Krebs behandeln ohne Skalpell

Moderne Bestrahlungstechniken können Krebstumore heutzutage innerhalb weniger Sitzungen wirksam kontrollieren. 

Krebs behandeln ohne Skalpell
© auremar | Fotolia.com

Wer an Krebs und Bestrahlung denkt, hat vor allem Bilder von müden Patienten mit Kopfschmerzen und Übelkeit vor Augen. Dabei hat sich die moderne Radiotherapie längst zu einer präzisen Therapiemöglichkeit entwickelt, die mit großen Erfolgen und immer geringeren Nebenwirkungen aufwarten kann. „Bei der stereotaktischen Strahlentherapie ermöglichen bildgesteuerte und computerassistierte Zielführungssysteme eine millimetergenaue und hochdosierte Bestrahlung", erklärt Prof. Dr. med. Stephan Bodis, Spezialist für Strahlentherapie und Leiter des Radio-Onkologie-Zentrums KSA-KSB in Aarau in der Schweiz. „Wir haben heute die Möglichkeit, die Strahlenfelder dem Tumorvolumen sehr genau anzupassen, so dass gesundes Gewebe in der Umgebung des Tumors nur minimal belastet wird. Im Zielvolumen, dem Tumor, bündeln sich dann diese Strahlen, die von verschiedenen Seiten appliziert werden, und vernichten die Krebszellen. Alternativ ist es möglich, die Strahlführung in Bögen um die Tumormasse kreisen zu lassen. Dies ergibt zwar eine größere Volumenbelastung des umgebenden Normalgewebes, aber in einem sehr niedrigen Dosisbereich. In beiden Fällen erreichen wir eine hohe Tumordosis und aufgrund der besonderen und genauen Strahlenführung nur eine sehr niedrige Belastung des umgebenden gesunden Gewebes".

Welche Erkrankungen können behandelt werden?

Prof. Bodis und sein Team behandeln in enger Zusammenarbeit mit Prof. Fandino und dem Team der Neurochirurgie Hirn- und Rückenmarkstumore radiochirurgisch. Die Therapie kann primär eingesetzt werden oder als ergänzende Therapie, falls bei einer Operation nicht das gesamte Tumorgewebe entfernt werden konnte. Auch bei gutartigen Wucherungen der Hirnhaut (Meningeome), Drüsenerkrankungen, wie dem relativ häufigen Hypophysenadenom, oder angeborenen Fehlbildungen der Blutgefäße (arteriovenöse Malformation) bietet die stereotaktische Radiotherapie gute Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung. Bei Krebserkrankungen in den übrigen Körperregionen kann die Radiochirurgie primär heilend eingesetzt werden, z.B. bei kleineren Lungentumoren, oder primär palliativ, wie bei Leber- oder Knochenmetastasen. Ziel dieser Therapie ist die komplette Tumorkontrolle dank der hohen Dosis und Präzision. Grenzen dieser Therapie sind größere Tumore (in der Regel über 2-3 cm) und ausgedehnte Organmetastasen.  Auch hier ist die Zusammenarbeit mit den Organspezialisten sehr eng.

Ausführliche Behandlungsplanung ist ein „Muss"

Prof. Bodis betont ausdrücklich, dass die Radiotherapie Teil eines multidisziplinären Konzepts sein sollte, d.h. dass im Rahmen eines Tumorboards die verschiedenen Fachrichtungen gemeinsam beraten und für jeden einzelnen Patienten die bestmögliche Therapieempfehlung festlegen. Abgewogen werden Nutzen, Risiken und der Stellenwert einer Chirurgie, einer medikamentösen Tumortherapie oder einer technisch einfacheren Bestrahlung mit größeren Strahlenfeldern. „Im Gespräch erklären wir dem Patienten die verschiedenen Optionen und legen uns auf die beste Therapie aus Sicht der Ärzte fest. Die endgültige Entscheidung fällt aber schlussendlich der Patient mit seinen Angehörigen", so Prof. Bodis. Das Beratungsgespräch mit dem Patienten hat für ihn einen zentralen Stellenwert. „Es ist nicht nur die Krankheit selbst, die behandelt werden muss. Einige Patienten sorgen sich, ob sie während und nach der Therapie noch selbständig sind, Ihr gewohntes Leben weiterführen und weiterhin beruflich tätig sein können. Auch solche Bedenken sollten in einem guten Therapieplan Raum finden".

Wenige Bestrahlungssitzungen mit der Radiochirurgie

Während einer Sitzung befindet sich der Patient nur eine gute Stunde im Therapieraum. Die Bestrahlung selbst dauert ca. 15 Minuten. „Wenn wir in der Vorbereitung alles richtig gemacht haben, liegt der Patient ruhig und sorglos. Selbstverständlich halten wir während des Bestrahlungsvorgangs Sicht- und Sprachkontakt. Aufgrund der hohen Dosierung reicht in vielen Fällen eine einzige Sitzung. Das ist eine große Erleichterung für die Patienten, die früher bis zu 30 Bestrahlungssitzungen ertragen mussten", erklärt Strahlenspezialist Bodis. Diese geringe Anzahl der Sitzungen reicht aus, um das Tumorwachstum bzw. die Gewebemissbildungen zu kontrollieren. Nach Abschluss der Behandlung sollten regelmäßig alle drei bis sechs Monate Nachuntersuchungen erfolgen, um ein mögliches Neuauftreten der Krankheit rechtzeitig zu erkennen.

Wie belastend ist eine Radiochirurgie/stereotaktische Radiotherapie für die Patienten?

„Die klassischen Nebenwirkungen einer Strahlentherapie wie Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit konnten durch präzise, kleine Strahlenvolumen deutlich eingedämmt werden", erklärt Prof. Bodis. „In den meisten Fällen können wir sagen, dass die Vorteile für unsere Patienten deutlich größer sind als die Risiken".

Die Strahlentherapie der Zukunft

Die große Herausforderung für die Radiotherapie bestehe in nächster Zeit darin, die Behandlungsmöglichkeiten für bewegte Tumore im Bauchraum oder nah beieinanderliegende Metastasen im Hirn zu verbessern, so Strahlenspezialist Bodis. Er sieht großes Potential in der Kombination mit einer Immuntherapie, einer noch recht neue Option in der Krebsbehandlung, die auf den Selbstheilungskräften des Körpers basiert. Außerdem sollte eine qualitätssichernde Zertifizierung dafür sorgen, dass die Patienten sicher behandelt werden.

 


Anzeigensonderveröffentlichungen

 


Newsletter

Quelle: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

Suchmodule