Schenken und Geschenkkultur im Alter

Als Kinder wurden wir alle gern beschenkt. Solche Geschenke hatten besonders dann eine tiefe Bedeutung, wenn sie Zugang zu einem Gegenstand oder einer Aktivität erlauben, die man sonst nicht bekommen kann. Sei es aus Knappheit, sei es aus Geldmangel oder Sparsamkeit der Eltern. Heute ertrinken Kinder in Spielsachen und werden dennoch weiter mit ihnen überhäuft. Für Senioren kommt noch dazu, dass sie in der Regel mehr verschenken als dass sie geschenkt bekommen. Sie haben ja alles. Aber stimmt das?
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©frimages | Freepik.com

Der Wert eines Geschenkes

Es gibt zahlreiche Anlässe zu schenken und zahlreiche Möglichkeiten, es falsch zu machen. Wenn die Großeltern zu Heiligabend einen Amazon-Gutschein auspacken, fehlt ihnen zu Recht die Verbindlichkeit. Ein persönliches Geschenk sollte “von Herzen kommen”. Das heißt: Zumindest sollte erkennbar sein, dass sich der Schenkende Gedanken gemacht hat, einen Bezug zum Beschenkten herzustellen. Wer Bücher verschenkt, muss den Geschmack des Gegenübers kennen, wer Kleidung schenkt, den Stil und die richtige Größe abschätzen. Und wenn Kinder etwas Selbstgebasteltes schenken, steckt ganz viel individuelle Hingabe und Konzentration im Geschenk, auch wenn der Sachwert oft nicht riesengroß ist.

”Ihr habt ja schon alles!”

Senioren zu beschenken ist oftmals schwierig, da diese ihre Ansprüche und den Lebensstandard im Alter nach unten stellen. Luxus bekommt einen anderen Stellenwert bzw. es werden andere Dinge zu Luxus als früher. Für Großeltern, die ihre Kinder und Enkel nur alle Jubeljahre zu sehen bekommen, ist gemeinsam verbrachte Zeit Luxus. Für Menschen, die aufgrund von Gebrechlichkeit alleine die Körperpflege nicht mehr bewältigen können, scheint Unterstützung und Pflege wie ein großer Luxus. Wer oft friert, freut sich schon über eine einfache Decke. 
Diese Bedürfnisse müssen aber kommuniziert bzw. vom Schenkenden erst entdeckt werden. Wer sagt “Du hast ja schon alles!” denkt nicht mit der nötigen Sorgfalt oder Liebe darüber nach, welche Werte vermittelt werden wollen. Deswegen müssen Geschenke für Senioren nicht immer riesig und teuer sein. Es kommt viel mehr darauf an, zu zeigen, dass man die Beziehung pflegt, die Bedürfnisse “der Alten” sieht und ihnen entgegenkommt.

Wenn Senioren schenken

Die Erwartungen der Enkel sind oftmals gewaltig. Je nach den eigenen finanziellen Möglichkeiten möchten viele ältere Menschen trotz Rente auch weiterhin große Geschenke machen. Doch natürlich kann man die Realität nicht verleugnen und sollte auch darauf achten, die eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Wer kein Geld hat, sollte sich kein schlechtes Gewissen machen, wenn er nicht so große Geschenke machen kann.
Die Mentalität hierbei kann ganz unterschiedlich sein – und dabei trotzdem völlig zulässig: Während einige möglichst viel vom eigenen Vermögen in Reisen und eine unbeschwerte Rentenzeit investieren möchten, um das Leben und die Früchte der eigenen Arbeit zu genießen, denken andere zuerst immer an die Familie und bemühen sich, dieser besonders viel mitzugeben.
Am Ende zählen ohnehin die Dinge, die man für Geld nicht kaufen kann und die auch die ältere Generation oft im Übermaß zur Verfügung hat. Zeit und Liebe, die man seiner Familie schenkt. Zuhören, miteinander reden, ein offenes Ohr, ein guter Rat, gelegentlich Unterstützung beim Hüten der Kinder. All das schafft positive Erinnerungen, wertvolle Inhalte für Beziehungen. Darauf kommt es wirklich an.
 

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