Sexualität im Alter: So wichtig ist Sex für die mentale Gesundheit

Sexualität im Alter ist noch immer ein Tabuthema, obwohl der natürliche Sexualtrieb bei vielen Menschen bis zum Lebensende erhalten bleibt. Etwa ab dem 50. Lebensjahr verändert sich aus physiologischen Gründen für beide Geschlechter das sexuelle Verlangen und Erleben. Die Möglichkeit des Sexualausdrucks ist für die mentale Gesundheit und Lebensqualität von Senioren trotz dieser Veränderungen wichtig. Ob sie zu Hause leben oder im Altersheim.
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©gpointstudio| Freepik.com

Als Grundbedürfnis ist Sexualität ein Ausdruck menschlicher Nähe und gibt dem Selbstbewusstsein eine wichtige Bestätigung. Laut Psychologen kann gelebte Sexualität sogar heilsam wirken. Daher fordern viele Experten mehr Offenheit, was den Umgang mit Sexualität im Alter betrifft. Leider schränken unzureichende Aufklärung, Geschlechtsrollen und moralisch-religiöse Beschränkungen aus den Jugendjahren bis heute die Freiheit im Sexualleben von Senioren ein. Dabei wären Freiheit und Offenheit Grundvoraussetzungen für ein erfülltes Liebesleben im Alter.

Sexuell aktiv trotz altersphysiologischer Veränderungen

Oftmals spricht man älteren Menschen die sexuelle Aktivität ab. Dass sie erotische Wünsche und Vorstellungen haben könnten, wird kaum in Betracht gezogen. Allerdings ist es ein Mythos, dass Sexualität im Alter kein Thema ist. Rund 40 Prozent aller über 60-Jährigen sind nach eigenen Angaben sexuell aktiv. Trotzdem verändert sich die Art der ausgelebten Sexualität im Alter analog zur körperlichen Lage. Nicht nur der physiologisch bedingte Muskelabbau und Rückgang der körperlichen Kraft verändern das Sexualleben.
 
  • Bei Frauen produziert der Körper ab den Wechseljahren immer weniger Östrogen. Dadurch wird die Scheidenschleimhaut weniger durchblutet und ist nicht mehr so feucht wie in jüngeren Jahren. Weil die Haut im Bereich der Vagina zugleich dünner und sensibler wird, kann Sex bei geringer Erregung ab diesem Alter wehtun. Außerdem ist der weibliche Orgasmus ab den Wechseljahren oftmals versetzt und fällt kürzer aus.
  • Bei Männern nimmt die Erektionsfähigkeit ab dem 50. Lebensjahr ab. Im Vergleich zu jungen Jahren sind Erektionen ab diesem Alter schwächer, fallen schneller wieder ab und erfordern eine intensivere Stimulation. Nach der Ejakulation vergehen durchschnittlich zwölf bis 48 Stunden, bis neue Erektionen möglich sind.

Bloß keine Scham

Sowohl Männer als auch Frauen entwickeln aufgrund der altersphysiologischen Veränderungen ihrer Sexualität oftmals die Angst, dem Partner nicht mehr zu genügen. Daraus kann sich ein Teufelskreis entwickeln, der das sexuelle Erleben und Selbstbewusstsein beeinträchtigt. Leistungsdruck und Versagensangst wirken sich negativ auf die Lust und Erregbarkeit aus. Durch diese negativen Auswirkungen steigt das Gefühl der Unzulänglichkeit, weil es im Bett immer seltener funktioniert. Für das eigene Seelenleben und die Lebensqualität ist es wichtig, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Letztlich ist Offenheit der einzige Weg, damit die mentale Gesundheit nicht unter altersbedingten Veränderungen der Sexualität leidet. Wichtig ist ein offener Umgang auch im Falle sexueller Störungen wie der erektilen Dysfunktion. Zur Unterstützung der Erektion gibt es in solchen Fällen wirksame Mittel. Das gilt übrigens auch bei altersbedingter Scheidentrockenheit. Aus Scham verzichten viele Betroffene trotzdem auf eine ärztliche Behandlung. Schade, denn bis ins hohe Alter wirkt sich die Befriedigung sexueller Bedürfnisse positiv auf die gesamte Gesundheit aus.

Angepasste Sexualvorlieben

Bei Frauen bleibt die sexuelle Erregbarkeit meist auch nach den Wechseljahren bestehen. Männer verlieren mit zunehmendem Alter teils die Lust an gewohnten Sexpraktiken. Ihre Vorlieben passen sich in einem Großteil aller Fälle an ihren körperlichen Zustand an. In den meisten Fällen haben sie weniger oft tatsächlichen Geschlechtsverkehr. Oft wird Kuscheln und Streicheln zum Fokus des erotischen Austauschs. Auch Selbstbefriedigung kann im Alter viel Lust und sinnlichen Genuss bereiten – teils unter der Zuhilfenahme von Hilfsmitteln, die das Liebesspiel intensivieren. Wie Sexualität mit den steigenden Lebensjahren am liebsten ausgelebt wird, hängt nicht nur vom körperlichen Zustand und eventuellen Erkrankungen ab. Auch der Beziehungsstatus und die Rahmenbedingungen für sexuelle Erlebnisse entscheiden über die Richtung, in die sich Sexualvorlieben im Alter bewegen.

Bei Inaktivität: Höheres Krankheitsrisiko durch Hormonmangel

Sexuelle Erlebnisse lassen das Herz schneller schlagen. Die Adern weiten sich und der Stoffwechsel läuft schneller. Die Hormondrüsen schütten Endorphine aus und sorgen durch das Glückshormon Dopamin sowie das Kuschelhormon Oxytocin für Hochstimmung. Vor diesem Hintergrund tut Sexualität nicht nur der Psyche, sondern wie Sport auch dem Körper gut. Im Alter kann regelmäßiger Sex dementsprechend ein Jungbrunnen sein. Forscher des University College London fanden in einer Studie heraus, dass mangelndes Sexualerleben in höheren Lebensjahren das Risiko für Erkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs erhöht. Verantwortlich dafür könnte der Mangel an Glückshormonen sein, den die Wissenschaftler mit sexueller Inaktivität verbinden. Bei Frauen stieg das Erkrankungsrisiko durch Inaktivität um mehr als die Hälfte an. Sexuell inaktive Männer zeigten in der Studie ein erhöhtes Krebsrisiko und litten außerdem deutlich häufiger an chronischen Krankheiten. Um etwa ein Drittel stieg die Gefahr koronarer Herzkrankheiten.
 

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