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Kampf den Wühlmäusen

Georg Segessenmann
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Ratlos schlenderten die Bauern über ihre Felder. Mausehügel reihte sich an Mausehügel, soweit das Auge reichte. Da musste etwas geschehen. Sie beriefen eine Versammlung ein, an der die klügsten Köpfe ihre Ideen vorbrachten, wie den schamlosen Taugenichtsen ihr Tun zu verleiden wäre. Endlich kam einer auf die rettende Idee: "Verbünden wir uns doch mit den natürlichen Feinden der Mäuse!"

Anderntags trafen sich die Bauern mit den Vögeln, den Wieseln, den Katzen und dem Fuchs am Waldrand und die Bauern versprachen den Tieren das Blaue vom Himmel herunter. Den Bussarden stellten sie Stangen auf die Felder, damit sie eine gute Übersicht hätten über ein grosses Gebiet; den Wieseln versprachen sie, sie zu schonen; dem Fuchs versprachen sie, er dürfe sich hin und wieder in den Gärten an den Beeren gütlich tun und, wenn er wolle, könne er sogar in den nicht mehr benutzten Remisen seine Jungen aufziehen. Sogar den Reiher, der sich doch vorher nur von Fischen und Fröschen ernährt hatte, konnten sie dazu bewegen, nun auch noch Mäuse zu fangen. Alle Tiere waren einverstanden, in diesem Jahr eine grössere Menge Junge aufzuziehen, damit der Landplage möglichst rasch ein Ende bereitet werden könne. Denn so viel hatte ihnen noch niemand versprochen.

Als sich die Bauern aber ins "Kreuz" zu einem wohlverdienten Schlummertrunk zurückzogen, blieb Konrad, der wegen Kostenersparnis ausgemusterte Feldmauser zurück und sprach mit den Tieren: "Wisst ihr denn eigentlich, dass ihr euch eure eigene Futterquelle entzieht, wenn ihr alle Mäuse in diesem Jahr auffresst? Wisst ihr eigentlich, dass ihr euch euer eigenes Grab damit schaufelt?" Der Fuchs war der erste, der ihn begriff. Und gemeinsam mit ihm gelang es Konrad dem ausgemusterten Feldmauser, die Tiere zu überzeugen, nur immer so viele der bösen Nage- und Wühltiere zu fangen, dass der Bestand in einem für die Mäusefresser ausgewogenen Rahmen erhalten bliebe.

Warum ich diese Geschichte erzähle? Vor allen Wahlen versprechen uns die Politiker, uns von den bösen Mäusen - pardon: Kriminellen - zu befreien. Nicht weniger sind es seither geworden, eher mehr davon. Ich werde meine Stimme nicht denjenigen geben, die auch in diesem Wahljahr wiederum Zucht und Ordnung auf ihr Banner geschrieben haben - zu viele pensionierte Feldmauser und Füchse sind darunter!


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