100 Mio. EUR, fällig 2009, ausgegeben. In diesem Anleihekonstrukt wurden schuldrechtlich die Nutzungsrechte am Immobilienvermögen von Sachsen-Anhalt an eine niederländische Stiftung übertragen. Sachsen-Anhalt erhielt dafür eine einmalige Zahlung. Die niederländische Stiftung vermietet das Vermögen gegen jährliche Mietraten an Sachsen-Anhalt zurück, das somit den Zinszahlungen einer normalen Anleihe entspricht. Alle Forderungen der niederländischen Stiftung gegen Sachsen-Anhalt sind ungesicherte und bedingungslose Verbindlichkeiten des Bundeslandes. Am Ende der Laufzeit erwirbt Sachsen-Anhalt die Nutzungsrechte durch einmalige Rückzahlung der Summe aus dem Jahr 2004 zurück. Diese wird an den islamischen Investor weitergeleitet. Auf Umwegen hatte man damit eine festverzinsliche Anleihe." Aus Wikipedia

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olga64
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 18.02.2015, 22:38:10
Reiche, islamische Herrscher legen ja auch sehr gerne in europäischen Kunstwerken an. Z.B. die Herrscherfamilie in Katar kauft für viele Millionen (US-$) seit Jahren GEmälde usw. ein. Damit wird Europa auch viel entzogen, was eigentlich den hier lebenden Völkern zum Ansehen vergönnt sein sollte. Olga
DonRWetter
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf olga64 vom 23.02.2015, 17:18:49
Reiche, islamische Herrscher legen ja auch sehr gerne in europäischen Kunstwerken an. Z.B. die Herrscherfamilie in Katar kauft für viele Millionen (US-$) seit Jahren GEmälde usw. ein. Damit wird Europa auch viel entzogen, was eigentlich den hier lebenden Völkern zum Ansehen vergönnt sein sollte. Olga


Na, ja. Da stehen sich alle Beteiligten in nichts nach.

Woher stammen denn wohl die vielen ägyptischen Ausstellungsstücke im British Museum in London oder die Stücke im Pergamon-Museum in Berlin.

Da haben Europäer massiv im nahen Osten geklaut.
DonRWetter
DonRWetter
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf DonRWetter vom 28.05.2015, 19:41:54
Zurück zum islamischen Finanzwesen:

Kann mir jemand den faktischen Unterschied zwischen einem Kreditvertrag (Endfälligkeitsdarlehen) einer Bank, Laufzeit z.B. 1 Jahr, 5% Zinsen und einem islamischen Kreditvertrag, ebenfalls Laufzeit 1 Jahr, keine Zinsen, Rückzahlungskurs 105 % erklären?

Genau darauf läuft es nämlich hinaus. Das Kind bekommt nur einen anderen Namen.
Karl
Karl
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Re: Der Aufstieg des islamischen Finanzwesens
geschrieben von Karl
als Antwort auf DonRWetter vom 28.05.2015, 19:46:14
Es geht darum, dass nur reale Geschäfte gemacht werden. Reine Finanzgeschäfte und Zinseszins sind verpönt. Lies doch einmal die von mir verlinkte Quelle.

Karl

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