Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Weihnachtserinnerungen?

 33 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 19.11.02 (09:26) mit folgendem Beitrag:

Liebe Seniorinnen und Senioren,


mich würde interessieren, welcher Weihnachtstag (oder Heiligabend) sich in Eurem Gedächtnis am festesten eingebrannt hat und warum? Vielleicht können wir hier bis zu den Feiertagen eine Sammlung der Erinnerungen aufbauen. Ich werde selbst auch in mich gehen und versuchen, diesen besonderen Tag zu rekonstruieren.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Nuxel antwortete am 19.11.02 (09:56):

Weihnachtszeit war für unsere Familien stets eine besonders heimelige Zeit,in der gebastelt,bei Kerzenschein musiziert
und gesungen wurde.
Es ist -leider- solange her,aber an einen vor-Heiligen Abend erinnere mich mich nur zu gerne.
Wir 4 Geschwister mussten "feingemacht" brav im Kinderzimmer warten,bis aus dem "Weihnachtszimmer" das erlösende Glöckchen ertönte.Meinem 4-jährigen Bruder aber gelang das Stillsitzen nicht! Er hüpfte um den Tisch und sang immerzu: gleich ist Weihnachten,gleich ist Weihnachten.....
Die Vorfreude war sehr gross,als wir dann vor dem wunderschön geschmückten Weihnachtsbaum standen,in dem sehr viel Selbstgebasteltes hing,war dieser kleine Temperamtsbursche ganz still und staunte.....
O,selig,ein Kind noch zu sein----summe ich nun vor mich hin..bin als Älteste nun die Letzte,die noch lebt und werde von meinen Kindern gebeten,meine Erinnerungen aufzuschreiben,damit die Verbindung zur Vergangenheit nicht verloren geht.


bello antwortete am 19.11.02 (11:55):

Der wichtigste Weihnachtstag ist mir der in den Kriegswirren 1944, von dem ich vergessen habe, wo wir ihn verbracht haben könnten.


Bärbel Quindel antwortete am 19.11.02 (12:33):

Mein schönstes Weihnachtsfest, obwohl kaum Hoffnung auf
Erfüllung bestand, waren ein Paar nigelnagelneue Rollschuhe,
ich war 13 Jahre!!!(1952). Sehr zur "Freude" der Anwohner,
denn die Rollschuhe zu der damaligen Zeit verursachten
einen "höllischen" Lärm - -aber ich war das glücklichste
Kind *ggg*
pucki


Henry A. Gerster antwortete am 19.11.02 (14:40):

Viele schöne Erinnerungen habe ich an Weihnachten. Gerne denke ich zurück an die aufregende Zeit vor Heiligabend in meiner eigenen Kindheit und später an die mit meinen Kindern, den Besuch der Christmette, der Gang zum Friedhof bei Dunkelheit. - Immer im Gedächtnis werde ich behalten Weihnachten 1943, wo wir von der Schule/HJ mit Bussen nach Frankfurt gebracht wurden, um Luftschutzkeller zerstörter Häuser freizuschaufeln, und um Ausgebombten zu helfen, ihre noch vorhandenen Habseligkeiten abzutransportieren.
1944 verbrachte ich den Heiligabend im RAD (Reichsarbeitsdienst) - erstmals im Leben nicht daheim -.
Es sollte statt "Stille Nacht" nur "Hohe Nacht der klaren Sterne" gesungen werden. Das war aber nicht durchzusetzen.
"Stille Nacht" und "O, Du fröhliche" wurden besonders kräftig aus "Bubenmännerkehlen" geschmettert...
Nach dem Kriege und ausgebombt, war man froh, an Heiligabend ein warmes Zimmer und etwas zu essen zu haben. Über kleine Dinge, einen Apfel, ein paar Plätzchen konnte man sich riesig freuen. Trotz aller Not, denke ich gerne auch an diese Zeit zurück.
Henric


Felix antwortete am 19.11.02 (16:44):

Weihnachten als Kind:

Der Heilige Abend war für uns Kinder immer ein Höhepunkt an Wohlgefühlen und Emotionen. Er war relativ streng strukturiert.
Um die Vorbereitungen in Ruhe treffen zu können, wurden wir Kinder vom Vater oder der Mutter zu einem Spaziergang durch das weihnächtlich geschmückte Basel mitgenommen.
Nach der Rückkehr gab es einen kleinen Imbiss ... aber nicht im Zimmer wie sonst. Dieses blieb geheimnisvoll verschlossen. Wenn ein Elternteil etwas in diesem holen musste, wurde er von neugierige Augenpaaren verfolgt. Sehen konnten wir allerdings nie etwas.
Die Wunschzettel, die wir vor den Fenstern angebracht hatten .... waren schon Tage vorher verschwunden ... und das liess hoffen!
Die Feier begann mit einem Pflichtteil im Parterre. Auch die Grosseltern, die im ersten Stock wohnten, waren als Zuhörer dabei. Meine Schwester begleitete mich zur Violine. Es waren immer klassische Stücke von Bach, Vivaldi, Corelli etc. mein kleinerer Bruder musste etwas rezitieren. Manchmal sangen wir alle zusammen ein Weihnachtslied.
Nun ging es in den ersten Stock. Meine Grosseltern hatten die Stube mit Tannenzweigen und Kerzen geschmückt. Es roch nach süssem Gebäck ... in dieser Sparte war meine Grossmutter einsame Spitze. Auch hier mussten wir zuerst Gedichte aufsagen und singen. Dann gab es die Bescherung: selbst gestrickte Socken, Handschuhe, Schals etc. ... und natürlich Süssigkeiten und Selbstgebackenes.
Endlich hörten wir das feine Läuten des Glöckleins. Mit pochendem Herzen gings die Wendeltreppe bis in den 3. Stock hoch. Die Tür zum Wohnzimmer stand nun offen. Kerzenlicht verzauberte den Raum. Wir setzten uns im Kreis auf den Boden. Der Vater las aus der dicken Familienbibel vor. Zum x-ten Mal hörten wir die seltsamen Formulierungen aus dem Evangelium. Meine Augen schweiften im Zimmer umher ... war der Weihnachtsbaum grösser und reicher geschmückt als sonst ... die Krippenfiguren unter dem Baum schienen ein Eigenleuchten zu entwickeln ... schön eingepackte Geschenke warteten darunter. Noch ein gemeinsamen Lied .... dann gings ans Auspacken. Aber nicht wie ich das Aufreissen der Verpackungen heutzutage mehrfach erlebt habe. Schön gesittet eines nach dem andern. Zuerst der kleine Bruder mit einem Paket ... dann ich .... dann die grosse Schwester ... dann Mama, Papa und die Grosseltern. Man nahm sich Zeit. Alle schautem dem glücklichen Auspacker zu. Man sparte nicht mit bewundernden Bemerkungen dazu.
Ich kann euch verraten bei meinen Geschenken, die absolute Überraschungen sein mussten, war oft die Verpackung das kostbarste daran. Sie wurde auch kaum weggeworfen. Sorgfältig wurde sie wieder in Ordnung gebracht und auf einem Buffet oder in einer Vitrine aufgestellt. Einige davon überlebten sogar meine Eltern!
Nach einem kleinen Spätmahl gings auf den nahen Münsterplatz. Wir hörten, wie eine Glocke nach der andern in das mächtige Geläute einschwang ... bis zur tiefen Bummerin, die wir auch aus der Nähe kannten.
Irgendwann schlief ich dann selig ein ... meine liebsten Geschenke hatte ich alle in mein Kinderbett mitgenommen .... und träumte vom morgigen Weihnachtstag ... und vom ersten Gebrauch meiner neusten Errungenschaften!

Weihnachten als Erwachsener folgt später.


Hlega B. antwortete am 19.11.02 (20:01):

Wenn es "soweit war", zündete sich mein Vater eine Zigarre an, ging ins Weihnachtszimmer und verschloß es. Dort begann er, den Baum zu schmücken, während wir 5 Kinder draußen warten mußten. Meine Mutter stelle während der Zeit die
ahlzeit her, die bei uns aus "Deutschem Beefsteak" (Frikadellen ohne aufgeweichtes Brot, sondern nur Beefsteaknackfleisch,Erbsen und Karotten sowie Kartoffeln bestand. Meine Mutter konnte schlecht organisieren und war in letzter Sekunde dann fertig.
Am Weihnachtsbaum hingen u.a. die Süßigkeiten, die wir im Laufe des Advent weglegen mußten, und zwar durften wir einen Teil aus dem ins Fenster gestellten Schuh essen, einen Teil mußten wir aufheben bis zum Heiligen Abend.
Wir haben sehr viel gesungen, Flöte gespielt etc.


Fred Reinhardt antwortete am 19.11.02 (20:03):

Meine älteste Tochter ( 39 ) hat anlässlich meines 70 Geburtstags im gemeinsamen Leben nachgekramt. Viele gemeinsame Familienerinnerungen hat sie aufgezählt und kam zum Jahr 1972 zu folgender Aussage, die ich fast vergessen hatte.

Einmal mussten wir Weihnachten alleine verbringen. Du lieber Papa warst am Heiligenabend im Krankenhaus. Wir konnten keine Weihnachtslieder zusammen unter dem Christbaum singen, es war sehr traurig. Aber Gott sei Dank ging die vorgenommene Bandscheibennotoperation gut aus.

Wie eng liegen doch Leid und Freud beieinander!
Fred Reinhardt ( Tobias )


Sonnenblume antwortete am 19.11.02 (21:17):

In meiner Kindheit gab es meist viel Schnee in der Vorweihnachtszeit. Ein paar Tage vor dem Fest, musste ich welchen aus dem Hof holen (in einem Reinderl)und meiner Mama in die Küche bringen. Es wurde Schokolade erzeugt!!! Mit einfachsten Zutaten, wie Kokosfett, Kakao, Zucker... leider weiß ich das Rezept nicht genau. Dann wurde die warme Schokomasse in mein Puppengeschirr gefüllt und dieses in den Schnee gestellt, damit es feste Schokolade wurde. Nie wieder danach habe ich so gute Schokolade gegessen, wie die von meiner Mama:-)))
Ich wünsche euch eine schöne Vorweihnachtszeit,mit guten Erinnerungen


Felix antwortete am 20.11.02 (00:42):

Weihnacht als Erwachsener:

Ich gebe zu, das "Waren-Austausch-Geschäftemache-Fest" war mir gründlich verleidet. Auch in meinem Bekanntenkreis, der sich hauptsächlich aus Intellektuellen, Kunstschaffenden , Journalisten und Lehrern zusammensetzte machte sich eine Weihnachtsmuffelstimmung breit. Weihnachtsfeiern mit gegenseitigem Austausch von Geschenken hatten wir ... kaum waren wir selbständig geworden ... abgeschafft. Eine Ausnahme bildeten die Kinder!
Wir trafen uns am Heiligen Abend in den wenigen noch offenen Spunten der Altstadt. Mit Alkohol versuchte man den Ärger über das pervertierte Weihnachtsgeschäft hinunterzuspülen. Zu uns stiessen auch die Flüchtlinge, die dem Familientürk entronnen waren. Lachend spotteten sie über die Krawatten, Uhren und teuren Parfums, die lieblos ausgetauscht worden waren.
Einige Male wurde ich von der Heisarmee zu einer Weihnachtsfeier für Einsame mitgenommen. Dort genoss ich die menschliche Wärme der Obdachlosen, der Zukurzgekommenen und Ausgeflippten. Die Heilsarmisten/innen versuchten vergeblich mit Wort und Gesang, Christus in die Runde zu bringen. Erfolg hatten sie erst mit der warmen Mahlzeit und dem Geschenkpäcklein. Kleidungsstücke, Süssigkeiten ... Ich erinnerte mich an die Gaben meiner Grosseltern.
Immerhin ... das machte Freude. Ich hörte mir geduldig die verrücktesten Lebensgeschichten an. Sie waren froh, einen aufmerksamen Zuhörer gefunden zu haben.
Einige, die mir näher gekommen waren, lud ich in die nächste Kneipe ein. Keine Kehle blieb trocken ... bis zum bitteren Rausschmiss. Auf einer Bank oder einer Treppe ging das Gespräch weiter ... bis zum herzhaften Abschied im Morgengrauen.
Später bereiteten meine Frau und ich bei uns zuhause ein Festmahl zu. Wir verzichteten Bewusst auf alle Weihnachtssymbole, denn es ging vorallem um Weihnachtgeschädigte.
Ich machte am Abend die Runde durch die noch offenen Kneipen. Menschen von denen ich wusste, dass sie den ganzen Abend hier verbringen musste, machte ich das Angebot eines gemütlichen Essens bei uns zuhause. Alles sei bereit, sie bräuchten nur mitzukommen. Einige zierten sich ... oder schämten sich ... hatten durchsichtige Ausreden.
Es klappte jedesmal. Es waren fröhliche unbeschwerte Nächte, die wir zusammen verbrachten. Oft war es der Anfang einer dauerhaften Freundschaft.
Einige meldeten sich kurz vor dem nächsten Heiligen Abend telefonisch an und fragten umständlich, ob sie nochPlatz in unserer Runde hätten.
Das hatte ... meiner Meinung nach .... mit dem ursprünglichen Weihnachtsgedanken zu tun.


schorsch antwortete am 20.11.02 (12:01):

@Nuxel. "...bin als Älteste nun die Letzte,die noch lebt und werde von meinen Kindern gebeten,meine Erinnerungen aufzuschreiben,damit die Verbindung zur Vergangenheit nicht verloren geht...."

Tue es, liebe Nuxel. Deine Enkel werden Dir dankbar sein dafür - wenn sie vielleicht heute auch (wie die direkten Nachkommen!) wenig Sinn darin sehen. Aber zumindest eine Enkelin wird sich später in Deine Erinnerungen vergraben und so wirst Du in ihr weiterleben. Es muss ja nicht gerade in Buchform herauskommen wie bei mir!

Meine eigenen Weihnachtserinnerungen sind leider mager: Einen Wunschzettel auszufüllen wäre müssig gewesen, denn es war kein Geld da, ihn zu erfüllen. Schliesslich wären da ausser meinem eigenen noch 6 andere Wunschzettel gewesen. Dafür war im Lokal, wo die Sekte, in der ich aufgewachsen bin, eine Riesentanne aufgebaut und geschmückt. Darunter lagen uniforme Päcklein mit Tachentüchern oder Socken drin. Dann musste jedes Kind ein von der Kirche bestimmtes Gedicht aufsagen um sein Päcklein zu erhalten. Das Lernen dieser Gedichte ödete mich dermassen an, dass ich gerne auf das Geschenklein verzichtet hätte....
Heute sind mein schönstes Geschenk die strahlenden Augen unserer Enkel, wenn sie voller Eifer die Packungen ihrer Pakete aufreissen!


maggy antwortete am 20.11.02 (13:59):

Da fällt mir auch etwas dazu ein:
An Weihnachten wollte mein Vater immer gerne ein Erinnerungsfoto von uns (Mutter, Vater und 3 Kinder) machen. Er baute so ein schwarzes Ungeheuer auf Stelzen vor uns auf, welches mit Selbstauslöser dann ein schönes Foto zustanden bringen sollte.
Wir alle saßen im schönsten Gewand feierlich davor und warteten auf den Endspurt des Vaters, wenn er den Selbstauslöser getätigt hatte. Einmal ging alles daneben. Mein Vater rannte los und bleib an den Stelzen hängen. Ein greller Blitz ließ uns alle erschrecken, dann polterte der gesamte Apparat um. Was meint ihr wohl, was auf dem Foto anschließend zu sehen war? Nur unsere Füße und ein am Boden liegender Vater lach!


jako antwortete am 20.11.02 (17:35):

Alle meine Weihnachten habe ich immer sehr intensiv erlebt, wobei die materiellen Freuden nie die größte Rolle spielten. Es war der Sinn des Festes, der mich schon als Kind sehr beeindruckte.
Ein Weihnachtsfest gehörte zu den außergewöhnlichen. Ich lebte zu der Zeit (es sind jetzt ungefähr 8 Jahre her)in Italien und bereits allein. Zu einem Familienfest war der geographische Abstand zwischen meinen Kindern und mir zu groß.
Eine junge Freundin von mir, die mit ihrem aids-kranken Mann in Mailand lebte und ihn auch persönlich pflegte, bat mich, Weihnachten mit ihnen zu verbringen. Ich packte eine dicke rote Kerze ein, die mir mein Pfarrer gerade geschenkt hatte und eine CD mit Musik, die der junge Freund besonders liebte und nahm den Zug nach Mailand.
Die Wohnung war klein - nur ein Schlafzimmer und eine kleine Küche. Tagsüber lag der Kranke auf einem Sofa in der Küche.
Am 24. zündeten wir meine Kerze an und ließen die CD spielen, wir aßen eine einfache Mahlzeit und tranken ein Gals Wein dazu. Aber meistens saß eine von uns neben dem Kranken, um ihm seine Hand zu halten. Er hatte dann weniger Schmerzen, sagte er. An diesem Abend leuchteten seine Augen glücklich und er sagte immer wieder, wie schön doch dieses Fest sei. Später brachte meine Freundin ihn ins Schlafzimmer, wo sie eine Krippe aufgestellt hatte mit ganz vielen Kerzen. Wir saßen noch lange zusammen, meistens schweigend.
Die dicke rote Kerze brannte ununterbrochen bis zum 26.
Es war die letzte, aber schönste Weihnacht (so sagte er immer wieder) meines jungen Freundes.


Erna Ecker-Philippi antwortete am 20.11.02 (18:51):

Weihnachten mit Plätzchen, Kerzen, Gedichten und Liedern, all' das kenne ich auch aus meiner Kindheit. Aber ein Erlebnis bleibt mir unvergesslich.
Meine Puppe Lieselottchen liebte ich sehr. Ich konnte mich aber nicht damit abfinden, dass sie, wie alle Puppen, so kleine Füße hatte. An einem Weihnachtsfest fand ich Lieselottchen endlich so vor, wie ich es mir wünschte. Meine Mutter hatte der Puppe Kinderstrümpfe angezogen,deren Spitze sie ausgestopft hatte, so dass die Füsse größer erschienen. Dann hatte die Puppe die schönsten roten,etwas größeren Schuhe bekommen, die ich mir nur wünschen konnte. Ich war selig, alles andere um dieses Weihnachtsfest habe ich vergessen.

Erna


e k o antwortete am 20.11.02 (18:54):

Für mich sind die schönsten Erinnerungen an Weihnachten die Jahre, während derer ich im Karlsruher Bach-Chor mitgesungen habe. Unser Chorleiter war gleichzeitig auch Kantor an der Evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe.

Jedes Jahr stellte er einen �ad-hoc � Chor� aus den Sängerinnen und Sängern des Bach-Chores zusammen und für mich war es während zweier Jahrzehnte ganz selbstverständlich, diesen �Dienst� am Heiligen Abend zu versehen.

Wenn wir dann im Festgottesdienst um 17.00 Uhr unsere Choräle sangen und auch Chöre aus dem Weihnachtsoratorium von Bach, dann war für mich Weihnachten als dem Fest der Geburt Jesu Christi.

Der jeweilige Höhepunkt war jedes Jahr, wenn als Schlusslied � O Du fröhliche...� gesungen wurde und bei der letzten Strophe unser Chorleiter alle Register seiner Orgel zog und dazu noch den Zimbelstern einschaltete. Dann haben wir uns im Chor immer angelächelt, weil wir wussten, dass er diesen Zimbelstern nicht so sehr mochte, aber an Heilig Abend, da durfte er erklingen und da passte er auch wirklich dazu.

Leider ist er nicht mehr Chorleiter und auch ich singe nicht mehr mit, aber die Erinnerungen an diese für mich schönsten Stunden des Weihachtsfestes werden in mir immer sehr lebendig bleiben.

Die familiären Stunden an Weihnachten hingegen waren mehr von Gleichförmigkeit geprägt. Man hat geschenkt und wurde beschenkt, aber im Zeitalter, in dem man sich (fast) alles ja auch selbst kaufen kann, verlieren materielle Geschenke ihren eigentlichen Wert.

Ich wünscher allen Teilnehmern dieser Runde und auch allen Lesern einen besinnlichen Advent.


sofia204 antwortete am 20.11.02 (19:06):

und es war Adventszeit und ein Feldpostbrief kam vom Vati,
er schrieb, daß er keinen Urlaub bekommt. Am Heilig Abend
war mein größerer Bruder besonders empfindlich in seiner Beschäftigung mit den Vorbereitungen. Schließlich ging die Stubentür auf und wir sahen den verzierten Weihnachtsbaum. Sogar Kerzen waren dran. Aber sie leuchteten ja nicht, denn es gab keine Streichhölzer. Wir sangen die Lieder im Duft und in Seligkeit. Am Boden lagen Päckchen - zuerst bekam die Mutter eins, es war klein und als sie es aufmachte, -oh Wunder ! Es war eine Schachtel Zündhölzer ; mein Bruder hatte sie beschafft.
- - - - - - - Komisch, daß die Freude nicht vergessen wird.


mulde antwortete am 20.11.02 (20:02):

Weihnachten 1945
Wir waren ausgebombt und das total.
Vater hatte sich in einen Vorort , seinem Geburtsort an den
Ausbau einer Ruine gemacht.
Wir hatten zu essen,von Freunden einpaar kleine Kaninchen
erhalten nun zu braten schon geeignet.
Vater baute als Zimmermann für jeden ein Bett
Bett - zu essen - Dach übern Kopf alles wahr eigentlich
in "bester Ordnung"
Mutter buck einen Zuckerkartoffelkuchen und sogar
ein paar Plätzen aus Mehl und Rübensaft waren da.
Nur der Weihnachtsbaum der fehlte noch.
Nun Heiligabbend früh , Vater nahm seinen Rucksack auf den
Rücken und seinen Sohnemann an die Hand.
Er ging zu einem ganz bestimmten Jagen im Forst. Er muß schon vor Tagen sich einen Baum ausgesucht haben, jeden
so einer vom Fußboden bis zur Decke.
Beil raus - zwei Schläge und der nbaum war unser.
Beide hatten wir zu tragen.
Zu hause dann , begann das Auftellen alles prima - Schwester hatte aus Pappe Sterne geschnitten
von der Nachbarin kamen bunte Kugeln und Mutter opferte
noch ein paar Kerzen , die schon manche Stromsperre überlebt hatten.
als es nun so richtig gemütlich werden sollte - ein paar
Briketts waren auch da, ich hatte ein Buch bekommen
---------- Stromsperre--------------

Jahrzehnte später, einen Weihnachtsbaum "Klauen" das brauchte man nun wirklich nicht mehr
Wir arbeiteten in der Nähe einer Schonung dort standen
herrliche Bäume.
Der Förster hat uns vorher noch gewarnt dort nicht zu schlagen.
Aber Otto der unverbesserliche ., nun er nahm kein Beil
nein man war ja modern geworden , erging mit der Kettensäge
sich einen Baum holen und das einen Tag vor Heiligabend.
Nach dem Fest as große Erzählen.
Nur Otto blieb stumm.
In der Zimmerwärme strömte der Baum einen Duft aus-nein
einen pestialischen Gestank .
Hatten doch die Forstleute diese Schonung mit etwas besprüht um Diebstehle zuverhindern , das bei Raumtemperatur in Schei........ gestank überging.
das war eine scheeeeene Bescherung!


Friedgard antwortete am 21.11.02 (09:37):

Weihnachten 1945 ist - wie ich sehe - für uns Ältere wohl das, was sich am tiefsten eingeprägt hat, weil es so völlig anders war -
Ein winziges Zimmer in einem Schwarzwaldgasthof - Flüchtlingsunterkunft. Keine Heizung, auf der Waschkommode Glatteis.
Ein winziges Tännchen im Zahnputzglas. Der Schmuck: Sterne, die wir aus "Lametta" gebastelt hatten - das waren die Alustreifen, die die Flugzeuge abwarfen um das Radar zu irritieren (stimmt das technisch???)
Seit Wochen keine Nachricht vom Bruder, der in Ostpreußen an der Front war -

Ein Jahr später: auf der Holzkiste in der Küche - wieder zuhause - saß der Bruder, der kurz zuvor aus russischer Gefangenschaft entlassen worden war - in Thüringen. Er war verdreckt in seinem Overall, schaute mich von oben bis unten an und sagte: "Wade hasch, wie'd früher Oberschenkel g'habt hasch. Soll ich Dich uf de Kopf schdelle?"
Und das tat er dann auch.
Landsermanieren. Wenn er bei Bekannten ein paar der spärlichen Plätzchen hingestellt bekam, futterte er den Telle ratzeputz leer. "Wenn sie's mir nit gönne, solle sie's mir nit hinschdelle!"

Wer kann sich diese Zeiten heute noch vorstellen? - Wer will sie sich noch vorstellen?
Ein bißchen Bescheidenheit täte uns sooo gut!
Frohen Adventt Euch allen!


E-l-e-n-a antwortete am 21.11.02 (10:06):

1. Weihnachtstag Anfang der fünfziger Jahre.

Besuch war eingeladen, der Kaffeetisch festlich gedeckt. Sammeltassen (ihr erinnert euch?), Kuchen, Sahne und andere Leckereien.

Es klingelte der Besuch stand vor der Tür. Mein Vater stieg auf die Leiter um die Kerzen anzuzünden und verlor dabei das Gleichgewicht. Dabei riß er den Tannenbaum um, alles landete auf dem Kaffeetisch. Nadeln in der Sahne und auf dem Kuchen, der Tisch sah aus wie ein Schlachtfeld.

Meine Mutter verlor die Nerven, alle Mühe umsonst. Vater lachte mit uns Kindern und der Besuch half alles zu säubern und aufzuräumen.

Seit dieser Zeit wurde der Weihnachtbaum immer mit einem dicken Band an der Heizung angebunden.


Gerlinde antwortete am 21.11.02 (12:34):

"Ich kann Euch zu Weihnachten nichts geben, ich kann Euch für den Christbaum, wenn ihr überhaupt einen habt, keine Kerzen geben, kein Stück Brot, keine Kohle, kein Glas zum Einschneiden. Wir haben nichts. Ich kann Euch nur bitten, glaubt an dieses Österreich!"
. (Leopold Figl, Weihnachtsansprache 1945)

Noch heute kommen mir die Tränen wenn ich in der Vorweihnachtszeit diese Ansprache höre. Spiegelt es doch die Weihnachten unserer Kindheit wieder.
Trotzdem, es waren die schönsten Weihnachten. Vielleicht weil man noch ein Kind war, mit all den Träumen und Sehnsüchten............


Mariele antwortete am 21.11.02 (14:22):

Kinderlandverschickung - letztes Weihnachtsfest vor dem Kriegsende.

Mein kleinerer Bruder war schon Anfang 1944 nach Österreich geschickt worden. Da die Bomebenangriffe immer schlimmer wurden musste mein Onkel, der Fronturlaub hatte, mich nach Österreich bringen.
Wir waren auf einem abgelegenen Bauernhof bei sehr netten Leuten, die wir sehr mochten.
Vorweihnachtszeit, wie ich sie nocht nicht kannte. Zwischen die Doppelfenster kam Moos, dass wir selbst aus dem Wald holten. Zum Einen blieb die kalte Luft draussen und zum Andern wurden dann darin Krippenfiguren aufgestellt.
Dann kam der Heilige Abend.
Das Vieh im Stall war versorgt und vom Familienoberhaupt nach altem Brauch mit Weihwasser gesegnet worden.
Dann ging es wieder zurück ins Haus, wo ein gemütliches Beisammensein mit Weihnachtsgebäck und Kakao und für die Erwachsenen Kaffee nahe dem Weihnachtsbaum, der urplötzlich im Zimmer war,stattfand.
Ja, ....... und dann kam das Allerschönste, dass ich heute immer noch vor meinem inneren Auge habe und wohl auch nie vergessen werde.........
Der Gang durch den tiefverschneiten Winterwald, mit einem Himmel voller Sterne und einem Vollmond, den ich seitdem nicht mehr gesehen habe.
Jeder hatte eine Laterne bekommen und der Hausherr trug eine Pechfackel. Bei jedem Schritt knirschte der Schnee und es war eine eigene Stimmung um uns. Wie oft blieb ich doch stehen und schaute hoch zum Himmel. Ich meinte jeden Augenblick müsste etwas Besonderes passieren. Und plötzlich, ja .......... erst leise ......... und dann immer lauter...........
erklang der Andachtsjodler..........
Aus dem Dunkel des Waldes ...... erst ganz weit entfernt und dann immer näher ......... kam eine Familie von einem entlegenem Hof. Und sie schickten den Andachtsjodler durch die sternenklare Nacht hoch zum Himmel.........
Das war für mich Weihnachten wie ich es noch nie erlebt hatte und wohl nie mehr erleben werde.


gregor antwortete am 22.11.02 (00:57):

Eure Geschichten sind richtig schön. Ich habe sie jetzt schon zum zweiten mal gelesen und werde es bestimmt noch ein drittes mal tun.
Vielen Dank an alle.
Eine besinnliche Vorweihnachtszeit wünscht
gregor


IRIS antwortete am 22.11.02 (03:39):

Kriegsweihnacht....

ja..einen Wunschzettel schrieb ich..mit unfertiger Kinderhandschrift..
einen..der nur den einen Wunsch.. nach einer
schon so lange ersehnten Puppe enthielt..
legte ihn auch draußen auf das Fensterbrett..
und mein Erstaunen wuchs..
tatsächlich hatte doch das Christkind meinen
Zettel gefunden und auch mitgenommen..!!!!!

Die lange Wartezeit... bis zu dem Heiligen Abend...
wollte und wollte nicht enden...

Doch dann...
nach all den ungeduldigen Wartetagen...
kam doch der 24.Dezember..

Meine Freude..meine kindliche Sehnsucht
nach dieser Puppe..sie wurde mir erfüllt..

Welche Freude..da saß sie..
MEIN PUPPENKIND...
strahlte mich an..und reckte sogar ihre Arme nach mir aus..
Meine Freude konnte meine Mutter nicht bändigen..
Sie wiegend..an mich drückend..sie herzend und küssend..so tanzte ich mit diesem ersehnten Püppchen..durch das Zimmer..
Freudentränen von meiner Mutter und von mir..begrüßten diese Puppe in unserer Familie..

Später dann erfuhr ich..wie viele Mühe meine Mutter aufbringen mußte..um an einen Puppenkopf zu gelangen..
Sie erledigte.. als Hausschneiderin..Näharbeiten bei einem Bauern..um ihren Kindern ab und zu mal eine Mahlzeit zu ermöglichen..

Dort erbettelte sie sich.. für ihre kleine Tochter..den leichtzerstörten Puppenkopf..
Mit viel Geschick und Ausdauer..reparierte sie ihn..nähte einen Körper dazu und fertigte auch noch Kleidung für das Püppchen..

Heute..lebt diese Puppe immer noch..
Sie begleitet nun meine Mutter (fast 90 Jahre) in ihren späten Lebensjahren..
(als Leihgabe)..

Das Puppenferigen machte meine Mutter..in den späteren Jahren..als die Notzeiten überstanden waren.. zu ihrem Hobby..
Sie fertigte in ihrem Leben.. viele Porzellanpuppen und konnte auch damit manches Kinder- aber auch Erwachsenenherz erfreuen..

Und vor allem konnte sie ..manche kleine Mädchenseele wieder zum Lachen und Strahlen bringen ..wenn sie ihr arg mitgenommenes ..strapaziertes Lieblingspüppchen..wieder frisch "behandelt" und repariert..der Puppenmutter ..zum weiteren Spielen und Pflegen..zurück in die Arme legen konnte..

Ich bedanke mich herzlich bei meiner Mama..für all ihre Liebe..die sie mir auf meinen Lebensweg mitgegeben hat..




Gerlinde (Sonnenblume) antwortete am 22.11.02 (11:44):

Lieber Karl,

es war eine liebe Idee von Dir, in uns die Weihnachtserinnerungen unserer Kindheit wach zu rufen, herzlichen Dank!!
Ich wünsche Dir eine schöne Zeit und grüße Dich herzlich,
Gerlinde


Felix antwortete am 22.11.02 (15:24):

Um die Stimmung noch abzurunden .... hat Karl mit Schneien begonnen ... schön.
Denn aus den heutigen Nachrichten um Jerusalem und Geburtskirche will keine weihnächtliche Stimmung aufkommen.

Friede auf Erden ... und den Menschen allen ... ein Wohlgefallen .... wie aktuell!


Karl antwortete am 22.11.02 (17:13):

Das ist richtig, lieber Felix. Ich schließe mich Deinen Wünschen an. Schneien ist für mich das Jugenderlebnis überhaupt. Als sehr kleiner Junge war ich oft krank. Ich lag dann nicht in meinem Bett im ersten Obergeschoss, sondern im Ehebett meiner Eltern im Erdgeschoss. Über Stunden malte ich mir in meinen Fieberphantasien aus den Mustern der Tapete die tollsten Gestalten, mit denen ich mich freute oder weinte.

Ich liebte es, wenn es schneite. Von meinem Krankenlager aus hatte ich durch ein großes Fenster den Blick frei auf die Strasse und das Dach des Nachbarhauses. Wenn so wenige Flocken fielen, dass ich sie fast zählen konnte (konnte ich schon zählen - ich glaube nicht) hoffte ich sehnsüchtig auf mehr und wenn sich alles weiß färbte und die Schulkinder begannen mit ihren Schlitten vorbeizuziehen, wollte ich es ihnen nachtun und gesund werden.

Weiße Weihnachten? Wie gut ich mich an solche erinnere. Sie waren immer etwas besonderes für mich und in meinen Erinnerungen früher häufiger als heute. Wenn ich aus dem Küchenfenster sah, konnte ich das Dorf überblicken. Es war schon dunkel, Heiligabend, aber der Schnee reflektierte überall viele Lichter. Am Hang gegenüber war immer ein großer beleuchteter Weihnachtsbaum aufgestellt. Was wohl hinter den Fenstern der Häuser vorging?
Bei uns war in den ersten Jahren meiner Erinnerung die "Bescherung" am Weihnachtsmorgen, aber ich wusste, dass viele Freunde schon am Heiligabend ihre Geschenke auspacken durften. So war das später auch bei uns. Nach dem Kirchgang, der uns Kindern immer viel zu lange vorkam, wurden wir durch eine Glocke aufgefordert in das geschmückte Wohnzimmer einzutreten. Während unsere Augen im flackernden Kerzenlicht bereits zu erraten versuchten, was sich wohl in den verschiedenen Paketen verstecken könnte, las mein Vater die Weihnachtsgeschichte und wir sangen danach - immer mehr schlecht als recht - "Stille Nacht, heilige Nacht". Für uns Kinder schienen die Geschenke natürlich das wichtigste, aber im Nachhinein glaube ich, dass der Zauber von Weihnachten durch die vorbereitenden Zeremonien vermittelt wurde und durch die lange Vorfreude auf das Ereignis. Mitten in der kalten Jahreszeit Kerzenschimmer, der Geruch von Glühwein und Weihnachtsgebäck läßt mich noch heute wohlig schaudern.

Karl


Bigi antwortete am 23.11.02 (09:54):

Lieber Karl,

keine Geschichte ist mir in Erinnerung geblieben, nur soviel, daß ich ständig in anderer Umgebung Weihnachten verbringen mußte, da Mutter sehr früh verstorben und Vater an der Front war. Ein Kirchgang über verschneite Wege und Kälte war allerdings immer dabei. Die kurzen Beine versanken dabei tief im Schnee und die Kutsche der Müllersleute überholte an jenen Tagen alle übrigen Kirchgänger.
Meine Kinder sollten es anders erleben und ich mühte mich, es ihnen näher zu bringen durch intensive Vorbereitung mit Backerei und schönem Festtagsessen am Abend vor der Bescherung. Doch oh Schreck, das 10. Jahr brachte die Ernüchterung in der Familie, denn Kinders Vater verbrachte seine Weihnachtstage lieber in der Ferne, was für mich nun Auslöser war, diese Tage noch intensiver mit meinen Kindern vorzubereiten und zu leben. Es ging auch ohne Vater.

Bigi


Barbara antwortete am 23.11.02 (10:48):

Ich muss wohl vier Jahre alt gewesen sein, als wir am Heiligen Abend noch kurz bei den Großeltern vorbeischauten. Opa erzählte uns Geschichten von seinen gefährlichen Reisen um die ganze Welt, wie er von den Cowboys im Wilden Westen angegriffen worden war und man ihn an einen Marterpfahl gebunden hatte. Zum Glück wurde unser Opa immer in allerletzter Minute gerettet, denn sonst hätte er uns ja nicht so anschaulich davon berichten können. Nachdem eine Befreiung gerade glücklich geendet hatte, musste Opa ganz dringend aufs Klo.

Da klopfte es an der Tür und ein Cousin öffnete. Was soll ich sagen: der leibhaftige Weihnachtsmann stand vor uns! Ich verkroch mich in die äußerste Ecke und lauschte, was er dem großen Bruder und dem Cousin zu sagen und zu überbringen hatte. Aus einem dicken, zerlesenem Buch las er allerhand Schandtaten der beiden vor Schreck erstarrten Buben vor. Dann blätterte er weiter und kam zu mir. In diesem Buch musste ja wohl alles vermerkt sein, denn woher hätte er sonst wissen können, dass ich es war, die die Lederhose des Bruders mit Buntstiften "verziert" hatte? Trotz dieser nun allen bekanntgemachten Sünden holte er nach umständlichem Herumwühlen eine wunderschöne kleine Negerpuppe mit kleinen roten Lederschühchen aus seinem großen Sack für mich hervor. Oh, wie allerliebst schaute das kleine Puppenkind mich an. Dann verabschiedete sich der Weihnachtsmann, da er noch viele Kinder an diesem Abend zu besuchen hatte.

Kaum war er zur Tür heraus, kam mein Opa vom Klo. Ach, war das ärgerlich! Den Höhepunkt des Heiligen Abends hatte er verpasst. Gerade für Opa, der so unendlich viel aus der ganzen Welt zu berichten wusste, wäre dieser Besuch ein Ereignis gewesen! Ja, wie der Weihnachtsmann denn ausgeschaut hätte, wollte Opa wissen. Einen weiten roten Mantel mit großer Kapuze hatte er an. Das Gesicht war vor lauter weißem Bart kaum zu sehen. Und was der alles von uns wusste. "Ja, Opa, und eines hab ich genau gesehn: er hatte genau so eine Warze wie Du sie hast auf der Nase!"


WANDA antwortete am 23.11.02 (17:39):

Lieber Karl, diese Weihnachtsgeschichten sind wunderbar und ich schlage vor, dass wir ab Januar ein Thema Kindheitserinnerungen ins Netz stellen.

Mein Vater wurde kurz vor Weihnachten 1949 aus der Kriegsgefanagenschaft entlassen und kam nach Bad Pyrmont in eine Klinik, in die alle Spätheimkehrer kamen. Von dort aus versuchte er ein erstes Treffen mit uns zu arrangieren. Wir wohnten in der Schweiz und bekamen ein Visum oder einen Passagierschein, um nach Deutschland zu reisen. Schweizer Bahnhof und badischer Bahnhof existierten damals schon und auf dem Badischen Bahnhof fand das Wiedersehen statt. Ich sah meinen Vater zuerst. Wir rannten einander entgegen und weinten alle vier. Es war ein sehr bewegender Augenblick und mein Vater sah aus wie frisch aus der Mongolei importiert. Ein Militärmantel bis zu den Knöcheln, Wickelgamaschen und eine Pelzmütze aufdem Kopf, die ihn noch grösser machte. In Lörrach fanden wir eine Bleibe und landeten in einem Wohnzimmer mit einem runden Tisch. Auf dem Tisch stand ein kleines vielleicht 30 cm hohes Weihnachtsbäumchen und es gab Kartollelsalat. Am nächsten Tag wurde eingekauft, natürlich hatte kein Geschäft geöffnet aber man liess uns durch die Hintertüre. Es war erstaunlich, mein Vater hatte tatsächlich Geld. Ich bekam ein paar hohe Schuhe, so was wie Skistiefel. Natürlich zwei Nummern zu gross, denn es wurde grundsätzlich auf Zuwachs gekauft. Da es aber meine ersten hohen Schuhe waren, war ich natürlich überglücklich, auch mein Bruder und meine Mutter erhielten etwas, das ist mir leider entfallen. Dann mussten wir uns wieder trennen bis zum l. Mai 1950, wo wir wieder nach Deutschland zurückgingen.
Dieses auf Zuwachs kennen sicher viele hier, ich jedenfalls habe in meiner ganzen Kindheit und Jugend nie etwas bekommen, was mir passte, immer war alles zu gross, du wirst da schon reinwachsen, hiess es!!!!


schorsch antwortete am 24.11.02 (10:36):


Weihnachten
****************
Oh du fröhliche Weihnachtszeit!
Die Reichen halten ihre Geschenke bereit:
"Gebt uns noch mehr, nehmt`s von den Kleinen;
man lege die Schmarotzer an die kurzen Leinen;
es darf doch nicht sein, dass bald jeder Banause
am Palmenstrand liege; er bleibe zu Hause!
Nehmt ihm was er hat, auch den letzten Batzen;
der ist`s ja gewohnt, im Blechnapf zu kratzen;
wir leben dann fürstlich in Saus und Braus;
für die Kleinen bleibt ja das Armenhaus!"
So spricht man leicht "oben", denn man ist satt,
und die Armut findet weiter "unten" statt!

Ich wünsche euch trotzdem ein gesegnetes Weihnachtsfest.

********************************************

Dezember 1995 Schorsch, alias Georg von Signau


Mary antwortete am 25.11.02 (19:40):

Weihnachtserinnerungen sind auch mir besonders liebe erinnerungen. Im Krieg gab es bescheidene Feiern,
aber als Kind wurden sie trotzdem schön befunden . Mutters Schwester verbrachte mit ihren 3Kindern immer die Weihnachtsferien bei uns; denn unsere Väter waren im Krieg. Da ich keine Geschwister hatte war das immer besonders toll. Später dann als junge Kinderkrankenschwester in der Leipziger Univ. Kinderklinik, in der chirurgischen Abteilung, hatte ich beim Nachtdienst am Heiligabend ein Erlebnis das ich nie vergessen habe.
Es waren nur schwerkranke und frischoperierte Kinder auf der Station unter anderem auch der kleine Sohn
des Konzertmeisters des Gewandhausorchesters. Am späten Abend erschien er mit seiner Geige und spielte
ganz zauberhaft die bekanntesten Weinachtslieder für alle Kinder. sie vergaßen für eine Weile ihre Schmerzen
und einige sangen sogar mit.


maggy antwortete am 27.11.02 (21:01):

Weiter oben habe ich ja etwas Lustiges geschrieben, aber ich erinnere mich auch an ernste Dinge.

Ich war noch sehr klein, ging noch nicht zur Schule, als einmal vor Weihnachten für einen Onkel gebetet wurde. Er war immer noch in russischer Gefangenschaft. Oma und Opa, die Eltern des Onkels, weinten viel und mich hat das sehr berührt.
Es kam an dem Weihnachtsfest keine große Freude auf. Die Gedanken waren nur bei dem jungen Onkel, der das Weihnachtsfest in Gefangenschaft verbringen mußte.

Ein paar Monate später kam er nach Hause und die Freude war verständlicherweise riesen groß.
Ich sah den Onkel dann später irgendwann das erstemal und erinnere mich noch daran, wie mager und traurig er aussah.


schorsch antwortete am 28.11.02 (09:03):

Ach diese fallenden Flocken auf dem Bildschirm machen mich ganz melancholisch.......

.....und kalte Hände krieg ich auch........


klaus-w antwortete am 30.11.02 (23:58):

Weihnachten wurde bei uns groß in der Verwahdschafft gefeiert. Natürlich mit Weihnachtsmann Gedichte aufsagen und allem pipapo. Leider wurde mein Onkel Otto gurndsätzlich gegen 5 Uhr zum Nachbarn gerufen, weil dort mal wider das Licht kaputt war. So hat er es
nieh erlebt wenn der Weihnachtsmann kam. Irgend wann im Sommer war ich dann mit meinem Vetter Fritz auf dem Hausboden. Es lief mir kalt über den Rücken. Da hing an einem Haken der Mantel vom Weihnachtsmann. Fritz grinste so komisch tja da war der Traum vom Weihnachtmann futsch. Schade aber er war ein klasse Weihnachtsmann