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Gilla       

erzählt von Christa Petersen

 

Wir wünschten uns schon lange eine Airedale-Hündin und als es dann endlich soweit war und die Züchterin sie uns endlich in die Arme legte und uns viel Freude mit „Gilla“ wünschte, dachten wir, daß wir uns ja sehr freuten, an mehr Freude dachten wir eigentlich nicht, als dass sich unser Wunsch erfüllt habe. Wieviel Freude wir an unserem Hundemädchen haben sollten wußten wir bis dahin nicht.

Gilla veränderte unser Leben.

 

Zunächst war sie ein süßes Bärchen mit einem frechen süßen Gesichtchen und natürlich,- alle liebten Gilla –und alles stand im Zeichen von Gilla, denn wir mußten ständig für sie da sein.

 

Zunächst einmal Treppen runter, Treppen rauf, um mit ihr ins Freie zu gehen, bis sie stubenrein war. Kleine Hunde schlafen ja am Anfang sehr viel. Aber sobald sie aufwachen – müssen sie.

Nach dem Spielen und Toben – müssen sie.

Dieses rauf und runter zum Gassi gehen wurde natürlich mir überlassen. Fürs spielen und rumtoben waren die Andern zuständig.

 

Da Gilla ja relativ groß wurde, und wir nicht wußten, wie sie später mal ihre Zähne und Kräfte einsetzen würde, spielten und  rauften wir mit ihr indem wir uns auch auf den Boden legten. Mal durfte sie gewinnen, mal wir.

 

 

Am Ende sollte aber immer Herrchen gewinnen, damit sie lernt, wer hier zu bestimmen hat bzw. wer der Boss des Oberrudel ist.

 

 

Morgens und abends ging ich nur kurz, aber mittags durfte sie sich schon 1 – 2 Stunden austoben. Überhaupt wenn sie meine Schwester abholte. Diese kam dann meistens gegen 14.00 Uhr und Gilla mußte eine eingebaute Uhr haben, denn kurz vor 14.00 Uhr stand sie auf, reckte und streckte sich und ging schon mal zur Tür.

 

Als Gilla noch ein ganz kleines Hundemädchen war und wir sie immer an der Leine führten, fragte uns eine Frau, weshalb wir sie denn immer an der Leine führen würden? Ja, meinten wir, damit sie uns nicht davon läuft, aber nein sagte sie, sie hat doch Angst daß sie ihr nicht davon laufen.

 

Da es natürlich ein nicht befahrener Weg war durfte Gilla jetzt frei laufen und somit die für einen Hund notwendigen Informationen aufnehmen. Wer z.B. schon vorher da war, - eben Zeitung lesen usw.

 

Aber nicht nur Gilla mußte viel lernen, auch ich.

Denn als wir wiedermal an einem wunderschönen Morgen durch die Felder und Wiesen liefen und alle Wiesen so schön grün waren, sprang Gilla freudig auf eine besonders schöne Wiese und wälzte sich vor Wonne.Ich dachte natürlich, dass ihr diese Wiese eben besonders gut gefallen würde,aber als sie wieder da

war, wußte ich warum: diese Wiese war frisch mit Jauche begossen worden! Ab da nahmen wir Gilla immer an die Leine, wenn „Gilla-Parfüm“ in der Luft lag.

 

Nach und nach hatten wir viele Freunde mit Hunden kennen gelernt

 

Da war Pascha, ein schwarzer Chau-Chau. Ein sehr dominanter Rüde.

 

Und Ihr Freund Nico, ein wunderbarer Irish-Setter/Berner Sennen-Hund-Mischling. Vom Aussehen und Farbe wie ein Irish-Setter, die Art wie ein Berner Sennen Hund. Also unheimlich lieb.

 

Und ihre Freundin, ein kleiner Zwergschnautzer,Zwergi genannt.  Freudig kleffend umtobte sie Gilla, denn zum Gassi gehen ist es zu 2. doch viel schöner und macht viel mehr Spaß. Setzt sich Gilla, kommt Zwergi angepeest und muß genau auf die gleiche Stelle zielen, aber ganz genau.  Wenn ihr Frauchen mir erzählte, was der Zwergi alles passiert ist, oder daß sie krank war und sie zum Tierarzt mußten, stand Zwergi vor mich hin, schaute mir eindringlich in die Augen und bellte in kurzen und langen Phasen und erzählte mir dann ganz aufgeregt alles nochmal. Ich stand vor ihr und sagte, was, das ist ja furchtbar

gewesen und sie erzählte weiter und weiter. Ganz bestimmt.

 

Ein täglicher Treff von Frauchen, Herrchen und Hunden ist eine schöne Anlage mit Fußgängerwegen und Radweg sowie Wiesen entlang der Nagold.

 

Also hier kommen alle mögliche Hunderassen zusammen. Man kennt sich inzwischen.

Die Hunde und die Hundebesitzer. Und meist erkennt man die Leute zuerst am Hund, wie, ach da kommt ja der Aro-Mann, oder Rocco mit Frauchen usw.

Riesengroße Hunde oder ganz kleine.

 

 

Der größte ist ein Irischer Wolfshund. Wenn der in die Anlage einläuft bekommt man schon Respekt. Aber der Größte ist der freundlichste, fröhlich schlaksig, wedelnd kommt er auf einen zu – der Hund von Baskerwil.

 

Dann kommt Philipp, ein Airedale-Rüde. Eine richtige Dynamik-Bombe. Den längsten Stock quer im Maul fegt er in die Zielgerade. Sein Erkennungszeichen: 1 Ohr Senkrecht hoch, das andere abgeknickt. Er ist unablässig dabei den von Herrchen reingeworfenen Stock aus dem Wasser zu holen. Philipp steigt nicht vorsichtig ins Wasser rein, wie unser Hunde-Mädchen,

nein, er schmeißt seine Vorderbeine nach vorn und die Hinterbeine nach hinten – also Bauchlandung – und schon ist er drin.

 

Eine lustige Bobtail-Hündin schnappt Gilla gern den Stock weg und springt fröhlich vor ihr her, dreht sich immer wieder nach ihr um und hat eine diebische Freude, ihn ihr weggenommen zu haben. Als Gilla es aber zuviel wird ihr immer hinterher zu springen, kommt Bobby immer wieder zurück und wedelt ihr mit ihrem erbeuteten Stock vor der Nase rum.

 

Ein ganz besonderer Hund ist Cherry. So etwas wie  ihn habe ich noch nie erlebt. Ich dachte, er habe eben  nur einen unheimlichen Bewegungsdrang. Denn sobald er in die Anlage einläuft, rast er die ganze Anlage entlang ca. 3 km  und kommt dann im gleichen Tempo wieder zurück. Aber nicht einfach so, nein, er macht immer ein Wettrennen mit einem auf  der  Landstraße, über der Nagold, kommenden LKW. Er sucht  sich dann den größten der da gerade kommt aus. Cherry, immer ein paar Längen voraus, dreht er sich ab und zu um und schaut ob der LKW auch noch nicht aufholt,- und mit einem anderen Laster kommt er dann auf die gleiche Weise wieder zurück.

 

So tummeln sich manchmal bis zu 10 Hunde über die Wiesen und freuen sich ihres Lebens. Ich hoffe nur, dass nicht einer auf die Idee kommt, das abzustellen.

 

Denn wenn ein Hund aus Angst und Vorsicht an der Leine bleiben muß, fühlt sich dieser gegenüber einem frei laufenden Hund benachteiligt und knurrt, und schon geht der Kampfgeist los.

 

Also wie beim Menschen auch, - knurrt einer oder ist unfreundlich, schon ist schlechte Stimmung und es wird zurückgeknurrt.- Es sei denn, jemand lacht, und schon ist alles gar nicht so schlimm.

 

Auf uns Menschen bezogen, gibt es z.Z. auch eine einzige Knurr- und Bellwelle.

 

Fährt ein Autofahrer zu schnell, - natürlich ein .....

Fährt einer zu langsam – Vollidiot.

Läßt man mal einen Autofahrer endlich auf eine

Hauptstraße rein – schon wird gehupt usw.

Bei einer geringsten Abweichung lacht keiner ,sondern knurrt und schimpft = bellt

 

Jetzt kam ich ganz ab von Gilla.

Unsere Gilla war ein ganz besonderes Hundemädchen.

Sie konnte Lachen! Wenn jemand zu uns kam, den sie kannte, raste Gilla zum Treppenabsatz, wedelte so mit ihrem Hinterteil , dass es sie um sich selbst drehte und zog ihre Leftzen hoch, daß man sämtliche Zähne

sah und es sah aus als ob sie lache. Es war auch lachen.

 

Wir gingen selten ohne Gilla weg. Wenn doch, sagten wir ihr das, und schon als kleiner Hund blieb sie ruhig allein Zuhause. Ich weiß dies genau, denn ich stellte ein Tonbandgerät mit einer Laufzeit von 4 Stunden ein, und es blieb 4 Stunden still.   Was hatten wir doch für einen verständnisvollen Hund. Allerdings glauben wir, dass es hilft, wenn man vorher mit dem Hund redet. Bevor wir gingen, bekam sie als Trost einen Hundekeks.

 

Wenn wir dann wieder zurück kamen, vollführte sie einen Freudentanz, lachte und erst dann stürzte sie sich auf ihr Leckerli, bevor sie ihn noch vor Freude x-mal in die Luft warf, vor Freude darauf zusprang, mit beiden Vorderfüßen scharf abbremste, um ihn erneut in die Luft zu schleudern. Erst wenn wir wieder zurück kamen, fraß sie ihren Keks auf.

 

Am Anfang war Gilla kein Wachhund. Wenn es läutete, bellte die ganze Familie und sie dann auch. Alles will eben gelernt sein.

 

Auch Einbrecher hätte sie freudig begrüßt, wenn sie was Gutes durch den Zaun geschoben hätten. Aber Einbrecher waren zum Glück nicht um den Weg und

beim abendlichen Spaziergang war ihre Größe schon Schutz allein.  Ob sie mich im Notfall tatsächlich

verteidigt hätte, glaube ich schon, sie hätte sich sicher voll eingesetzt.

Daß sie das kann, wissen wir. Denn schon als kleiner Hund wurde sie mal von einer Hündin angefallen und, obwohl sie sich ergab und auf den Rücken legte, hätte diese ihr vermutlich den Hals durchgebissen, wenn sie nicht abgehalten worden wäre.

 

Wenn wir an dem Haus und Garten vorbeikamen, in dem diese Hündin wohnte, war Gilla kaum zu halten, um dieser ihren ganzen Haß und ihre ganze Wut zu zeigen.

 

Sie sah mich an, wie du weißt doch, daß ich hier her muß, ich konnte und wollte sie auch nicht immer davon abhalten, und sie raste mit gefletschten Leftzen entlang dem Zaun, auf der anderen Seite die Hündin. Hier ließ sie ihre ganze Wut und Frust aus. Vermutlich tat ihr das gut.

Aber aus diesem Grunde weiß ich auch, daß sie, für den Fall aller Fälle zu einer Löwin werden konnte und  mich sicher auch verteidigt hätte.

 

Unsere Züchterin meinte, wir sollten mal eine fremde Person dazu anstiften, Gilla zu schlagen, damit sie merkt, dass es auch Menschen gibt, die ihr böses tun können. Es fand sich nur keiner und wir wollten es um diesen Preis auch nicht. Gilla war ein fröhlicher Hund.

 

Wenn Gilla fröhlich wedelnd auf jemand zuging, gewann sie alle Herzen und da wir neben einer Schule wohnten, alle Kinderherzen. Aber Gassi gehen, das tat sie nur mit unserer Familie. Selbst mit Freunden von uns, die sie auch gut kannte, ging sie 2 Schritte und  dann nicht weiter.

 

Gilla war auch unser Bordhund. Als kleinen Hund gewöhnten wir sie daran, auf unserem Segelboot dabei zu sein. Mehrmals war sie schon mit, nie lange natürlich. Bevor wir starteten liefen wir mit ihr eine lange Zeit. Ob sie auch schwimmen konnte, wußten wir bis dahin noch nicht.

 

Wir hatten Freunde an Bord und segelten Richtung Reichenau. Gilla hatte eine üble Angewohnheit, sie schnappte nach Fliegen und Wespen. Auch auf dem Boot bemerkten wir plötzlich eine Wespe und Schnapp, war Gilla im Wasser. Große Aufregung. Mein Mann machte sofort „Mann über Bord Manöver“. Menschen bleiben wenn sie reinfallen, beim Boot. Hunde peilen das nächste Ufer an und wenn sie Land sehen, schwimmen sie Richtung Land, heißt es. Eins stand jedenfalls

Fest, schwimmen konnte sie. Auf tüchtiges Zurufen kam sie auch wieder in Richtung Boot. Ein Freund sprang rein und da sie auf dem Boot immer ein sog. Kummet anbekam an dem man sie gut halten konnte, ohne ihr den Hals zuzuziehen, zogen wir ihr noch ein Handtuch durch die Hinterbeine und so kam sie wieder an Deck.

 

Im Grunde war ein Segelurlaub eigentlich nichts für Gilla, oder für Hunde allgemein. Obwohl wir Gilla zuliebe immer mehr Spaziergänge machten, zumindest bei Flaute. Man mußte eben immer genau planen. Morgens ein Spaziergang. Beim Auftakeln spielte sie inzwischen mit einigen Kindern. Egal wo wir waren, Gilla fand immer Kinder die unbedingt mit ihr spielen wollten, und da ein Airedale immer sehr kinderlieb ist, gab es da nie Probleme. Es ist auch bemerkenswert, wie viele Kinder doch ein großes Einfühlungsvermögen gegenüber Tiere haben. Sie sind da ganz offen und unvorbelastet. Sie fragen zwar vorher, ob er beißt, aber bei Gilla war das nie ein Problem. Und dann hieß es noch evtl. „Häufchen“ zu beseitigen und nun gings raus aufs Wasser.

 

Aber zurück zu den Wespen. Einmal stach sie eine Wespe in ihr Hinterteil und das tat ihr trotz Fell doch ganz schön weh. Wenn sie jetzt eine Wespe nur sah, setzte sie sich ganz schnell hin und stand erst wieder auf, wenn die Wespe weg war. So nach dem Motto, jetzt kann sie mir nicht mehr weh tun. Ich sitz ja.

 

Die Zeit verging im Flug. Und Gilla verstand uns zwischenzeitlich immer besser. Ich möchte behaupten, sie verstand jedes Wort.

 

Wenn mein Mann sagte, ich geh‘ jetzt, stand Gilla bereits an der Haustür mit fröhlichem Hopsen, oder mit hypnotisierenden Augen, gell du nimmt mich doch mit. Wenn es möglich war, nahm er sie auch immer mit. Wenn nicht, mußte sie eben bei mir bleiben.

 

Gilla war ein Suchhund für Tennisbälle.Gingen wir irgendwo spazieren, auch wo sie vorher noch nie war, hebt sie plötzlich den Kopf, schnuppert in der Luft, setzt sich in Bewegung, auch wenn es den steilsten Hang hoch ging – also nicht nur am Wegesrand – und kommt mit einem Tennisball zurück.Ein Naturtalent.

 

Gilla im Urlaub

 

Im Urlaub an der Nordsee, welch ein Entsetzen, dass das Wasser so komisch schmeckte.

 

Sie hatte dort einen Afghan-Rüden zum Freund. Er war mal dick, oder mal hauchdünn, je nachdem, ob er mit- oder gegen den Wind sprang.

 

Gilla versteht jedes Wort.

 

Jeden Morgen der gleiche Rhythmus, egal ob mein Mann zuerst oder zuletzt aufsteht und die Treppen runter

geht, Gilla folgt ihm auf den Fersen.

 

Gestern mußte er geschäftlich wegfahren und daher früher aufstehen.

 

Ich ging zu Gilla rüber, streichelte sie und sagte: heute kannst du länger schlafen und faulenzen, du kannst nicht mit, wir zwei müssen daheim bleiben.

 

Mein Mann ging runter, ich ging runter, Gilla blieb oben. Alles wie immer, aber Gilla blieb oben.

Erst als ich gegen 9.00 Uhr hochrief, Gilla komm, Gassi gehen, da kam sie dann runter.

Sie versteht eben jedes Wort.

 

Mit Gilla im Winterurlaub

 

Gilla ist übermütig , fröhlich und hin und weg wenn sie ans Wasser kommt oder Schnee sieht.

 

Wir waren im Winterurlaub und fuhren mit einem Funy hoch zu einer Alm. Gilla war immer glücklich, wenn sie mit uns allen laufen konnte ( so a‘la Herdentrieb).

Heute jedoch war sie ganz aus dem Häuschen. Erstens der Schnee, in dem sie sich laufend drehte und wälzte, zweitens umtänzelte sie immer mich.

 

Was ist denn nur mit ihr los, was will sie denn, und als ich mich bückte, um einen Schneeball zu machen, war sie wie der Wind da, riß mir meine neue rote Mütze vom Kopf, warf sie in die Luft und gab sie nicht mehr her.

 

Das war es also, diese rote Mütze war was ganz neues und sie wollte sie haben. Mit List und Tücke konnte ich sie ihr nach einiger Zeit wieder zurückerobern.

 

Bei allen Hundefreunden, die ich kenne, ist ein Hund eben ein Familienmitglied.


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