Edgar Schulz   [email protected]

 

Der Sanitäter und das Eisspray

 

Zwei Sanitäter gingen mit einer Trage an der Promenade entlang. Es waren eifrige Sanitäter, die unschwer daran zu erkennen waren, daß sie mit einer Trage spazieren gingen, obwohl es noch gar nichts zu retten gab. Sie waren allzeit bereit.

 

Der vordere Sanitäter war sofort als Vorgesetzter zu erkennen, weil er auf dem linken Hemdsärmel drei Spritzen aufgestrickt hatte, während sich der hintere Sanitäter mit einer Spritze begnügen mußte. Beide blickten suchend nach links über den Strand, bis hin zum Meer. Der auf Notfälle geschulte Blick des vorderen Sanitäters blieb an einem älteren Herrn haften, der auf einem Stuhl sitzend, die Brust im Uhrzeigersinn rieb.

 

Der vorgesetzte Sanitäter bog ab, eilte über den Strand, den Sand kaum berührend. Sein Kollege keuchte hinterher, die Trage zog er durch den Sand. Der vorgesetzte Sanitäter erreichte den Mann, als der gerade das Brusteinreiben einstellte und sich entspannt auf dem Stuhl zurücklehnte. Die Tube mit der Sonnencreme, die einen Lichtschutzfaktor von zehn hatte, fiel unbemerkt in den Sand.

 

Der vorgesetzte Sanitäter sprühte ein schnell wirkendes Eisspray auf die Brust des Mannes, um mittels einer Schockwirkung, die Lebensgeister seines Notfalles zu wecken. Das Eisspray wirkte sofort auf der Brust, des sich bis dahin wohl fühlenden Mannes. Der so unerwartet gekühlte Mann sprang auf und trat mit voller Lebenskraft auf die Tube mit der Sonnencreme, die den unerhörten Druck des Männerfußes nachgab und aus ihrer Hülle flutschte. Muster machend blieb sie auf dem Sand liegen.

 

Mit seinem haarlosen Haupt rammte der gekühlte Mann den Mechanismus, der den Sonnenschirm schützte und löste eben diesen Mechanismus aus, so daß der Schirm seine ausgestreckte, stolze Form verließ und zusammenklappte. Der Mann wurde am Kopf getroffen und verletzt. Er fiel auf den Sand, gleich neben seine ausgedrückte Tube mit Sonnencreme.

 

Der vorgesetzte Sanitäter nickte bestätigend. Das hatte er auf der Promenade gesehen, daß es hier etwas zu retten gab. Am Abend bekam er die vierte Spritze auf den Ärmel gestickt, sein Kollege die zweite. Am nächsten Tag waren sie wieder unterwegs, Menschen retten. Das Eisspray war natürlich dabei.