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Edgar Schulz   [email protected]

 

Der Sonnenhut auf dem Sand.

 

Die Sonne brannte vom Himmel hernieder. Urlauber in großer Zahl, tummelten sich am Strand. Sie cremten sich ein, spielten Ball oder aßen Stullen mit Wurst.

 

Ein kleiner Junge, in einer bunt gemusterten Badehose, fiel aus dem Rahmen. Der war nämlich damit beschäftigt, eine Grube auszuheben, in die sich der Vater hineinlegen sollte.

 

"Papa, Papa, die Kuhle ist fertig,” rief der Junge, "du kannst dich nun hineinlegen.”

 

Der Vater tat, um was ihn der Junge bat. Er legte sich der Länge nach in die Kuhle und der Junge schaufelte ihn zu. Nur der Kopf schaute aus dem Sand.

 

"Setze mir den Sonnenhut auf, damit er mich vor der Sonne schützt.” Bat der Vater.

 

Der Junge kam der Bitte des Vaters nach. Er zog ihm den Hut bis über beide Ohren, so daß die Krempe den Sand berührte. Der Vater lachte. Er fühlte sich wohl, so tief im feuchten, kühlenden Sand und es freute ihn sehr, daß der Sohn eine Kuhle grub, in die er, der Vater, hinein krabbeln konnte.

 

Wie anders war doch das Kind, hier am Strand. Unermüdlich hatte es an der Kuhle geschaufelt, Stunde um Stunde. Zu Hause mußte der Vater immer mahnen: "Junge, tu doch etwas, beschäftige dich." Und immer, wenn der Vater etwas fragte, antwortete der Junge: "Das weiß ich nicht." Wie schön, hier war er ganz anders.

 

Vom Süden her näherte sich eine Busladung Kurzurlauber. Sie schauten blaßhäutig aus, waren begierig, braun zu werden. Einhundertzwölf Menschen waren es. Zielstrebig gingen sie auf die Dünen zu, ein fröhliches Lied auf den Lippen. Sie zogen vorbei an den braunen Urlaubern, die von den Neuankömmlingen keine Notiz nahmen.

 

Es interessierte die Urlauber auch nicht, daß ein Hut, der auf dem Sand lag und vor dem ein kleiner Junge kniete, von einhundertzwölf Neuankömmlingen, mit fröhlichem Juchhe platt getreten wurde. Es kümmerte auch keinen die vielen Fußspuren, die um den kleinen Jungen herumführten. Auch beachtete niemand, daß der Junge, nachdem die Neuankömmlinge an ihm und seiner Grabestelle vorbeigegangen waren, an das Wasser ging und Pipi machte.

 

Die Mutter aber, die rief ihm nach: “Wo ist der Vater? Eben war er doch noch da?"

 

Und wie gewohnt antwortete der Junge, der immer alles vergaß: "Das weiß ich nicht." Dann pinkelte er weiter.

 

Am Strand lag einsam ein breitgetretener Hut. Viele Fußspuren führten über ihn weg.

 


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