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Eine Begebenheit aus den Bergen

 

Sie hat nie von der Liebe gewußt.

Man schreibt das Jahr 1917, es war Krieg. Seit 1914 wurde an vielen Fronten gekämpft. Alle Männer waren eingerückt. Familienväter kämpften neben ganz jungen Soldaten.

Hunger ! Das hatten sie mit dem Volk gemeinsam.

Schiere Verzweiflung kam über den Fronturlauber, wenn er nach Hause kam und sah wie seine Kinder die Brotkrümmel unter dem Tisch suchten, der Magen sich trotz der Mahlzeit vor Hunger krümmte.

Soviel Elend und Not.

Die Gedanken brachten ihn auf einsame Gehöfte in den Bergen. Vielleicht gab es dort gute Menschen, die bereit waren etwas Milch abzugeben.

So auch unser Vater.

Er nahm mich, sein jüngstes Mädchen mit. Gerade 1 ½ Jahr war ich.

Auf dem Arm tragend gingen sie weit fort, immer weiter hinauf in die Berge, bis zum letzten Bauernhaus.

Hier klopfte er an die Haustür und brachte der Bäuerin seine bitte vor. Stellte das kleine Mädchen auf die Beinchen, dieses aber sah erschrocken und ängstlich zur alten Frau auf.

Die Bäuerin aber, sah mir wohlwollend in die Augen, nahm mich auf den Arm und sagte zum Vater :

„Ich habe mir immer schon ein Mädchen gewünscht. Jetzt habe ich eines.“

Dann ging sie mit dem Kind in die Stube.

Als sie wieder kam sagte sie zum Vater:

„Komm herein und raste, ich gebe dir zu essen, dann kannst du Heim gehen, aber ohne das Kind, es gehört nun mir.“

Der Vater dachte:

Es ist immer noch mein Kind, aber ich will es vorm Hungertod retten. Ich muß ja wieder in den Kampf ziehen und kann nicht anders helfen.

Die Bäuerin setzte ihm einen kräftigen Schmarren und Kaffee vor. Er aß und trank

Ein letztes Mal fütterte der Vater sein Kind. Dabei betrachtete er alle Bewegungen und Blicke seiner Kleinen. Er seufzte bei soviel Elend in der Welt.

Aber er nahm sich einen Aufschwung, ging aus der Stube, durch den Flur, trat aus dem Haus und lies alles hinter sich.

Er schaute nicht auf, nicht zurück, wußte eigentlich nicht, wie er nach ein paar Stunden seine Wohnung erreichte. Zu Hause sah er, wie seine Frau das letzte Brot unter vier Kinder verteilte. Setzte sich in die Ofenecke und erzählte seiner Frau, wo er mich, die kleine Evi hingebracht hatte.

Beide schauten sich in die Augen, keiner sprach von seinem Schmerz.

Der Familienvater schnürte seinen Militärrucksack, nahm ein Kind nach dem Anderen auf den Arm, küßte sie alle und sagte Lebewohl, auf Wiedersehen.

Dann zog er wieder in den Krieg.

Jeden Tag saß die Mutter abends am Fenster ihrer Stube, faltete die Hände zum Gebet und flehte zu Gott:

„Laß den Mann gesund wiederkehren und laß es nicht zu, daß meine Kleine auf dem Berg hungert und friert.“

Die Bäuerin auf dem Berg arbeitete ganz allein. Ihr Sohn war auch bei den Soldaten. Es war ihr ein Trost, daß sie jetzt ein kleines Mädchen besaß. Sie hegte und pflegte die Kleine, trug es auf die Wiese, wenn es nicht nachkommen konnte. Stets setzte sie Evi in ihre Nähe, in das weiche Gras.

Während die Bäuerin mähte und schnitt, bewachte ein kleiner Hund die kleine Evi, während es meist ganz ruhig mit Blumen oder Zweigen spielte.

Stand dann die Sonne hoch am Himmel, kehrte die Frau mit dem Kinde, heim. Der Hund lief hinterdrein. Wenn er aber gerade eine Katze auf dem Grund verfolgen konnte, dann lief er laut bellend hinter der Katze her. Die kleine Evi lachte hell auf, wenn sich die Katze auf einem Baum in Sicherheit bringen konnte.

Die Bäuerin freute sich über jede Kleinigkeit, welche vielleicht die eigene Mutter, bei ihrer vielen Arbeit, übersehen hätte.

In der Stube verzehrten Beide mit großem Appetit , das einfache Gericht, welches die Bäuerin schnell gerichtet hatte. Die frische Luft und die Arbeit machten Hunger. Dabei wuchs und gedieh das Kind, hatte rosige Wangen und feste Beinchen.

Inzwischen konnte sie der Pflegemutter überallhin folgen, wohin diese auch Ihre Schritte lenkte. Evi versuchte auch schon kleine Arbeiten zu verrichten, wie zum Beispiel, fegen. Dazu nahm es den Bastwirsch. Im Stall fütterte es die Hühner, die Katzen und auch die Ziege vergaß sie nicht. Diese bekamen ein schüberl Heu. Wenn die Kühe die Köpfe hoben, faste Evi ein großes büschel Heu und warf es ihnen entgegen, denn Evi fürchtete die spitzen Hörner.

Stets schauten ihr die Tiere nach, wenn sie fortging.

Behend lief sie in die Stube zu ihrer Pflegemutter, welche sie einfach Mutter nannte und erzählte von allem, was sie so im Stall erlebt hatte.

Die Bäuerin sah ihre Pflegetochter dankbar an und seufzte:

Ja, ja! Dich hat wohl der liebe Gott geschickt, daß ich heroben nicht verzweifele. So ganz allein und so viel schwere Arbeit. Mein Mann ist schon lange Tot, mein Sohn im Kampf irgendwo in Feindesland. Vielleicht gibt es gar kein wiedersehen und du Evi bist noch so jung und klein. Ich muß noch lange schuften, bis ich Rasten darf.

Dabei fuhr sie Evi übers Haar. Das Kind schaute dankbar zur Mutter auf.

Wo wird mein Sohn jetzt sein, gingen ihre Gedanken weiter.

Den Frühling wechselte der Sommer ab, es kamen der Herbst und der Winter.

Jede Jahreszeit brachte andere Arbeit. Mutter hatte beide Hände voll zu tun.

Seit einigen Jahren war nun schon Frieden.

Evi war inzwischen sechs Jahre alt und mußte im Herbst zur Schule. Das war für die Mutter nicht leicht, mußte sie nun dem Evchen erklären, daß sie nicht ihre leibliche Mutter war. Zur Anmeldung mußten Papiere mit gebracht werden.

So machte sich die Bäuerin, mit dem Kind, auf den Weg. Stieg den Berg hinab, ging durch das breite Tal, wobei sie Evi immer an der Hand hielt.

Das Kind machte staunende Augen, daß die Welt so groß und weit war.

Sie sah viele Dinge, welche ihm ganz neu und fremd waren. Ebenso sah sie zum ersten Mal den Zug fahren.

Endlich nach zwei Stunden Wanderung, kamen sie in den Ort, wo Evi geboren wurde. Hier mußte die Pflegemutter erfahren, daß das Kind schon lange eine Weise war.

Sie begaben sich zum Pfarramt, dort wurde ihr gesagt, die leibliche Mutter sei an Grippe verstorben, der Vater im Krieg gefallen. die Geschwister seien bei guten Leuten untergekommen.

„Evchen, sprach die Pflegemutter, nun bist du ganz mein.“

Dem Evchen war das ganz recht so, es hätte sich nämlich gefürchtet in der Fremde, bei den fremden Menschen, die sie nicht kannte.

Die Bäuerin bekam vom Pfarrer den Taufschein. Danach ging sie mit Evchen in die Geschäfte. Es wurde Wäsche, Kleider, eine Schultafel, Griffel und ein Lesebuch gekauft. Im Anschluß daran suchten sie ein Gasthaus auf, bestellten Essen und Trinken und sammelten ihre Kräfte für den Heimwerg.

Oft schaute die Mutter auf die Kleine nieder, sie war froh und traurig zugleich über Evchens Schicksal.

Nach dem Mahl, bereiteten sich Mutter und Kind sich auf den Heimweg vor.

Es saß ein Bauer mit ihnen in der Gaststube, der hatte ein Fuhrwerk. Als er die Beiden aufbrechen sah, bot er ihnen an, bei ihm aufzusitzen. So fuhren sie durch das Tal und noch ein Stück den Berg hinan. Danach mußten sie zu Fuß weiter gehen.

Steil und mühsam war es ihre Heimat zu erreichen.

Die Mutter seufzte ein ums andere Mal :

Jetzt muß Evi so weit in die Schule und sie ist allein daheim.

Tränen rannen über ihre Wangen, als Evi sich umschaute.

Mutter, warum bist du so traurig und weinst?

Oh, Kind, es kommt soviel neues auf uns zu, wie werden wir Beide es schaffen?

Weißt Mutterl, ich freue mich über all die Dinge, die du mir gekauft hast, aber ich habe ein bisserl Angst vor der Schule und den fremden Leuten, ich möchte bei dir daheim sein, dir bei der Arbeit helfen.

Du mußt lesen, schreiben und rechnen lernen, erwiderte die Mutter. Es muß sein!

Dabei dachte sie an den Sohn. Jede Woche hatte sie ihm ins Feld geschrieben, bis einst die Briefe zurück kamen. Es stand darauf der Vermerk : Vermißt! Doch ihr Gefühl sagte ihr, er lebt und kommt wieder. Aber wann und wie?

Evi ging zur Schule, war brav, lernte fleißig, ging alle Tage den gleichen Weg.

Als der Winter kam, mußte sie im Ort , bei bekannten Leuten bleiben, denn der Weg war jetzt zu gefährlich.

So mußten Mutter und Kind zum ersten Mal getrennt schlafen gehen. Doch beide waren sehr tapfer.

Sieben Jahre vergingen so. Evi wuchs und blühte heran. Während bei der Mutter die Kräfte schwanden. Evi mußte nun alle Arbeit im Haus, Stall, Feld und Wald früh erlernen. Dabei war sie fröhlich, sang am morgen mit den Vögeln und lachte mit den Tieren, wenn alle um sie versammelt waren und auf ihr Futter warteten.

Evi tröstetet die schwach gewordene Mutter so viel sie konnte.

Es wird schon gehen, ich werde immer stärker und vielleicht kommt dein Sohn bald nach Hause.

Vielleicht läßt mich der liebe Gott nicht verzagen, sprach immerwieder die Mutter.

Wieder gingen ein paar Jahre, mit hoffen und bangen, ins Land, als es wieder einmal Frühling wurde und der Südwind über die Berge brausend den Schnee vor sich, durch das Tal jagte und ein müder, zerlumpter Soldat, den Berg hinauf stieg. Langsam, aber doch sein Ziel erreichend, langte er auf dem Hof an.

Das Evchen trat gerade aus dem Haus, da fragte der Mann nach der Mutter. diese hörte seine Stimme und eilte ihm sofort entgegen.

Endlich heim gekehrt!

Evchen richtete ein Freudenmahl, dann saßen alle drei beisammen und freuten sich.

Mutter betrachtete immer wieder ihren Sohn, dabei entging ihr nicht, daß er sich verändert hatte.

Gott gebe, daß er wieder froh und frei werde, betete sie im Stillen.

Der späte Heimkehrer sprach nie von all seinen Strapazen, sagte nur: Meinen Kopf haben die Feinde nicht.

Ruhte sich aus, aß und trank, ging im Haus, Hof und Stall umeinander, wiegte scheinbar zufrieden den Kopf, über Mutters Wirtschaft.

Er war sehr einsilbig, schaute Evi nur an und schritt mit ihr durch den Wald.

Nach einer Zeit nahm er Säge und Axt und fällte allein das Holz.

Mutter und Evi wirtschafteten weiter wie immer in Heim und Stall. Evi sagte zu der Mutter:

Ich habe Angst, wenn Georg ins Haus kommt, er hat so einen wilden Blick.

Georg, so hieß der Sohn.

Ja, das selbe empfand die Mutter auch, doch tröstete sie Evi und meinte. Er ist noch nicht lange daheim, er wird vielleicht anders.

Gar nicht lange nach der Heimkehr des Sohnes, legte die Mutter sich zum sterben.

Sie rief nach Georg und Evi, legte beider Hände ineinander, segnete sie und sagte:

Georg, Evi hab ich auf unsere Art erzogen, sie hat keine Eltern. Sei du ihr Mann und Vater. Sei gut zu ihr, sie verdient es. Sie war mir ein großer Trost und eine Stütze.

Dann sah die Mutter noch Beide an und verschied.

Evi hatte noch nicht begriffen, was das alles zu bedeuten hatte, doch als Mutters Hände kalt wurden, als Georg den Sarg in die Stube brachte und schweigend die Mutter hinein bettetet, wurde Evi traurig. Sie lief weinend hinaus und suchte Trost bei den Tieren im Stall. Später ging sie wieder in die Stube und half Georg die Bahre richten, auf die sie die Mutter im Sarg stellten. Steckten ein paar Kerzen, sowie ein Öllicht an. Georg brachte die Kerzen und das Öllämpchen zum brennen. Evi stellte ein paar Blumenstöcke dazu. Danach ging Georg in das nächste Bauernhaus, bat man möge seiner Mutter die letzte Ehre erweisen.

Er tat alles was in diesem Falle zu tun war. Nach zwei Tagen trug man Evi`s und Georgs Mutter in den Ostfriedhof. Alle gingen zur Kirche, zur Totenmesse und später stärkten sich Verwandte und Bekannte gemeinsam mit Georg und Evi, im Gasthaus.

Danach gingen alle Heim. Auch Evi und Georg kehrten heim zum Berghof.

Evi verrichtete alle Arbeit im Haus und Stall. Georg ging wider in den Wald. Aber er war immer noch wortkarg. Samstags brachte er alles, was zum Leben benötigt wurde, mit nach Hause. So verging die Trauerzeit.

Jetzt konnte Georg, Evi  auffordern, mit ihm zum Pfarramt zu gehen. Der Pfarrer erklärte Evi, daß sie Georg heiraten muß, weil die Mutter es so gewollt hat.

Evi überkam eine große Angst. Leise sagte sie sich: Wenn Mutter es so befohlen hat, werde ich es über mich ergehen lassen, wie es kommt.

Es wurde nur eine kleine Hochzeitsfeier gehalten, danach ging alles seinen gewohnten Gang. Es gab allerdings eine Ausnahme. Evi mußte nun neben Georg in Mutters Kammer schlafen. Oft konnte sie vor Angst, neben dem wilden Mann nicht schlafen. Dann betete sie zur Mutter:

Bitte sag`s dem lieben Gott, er soll mir die Angst nehmen.

Der Winter kam und Georg konnte nicht mehr zum Holz fällen. Aus diesem Grunde versorgte es das Vieh im Stall, während Evi das Haus versorgte.

Auch nach diesem Winter folgte ein Frühling. Der Fön brauste über die Berge. Georg erwachte heute freudig erregt. Seine Frau schlief noch tief und fest, da geschah es.

Evi wachte erschrocken auf, sie verspürte einen Schmerz und sah Georg in höchster Erregung.

Am Liebsten hätte Evi die Flucht ergriffen, aber dann dachte sie daran, daß ihr gesagt wurde, sie habe eine Pflicht zu erfüllen. So ließ Evi alles über sich ergehen.

Als Evi am nächsten Morgen erwachte, war ihr Elend wie noch nie. Ihr junger Körper zitterte an allen Gliedern, dazu war ihr zum Erbrechen übel.

Georg bemerkte dieses und sagte:

Wir werden einen Stammhalter bekommen. Sei nicht verzagt, es geht vorbei.

So viele Worte hatte Georg noch nie mit seiner jungen Frau gesprochen. Nach dem Gespräch machte er sich wieder in den Wald. Wie all die Jahre, so kam er auch jetzt nur am Wochenende heim. Er bemerkte das Evi sehr blaß aussah und war zufrieden, weil sie immer runder wurde.

Evi ging sehr oft zum Grab der Mutter, pflanzte Bergblumen darauf, dabei hielt sie Zwiesprache mit der Toten. Anschließend war ihr um vieles leichter ums Herz.

So vergingen wieder Frühling, Sommer und Herbst. Wieder übernahm der Winter das Regiment auf dem Berg, wieder übernahm Georg die Arbeit im Stall und Evi versorgte den Haushalt. Draußen begann es zu schneien, dicke Schneeflocken fielen Tag und Nacht vom Himmel. Georg hatte fest zu schaufeln, damit er die Stubenfenster und den Weg zum Stall frei bekam.

Gar manchmal schaute er besorgt seine Frau an. Es ging schon der Zeit zu, da sie gebären sollte. Evi hatte des Öftren einen Schmerz zu überwinden, der sie aufhorchen lies.

Hilflos fragte sie sich: Was nun!

Sie hatte wohl schon oft im Stall, einem Kälbchen oder einem Zicklein zum Leben verholfen, aber selbst ein Kind zur Welt bringen, von dem wußte sie nichts.

Evi seufzte: Mutter komm, hilf mir!

Es wurde abend, nun war es so weit. Evi legte sich in der Stube auf die Ofenbank und wand sich in den Wehen.

Georg maß derweil die Höhe des Schnees vor dem Haus. Drei Meter war er bereits hoch und es schneite immer noch. Seine Gedanken weilten jetzt fest bei seiner Frau.

Ich kann ihr keine Hilfe bringen, Gott im Himmel, laß uns stark sein. So war sein Stoßgebet.

Es wurde für beide eine Qualvolle Nacht. Georg begab sich zu seinem Soldatenrucksack, entnahm eine kleine Schere, sowie Verbandsgaze. Die Stube heizte er gut ein, setzte Wasser auf, ging dann zu Evi, stützte ihr Kreuz und half ihr die Knie anzuwinkeln.

Ihr gemeinsames Kind erblickte die Welt. Es war ein Junge.

Evi und Georg waren durchschwitzt, wie ins Bad getaucht. Georg versorgte das Kind, band es ab, durchtrennte die Nabelschnur mit der Schere und zeigte Evi das Knäblein. Das hast du mir gebracht, sagte er und legte das Kindlein ins Badewasser.

Der Kleine zappelte und schrie. Georg freute sich darüber. Er wickelte den Kleinen ein, danach legte er ihn zur jungen Mutter. Jetzt brachte Georg warme Milch, sowie gewärmte Wäsche für Evi. Anschließend bettete er Mutter und Kind warm zu.

Nach alter Tradition wurde das Knäblein nach dem Vater, Georg genannt.

Der Morgen brach an, es hatte aufgehört zu schneien.

Männer kamen mit Skiern den Berg hinauf. Sie kamen, um zu schauen, wie es den zwei Einsamen geht. Zu ihrer Überraschung sahen sie Drei.

Schnell halfen die Männer, Georg einen Weg frei zu schaufeln. somit war es möglich, eine Hebamme zu Evi zubringen.

Diese staunte nicht schlecht, wie gut Georg alles gemacht hatte. Als Soldat, so erklärte Georg, sei er bei den Sanitätern gewesen. Die Hebamme klärte Evi auf, was zu tun sei, bezüglich der Pflege des Kindes.

Bald hatte Evi sich erholt und der kleine Georg gedieh prächtig.

Nie wird Georg die Nacht vergessen, wo er das Leben seiner Frau, so auf Spiel gesetzt hatte.

Die Zeit verging, mit ihr der Winter. Frühling war es schon. Georg wurde wieder unruhig und so begab er sich, wie immer in den Wald.

Evi hatte nun viel zu tun. Der Kleine verlangte immer wieder ihre Aufmerksamkeit. Durch gutes Zureden, war es ihr möglich, ihn immer wieder schnell zu beruhigen. Sie liebkoste den kleinen Georg, nahm ihn an die Brust und beide waren selig.

Auch das Jahr verging in die Ewigkeit. Der Kleine machte schon die ersten Schritte. Mutter und Kind saßen vor dem Haus, in der Sonne, auf der Bank, als ein Jäger auf sie zukam und neben ihnen rastete. Er sah die schöne Frau mit dem Kleinen und konnte vor Staunen nicht weg sehen. Spontan nahm er den Kleinen auf seine Knie und schaukelte ihn. Das Kind jauchzte vor Freude.

Da Evi aber sehr ängstlich war, holte sie den Kleinen schnell zu sich.

Der Jäger lächelte. Beim gehen sagte er zu ihr, er wolle öfters kommen,. sein Hobby sei die Malerei. Gerne würde er Mutter und Kind in der Bergeinsamkeit auf ein Bild bringen. Sie würde dafür auch einen Lohn bekommen, er sei nicht unbemittelt, versicherte er ihr. Dann lachte er mit dem Kleinen und gab der Mutter die warme Hand zum Abschied.

Evi wußte nicht wie ihr geschah. Sie konnte sich nicht helfen, immer wieder mußte sie daran denken, wie schön und wohltuend die Stimme des Jägers geklungen hatte. Es war wie ein Lied.

Evi konnte es fast nicht erwarten, bis der Jäger mit dem Malwerkzeug und der Staffelei den steilen Pfad herauf kam. Erfreut begrüßte er die Beiden. Sie saßen wie beim ersten Mal auf der Bank vor dem Haus. Die Berge waren noch schneebedeckt, aber es war schon schön grün ums Haus. Auf dem Dach blühten Gamsblümerl in einer Kiste.

Der Mann mit dem Jägerrock begann das Bild zu malen. Evi saß, mit dem Kind auf dem Schoß, im Anger. Beide schauten dem beginnenden Werk zu.

Merkwürdig! Keinen Augenblick verhielt sich der Kleine unruhig. Galt doch sein ganzes Erstaunen am heutigen Tag, dem Maler. Ruhig und brav vergingen die Stunden. Als der Maler dann abwinkte, konnten Mutter und Kind die bemalte Leinwand besehen.

Da lachte ihnen eine sonnige Gebirgslandschaft, mit lieblichen Menschen entgegen. Der Kleine hätte gerne das Kälblein von der Leinwand genommen. Der Maler lachte und sagte zu klein Georg: Das bist du, Georg. du und deine Mutti. Aber das Bild ist noch naß von der Farbe. Wenn ich wieder komme, dann kannst du das Büblein haben.

Wieder vergingen Wochen, bis sich der Jäger auf, zum Berghof bemühte. für den kleinen Georg hatte er eine Puppe mit blauen Augen und blonden Haaren mitgebracht. Aber so eine Puppe war ein totes Ding für Georg. So setzte er die Puppe in die Stubenecke. Lieber spielte er mit den jungen Zicklein, draußen im Anger. So sind eben Kinder.

Nach kurzer Rast verließ der Mann die Beiden wieder. Evi versah den Haushalt wie immer, fütterte das Vieh, molk jeden Tag die Geißen und Kühe, brachte danach die Milch zur Maschine. hing dann den Rahm und die Milch in den Keller, machte die Butter und den Käse, kochte die üblichen Mahlzeiten und hielt alles schön in Ordnung.

Aber in Gedanken war sie viel bei dem Mann, der das Bild schuf. Wenn doch ihr Mann, diese weiche Stimme und so friedliche Augen hätte. Immer wieder überfiel Mutter und Kind Bangigkeit, wenn Georg das Haus betrat. Seine Kammer schloß er ab, wenn er schlafen ging. Evi durfte seit der Kleine da war, nie mehr in seinen Räumen schlafen. Auch am Wochenende kam er oft nicht mehr nach Hause.

Eines Tages kam der fremde Jäger wieder zu den Beiden, lud Mutter und Kind ein, mit ihm zu kommen, um ihnen zu zeigen, wo sein zu Hause ist.

Evi trieb das Vieh auf die Weide, verriegelte die Haustür und gemeinsam stiegen sie den Berg hinab.

Unten stand ein schönes Auto. Sie stiegen ein und fuhren davon. Weit in die Ebenen hinaus. Das Auto eilte an Wassern vorbei, es wechselten sich Berge und Täler ab, bis endlich nach etlichen Stunden der Wagen vor einem herrlichen Garten hielt. Sie stiegen aus und gingen auf Kies, der als Weg ausgelegt war, in ein schönes Haus.

Der Mann führte Mutter und Kind in ein herrliches Zimmer. An der Wand hing das gemalte Bild. Es hatte einen goldenen Rahmen. Unten war eine Schrift angebracht.

Evi las. Preisgekrönt.

Der Mann stand neben Evi, schloß sie in die Arme und Sprach.

Mein Liebes, bleibe bei mir. Ich bin allein. Meine Gedanken sind immer bei dir und dem Kleinen. Ich werde ihm ein guter Vater sein.

Evi sah ihn an und dachte:

Ich kann nicht mehr zurück, kann nicht immer in Angst und ohne Liebe leben. Mutter verzeih mir.

Sie schmiegte sich an den Mann. Dann hörte sie sich sagen . Ja, ich bleibe bei dir.!

Sie hob den Kleinen auf, zum neuen Vater.

 

Auf dem Berghof stand das Vieh auf dem Anger und wartete auf die Herrin. Aber vergebens. Ebenso winselte der Hund in der Stube.

So fand es Georg vor, als er vom Wald nach Hause kam. Zuerst wußte er nicht, was geschehen war: Bis er ein Schreiben fand, das auf dem Stubentisch lag.

In diesem Schreiben las er folgendes:

Ich bin mit dem Kinde fortgegangen, kann die Einsamkeit nicht mehr ertragen. Verzeih mir.

Evi

 

Stumm setzte sich Georg auf den Stuhl und dachte über alles nach. Dann sagte er laut.

Es tut mir schrecklich weh, aber ich kann dir Evi und dem Kind nicht böse sein.


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