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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Die Sache liess sich gut an. Herr Obrist senior war die Liebenswürdigkeit in Person. Friedels

Bedenken, er sei ja gar noch nie auf dem Vertreterfach tätig gewesen, zerstreute er mit einem

lauten meckernden Lachen und der Bemerkung, Herr Beeringer habe genauso wenig Wissen

mitgebracht, als er damals den Job übernommen habe. Es sei doch selbstverständlich, dass man

einem hoffnungsvollen Anwärter auf seine Nachfolge zumindest die gleiche Ausbildung werde

angedeihen lassen. Ein paar Wochen im Stammbetrieb, dann einige Wochen mit einem versierten

älteren Herrn Kollegen auf die Tour und schon habe man das nötige Rüstzeug beieinander. Da

solle er sich keine Sorgen machen. Natürlich werde man ihm einen starken Wagen zur Verfügung

stellen, den er auch in der Freizeit benutzen könne. Dazu gebe es soviel Spesenentschädigung, dass

man sie gar nicht in Essen und Trinken umwandeln könnte. Er, der Herr Reist solle doch nur

schauen, dass er so bald als möglich von der jetzigen Arbeitgeberfirma loskomme. Und falls er es

auf eine fristlose Kündigung abgesehen habe, die man mit etwas Geschick auch ertricksen könne,

(hahaha) dann übernehme er, der Herr Obrist persönlich die Garantie, dass man hier alle

eventuellen finanziellen Nachteile, die Herrn Reist daraus erwachsen sollten, grosszügig tragen

werde.


Dieser letzte Satz liess Friedel zwar etwas aufhorchen. Denn er dachte, wenn ein Arbeitgeber mit

solchen Aufforderungen zum Vertragsbruch operiere, dann könnte er auch später mit der gleichen

Cleverness ihn, den Friedel Reist abservieren, wenn dem Herrn Patron gerade der Sinn danach

stünde. Aber der Gedanke, sobald als möglich vom alten Halunken Baumer loszukommen, war so

verlockend, dass Friedel sich auf den Handel einliess.

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