Hornhauttransplantation: Eine neue Hornhaut in nur fünfzehn Minuten

Bei einer Teiltransplantation (DMEK) der geschädigten Hornhaut wird nur die innerste Schicht ausgetauscht. Der schonende und schmerzlose Eingriff dauert nur wenige Minuten.

Ein Arzt arbeitet im Schutzanzug im Labor
©Pech & Sapel

Die Hornhaut dient dem Schutz des Auges. Durch ihre Wölbung wird das Licht zum ersten Mal während des Sehvorgangs gebrochen. Bei einer Hornhautverformung (Keratokonus) oder einer Hornhauttrübung (angeboren oder erworben) ändert sich die Streuung des einfallenden Lichts. Dadurch ist das Sehen bis zur eventuellen Blindheit eingeschränkt. Die Hornhaut ist ein strukturarmes Gewebe, das nur aus wenigen Zellen besteht. Nur ganz im Innersten befindet sich die sogenannte „Ernährungsschicht“, die man sich vorstellen kann wie eine dünne Folie auf einer Glasscheibe. Hier sitzen die wertvollen Pumpzellen, die den Wassergehalt der Hornhaut regeln. Bereits seit 1905 werden geschädigte Hornhäute transplantiert. Prof. Dr. med. Peter Szurman ist Spezialist für Augenchirurgie und Chefarzt der Augenklinik Sulzbach. Seit gut zehn Jahren sind er und sein Team Vorreiter bei einer neuen, besonders schonenden Teiltransplantationen der Hornhaut (DMEK) und haben dafür eine eigene, patentierte Methode entwickelt.

Das Sulzbacher Transplantationssystem

Die innerste Schicht der Hornhaut mit ihren Pumpzellen ist gerade mal 20Mikrometer dick, das entspricht 0,020 Millimetern. „Man muss sie sich vorstellen, wie ein Zwiebelhäutchen: löst man sie ab, schrumpelt und rollt sie sich“, erklärt Prof. Szurman. „Bei jeder Berührung, z.B. mit einer Pinzette, sterben die wertvollen Pumpzellen ab. Wir haben daher 2011 das weltweit erste berührungsfreie Mikroinjektorsystem entwickelt, unter Verwendung der sogenannten ‚Sulzbacher DMEK Kartusche’. Ohne Spritze, ohne große Schnitte, ohne Naht“. Das Transplantat besteht nur aus dieser dünnen Lamelle, der innersten Schicht der Hornhaut. Sie wird durch einen selbstheilenden, nur 2mm langen Schnitt im Auge und mit Hilfe des Flüssigkeitsstroms und einer Luftblase an die richtige Stelle geführt. Die Lamelle haftet innerhalb einiger Stunden von alleine. 

 „Die Pumpzellen saugen sich an der Hornhaut fest wie ein nasses Taschentuch über dem Abfluss eines Waschbeckens“, so der Augenspezialist.

Hornhauttransplantation schmerzlos, schnell und sicher

„Da wir das Präparat vor dem Eingriff vorbereiten, dauert die Transplantation selbst höchstens 15 Minuten. Die Operation wird mit einer modernen Tropfenbetäubung durchgeführt. Der Patient sieht während der Operation vielleicht bunte Farben oder verschwommene Umrisse, leidet aber keinerlei Schmerzen“, erläutert Prof. Szurman. Anschließend muss der Patient 24 Stunden auf dem Rücken liegen, um das Auge nicht zu belasten. „Das Sehen klart währenddessen schon fast dramatisch schnell auf“,  so die Erfahrung des Augenspezialisten. „Das ist für die Patienten jedes Mal ein Wow-Effekt – man sieht ihnen sofort an, wie glücklich sie sind“. Weltweit wurden bereits mehr als zehntausend Menschen mit dem Sulzbacher Transplantationssystem versorgt. Während es bei einer Volltransplantation bei 10 Prozent der Patienten zu Abstoßreaktionen kommt, liegt das Risiko bei einer Teiltransplantation unter 1 Prozent.

Spezialisierte Reinraum-Gewebebank für Teiltransplantate

In der eigens eingerichteten und hochmodernen Knappschafts-Gewebebank Sulzbach werden Spenderhornhäute für die Transplantation vorbereitet. Dabei wird die innere Zellschicht der Hornhaut mit der ebenfalls in Sulzbach entwickelten „Liquid Bubble Methode“ entnommen. Ein kleiner Flüssigkeitstropfen hebt die Pumpzellen (Endothel) und eine dünne Trägermembran (Deszemetmembran) an, sie werden eingefärbt und sanft in die Kartusche gesaugt. Die andere Seite der Kartusche wird später für das Einsetzen des Transplantats verwendet. Um die Qualität der Transplantate zu gewährleisten, ist die Reinraum-Gewebebank vollkommen bakterienfrei und 1000 Mal steriler als ein OP-Saal.  Dieses Verfahren ermöglicht es mehr Augenärzten als bisher in ganz Deutschland, Transplantationen schonend und sicher durchzuführen.

Wer kommt für eine Teiltransplantation der Hornhaut in Frage?

Die schonende DMEK-Technik kann bereits bei 85 Prozent der Hornhaut-Patienten angeboten werden. Voraussetzung ist, dass nur die Pumpzellen auf der Innenseite der Hornhaut geschädigt sind. „In Sonderfällen behandeln wir mit mit einer Teiltransplantation auch andere Erkrankungen des Auges, beispielsweise durch ätzende Flüssigkeiten oder mechanische Verletzungen“, erläutert Prof. Szurman. Zurzeit beschäftigt er sich im Rahmen einer Forschungsgruppe mit dem Versuch, die DMEK Lamelle durch eine Zellspritze zu ersetzen. „Innerhalb der nächsten zehn Jahre dürfte dieses Verfahren zur Anwendung kommen“, glaubt der Augenspezialist. „In ca. 5 Jahren dürfte es aber bereits möglich sein, aus Stammzellen gewonnene Pumpzellen zu verwenden. Darauf setzen wir große Hoffnungen und stehen hier auch kurz vor der Verwendung im klinischen Standardgebrauch“. Da es wie bei allen Transplantationen immer zu wenig Spender gibt, arbeitet Prof. Szurman gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut an der Entwicklung einer künstlichen Hornhaut. Damit in Zukunft noch mehr Patienten von einer schonenden und schmerzfreien Teiltransplantation profitieren können.

 


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Quelle: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

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