Pflegegrad 4: Geld, Leistungen & Voraussetzungen

Pflegegrad 4 erhalten Personen, die in ihrem Alltag großen Herausforderungen begegnen, weil sie gemäß § 15 des SGB XI unter „schwersten Beeinträchtigungen im Alltag“ leiden.

Älterer Mann sitzt auf gelben Sofa
©Freepik.com


1. Pflegegeld & Pflegesachleistungen bei ambulanter Pflege

2. 125 € Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 4

3. Pflegegrad 4 Leistungen für die stationäre Pflege

4. Pflegegrad 4 Leistungen zur Tages- & Nachtpflege

5. Pflegegrad 4 Leistungen zur Kurzzeitpflege & Verhinderungspflege

6. Medizinische Hilfsmittel & Pflegehilfsmittel für Pflegebedürftige

7. Zuschüsse für den barrierefreien Umbau & Wohngruppen

8. Kostenlose Pflegekurse, Beratungen & Beratungsbesuche

9. Wie kann ein Widerspruch eingelegt werden?


Um Pflegegrad 4 Leistungen zu beziehen, müssen Betroffene zunächst einen Antrag auf Pflegeleistungen bzw. einen Höherstufungsantrag stellen. Ein Pflegegutachten dient dazu, den Grad der Pflegebedürftigkeit festzustellen. Dieses wird vom Medizinischen Dienst (für gesetzliche Versicherte) oder MEDICPROOF (für privat Versicherte) durchgeführt. Im Rahmen des Pflegegutachtens berichten Pflegebedürftige von ihren Einschränkungen im Alltag.

Eine Einstufung in den entsprechenden Pflegegrad erfolgt auf Basis eines Punktesystems. Betroffene haben alle wichtigen Voraussetzungen für die Einordnung in Pflegegrad 4 erfüllt, wenn sie im Pflegegutachten eine Punktzahl zwischen 70 und 90 Punkten erreichen.

Diese Punktzahl setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen:

  1. Mobilität (u. a. selbständiges Bewegungsvermögen)
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (u. a. örtliche und zeitliche Orientierung im Alltag, eigenständig Gespräche führen)
  3. Verhaltensweisen und psychische Problematiken (u. a. nächtliche Unruhe oder Wahnvorstellungen)
  4. Selbstversorgung (u. a. die Fähigkeit, selbständig zu trinken, zu essen, sich zu pflegen)
  5. Eigenständige Bewältigung von therapie- oder krankheitsbedingten Anforderungen (u. a. der Umgang mit Erkrankungen, Therapien oder Behandlungen)
  6. Pflege sozialer Kontakte und Organisation des Alltagslebens (u. a. Planung des Tagesablaufs und Beschäftigungsmöglichkeiten für sich selbst)

Innerhalb jedes Moduls werden Punkte in unterschiedlicher Gewichtung vergeben. Je nachdem, wie viele Punkte die pflegebedürftige Person erreicht, erhält sie einen Bescheid über die Anerkennung des jeweiligen Pflegegrads. Sollten Betroffene mit dem Pflegegrad nicht einverstanden sein, können sie innerhalb von vier Wochen schriftlich einen Widerspruch bei der Pflegekasse einreichen.

Versicherte mit Pflegegrad 4 sind auf Unterstützung in ihrem Alltag angewiesen und haben deshalb Anspruch auf Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige sowie Pflegesachleistungen bei einer professionellen Pflege durch ambulante Pflegedienste. Weitere Leistungen und Zuschüsse erhalten sie im Rahmen der Tages- und Nachtpflege, Verhinderungs- sowie Kurzzeitpflege. Im Folgenden erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Pflegeleistungen bei Pflegegrad 4.

HINWEIS DER REDAKTION:

Bei vollstationärer Pflege stehen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 keine weiteren Leistungen mehr zu, da die gesamte Versorgung über die Pflegeeinrichtung gesichert ist!

1. Pflegegeld & Pflegesachleistungen bei ambulanter Pflege

Werden Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 zuhause gepflegt, erhalten sie Pflegegeld in Höhe von 764 Euro pro Monat.

Nehmen sie die Unterstützung eines Pflegedienstes in Anspruch, besteht alternativ die Möglichkeit, Pflegesachleistungen in Höhe von 1.778 Euro pro Monat zu beziehen. Die Pflegesachleistungen sind demnach für die Bezahlung pflegerischer Tätigkeiten vorgesehen, wie beispielsweise Hilfe bei der Körperpflege, Mobilisation und pflegerischen Versorgung.

Wer mit Pflegegrad 4 sowohl von Angehörigen als auch von einem Pflegedienst betreut wird, wählt die Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Pflegesachleistung. Im Rahmen der sogenannten Kombinationspflege ist es möglich, sich die unverbrauchten Pflegesachleistungen als anteiliges Pflegegeld auszahlen zu lassen.

2. 125 € Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 4

Der Entlastungsbeitrag in Höhe von 125 Euro monatlich ist für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen vorgesehen, um pflegende Angehörige zu entlasten. Hierzu zählen beispielsweise Angebote zur Unterstützung im Alltag, wie haushaltsnahe Dienstleistungen, Betreuungsgruppenangebote, Alltags- und Pflegebegleiter. Hierbei muss es sich allerdings um Anbieter handeln, die nach Landesrecht zugelassen sind.

3. Pflegegrad 4 Leistungen für die stationäre Pflege

Wer sich dazu entschließt, mit Pflegegrad 4 in eine stationäre Pflegeeinrichtung zu ziehen, hat Anspruch auf Pflegesachleistungen in Höhe von 1.775 Euro. Darüber hinaus beteiligt sich die Pflegekasse im Rahmen eines Leistungszuschlags an den Kosten für den Aufenthalt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach der Aufenthaltsdauer im Pflegeheim.

4. Pflegegrad 4 Leistungen zur Tages- & Nachtpflege

Unter der Tages- oder Nachtpflege versteht man eine Form der teilstationären Pflege. Wie der Name bereits verrät, werden Pflegebedürftige am Tag oder in der Nacht betreut, während sie den anderen Teil des Tages bzw. der Nacht zuhause verbringen.

Mit Pflegegrad 4 haben Betroffene Anspruch auf finanzielle Unterstützung in Höhe von bis zu 1.612 Euro pro Monat für die Tages- und Nachtpflege. Diese Leistung steht pflegebedürftigen Versicherten zusätzlich zu ihrem Pflegegeld, den Pflegesachleistungen und ihrem Entlastungsbetrag zu. 

5. Pflegegrad 4 Leistungen zur Kurzzeitpflege & Verhinderungspflege

Falls eine pflegebedürftige Person vorübergehend nicht zuhause betreut werden kann, hat sie die Möglichkeit, übergangsweise in einer stationären Pflegeeinrichtung zu wohnen. Im Rahmen der sogenannten Kurzzeitpflege, welche häufig nach einem Krankenhausaufenthalt in Anspruch genommen wird, erhalten Pflegebedürftige bis zu 1.774 Euro für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr. Dieser Betrag steht allen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 in gleicher Höhe zur Verfügung.

Während der stationären Kurzzeitpflege erhalten Pflegebedürftige die Hälfte des Pflegegeldes.

Neben der Kurzzeitpflege ist die Verhinderungspflege eine Option, falls pflegende Angehörige erkranken oder verreisen. Hierzu erhalten sie höchstens sechs Wochen pro Jahr eine finanzielle Unterstützung von bis zu 1.612 Euro.

Wer das Angebot der Verhinderungspflege bzw. Kurzzeitpflege nicht oder nur teilweise wahrnimmt, kann den Betrag mit der Kurzzeitpflege bzw. Verhinderungspflege verrechnen:

  • Wer seinen Anspruch auf Verhinderungspflege nicht vollständig ausnutzt, kann den vollen Satz auf die Kurzzeitpflege anrechnen, und somit insgesamt bis zu 3.386 Euro nutzen.
  • Nehmen Pflegebedürftige die Kurzzeitpflege nicht oder nicht vollständig in Anspruch, können sie bis zu 50 Prozent des Anspruchs (also 887 Euro) auf Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege nutzen. Demnach wäre für die Verhinderungspflege ein Zuschuss von bis zu 2.499 Euro möglich. 

6. Medizinische Hilfsmittel & Pflegehilfsmittel für Pflegebedürftige

Mit Pflegegrad 4 erhalten Pflegebedürftige verschiedene Hilfsmittel von der Krankenkasse bzw. der Pflegekasse. So haben Pflegebedürftige beispielsweise Anspruch auf medizinische Hilfsmittel, wenn diese von einer Ärztin oder einem Arzt verordnet und bei der Krankenkasse eingereicht wurden.

Zudem haben Personen mit Pflegegrad 4 gemäß § 40 SGB XI Anspruch auf Pflegehilfsmittel zum Verbrauch in Höhe von 40 Euro monatlich.

Technische Hilfsmittel erleichtern den Alltag von Pflegebedürftigen oder verfolgen das Ziel, Beschwerden zu lindern. Zu den technischen Pflegehilfsmitteln zählen beispielsweise Rollstühle, Rollatoren, Pflegebetten oder Badewannenlifte. 10 Prozent der Kosten, jedoch höchstens 25 Euro pro Hilfsmittel, müssen Pflegebedürftige selbst zahlen.

Ein Hausnotrufsystem wird ebenfalls von der Krankenkasse mit 25,50 Euro pro Monat bezuschusst. 

7. Zuschüsse für den barrierefreien Umbau und Wohngruppen

Bis zu 4.000 Euro erhalten Pflegebedürftige für den barrierefreien Umbau. Mithilfe der sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen soll die häusliche Pflege in den eigenen vier Wänden ermöglicht bzw. erleichtert werden. Den Betrag können Pflegebedürftige beispielsweise für den Einbau eines Treppenlifts oder den Umbau des Badezimmers nutzen.

Wer in einer Wohngruppe lebt, profitiert ebenfalls von verschiedenen Leistungen. Innerhalb der Wohngruppe erhalten maximal vier Bewohner einen einmaligen Gründungszuschuss in Höhe von 2.500 Euro, insgesamt also höchstens 10.000 Euro. Zusätzlich erhält jede pflegebedürftige einen monatlichen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 Euro zur Finanzierung besonderer Aufwendungen, die in ambulanten Wohngemeinschaften entstehen.

8. Kostenlose Pflegekurse, Beratungen & Beratungsbesuche

Um wertvolle Tipps und Informationen rund um die häusliche Pflege zu erhalten, haben Angehörige die Möglichkeit, verschiedene Pflegekurse und -schulungen zu besuchen.

Diese Angebote sind für Pflegebedürftige und deren Angehörige kostenfrei:

  • Kostenfreie Pflegekurse für pflegende Angehörige oder ehrenamtliche Pflegepersonen gemäß § 45 SGB XI
  • Pflegeberatung nach § 7a SGB XI
  • Vierteljährlicher Beratungseinsatz nach § 37.3 SGB XI

9. Wie kann ein Widerspruch eingelegt werden?

Betroffene können Widerspruch einlegen, wenn der Antrag auf Pflegeleistungen abgelehnt oder der Pflegebedürftige nach eigener Meinung zu niedrig eingestuft wurde. Der Widerspruch muss innerhalb von vier Wochen nach Ablehnung bzw. Einstufungsbescheid des Pflegegrades geschehen. Eine schnelle Reaktion ist daher wichtig.

Es ist zunächst empfehlenswert, das beiliegende Gutachten zu prüfen: Wurde womöglich ein Sachverhalt nicht richtig erfasst? Falls sich Betroffene unsicher sind, kann ein ambulanter Pflegedienst weiterhelfen.

Möchte der Antragssteller Widerspruch einlegen, sollte der Antrag von ihm oder einer vertretenden Person schriftlich bei der Pflegekasse eingereicht werden. Vorab ist es zudem sinnvoll, zum Zeitpunkt der ersten Begutachtung eventuell noch nicht vorliegende Arztberichte, Atteste oder Entlassungsberichte anzufordern. Dadurch erhöhen sich die Chancen, dass Betroffene bei einer zweiten Begutachtung den passenden Pflegegrad erhalten.

 

zuletzt aktualisiert: 01/2024


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Quelle: Redaktion seniorenportal.de

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