Inkontinenz:
Ursachen und Behandlung

Wer unter Inkontinenz leidet, hat oft nicht nur mit körperlichen Einschränkungen, sondern auch mit psychischen Belastungen zu kämpfen. Aus Scham meiden viele Betroffene das Gespräch mit dem Arzt und die Teilnahme am sozialen Leben. Dabei gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, das Wohlgefühl und die Lebensqualität zu verbessern.

Ein sensibles Thema: Was bedeutet Inkontinenz?

Allein das Bewusstsein, die Urin- oder Stuhlabgabe nicht kontrollieren zu können, ist belastend und hindert den offenen Umgang mit diesem Thema. Die Angst, durch unangenehme Gerüche oder durch feuchte Stellen an der Kleidung aufzufallen, hindert die Betroffenen an der sorglosen Alltagsbewältigung. Verständlicherweise sind diese Situationen unangenehm. Ein Teufelskreis: Die Betroffenen ziehen sich oftmals aus dem sozialen Leben zurück, sie scheuen die Begegnung mit anderen Menschen – verlieren ihre Lebensfreude. Folglich leiden sie nicht nur unter einer körperlichen Einschränkung, sondern auch unter einer wachsenden psychischen Belastung.

Welche Formen der Inkontinenz gibt es?

Laut Definition versteht man unter dem Begriff der Inkontinenz die fehlende oder mangelnde Fähigkeit des Körpers, Harn oder Stuhl zu halten und kontrolliert abgeben zu können. Unterschiedliche Formen der Inkontinenz geben Aufschluss über die Ursache der jeweiligen Form und die verschiedenen Möglichkeiten einer Therapie.

Belastungsinkontinenz 

Bei der Belastungsinkontinenz (auch Stressinkontinenz) kommt es bei körperlicher Anstrengung zum unkontrollierten Urinverlust. Ursache ist die geschwächte Beckenbodenmuskulatur, weshalb der Schließmuskel der Harnröhre nicht richtig funktioniert. Von der Belastungsinkontinenz sind mehr Frauen als Männer betroffen.

Harninkontinenz 

Die Harninkontinenz zeichnet sich durch einen plötzlichen, starken und nicht kontrollierbaren Harndrang aus, obwohl die Blase nur wenig gefüllt ist. Diese Form tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Neben einer überempfindlichen Blase (Sensorische Dranginkontinenz), die aus Entzündungen, Blasensteinen, Tumoren, einer vergrößerten Prostata bei Männern oder einem Östrogenmangel bei Frauen resultiert, geht eine überaktive Blase (Motorische Dranginkontinenz) auf Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose oder Schlaganfälle zurück. Daneben gibt es die Mischinkontinenz, die Symptome von Belastungs- und Harninkontinenz aufweist. Insbesondere ältere Menschen und Frauen sind von dieser Form betroffen.

Überlaufinkontinenz 

Bei der Überlaufinkontinenz entleert sich die Harnblase beim Toilettengang nicht vollständig. Dies ist auf eine blockierte Harnröhre oder auf eine schwache Muskulatur zurückzuführen. Es fließen ständig kleine Mengen Urin ab; die Blase „läuft über".

Reflexinkontinenz 

Bei der Reflexinkontinenz verlieren Betroffene ohne einen Harndrang zu verspüren aufgrund unkontrollierbarer Nervenreflexe Urin. Störungen im Bereich der Nerven, die die Blase steuern, sind hierfür verantwortlich. Dies kann in Folge einer Querschnittslähmung, aber auch bei Parkinson-Patienten, Multiple Sklerose, in Folge eines Schlaganfalls oder im Rahmen von Demenzerkrankungen auftreten.

Extraurethrale Inkontinenz 

Die Ursache des Urinverlusts bei extraurethraler Inkontinenz liegt außerhalb der Harnwege, beispielsweise durch eine Fistel, einem neu entstandenen Verbindungskanal, der von der Blase in die Scheide oder in den Darm führen kann. Über diese Fistel geht Urin verloren, ohne dass der Betroffene darauf Einfluss hat.

Enuresis 

Unter Enuresis wird das nächtliche Einnässen verstanden, das häufig bei Kindern, aber auch in zunehmendem Alter vorkommen kann.

Stuhlinkontinenz

Aufgrund der fehlenden Kontrolle über den Analkanal und den Analschließmuskel kann der Betroffene bei Stuhlinkontinenz die Darmentleerung nicht bewusst steuern. Männer und Frauen sind davon gleichermaßen betroffen.

Zum Thema passende Angebote

Welche Ursachen kann Inkontinenz haben?

Damit der Harndrang kontrolliert und problemlos funktioniert, müssen Zentren in Gehirn und Rückenmark und beteiligte Muskeln und Nerven intakt sein und zusammenarbeiten. Weiterhin müssen bei der Entleerung der Blase die Muskulatur des Beckenbodens, die Nerven der Beckenregion und die Bänder der Beckenorgane zusammenwirken.

Blasenschwäche als Symptom von erkrankten Organen und Nerven

Eine Dranginkontinenz resultiert häufig aus Krankheiten an den Organen wie eine Harnwegsentzündung, Blasensteine, eine Verengung der Harnröhre oder eine vergrößerte Prostata. Verantwortlich für schwache Nervenimpulse, weshalb Betroffene in der Folge nicht mehr über den Harndrang kontrollieren können, sind oftmals Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose, ein Schlaganfall oder eine Querschnittslähmung.

Inkontinenz als Nebenwirkung von Arzneimitteln 

Verschiedene Medikamente und deren Wirkstoffe können eine Inkontinenz fördern. Dazu zählen beispielsweise Betarezeptorenblocker gegen hohen Blutdruck oder Cholinesterase-Hemmer gegen Alzheimer. Wassertreibende Medikamente können die Kontinenz ebenfalls beeinträchtigen.

Hinweis der Redaktion

Vermuten Sie einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von bestimmten Medikamenten und einer beeinträchtigten Kontinenz, sprechen Sie unbedingt mit einem Arzt. Nur er kann herausfinden, ob diese Vermutung zutrifft. Setzen Sie keinesfalls eigenverantwortlich Medikamente ab!

Häufigkeit des Toilettenganges

Manchmal ist eine Inkontinenz auch auf das eigene Verhalten zurückzuführen. Wer zu häufig oder zu selten zur Toilette geht, gewöhnt die Blase an falsche Routinen. Einerseits kann sich die Blase an die kleinen Urinmengen „gewöhnen", sodass sie folglich nicht mehr in der Lage ist, größere Mengen zu speichern. Andererseits wird die Blasenmuskulatur beim seltenen Toilettengang ständig überdehnt, was die Funktion stören kann. Wer aus Angst vor Inkontinenz zu wenig trinkt, bewirkt im Übrigen das Gegenteil. Werden die Nieren nicht mit ausreichend Flüssigkeit versorgt, produzieren diese einen hoch konzentrierten Urin, der die Blase reizt und den Harndrang verstärkt. Weiterhin steigt das Risiko für Harnwegsinfektionen, wenn Nieren und Blase nicht ausreichend gespült werden.

Schwäche der Beckenbodenmuskulatur

Der Grund für Inkontinenz liegt häufig in einer geschwächten Beckenbodenmuskulatur. Denn diese spielt eine entscheidende Rolle bei der kontrollierten Harnabgabe: Die Beckenbodenmuskulatur formt den äußeren und bewusst kontrollierbaren Schließmuskel für die Blase. Zusammen mit dem inneren Schließmuskel am Blasenhals, welcher sich nicht aktiv steuern lässt, hält er das Speicherorgan im Bereich der Harnröhre dicht. Während sich der Urin in der Blase sammelt, ist die Beckenbodenmuskulatur angespannt und verschließt die Harnröhre. In Folge der Entspannung der Muskulatur entleert sich die Blase. Im Übrigen tragen und stützen die gestärkten Muskeln in der Beckenregion das Gewicht der Becken- und Bauchorgane. So halten sie beträchtlichem Druck stand, etwa beim Lachen, Husten, Niesen, beim Tragen von schweren Gewichten und vor allem dem eigenen Körpergewicht.

Aufgrund der Anatomie des weiblichen Beckens sind es häufig Frauen, die an einer Blasenschwäche leiden –drei von vier Betroffene sind weiblich. Zurückzuführen ist dies oftmals auf die relativ schwach ausgeprägte Beckenbodenmuskulatur. Zu der geschwächten Beckenbodenmuskulatur kommt häufig ein geschädigter Bandapparat, des Öfteren in Folge von Schwangerschaft und Geburt oder einer Operation im Beckenbereich, hinzu. Aber auch eine erblich bedingte Bindegewebsschwäche, schwere körperliche Arbeit, Übergewicht und die Absenkung der Organe im Beckenbereich nach den Wechseljahren können für eine Blasenschwäche verantwortlich sein.

Zwar kommt Harninkontinenz bei Männern in ihrer ersten Lebenshälfte vergleichsweise selten vor, was auf den stabilen Schließmechanismus und die längere Harnröhre zurückzuführen ist; die zunehmende Zahl an Prostataoperationen und die Altersentwicklung begünstigt allerdings auch hier die Wahrscheinlichkeit der Inkontinenz. Im Vordergrund steht bei ihm weniger die Belastungs-, sondern vielmehr die Dranginkontinenz. Verletzungen oder chirurgische Eingriffe im Beckenraum sind die häufigste Ursache für eine Blasenschwäche beim männlichen Geschlecht.

Sie möchten keine Neuigkeiten verpassen?

Erhalten Sie 1x pro Monat einen Überblick über wichtige Informationen und neueste Entwicklungen rund um das Wohnen und Leben im Alter direkt in Ihr Postfach.

Wie kann Inkontinenz behandelt werden?

Es gibt keine allgemeingültige Therapie bei Inkontinenz. In Abhängigkeit der Ursache, der Art, des Ausmaßes der Beschwerden und der jeweiligen Lebenssituation sollte der Arzt seinen Patienten über alle Möglichkeiten sowie deren Vor- und Nachteile informieren.

Um die Symptome einer Inkontinenz zu bessern, kann bereits eine Gewichtsabnahme hilfreich sein, um den Druck auf den Beckenboden zu verringern. Auch ein individuelles Blasentraining führt oftmals zum Erfolg: Mit sinnvoll angepassten Trinkmengen, einer geeigneten Getränkeauswahl und festen „Toilettenzeiten" kann das Wasserlassen trainiert werden. In Abhängigkeit der Inkontinenz-Form sind auch medikamentöse Therapien und operative Verfahren möglich. Die Kräftigung des Beckenbodens erscheint in den meisten Fällen hilfreich und vielversprechend.

Gezieltes Beckenbodentraining

Regelmäßiges und gezieltes Beckenbodentraining beugt einer Inkontinenz vor und kann weiterhin bereits bestehende Symptome lindern. Ebenso helfen Sportarten wie Walking, Radfahren, Joggen oder Yoga, die Muskeln des Beckenbodens zu stärken.

Allerdings ist das Training der Beckenbodenmuskulatur nicht nur Frauensache. Auch die gestärkte Beckenbodenmuskulatur des männlichen Geschlechts spielt eine wichtige Rolle zur Prophylaxe und Therapie bei Harninkontinenz. Im Übrigen fördern regelmäßige und gezielte Kontraktionsübungen der Beckenbodenmuskulatur auch eine gesunde Körperhaltung und ein gutes Körpergefühl. Dabei lässt sich zugleich sowohl das Risiko für Potenzprobleme und Erektionsstörungen senken als auch die Wahrscheinlichkeit für eine Prostata-Vergrößerung mit fortschreitendem Alter verringern.

Tipp der Redaktion

Eine Vielzahl an Übungen, um die Muskulatur des Beckenbodens gezielt zu trainieren, finden Sie sowohl in Bild- als auch in Video-Form im Internet.

Produkte und Hilfsmittel bei Inkontinenz 

So vielfältig die Ursachen für Inkontinenz, so umfangreich ist auch das Angebot an Produkten, mit denen die Betroffenen ihren Alltag besser meistern können. Je nach gegenwärtiger Lebenssituation, Form und Stärke der Blasen- oder Darmschwäche, bieten eine Vielzahl an Hilfsmitteln Lösungen für die individuellen Bedürfnisse. Dabei unterscheidet man zwischen aufsaugenden und ableitenden Produkten. Zu den aufsaugenden Hilfsmitteln zählen beispielsweise Einlagen, Inkontinenz-Slips, Pants und Netzhosen. Ableitende Produkte sind unter anderem Urinalkondome, verschiedene Formen des Katheters sowie Bett- und Beinbeutel.

Die Hersteller legen dabei großen Wert auf sichere, diskrete und geruchsfreie Produkte zur Inkontinenz, um den Betroffenen ein aktives Leben zu ermöglichen. In einer persönlichen und individuellen Beratung, die in der Regel kostenlos angeboten wird, findet jede Person das Produkt, mit dem sie sich wohlfühlt. Übrigens: Produkte zur Therapie von Inkontinenz oder Inkontinenzmaterialien gehören zu den Hilfsmitteln des Hilfsmittelkataloges, deren Kosten werden in Deutschland von der Krankenkasse übernommen – vorausgesetzt, die Produkte zur Therapie der Inkontinenz sind medizinisch erforderlich. Das Rezept für entsprechende Produkte muss also von einem zugelassenen Arzt ausgestellt werden.

Tipp der Redaktion

Führen Sie ein Toiletten- und Trinkprotokoll, welches den Arzt bei seiner Diagnose unterstützt. Darin notieren Sie einige Tage lang, wann Sie Wasser lassen mussten, wie stark der Harndrang vor dem Toilettengang war, ob es zu einem unwillkürlichen Harnabgang kam, wie viel Sie getrunken haben und gegebenenfalls auch, wie viele Vorlagen Sie benutzen mussten.

Zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel

Wussten Sie schon, dass Sie Anspruch auf zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel haben?

Lassen Sie sich jetzt unverbindlich von uns beraten. Bereits ab Pflegegrad 1 haben Sie Anspruch auf zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel, wie z.B. Desinfektionsmittel oder Mundschutz, im Wert von bis zu 40 € im Monat.

0800 760 4990