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Niklaus von Flüe

von Sieghard Winter



6. Mai 2002, Montag

Niklaus von Flüe ist mir durch Walter Niggs Heiligenbuch bekannt. Beim Tag der Männer in Oberkirch sah ich einen Prospekt, der die jährliche Diözesanwallfahrt nach Sachseln und Flüe zu den Reliquien und an die Lebensstätte dieses Heiligen ankündigt. Ich meldete mich an und war vom 3. bis 5. Mai dort. Eine kleine Gruppe stieg am Freiburger Hauptbahnhof in den Sonderzug, der von Mannheim kommend, ca. 500 Teilnehmer nach Sachseln brachte. Zwei ältere Franziskaner, eine aus Ebringen und wenige andere stiegen mit ein.

 

 

                 

     

 

Ich hatte Glück, bekam ein Zimmer in Flüe. Das ist ein kleiner Ort auf 750 m Höhe, umgeben von hohen Alpenbergen. Besuchte das Geburtshaus und das Wohnhaus des Heiligen. Am zweiten Tag stieg ich zweimal den Ranft hinunter und erlebte die obere Kapelle mit angebauter Klause, für Niklaus 1468 errichtet, das Sigristen-Haus mit Devotionalien-Geschäft und die untere Kapelle von 1501, unmittelbar am Ufer der Melch gelegen.

 

Dieses Ensemble im Gedächtnis und in der Verehrung des Heiligen, besuchte ich also zweimal, trotz strömenden Regens am Vormittag und am Nachmittag. In der hölzernen Zelle, dem Ort der Gotteserlebnisse des Heiligen, hielt ich mich lange auf. Von hier aus gibt es einen Durchguck zur Kapelle auf den Altar, auf dem die Eucharistie seitdem gefeiert wird. Die Klause hat zwei kleine Fensterlöcher und eine schmale Bank, auf welcher ein Stein liegt, der dem Heiligen als Kopfkissen diente. An einer Wand hängt das bekannte Betrachtungsbild, sein „Gebetbuch“, womit die Dreifaltigkeitsvisionen angedeutet werden. Unter dieser Zelle befindet sich ein niedriger Ofenraum, durch welchen er winters Wärme erhielt. Während der 20 Jahre seines Lebens in diesem Raum aß er nichts. Sein Leben war Zwiegespräch mit Gott. Wie sich das abspielte, kann man hier nachzuspüren versuchen, aber wissen kann man das nicht. In Sachseln sah ich sein Urgrab. Gebeine und letzter Rock werden in der Kirche aufbewahrt. In der Nähe liegt ein Buch zum Reinschreiben. Schon das Wissen vom Durchbruch ist viel. Dank für Wallfahrtsgnade.

 

 

                                  

 

 

In der Pilgergemeinde fühlte ich mich wohl. Betete und sang in den mehreren Eucharistiefeiern, Andachten und bei der Lichterprozession aus tiefstem Herzen mit. Konservativ, klar, meistens Leute so alt oder älter als ich. Manche fahren 30 Jahre mit. Eine lernte ich etwas näher kennen, die aus Ebringen, sie ist acht Jahre dabei. Am Samstag Abend erzählte sie manches von sich, auch von der Gebetswache auf dem Lindenberg.

 

 

                                                                         

Betrachte das Gesicht,

er sucht sich in dir.

Denn dein Leben ist Leben aus Gott

und Funke des Lichtes aus ewigem Glanz.

Dies Bild – dies Gesicht – dieser lautere Spiegel.

Das Licht meiner Augen ist tot,

ich bin blind wie der Bettler.

Mein Antlitz trägt Spuren von Lug und Verrat.

Von Lüsten entstellt, bedecken mich Blattern der Unzucht. Aus dem Staub blickt

das Abbild zum Urbild, bettelt um Gnade.

Der Schöpfer sucht sein Geschöpf,

er schaut aus –

wie ein Bräutigam nach seiner Braut.

Er wirbt und er fragt

und er bettelt – um Liebe.

 

 

 

 

                  


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