Was Sie über Pflegegrade wissen müssen: Pflegegrad 3
Menschen, die schwer in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt sind und daher intensive und umfangreiche Hilfe im Alltag benötigen, können seit der Umstellung auf das System der Pflegegrade in den Pflegegrad 3 eingestuft werden. Sie haben Anspruch auf Pflegegeld bzw. Sachleistungen und können damit sich selbst und Angehörige finanziell entlasten.

2. Welche Leistungen können mit Pflegegrad 3 bezogen werden?
2.1. Pflegegeld und Pflegesachleistungen
2.2. Betreuungs- und Entlastungsleistungen
2.3. Leistungen für vollstationäre Pflege
2.4. Zuschuss für Wohnraumanpassung
2.5. Medizinische Hilfsmittel und Pflegemittel
2.6. Kostenlose Beratung und Pflegekurse für Angehörige
2.7. Förderung von Bewohnern in Wohngemeinschaften
3. Welche Leistungen zur Kurzzeit- oder Verhinderungspflege können in Anspruch genommen werden?
4. Wie kann ein Pflegegrad beantragt werden?
5. Wie läuft das Prüfverfahren ab?
6. Wie kann Widerspruch eingelegt werden?
Pflegebedürftige können Leistungen der Pflegekasse beziehen, wenn mit zunehmendem Alter die Beweglichkeit nachlässt und in immer mehr Situationen im Alltag Hilfe benötigt wird. Seit der Umstellung auf das neue System der Pflegegrade können Personen ab Pflegegrad 2 Pflegegeld und Sachleistungen sowie weitere Leistungen der Pflegekasse in Anspruch nehmen.
Der Pflegegrad 3 ist die dritte Stufe der fünf Pflegegrade, die zum Jahresbeginn 2017 eingeführt wurden. Welche Voraussetzungen bestehen für die Einstufung und welche Leistungen können Menschen in Anspruch nehmen, die in den Pflegegrad 3 eingestuft wurden? Hier können sich Betroffene umfassend über den Pflegegrad 3 informieren.
1. Was bedeutet Pflegegrad 3?
Die Pflegebedürftigkeit ist die grundsätzliche Voraussetzung für die Einstufung in einen Pflegegrad. Pflegebedürftig nach Sozialgesetzbuch SGB XI sind Menschen, die körperlich, kognitiv oder psychisch beeinträchtigt sind oder gesundheitlich bedingte Belastungen und Anforderungen nicht selbständig bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss dabei dauerhaft sein, d. h., sie muss mindestens 6 Monate bestehen.
In den Pflegegrad 3 wird eingestuft, bei wem der Gutachter eine „schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit" feststellt. Im Prüfverfahren NBA (Neues Begutachtungsassessment) wird die Einstufung nach einem Punktesystem anhand von sechs Aktivitätsbereichen berechnet. Hierbei liegt der Pflegegrad 3 vor, wenn der Gutachter dem Antragssteller eine Punktzahl zwischen 47,5 und 70 Punkten bestätigt.
2. Welche Leistungen können mit Pflegegrad 3 bezogen werden?
Pflegebedürftige mit anerkanntem Pflegegrad 3 erhalten Pflegegeld bzw. Pflegesachleistungen und können darüber hinaus weiteren Leistungen der Pflegekasse erhalten.
2.1. Pflegegeld und Pflegesachleistungen
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3, die zuhause von Angehörigen gepflegt werden, haben Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von 545 Euro pro Monat. Alternativ können Pflegesachleistungen bezogen werden, wenn der Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst versorgt wird. Monatlich stehen Pflegebedürftigen 1.298 Euro an Sachleistungen zu, die der Pflegedienst direkt mit der Pflegekasse abrechnen kann. Die Leistungen für Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Pflege) entsprechen denen der Pflegesachleistungen, betragen also ebenfalls 1.298 Euro pro Monat.
TIPP DER REDAKTION:
Entscheiden Sie sich dafür, Pflegesachleistungen in Anspruch zu nehmen, können Sie Kombinationspflege beantragen. Das bedeutet, dass sowohl eine Person zuhause pflegt als auch, dass zusätzlich ein ambulanter Pflegedienst beansprucht wird. Nehmen Sie die Pflegesachleistungen nämlich nicht in vollem Umfang wahr, steht Ihnen ein anteiliges Pflegegeld zu. Wenn Sie also zum Beispiel 60 Prozent Pflegesachleistungen beanspruchen, steht Ihnen 40 Prozent des Pflegegeldes zu. Dies hat den Vorteil, dass Sie nicht für einen Pflegedienst zahlen müssen, wenn Sie ihn gar nicht benötigen (etwa bei einem Krankenhausaufenthalt). Für diesen Zeitraum kann dann jedoch anteilig Pflegegeld erhalten werden.
2.2. Betreuungs- und Entlastungsleistungen
Personen, die in den Pflegegrad 3 eingestuft wurden, können Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 125 Euro pro Monat erhalten. Mit diesem Entlastungsbeitrag der Pflegekasse können zum Beispiel die Kosten für eine Haushaltshilfe, die bei Reinigungs- oder Gartenarbeiten unterstützt, verringert werden. Auch die Kosten für Alltagsbegleiter, Einkaufshilfen oder die Teilnahme an einer Betreuungsgruppe, zum Beispiel für Demenzkranke, können damit teilfinanziert werden.
TIPP DER REDAKTION:
Den Entlastungsbeitrag können Sie ansparen, wenn Sie ihn nicht aufgebraucht haben. Beachten Sie jedoch, dass die Beträge bis spätestens im darauffolgenden Halbjahr verbraucht werden müssen, sonst verfallen sie. Wenn Sie zudem Ihre Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 3 in Höhe von 1.298 Euro nicht voll ausgeschöpft haben, können Sie hiervon bis zu 40 Prozent pro Monat (maximal 519,20 Euro) für weitere Betreuungs- und Entlastungsleistungen verwenden. Übrigens: Nicht verbrauchte Betreuungs- und Entlastungsleistungen aus den Jahren 2015 und 2016 können ausnahmsweise noch bis zum 31.12.2018 per Sonderregelung abgerechnet werden.
2.3. Leistungen für vollstationäre Pflege
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3, die einem Pflegeheim versorgt werden, erhalten pro Monat 1.262 Euro für vollstationäre Pflege. Bewohner eines Pflegeheimes mit Pflegegrad 3 müssen jedoch zusätzlich mit einem monatlichen Eigenanteil von rund 1.000 Euro rechnen.
2.4. Zuschuss für Wohnraumanpassung
Für barrierefreie, altersgerechte Umbauten in Wohnung oder Haus können Personen mit Pflegegrad 3 eine Bezuschussung in Höhe von bis zu 4.000 Euro von der Pflegekasse bekommen. Zu diesen „Maßnahmen der Barrierereduzierung" zählen zum Beispiel die Anbringung eines Treppenliftes oder der Umbau einer Badewanne zu einer Dusche. Der Zuschuss wird den Pflegebedürftigen einmalig gewährt. Sollte sich der Pflegebedarf erhöhen, können weitere Maßnahmen nach Prüfung erneut bezuschusst werden.
2.5. Medizinische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
Menschen mit Pflegegrad 3, die zuhause gepflegt werden, erhalten eine pauschale Förderung von 40 Euro pro Monat für medizinische Hilfsmittel, zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Die Voraussetzung dafür ist, dass diese Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis bzw. -katalog der zuständigen Krankenkasse aufgelistet sind. Daneben werden Zuschüsse für die Installation eines Hausnotrufes gewährt. Pflegebedürftige können dabei für die Anbringung einmalig einen Betrag von 10,49 Euro und für die Betriebskosten monatlich 18,36 Euro erhalten.
2.6. Kostenlose Beratung und Pflegekurse für Angehörige
Personen mit Pflegegrad 3 können sich kostenlos zur pflegerischen Versorgung oder zur altersgerechten Wohnraumanpassung beraten lassen. Zudem bezahlt die Pflegekasse regelmäßige Beratungsbesuche durch professionelle Pflegekräfte. Des Weiteren haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, kostenlos Pflegekurse der Pflegekasse zu besuchen.
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2.7. Förderung für Bewohner von Wohngemeinschaften
Versicherte mit Pflegegrad 3 (bzw. mindestens Pflegegrad 1), die in Senioren-WGs oder in ambulant betreuten Wohngruppen leben, können ebenfalls die Förderung zur Wohnraumanpassung beanspruchen. Allerdings gilt dies nur für maximal vier pflegebedürftige Personen pro Haushalt. Ergänzend können höchstens vier Bewohner einen einmaligen Einrichtungszuschuss in Höhe von 2.500 Euro und einen monatlichen Zuschuss zur Beschäftigung einer Organisationskraft von jeweils 214 Euro bekommen.
3. Welche Leistungen zur Kurzzeit- oder Verhinderungspflege können in Anspruch genommen werden?
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3, die beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt auf professionelle Hilfe angewiesen sind, können vorübergehende vollstationäre Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim beanspruchen. Auch Verhinderungspflege können Personen mit Pflegegrad 3 in Anspruch nehmen, etwa wenn pflegende Angehörige im Urlaub oder krank sind. Für beide Leistungen kann jeweils ein Zuschuss in Höhe von 1.612 Euro pro Jahr für maximal vier Wochen erhalten werden.
HINWEIS DER REDAKTION:
Wenn Sie im laufenden Jahr keine Verhinderungspflege nutzen, können Sie für Kurzzeitpflege bis zu 3.224 Euro Zuschuss für bis zu acht Wochen im Jahr erhalten. Andersherum können Sie Verhinderungspflege beanspruchen, wenn Sie im laufenden Jahr noch keine Kurzzeitpflege genutzt haben. Hierfür erhalten Sie bis zu 2.418 Euro für maximal sechs Wochen im Jahr. Während der achtwöchigen Kurzzeitpflege bzw. der sechswöchigen Verhinderungspflege erhalten Sie zusätzlich die Hälfte ihres Pflegegeldes für häusliche Pflege in Pflegegrad 3, also monatlich 272,50 Euro.
4. Wie kann ein Pflegegrad beantragt werden?
Grundsätzlich wird nicht der Pflegegrad 3 beantragt, sondern ein allgemeiner Antrag zur Einstufung in einen Pflegegrad gestellt („Antrag auf Pflegeleistungen"). Die bei Pflegebedürftigkeit zuständige Pflegekasse gehört zur Krankenkasse und ist ab dem Zeitpunkt für die Kosten zuständig, sobald ein Pflegegrad vorliegt. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung noch kein Pflegegrad vorliegt, muss der Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Dieser kann entweder formlos schriftlich, telefonisch oder persönlich eingereicht werden. Dabei sollte unbedingt die Versicherungsnummer der pflegebedürftigen Person mitangegeben werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Falls der Antrag von einer Vertretungsperson gestellt wird, ist die entsprechende Vollmacht beizulegen. Es besteht auch die Möglichkeit, den Pflegegrad über einen Sozialdienst zu beantragen, zum Beispiel, wenn sich der Pflegebedürftige im Krankenhaus oder in der Reha befindet. Der Vorteil dabei ist, dass gleich alle wichtigen Arztberichte beigelegt werden können. Anschließend führt ein Gutachter anhand verschiedener Fragen das Prüfverfahren durch, das meist in der häuslichen Umgebung des Antragstellers stattfindet.
5. Wie läuft das Prüfverfahren ab?
Nach der Antragstellung prüft ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Pflegekasse (bei gesetzlich Versicherten) oder der Firma MEDICPROOF (bei Privatversicherten), ob und in welchem Umfang ein Pflegegrad vorliegt. Dabei wird mit einem Punktesystem zwischen einem und 100 Punkten gearbeitet: je höher die Punktzahl, desto höher der Pflegegrad. Bei der Begutachtung kommen sechs Module zur Anwendung, die unterschiedliche Bereiche der Einschränkung von Selbständigkeit abdecken. Das Gutachten NBA (Neues Begutachtungsassessment) wird meist beim Antragssteller zuhause durchgeführt. Der Gutachter stellt dabei Fragen aus einem Katalog und hat dafür etwa eine Stunde Zeit. Für die hohe Anzahl der Fragen ist die Dauer der Befragung knapp bemessen, daher ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Da sich die Krankenkasse in der Regel an die Empfehlung des Gutachters hält, ist die Begutachtung entscheidend für die Einstufung. Zur Berechnung des Pflegegrades werden bei der Begutachtung Fragen aus sechs Modulen zu verschiedenen Aktivitätsbereichen herangezogen, die Auskunft über die Einschränkung im Alltag geben. An der Gesamtpunktzahl haben sie unterschiedliche Anteile. Nach dem Prüfverfahren schickt die Krankenkasse einen Bescheid mit dem Gutachten. Sollte die Einstufung in einen Pflegegrad abgelehnt worden sein oder ist die Einstufung nach Ansicht des Antragstellers in einen zu niedrigen Pflegegrad erfolgt, kann innerhalb von vier Wochen Widerspruch eingelegt werden.
6. Wie kann Widerspruch eingelegt werden?
Betroffene können Widerspruch einlegen, wenn der Antrag auf Pflegeleistungen abgelehnt oder der Pflegebedürftige nach eigener Meinung zu niedrig eingestuft wurde. Der Widerspruch muss innerhalb von vier Wochen nach Ablehnung bzw. Einstufungsbescheid des Pflegegrades geschehen. Eine rasche Reaktion ist daher wichtig. Zunächst sollte das beiliegende Gutachten daraufhin überprüft werden, ob eventuell ein Sachverhalt nicht richtig erfasst wurde. Ein ambulanter Pflegedienst kann hierbei ein guter Ansprechpartner sein. Möchte der Antragssteller Widerspruch einlegen, sollte der Antrag von ihm oder einer vertretenden Person schriftlich bei der Pflegekasse eingereicht werden. Vorab ist es zudem sinnvoll, zum Zeitpunkt der ersten Begutachtung eventuell noch nicht vorliegende Arztberichte, Atteste oder Entlassungsberichte anzufordern. Somit erhöhen sich die Chancen, dass die Einstufung bei einer zweiten Begutachtung durchgesetzt werden kann.
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