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Gedichte von Gert O.E. Sattler

(Pensionär in Recklinghausen)

 

 

[Thema: Schicksal der deutschen Sprache....?]

 

 

Denglisch oder

Engleutsch

 

*

 

Engleutsch or Denglisch  I

 

Den Michel nennt man heute Mike,

er radelt mit dem Mountainbike,

bei Meetings ist er megacool

und jumpt in jeden Swimmingpool.

 

Er denglischt schneller als der Blitz,

zu seinen Kindern sagt er Kids,

sein Feeling ist mal out, mal in,

und After-shave is for his Skin.

 

Er liebt die Show der Rockerband,

den Quicky und den Onenightstand,

am liebsten macht er einen Deal

und zeigt dabei viel Sexappeal.

 

An Partys mag er das Remake

und deutschen Kuchen nennt er Cake,

der Michael hat die besten Cards,

mit Engleutsch kommt er in die Charts.

 

**

Denglisch  II

 

Der Michel geht auf einen trip,

und tickt er aus bei einem flip,

dann nennt er dicke Punkte points,

und seine groupies rauchen joints.

 

Am set da nimmt er einen drink,

die Farbe rosa nennt er pink,

die girlies liebt er affengeil,

das ist nun mal sein livingstyIe.

 

Er denglischt cracy night and day,

in Ordnung heißt bei ihm okay

und seine comics, seine clowns,

die haben ups und haben downs.

 

Am meisten liebt er sein tivi,

dort wird denglischt wie noch nie,

die unsichtbare Zipfelmütz'’

erpaßt das Fernsehn allen kids.

 

*

 

Engleutsch or Denglisch  III

 

Der Michel liebt den safersex

und bei Mac Donalds ißt er Macs,

sein feeling, das ist absolut,

das Ohr gepierct, die Brust tattoot.

 

Sieht jemand friends, dann sagt er: high,

und nach dem small-talk cool: good-bye;

doch ist er crazy, sagt er : whow,

das ist sein image, sein know-how.

 

Die Lieblingstiere heißen pets,

die Hunde dogs, die Katzen cats,

die Kinder schrumpfen ein zu kids

und evergreens sind megahits.

 

Auf Straßen gibt es stop and go

und im tivi die playbackshow,

wer dort am besten engleutsch kann,

wird Obermichel, just for fun.

 

*

 

Rechtschreibreform für Denglischer  I

 

Zeinsfikschen, Äktschenzriller,

Gängster, Kaubeus, bladdie Killer,

Panker in se Puulposisch'n,

sätt is Djörmänn Telewischn.

 

Fäns änd frieks änd Pauer-Rocker,

Kreim and woar änd Hardkorschocker,

Fixer, Facker, Sex-Ämbisch'n,

sätt is Djörmänn Telewisch'n.

 

Gruupies, görlies, Stripperbubies,

Piep änd Popp änd Pornomuwis,

Hippies, Quickies, Exibisch'n,

sätt is Djörmänn Telewisch'n,

 

Horrorkids änd God-Dineier,

Zombies, Äiljens, Dewwilskreier:

No Komment änd Opposisch'n,

sätt is Djörmänn Telewisch n.

 

*

 

Rechtschreibreform für Denglischer II

 

Pitschendeutsch und Pitscheninglisch

machen Kids und Tietscher hai,

aut ist sie, die deutsche Sprache:

Djörmänn längwitsch zäs gudd bai.

 

Pitschendeutsch und Pitscheninglisch,

liegen superkuhl im Tränd,

jedes Treffen wird zum Mieting:

Maikl, du ju anderständ?"

 

Pitschendeutsch und Pitscheninglisch

sind für Djörmänn Piepel in,"

nur wer denglischt ist kein Luhser,

nur die Peunts sind der Gewinn.

 

Pitschendeutsch und Pitscheninglisch

sind die Stars der Schreibform-Hits.

Wie gesprochen, so geschrieben:

Fann änd Lack for Djörmänn Kids!

 

*

 

Rechtschreibreform für Denglischer III

 

Zum Kasting und zum Schuuting geht

ein Plämät, das auf Pläbeus steht,

und weil sie meistens toppless ist,

man ihren Boddie nicht vergißt.

 

Sie ist gepierßt, tatuut, gesteilt,

durch „Bladdie Märies“ aufgegeilt,

und macht als Gruupie, hei durch Jeunts,

beim Stripp mit Strapsen dicke Peunts.

 

Sie schluckt am liebsten Äcksterzieß

und ist für Friedäm, Law änd Pieß,

ihr Kwicki und ihr Wannneittständ

sind in bei jeder Rockerbänd.

 

Es spritzt aus ihrem Mund, o Graus,

ein Exkrement als Scheiße raus,

es ist beliebt bei groß und klein:

Ein bißchen Djörmänn muß noch sein!

 

**

 

Rechtschreibreform für Denglischer IV

 

Haitäck, Pläbäck,

englisch sprechen,

Bäckgraund, Riebaund

radebrechen,

das ist neue deutsche Art,

die der Nju Diel offenbart.

 

Hailait, Mittnait,

Sprache fälschen,

Händy, Brändy,

kauderwelschen,

wer am besten Denglisch:kann,

schlägt das Volk in seinen Bann.

 

Kräschkitt, Autfitt,

Engleutsch knödeln,

Mobbing, Schopping

Nonsens blödeln,

um den Turm zu Babel schart

sich die neue deutsche speaking art.

 

 

 

Engleutsch or Denglisch IV

 

Der Playboy törnt die Teenies an,

ein Surfer surft so gut er kann,

der Cutter checkt das Pay-TV,

und Beatles singen „Let it be“.

 

Beim Rockkonzert in Open air

verbreiten Groupies Sex und Flair,

und mancher Song der Rockerband

erzählt vom Luck und Happy End.

 

Ob Upperclass, ob Underground,

wer Power hat, beherrscht den Sound,

er wird im Jetset, near und far,

zum Shooting- und zum Superstar.

 

Ob Broker oder Bodyguard,

wer kauderwelscht ist cool und smart,

wer busy denglischt, soon und late,

ist Boß und King und up-to-date.

 

**

 

Engleutsch or Denglisch  V

 

Zum Polizisten sagt man Cop.

Dem Topless-Model fehlt der Top,

auf Schusters Rappen walkt der Tramp

und Camping macht man auf dem Camp.

 

Zur Jazzmusik gehört der Jive,

die Punch- and Peepshow sieht man life

gethrillt und happy sagt man Wow

und Cowboys sind die Boys der Cow.

 

Die Kicker schwören auf ihr Team,

der Junkie liebt den Horrordream,

zum Mittagessen sagt man Lunch

und spätes Frühstück ist ein Brunch.

 

Man zahlt im Eros-Center cash,

der Tenniscrack beherrscht den Smash,

und jeder Freak, der talken kann,

ist geil auf Denglisch, just for fun.

 

**

 

Engleutsch or Denglisch VI

 

Die Boys und Girlies kiffen Joints

beim Happening in Servicepoints,

der Entertainer ist ein Star

und Cocktails mixt one an der Bar.

 

Den Whisky trinkt man extra dry,

sagt Cheerio und cool Cood bye,

die Hooligans in Springerboots,

die woll’n zurück zu ihren Roots.

 

Der Evergreen war einst ein Hit,

das Kind verkümmert heut’ zum Kid,

die Pornos haben ihren Boom

und Objektive einen Zoom.

 

Der Wonderbra der Politess’

ist ein Event der Yellow Press,

wer Denglischsprache nicht verpennt,

der liegt als Gentleman im Trend.

 

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Engleutsch or Denglisch VII

 

Den Airbag braucht der Mensch beim Crash

das Pokerspiel gewinnt, der Flash.

Im Imbiß-Center gibt’s den Snack

und jede Quiz-Show will den Gag.

 

Die Front Page hat die Meganews,

das Petting ist ein Bodyschmus,

der Junkie ist auf einem Trip

und Damenschlüpfer heißen Slip.

 

In Büchern steht das Copyright,

der Champ und Winner liebt den Fight.

Die Nietenröhre nennt man Jean,

und Drogenfreie, die sind clean.

 

Es wird gedenglischt wie noch nie,

beim Rugby gibt’s den Referee,

den Bodycheck und Sponsor auch,

so will es deutscher Nonsensbrauch.

 

**

 

Engleutsch or Denglisch VIII

 

Zum Tonband sagt man heute Tape,

zum Plättchen Chip, zum Umhang Cape.

An Chrismas singt man Jingle bell

und Santa Claus ist auch zur Stell'.

 

Beim Tennismatch gibt’s Volleys, Lobs,

die Formel Eins kennt Boxenstopps,

man schätzt am Bus’ness das Know-how

und dünkt sich clever, smart und schlau.

 

Die Ware nennt man Merchandise

und Hotpants machen Softies heiß.

Ein jeder Single hat es schwer,

drum mag er Fast-Food, Wash and wear.

 

Beim Bungee Jumping fällt man tief,

wer blufft und babblet ist der Chief,

wer Denglisch spricht, man glaubt es kaum,

ist Yuppiecrack im deutschen Raum.

 

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Engleutsch or Denglisch IX

 

Ein jedes Deckblatt nennt man Cover,

den Weiberhelden Latin Lover,

ein Bodybuilder ist ein Mann,

der seinen Körper formen kann.

 

Der Fußballspieler ist ein Kicker,

die Anstecknadeln heißen Sticker,

und Mobben tut man kurz und knapp

am Arbeitsplatz und auch im Pub.

 

Zum Rechner sagt man heut’ Computer,

der Turkey ist ein deutscher Puter,

der Doppelgänger macht den Stunt,

wenn’s sein muß auch mit einer Hand.

 

Die Pellung nennt man heute Peeling,

wer Kribbeln spürt, der hat ein Feeling,

es sagt der Zeitgeist, klipp und klar:

Wer denglischt ist ein Shootingstar.

 

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Engleutsch or Denglisch  X

 

Die Bottleparty ohne Frage,

ist ein echtes Trinkgelage,

der Biker bikt, der Jogger joggt,

und jede Nervensäge shockt.

 

Die Kleinkindwacht heißt Babysitten,

der Diskjockey kommt nicht geritten,

auf seiner Drum der Drummer drummt

und jeder Hürdenspringer jumpt.

 

Die Bücherwürmer heißen Reader,

und jeder Leiter ist ein Leader.

Bei Schönheitswahlen gibt’s die Miss,

sie kriegt beim Siege manchen Kiss.

 

Der Schauerfilm, das ist ein Thriller,

und jeder Mörder ist ein Killer,

wer crazy denglischt, ist es auch,

so will’s der neue german Brauch.

 

 

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Unser Sprachgut

 

Hickhack, Schnickschnack, Kauderwelschen,

Witze reißen, Worte fälschen,

ist es neue deutsche Art,

die im Volk sich offenbart?

 

Blödeln, Knödeln, Radebrechen,

Engleutsch babbeln, Denglisch sprechen,

laut und lüstern, daß es stiebt,

‘s ist im deutschen Volk beliebt.

 

Tierisch-witzig: Sprache patschen,

Wischiwaschi, Nonsens quatschen,

blasphemistisch dünkelhaft,

wird’s im Volk zur Leidenschaft?

 

Heckmeck, Schweinkram, geile Zoten

widersprechen Sprachgeboten,

Kant und Goethe drehen stumm

sich in ihren Gräbern um.

 

 

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Märchenhaftes

 

Bis zum Strande schwimmt die Nixe,

eine ganz besonders fixe,

schaumgekrönt und blitzeblank

baut sie eine Muschelbank.

 

Tief im Schilfe träumt die Nymphe

ohne Schuh’ und ohne Strümpfe;

was sie ist und was sie hat,

zeigt sie ohne Feigenblatt.

 

An der Quelle nach dem Bade

tanzt im Lichte die Najade

spielerisch auf nackten Zeh’n,

nur ein Strandfink hat’s geseh’n.

 

Männer lieben Märchenwesen,

Hexen auf dem Reisigbesen,

Engel in der Sommernacht:

Gott hat Frau’n so gemacht.

 

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Exkrementensprache

 

Früher war die Sprache, Satz für Satz,

kulturell des Volkes größter Schatz,

heute ist von der Niers bis an die Neiße,

glaubt man Sprachverwirrern, alles ...

 

Früher war die Sprache Ideal,

heute ist sie schmierig und fäkal,

zwischen Niers und Elbe bis zur Neiße

gibt's ein Modewort, und das heißt ...

 

Früher hörte selten man das Wort,

heute sagen’s Kinder im Akkord,

ob an der Niers, der Elbe oder Neiße,

überall ertönt das Schlagwort ...

 

Früher galt die Ehrfurcht noch vor Gott,

heute treiben Sprachverhunzer Spott,

ihnen ist, von der Niers bis zur Neiße

exkrementenartig alles

 

(Niers: kleiner Fluß, an der deutsch-niederländischen Grenze sich hinziehend, in Holland in die Maas mündend)

 

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Laute Welt

 

Es lärmt der Mensch auf dieser Welt,

er jault und johlt wie’s ihm gefällt,

er sieht bei Brot und Spielen rot

und manchmal trampelt er sich tot.

 

Er paukt und plärrt und ruckt und rockt,

er blökt und brüllt und schreckt und schockt,

er quiekt und quakt, er schrillt und schreit

und sucht mit and’ren Menschen Streit.

 

Die Nachtgestirne schweigen still,

weil Gott dem Menschen zeigen will,

die Ruhe liegt in jener Kraft,

die Gutes will und Großes schafft.

 

Wär’ jeder Stern, der auf uns schaut

so penetrant und gräßlich laut,

ich glaub’, den Menschen platzten schnell

die Adern und das Trommelfell.

 

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Fernsehprogramm

 

Monsterfilme, Mord an Mord,

Blut und Leichen im Akkord,

Sado-Maso-Sauerein:

Das soll deutsches Fernsehn sein?

 

Gossensprache, echt fäkal,

penetrant und infernal,

jede Menge Blödelein:

Das soll deutsches Fernsehn sein?

 

Pornostreifen, affengeil,

bietet jede Glotze feil,

Sprachverhunzung, Narretein:

Das soll deutsches Fernsehn sein?

 

Wertewandel, Kreuzesstreit,

Bilder der Vermessenheit,

Gott- und Christuslästerein:

Das soll deutsches Fernsehn sein?

 

 


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