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Hamburg und Umgebung

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Michel ohne Turm

Gedacht war alles anders. Jedenfalls was den Ablauf des Tages betrifft, den ich mir so vorgestellt hatte. Aber wie heißt es so schön: Erstens kommt es anders, zweitens…

Und so war es am 29.06.2016, an dem Tag, an dem wir uns wieder beim HamburgTreff einfinden wollten. Ich hatte ziemlich viel auf dem Zettel stehen, was ich noch vor 12:45 erledigen wollte, denn um diese Uhrzeit wollten wir uns am Haupteingang vor dem Michel treffen.

Eigentlich ist er, der Michel, eine sie: eine der fünf Hauptkirchen von Hamburg, mit dem schönen Namen St. Michaelis – was wiederum eine Verbindung zu dem Erzengel Michael herstellt und dann heißt es wieder „er“ – der Erzengel. Total verwirrend, finde ich

Ich ging rechtzeitig los, erledigte auch alles, was ich mir vorgenommen hatte und fand mich rechtzeitig auf der Mönkebergstraße ein, um mit dem Bus zum Michel zu fahren. Aber, wie ich dann feststellte, stieg ich in den falschen Bus und fand mich an der Endhaltestelle St. Annen-Brücke wieder. Die ist in der Speicherstadt und diese wiederum auch sehenswert – aber für den Tag nicht vorgesehen. Von hier bis zum Treffpunkt ist es nicht so weit - zu Fuß vielleicht 15 Minuten, wenn man nicht so oft stehen bleibt wie ich, weil ich das eine oder andere noch fotografieren wollte.

Zum Beispiel den Blick auf die Speicher am Zollkanal



oder die Schiffsschraube des Hochseeschlepper FAIRPLAY IX, deren Durchmesser mich überraschte, kam ich doch mit meiner Nasenspitze kaum an die Mitte der Schiffsschraube um zu lesen, um was es sich hier handelt.



Auch die Feuerwache in der Admiralitätsstraße hielt mich etwas auf, hat sie doch einen wunderschönen Eingang, den ich bisher noch nicht bemerkt hatte.



Und ein Blick über die Elbe zeigte mir dieses Bild mit der Elbphilharmonie



Endlich stand ich dann vor dem Portal von St. Michaelis, rechtzeitig, und konnte mich auch hier noch etwas umsehen.

Über mir der Erzengel Michael, der den Teufel in Schach hält. Eine imposante Figur, die vom Bildhauer August Vogel geschaffen wurde, von dem auch zwei Marmorstatuen am Hamburger Rathaus gestaltet worden sind.



Dort traf ich dann die anderen, floeckchen und bombeiro, Anne60 und ihre Freundin, die beide mal reinschnuppern wollten in den Treff, bevor sie diesem beitreten, Sagar und Mandra.

Oft war ich schon im Michel und bin doch jedes Mal neu begeistert von dem Kirchenraum, wenn ich ihn betrete. Ganz in weiß gehalten, die Stuckornamente vergoldet mit Blattgold,



hell ausgeleuchtet durch die 24 hohen, klaren Fenster, die viel Licht herein lassen,



einer umlaufenden Empore mit drei Orgeln, je eine auf Ost-, Süd- und West-Seite





dem Eingang gegenüber der 20 Meter hohe Hauptaltar, ganz aus Marmor,



und die gewaltige Kanzel, die den Blick auch immer wieder anzieht. Weil man Sorge hatte, dass sie, weil ja ganz aus Marmor und entsprechend gewichtig, durch den Boden bricht, so erfuhren wir später, wurde in der darunter befindlichen Krypta eine Stütze gebaut.



Nicht nur ich, auch die anderen waren schon im Michel gewesen, aber hatten noch nie an einer Führung teilgenommen. Und so waren wir gespannt auf das, was uns gezeigt und berichtet werden würde. Unsere Führerin, Frau Schröder, erwartete uns schon und wir nahmen fast vor den Altar in den Reihen Platz.

Von hier aus dem Raum zu erleben, 52 Meter lang, 44 Meter breit, 27 Meter hoch, ist beeindruckend. 2500 Personen haben Platz im Michel und ich weiß um die gute Akustik dieses Hauses. Nicht von ungefähr finden im Michel bis zu 120 Konzerte jährlich statt. Es war den Erbauern wichtig, dass das Wort, das von der Kanzel gesprochen wurde, an jedem Ort im Raum gut gehört werden konnte, so erzählte uns Frau Schröder, die uns mit der Geschichte des Michel vertraut machte. Manche Predigt soll bis zu zwei Stunden gedauert haben.


Die Geschichte des Michel von den ersten Anfängen an wurde uns sehr anschaulich erzählt.



Wir erfuhren, warum das Gotteshaus dort gebaut wurde, wo es heute steht. Wir hörten von der Vorgängerkirche, dem kleinen Michel, der wegen der Flüchtlinge, die sich bei Hamburg ansiedelten zu klein wurde. 20.000 lebten damals in der Neustadt und die Kirche war gerade etwas größer als eine Kapelle.

Sie berichtete von der zweimaligen Vernichtung des Michels, durch Blitzschlag, der den Turm in Brand steckte und durch die Unachtsamkeit eines Handwerkers, von den Plänen der Stadtväter, eine größere Kirche zu bauen und dem Widerstand der Hamburger Bürger, die ihren Michel genau so wieder haben wollten wie er gewesen war - das Wahrzeichen von Hamburg. Dass der Michel früher nur zwei Seiteneingänge hatte und dass heute die Vielzahl der Türen der Tatsache geschuldet ist, dass eben 2.500 Menschen zwar zeitversetzt in die Kirche hinein gehen aber halt alle auf einmal hinaus wollen, wenn der Gottesdienst oder ein Konzert zu Ende ist, war mir nicht bekannt gewesen.

Auch die Krypta, in der mehr als 2.000 reiche Hamburger Bürger bestattet sind, wurde in die Geschichte des Michel mit einbezogen. Und so erfuhren wir, dass diese im Krieg auch als Zufluchtsort bei Bombenalarm diente.

Wir standen vor dem Taufstein aus weißem Marmor, gestiftet von Hamburger Kaufleuten, die 1763 in Livorno lebten und ihn dort anfertigen ließen.



Er ist neben dem Gotteskasten das älteste Stück, das im Michel zu sehen ist.

Dass der Deckel des Taufbecken separat auf einem Tisch liegt, verwunderte uns. Die Erklärung war aber einleuchtend. Der Deckel ist einfach zu schwer, als dass er von zwei Männern zur Taufe gehoben werden könnte. Und das Heben mit Seilen, die durch die Löcher geführt werden können, ist vor allem beim wieder Niedersetzen nicht ganz einfach. Weil, verkantet sich der Deckel, das Marmor beschädigt werden könnte - das wollte man vermeiden.




Wir hörten von der Geschichte des Hochaltars, den vormals ein anderes Bild füllte. Und von dem neuen Altar der es ermöglicht, dass der Pastor der Gemeinde nicht mehr den Rücken zukehren muss und dass die Gläubigen einander sehen können, wenn das Abendmahl genommen wird.

Dann stiegen wir auf zur Empore, um von der Geschichte der Orgeln von St. Michaelis zu hören, die eine separate Führung wert sind. Die Orgeln hatte ich ja schon von unten gesehen, auch gelesen, dass es fünf Orgeln in St. Michaelis gibt. Neben den drei, die ich oben schon mit Bild zeigte, gibt es noch über der Hauptorgel im Dachboden ein Fernwerk und auch in der Krypta, in der auch Konzerte gegeben werden, befindet sich eine Orgel. Was ich noch nicht wußte ist, dass die Orgeln im Kirchenraum alle gemeinsam von einem Spieltisch aus bedient werden können. 10.000 Pfeifen können dem Organisten zur Verfügung stehen.



Schön war auch der Blick in den Kirchenraum von dort oben und der letzte „von-oben-Blick“ den ich mitnahm,



denn der Aufstieg zum Turm, der vorgesehen war, fiel aus. Die Zeit war zu knapp, die Führung hatte länger gedauert als geplant und vorgesehen war.

An dieser Stelle möchte ich unserer Führerin, Frau Schröder, herzlich danken, die sich viel Zeit genommen hat und all unsere Fragen beantwortete.



Nach einer kleinen Pause, die von einigen von uns zu einem Rundgang um die Hauptkirche St. Michaelis genutzt wurde,



gingen wir zu den Krameramtsstuben, Fachwerkhäuser die zwischen 1620 und 1700 errichtet wurden und 20 Wohnungen Platz boten. Diese wurden den Witwen der Krameramtsinhaber, die ja die Geschäfte ihres Mannes nicht weiterführen durften, als Wohnung von der Kramer-Vereinigung zur Verfügung gestellt.

Heute findet man dort kleine Läden, Galerien, eine Wohnung, die als Museum dient und mit Möbeln im Stil des 18 Jahrhunderts ausgestattet wurde,



und das Restaurant „Krameramtsstuben“, in dem wir schon mit einem fein gedeckten Tisch erwartet wurden.

Dort erholten wir uns bei Speis, Trank und Klönschnack von all dem Hören, Sehen und Herumgehen.



Alles in allem wieder ein schöner Tag – auch ohne Turm (-aufstieg), der jederzeit nachgeholt werden kann.

Unser nächstes Treffen ist für den 30.07.2016 vorgesehen - ich freue mich wieder sehr darauf.

Herzliche Grüße
Tranquilla / Angelika

PS: Ein Nachtrag, weil ich ihn eben erst entdeckte:
Hinweisen möchte ich auf den Orgelpunkt
Namhafte Organisten spielen samstags um 12 Uhr im Michel - eine halbe Stunde dauert das Konzert bei freiem Eintritt - und eine Betrachtung zur Ausstattung und/oder Architektur des Michel gibt es noch dazu. Ich kann nur sagen, hingehen!






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