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THEMA:   "Die Natur" ein unbrauchbarer Begriff! Oder ... was meint ihr dazu?

 44 Antwort(en).

Felix begann die Diskussion am 03.02.04 (16:10) mit folgendem Beitrag:

Ich möchte mit euch über den Begriff "Natur" diskutieren. Hier einige Gedankenanstösse:

- Der Begriff "NATUR" und alle abgeleiteten Formen dazu wie "naturlich", "naturbelassen", "Natürlichkeit" etc. suggerieren, dass jeder weiss, was darunter zu verstehen ist. Ich behaupte, dass der Begriff völlig verschwommen und unscharf ist.
- Wenn unter "Narur" z.B. der Zustand ohne Einfluss durch den Menschen gemeint wäre, gäbe es sie kaum noch irgendwo auf der Erde. Durch den Einfluss des Menschen wurde weltweit die Luft, das Wasser und damit die ganze Biosphäre verändert.
- Wenn der Mensch als solcher zur "Natur" gehört, gehören doch seine Tätigkeiten und Produkte logischerweise auch zur "Natur".
Genauso wie z.B. die Biber durch ihre Dämme ein ganzes Biotop nachhaltig verändern, käme doch niemand auf den Gedanken, diese veränderte Landschaft als unnatürlich zu bezeichnen.
- Die "Natur" existiert auf der Erde also nur als Konstrukt und schafft als Begriff keine Klarheit. Biologischer Gemüseanbau als Naturprodukt zu bezeichnen ist irreführend, denn es gibt eigentlich nichts Unnatürliches ... oder umgekehrt gedacht ... nichts ohne Einfluss des Menschen ... also nichts Natürliches mehr.
- Auch die oft bemühten "Naturgesetze" existieren nur in der typisch menschlichen Denkweise des homo sapiens.
Sie sind auch deshalb den Denkschemata des Menschen entsprechend formuliert. Die Wirklichkeit selbst nehmen wir nur mittelbar wahr, deshalb haben wir keine Kenntnisse über die wahren Gesetze.

Das sollte für den Anfang genügen!


chris antwortete am 03.02.04 (17:26):

@ Felix,

diese unsere Natur. Was machen wir aus Ihr? Tut nicht der
Mensch zuviel eingreifen und zuviel zupflastern und läßt die
Natur nicht mehr Natur sein?
Sicher auch ich, geniesse den Fortschritt und damit alle
Annehmlichkeiten. Doch was wird sein??? ..... wenn das
Ozonloch immer größer wird, wenn unsere Enkel unter den Folgen
der Naturschäden am Regenwald oder an so vielem anderen
wie Atomversuchen und anderen Umweltverschmutzungen leiden muss??

ist es nicht allen bewusst, dass sich die Natur auch für
diese Folgen rächen wird??? Ich wage nicht weiter zu
denken.....was sein wird??


Chris


Karl antwortete am 03.02.04 (17:46):

Lieber Felix,


herzlichen Dank für dieses interessante Thema. In der Tat, mit dem Begriff "Natur" und abgeleiteten Begriffen wird viel Schindluder getrieben. Ich erinnere an Sätze wie "Das ist doch unnatürlich!", womit menschliches Verhalten beschrieben wurde (z. B. Homosexualität), welches von der Norm abwich.

Für mich ist der Mensch ein Teil des Ganzen (der Natur oder wie immer wir das nennen wollen). Er darf die Erde umbauen (sich "untertan machen"), sollte dabei aber aufpassen, dass er hiermit seine eigenen Lebensgrundlagen nicht zerstört. Eine menschengemachte Parklandschaft kann (auf mich) manchmal erholsamer wirken als die freie Wildbahn.

@ Chris
Die Zivilisation und die Industriealisierung muss nicht automatisch zur Umweltzerstörung führen. Wir haben miterlebt, wie der Rhein wieder sauberer wurde, so dass man heute teilweise seine Fische sogar wieder essen darf. Viele Städte haben ihren Lebenswert in den letzten Jahrzehnten gesteigert. Der Abbau der Schornsteine und ihre Ersetzung durch "intelligente" Industrien hat das Atmen (z. B. in meinem Heimatdorf) buchstäblich wieder möglich gemacht. Fortschritt kann auch Fortschritt zu mehr "Natur" bedeuten, in dem klassisch gemeinten Sinne.


Mechtild antwortete am 03.02.04 (17:47):

Das sollte für den Anfang genügen!
Der Mensch darf die Natur bearbeiten, aber er muss sie auch pflegen. Was gute Pflege ist und was nicht, darüber sind sich die Gelehrten nicht einig und es entsteht Streit, der sich in verschiedenen Religionen , politischen Parteien und anderen unterschiedlichen Ideologien äußert. Das Ganze ist dann eine Machtfrage und der, der die meiste Macht und die wenigsten Skrupel hat setzt sich durch. Viele machen bei dem Spiel nicht mit und suchen sich Lücken im System, die sie für sich nutzen, bis sie geschlossen sind.
Das Natur hat eigene Gesetzt und Regeln, die der Mensch beachten muss. Bei Nichtbeachtung dieser Regeln rächt sich die Natur. Oft kommt die Rache erst viele Jahre später und die Kinder und Enkel müssen darunter leiden. �Erbsünde?�


chris antwortete am 03.02.04 (18:28):

@ Karl,
wenn die Flüsse wieder sauberer sind, dann nur, weil eben
hier sehr viel für Kanalisation und Reinhaltung der Flüsse
getan wird. Das it auch durchaus begrüßenswert!

Aber lieber Karl, m.E. wird noch viel zu viel in Meere gekippt und noch immer viel zu viel an Abgasen in die Luft geblasen.
Jeder weiss und kennt die Ursachen des Ozonloches, aber die
die die Umweltvereinbarungen zwar unterschreiben, aber gar
nicht dran denken, sie dann einzuhalten, das sind für mich
die Umweltsünder.

Und wieviel Wald wird noch abgeholzt und nicht wieder
angepflanzt??

Mir ist klar, wenn ich das hier ausspreche, dass das zwar
zwecklos ist, aber es ist nunmal meine eigene Meinung.

Für mich ist die Natur das, was am erhaltenswertesten ist
und ich denke, dafür müssen Alle sorgen, nicht nur einige
wenige.


Chris


pucki antwortete am 03.02.04 (19:06):

Natur= Gesamtheit dessen, was an organischen u. anorga-
nischen Erscheinungen OHNE ZUTUN des Menschen existiert oder sich
entwickelt --- Stoff, Substanz, Marterie in allen Er-
scheinungsformen.. (lt. DUden).
Sobald der Mensch eingreift, etwas verändert müßte es
demnach denaturiert lauten. Vielleicht ist es nur noch
ganz wenigen Völkern vergönnt, nach den sogenannten
"Naturgesetzen" zu leben. Als Beispiel möchte ich ein Volk
nennen, das irgendwo in den Tälern des Himalaya lebt. Seine
Felder mit Gebirgswasser bewässert, dieses Wasser selbst
trinkt. Sie essen hauptsächlich naturbelassene Früchte,
kaum Fleisch. --Sie leben also -wie man so schön sagt, mit
der Natur ! --
Bei uns gibt es wohl überhaupt keine unberührte Natur mehr.

Ja -und die sogenannten Naturprodukte, die Felix ja
ansprach --sind es auch nicht mehr. Vielmehr stimmt, daß
sie aus kontrolliertem Anbau kommen -- keinesfalls "natur-
belassen", denn auch hier greift der Mensch ob bei Tier,
Pflanzen zu Hilfsmitteln .

Vielleicht sind die Beeren, Pilze im Wald ja noch einiger-
maßen "natürlich", aber auch behaftet seit des atomaren
Unfalls in Tschernobyl.

Uns sollte zur zweiten Natur werden, mit unserer noch
vorhandenen Natur glimpflich umzugehen .


schorsch antwortete am 03.02.04 (19:12):

@Karl: "...Wir haben miterlebt, wie der Rhein wieder sauberer wurde, so dass man heute teilweise seine Fische sogar wieder essen darf...."

Ein Kuriosum am Rande:

Ich habe Jahre lang in der Aare gefischt. Ich sah noch, wie z.B. die Nasen (Fischart) so dicht standen, dass man fast laufen konnte auf ihren Rücken. Forellen, Barsche und Barben gabs zu Millionen. Dabei war das Wasser so "verseucht", dass man darin nicht mehr baden durfte. Die Industrie - insbesondere die Papierfabriken und Metzgereien - liessen ihre Abfälle einfach durch die Kanalisation in die Flüsse. Diese Abfälle gaben Milliarden von Kleinlebewesen die Nahrungsgrundlage. Die Fische ernährten sich von den Kleinlebewesen.

Dann wurden die Kläranlagen gebaut. Keine Abfälle gingen mehr in die Flüsse und Seen. Den Kleinlebewesen wurde die Nahrungsgrundlage entzogen, sie starben ab. Und damit wurde auch den Fischen ihre Nahrungsgrundlage entzogen - sie verhungerten und laichten nicht mehr.

Heute haben wir wieder "gesundes" Wasser - aber keine Fische mehr.....


dirgni antwortete am 03.02.04 (20:10):

Wenn der Mensch Teil der Natur ist, ist sein Verhalten natürlich - allerdings könnte man sein derzeitiges Verhalten als Naturkatastrophe bezeichnen. Die Natur zerstören kann er wohl nicht wirklich, ebenso wenig wie ein Erdbeben oder Vulkanausbruch der Natur auf lange Sicht Schaden zufügt. Die Natur überlebt wohl alle Katastrophen, nötigenfalls wird der Mensch halt aussterben wie die Dinosaurier.

Bitte nicht lynchen! Ist nur ein Gedanke, der mir beim Lesen des Themas gekommen ist.


Wolfgang antwortete am 03.02.04 (20:30):

Der nicht-moderne Mensch - zehntausende von Jahren hat er gelebt - war (ein ziemlich kleiner) Teil der Natur, angepasst, nicht besonders auffaellig. Macht ueber die Natur wollte und hatte er nicht. Frueher war das so. Heute ist der moderne Mensch nicht mehr nur Teil der Natur. Er hat sich ueber sie erhoben. Will sie dominieren und domestizieren. Seit ein paar Jahrhunderten gibt es ihn erst, den modernen Menschen.

Gerade ist er dabei, grandios zu scheitern. In seinem Scheitern wirft er sich noch in die Brust und traeumt von noch mehr Macht und Groesse und redet wirr und faselt davon, dass er alles im Griff habe.

Der Natur ist's egal. ;-)

Internet-Tipp: https://www.ecofreak.de/inhalt.html


mart antwortete am 03.02.04 (20:49):

Die Vorstellung, der "Urmensch" hätte keinen negativen Einfluß auf die Fauna gehabt und erst seit ein paar hundert Jahren würde dieses idyllische Zusammenleben Mensch/Natur gestört sein, ist falsch.

"Vieles deutet darauf hin, daß bereits das Verschwinden zahlreicher mitteleuropäischer Großsäugerarten im Spätwürm und im frühen Holozän anthropogen war. Jedenfalls setzten die Aussterbevorgänge bereits vor etwa 30.000 Jahren ein, lange vor den gravierenden klimatischen Veränderungen.

Weltweit fällt auf, daß enge Beziehungen zwischen Aussterbevorgängen bei der Megafauna und dem Vordringen des modernen Menschen zu bestehen scheinen (Etwa bei den weltweit zu beobachtenden Aussterbevorgängen von Rüsseltieren, MARTIN 1984, BEUTLER 1992). ..."

Internet-Tipp: https://home.arcor.de/limnologie/Beutler.htm


Karl antwortete am 03.02.04 (21:03):

@ dirgni,

der Gedanke ist gar nicht schlecht. Auch Naturkatastrophen sind natürlich. Ob der Mensch eine ist? Es ist noch nicht entschieden.


trux antwortete am 03.02.04 (21:14):

Ach Felix, Du sagst am Schluß: �Die Wirklichkeit selbst nehmen wir nur mittelbar wahr, deshalb haben wir keine Kenntnisse über die wahren Gesetze�.
Damit habe ich Probleme. Was ist Wirklichkeit, was ist mittelbar und was unmittelbar, was sind wahre oder unwahre Gesetze? Wir kommen mit der Grübelei nicht ans Ende. Ich denke es ist gedacht, was es zu denken gibt und gebe mich damit zufrieden. Nicht immer wieder die alten Platten. Eine zeitlang habe ich mich mit Philosophie beschäftigt, doch als ich den Hauch des Todes aus den Büchern spürte, habe ich sie endgültig zugeklappt. Ich bin da, um zu leben, fertig! Wenn ich wandere ist mir egal wie man die blühenden Bäume am Straßenrand, die bunten Wiesen, den Wald oder die singenden Vögel nennt, ob Natur oder Nichtnatur.
Ein neues und größeres Problem sehe ich in der Informationsüberflutung. Noch kann ich abwehren, doch den Kampf werde ich verlieren und eines Tages in deren Fluten ertrinken.


Wolfgang antwortete am 03.02.04 (21:44):

Damit's nicht zu theoretisch wird und sich die Untergangsstimmung in Grenzen haelt, etwas fuer die ausgleichende Praxis des arg verweichlichten modernen Menschen... Das Wandern ist naemlich noch immer des Muellers und anderer Leute Lust und macht jede Menge Spass. :-)

"Der moderne Hightechbuerger verbringt 95 Prozent seines Lebens in Kunstbiotopen - meist vor und hinter Glasscheiben. In der Natur ist er nur noch Gast, seine eigene Natur kann er kaum noch ausleben. Von artgerechter Haltung kann also keine Rede sein." - Wir leben also nicht artgerecht. Das ist nicht nur ein Gedanke von RAINER BRAEMER, der sich Natur-Soziologe nennt und am Institut für Erziehungswissenschaft der Universitaet Marburg forscht.

Auf seiner Homepage bietet BRAEMER einige seiner Aufsaetze und selbstverstaendlich auch Wandervorschlaege an:

Natur zu Fuss
Wandern und Natur erleben
https://staff-www.uni-marburg.de/~braemer/

Internet-Tipp: https://staff-www.uni-marburg.de/~braemer/


Felix antwortete am 04.02.04 (02:00):

Zu trux,

es war mir nicht möglich in meiner kurzen Anregung einen Exkurs über die ganze Problematik des Erkennens und Wahrnehmens zu bringen.
<mittelbar> bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir alle Wahrnehmungen nur über den Umweg unserer Sinnesorgane bewerkstelligen können. Wir tasten quasi die Wirklichkeit an einem erlernten, subjektivstrukturierten Modell, das in unserem Hirn repräsentiert ist ab. Unser Geist und Verstand hat keinen unmittelbaren Zugriff zur Wirklichkeit.
Im Laufe der Evolution sind auch angeborene vererbte Modell-Muster im Nervensystem entstanden, die die Wechselbeziehung mit der Aussenwelt abbilden. Man bezeichnet diese in der Verhaltensforschung als angeborene Auslöse-Mechanismen (AAM). Sie erlauben ein instinkthaftes Reagieren auf bestimmte Sinnesreize. z.B ein Fluchtverhalten frischgeschlüpfter Küken auf eine Silhouette (Schattenriss) eines Raubvogels, obwohl sie noch keinen gesehen haben.
In diesem Zusammenhang erinnere ich an Platons Höhlengleichnis, der in einer genialen Schau genau diesen Sachverhalt seinen Schülern erklärt. Wir erkennen von der Wirklichkeit nur unvollkommene Abbilder und nicht die Sache selbst.
Ist es jetzt klarer geworden?


Bocky antwortete am 04.02.04 (03:00):

Die Natur ist für mich die all umfassende Macht, die sich um die Existenz des Menschen nicht schert. Sie umfasst alle Dimensionen. Insofern kümmert sie sich auch noch nicht einmal um die Existenz des Lebens im 3-dimensionale Raum.

Wir Menschen und das Leben auf der Erde überhaupt wird für die Natur nicht mehr Bedeutung haben als für uns der Dreck unter den Fingernägeln. ;-]


Gudrun_D antwortete am 04.02.04 (09:01):

O,o,Bocky
das sehe ich etwas anders
*wir Menschen*
gehören sehr wohl ins Naturgeschehen-können es sogar gut oder vernichtend -leider-beeinflussen.
Und *Dreck unter den Fingenägeln* kann u.U. bedeuten,dass derjenige,der ihn nicht entfernt,krank wird.........


BarbaraH antwortete am 04.02.04 (11:49):

Auch ich zähle den Menschen mit zur Natur. Wir reden so oft von unserer "Umwelt", als existiere sie um uns herum. Treffender wäre der Begriff "Mitwelt", um darauf aufmerksam zu machen, dass der Mensch, die Natur, die Welt insgesamt in einer Wechselbeziehung zueinander stehen.

Handelt der Mensch verantwortungslos innerhalb seiner "Mitwelt", wird er die Auswirkungen zu spüren bekommen. Aufgrund der Kürze seiner Lebenszeit werden allerdings in vielen Fällen erst die Nachkommen mit den Auswirkungen seines Tuns zurecht kommen müssen bzw. daran zugrunde gehen.


Sofia204 antwortete am 04.02.04 (14:05):

"Macht euch die Erde (Natur) untertan"

wenn wir also die Natur verloren haben,
können wir sie auch nicht mehr verstehen


wanda antwortete am 04.02.04 (14:12):

Die Natur - ein unbrauchbarer Begriff - wieso denn das?

Für mich umfasst die Natur alles Wesentliche, die Erde, die Sonne, die Sterne, die Gezeiten, die Lebewesen, unseren Werdegang - einfach alles.
Der Begriff Natur ist allumfassend, aber nicht unbrauchbar.


Medea. antwortete am 04.02.04 (17:19):

.... "Wir erkennen von der Wirklichkeit nur unvollkommene Abbilder und nicht die Sache selbst."... (Felix)

So erscheint es mir auch. Wie sollte auch der Mensch in der Lage sein, die gesamte Wirklichkeit wahrzunehmen? Ich denke, das kann sowieso nur "ausschnittsweise" erfolgen und
jeder sieht nur den ihm genehmen oder von ihm erwünschten "Ausschnitt" .


DorisW antwortete am 04.02.04 (17:44):

Von der Wirklichkeit zu verlangen, dass sie etwas Objektives sei, geht m. E. am Begriff vorbei.

"Wirk"lichkeit ist eben das, was wirkt, also wenn mir ein Stein auf den Fuß fällt oder ein Geräusch mein Trommelfell zum Schwingen bringt, so sind der Stein und das Geräusch "wirk"lich.

Die Wendung "nur ein unvollkommenes Abbild" setzt voraus, dass es auch ein objektives, ein vollkommenes Abbild gäbe, aber das ist ja gar nicht möglich, weil das Seiende im Augenblick des Abgebildetwerdens eine Metamorphose erfährt...


Felix antwortete am 04.02.04 (17:50):

Interessant ist auch, wie der Naturbegriff im Laufe der Geschichte sich gewandelt hat. Wie bei so vielen Dingen konsultiere ich gerne die griechischen Philosophen.
Einen kleinen Überblick findet ihr mit meinem Link
<https://www.fh-lueneburg.de/u1/gym03/expo/jonatur/auffassu/griechen/griechen.htm>


z.B. Aristoteles:
Unter Natur versteht Aristoteles all jenes, was das Prinzip der Bewegung und Veränderung in sich hat. Dabei
unterscheidet er zwei grundlegende Aspekte: den Stoff , die gestaltlose Materie, aus der alles Seiende besteht,
und die stofflose Form, die ein Naturding in allen Eigenschaften bestimmt und auf deren Verwirklichung alle
natürlichen Prozesse als ihr Ziel hinauslaufen. Letztendlicher Initiator aller Bewegungen ist Gott - die reinste Form
- , der als unbewegter Beweger außerhalb der Natur steht.

Andere bezeichnen das Gegenstück zur Natur als Technik.

Wird unter Technik aber z.B. auch der Gebrauch von Werkzeugen unter Ausnützung physikalischer Gesetze verstanden, so sei darauf hingewiesen, dass nicht der<homo sapiens> allein der Erfinder solcher Techniken ist.
Werkzeuggebrauch finden wir in angeborener Form z.B. beim Darwinfink, der mit Hilfe von pflanzlichen Stacheln, Insekten aus der Borke angelt. Primaten sind in der Verwendung von Werkzeugen fortgeschrittener. Bei ihnen werden bestimmte Techniken als erlerntes Verhalten tradiert. z.B. Das Angeln von Ameisen mit Hilfe eines präparierten Halmes oder Stäbchens.

Oft wird der Gegensatz des natürlichen Verhaltens zum Verhalten, das künstlich in die Natur eingreift, da festgelegt, wo der Jäger und Sammler seinen Lebensraum so zu verändern beginnt, dass er Futterpflanzen und essbare Tiere züchtet und in seiner Nähe festhält oder anbaut.

Es gibt aber auch Insekten z.B. Blattschneiderameisen, die in ihrem Bau Pilzgärten anlegen und dazu mit Hilfe von geernteten Blattstücken den benötigten Nährboden zubereiten.
Andere halten sich ganze Herden von Blattläusen, die sie regelmässig melken.

Sicher sind euch auch die Köhlerschen Experimente bekannt, bei denen Menschenaffen durch eigene Versuche mit Hilfe von zusammenfügbaren Stöcken Bananen herunterangeln ... um nur eine dieser Intelligenzleistungen zu erwähnen.

Wann beginnt das Verändern der Umwelt von einer "natürlichen" zu einer "künstlichen"?

Internet-Tipp: https://www.fh-lueneburg.de/u1/gym03/expo/jonatur/auffassu/griechen/griechen.htm


trux antwortete am 04.02.04 (18:14):

Die Denkprozesse sind schwierig, weil man sich Schritt für Schritt an menschliche Grenzen herandenkt. Dies Denken beruht auf philosophischem Grundwissen und eigenen Folgerungen. Hier wird der Begriff �Wirklichkeit� genannt zu dem wir keinen Zugriff haben. Stammt der Satz: �Ich weiß, dass ich nichts weiß� von Sokrates oder seinem Schüler Platon? egal, doch wir sind seit damals nicht klüger geworden. Natur, Wirklichkeit, Raum, Zeit, Sinn des Lebens--- sind Begriffe, die über unseren �Horizont� hinausgehen. Ab dieser Denkgrenze begibt man sich in Gottes Hand. Es stimmt aber auch, dass wir Gefangene heutiger Zivilisation geworden sind. Doch das sind wir gern, oder nicht?


Wolfgang antwortete am 04.02.04 (18:19):

Ich weiss nicht, wann genau dieses quantitative kuenstliche Veraendern der Umwelt zu einer qualitativen Veraenderung des Menschen selbst und seiner unmittelbaren Umwelt gefuehrt hat... Es ist, da bin ich mir sicher, noch nicht so lange her. Bis dahin war der Mensch ein kleiner ziemlich unbedeutender Teil der Natur mit arg beschraenkten Mitteln. Mittlerweile aber ist er praktisch kein Teil eines Ganzen mehr, in das er sich einordnen will. Mittlerweile will der Mensch die Natur beherrschen... Vollstaendig, total... Er ist aeusserst geschickt und entwickelt Waffe ueber Waffe im Krieg gegen die Natur, eine furchterregender als die andere. Fatalerweise bemerkt dieser moderne Mensch gar nicht in seinem Wahn, er koenne diesen Krieg gewinnen, dass er die ihm urspruenglich geneigte Natur so zerstoert hat, dass sie ihm und seinen ins Absurde gestiegenen Anspruechen nun immer weniger geneigt ist. Irgendwann allerdings wird er es bemerken. Dann wird das Entsetzen gross sein.


Medea. antwortete am 04.02.04 (20:18):

Stellenweise ist das Entsetzen ja bereits riesengroß - dort nämlich, wo jährlich durch Überschwemmungen Tausende von Menschen umkommen, wo durch Überweidung und Abholzen ohne wieder Aufzuforsten immer mehr Wüsten entstehen, das Niedermachen der Regenwälder scheint unaufhaltsam fortzuschreiten, Gletscher und die Pole schmelzen schneller als angenommen, Epidemien breiten sich weltweit aus - die Erde/Natur schlägt zurück.


wanda antwortete am 04.02.04 (21:09):

Natur ist Natur, ein Zurückschlagen kennt sie nicht.


pucki antwortete am 04.02.04 (22:10):

entnommen aus dem Buch:
Hermann Löns ---Hannöversches

"Die Natur ist unser Jungbrunnen: keine Hygiene, keine
Volkswohlfahrtspflege kann uns das geben, was die Natur
uns bietet. Schwächen wir sie, so schwächen wir uns,
morden wir sie, so begehen wir Selbstmord.
Die Naturschutzbewegung wird vielleicht noch als eine rein
wissenschaftliche Bewegung betrachtet. Das ist sie aber
nicht. Sie ist im Gegenteil ein Kampf um die Gesunder-
haltung des gesamten Volkes und muß zur Volksbewegung
werden."
Mit vollem Recht betont Löns, daß der Mensch der Natur
mehr angetan habe als es die Völkerwanderungen, die
Kreuzzüge oder der 30jährige Krieg vermocht hätten.........

....zähnekirschende Wut faßt einen, sieht man die grauen-
hafte Verschandelung der Landschaft, aber sieht man genauer
zu, betrachtet man im Einzelnen die Verwüstung, die in dem
einst so schönen und vornehmen Gesicht der Natur sich
überall zeigt, so macht die Wut einer bitteren Wehmut,
einer tiefen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung Platz......


Wolfgang antwortete am 04.02.04 (22:37):

Als sich der (moderne) Mensch ueber die Natur erhob und sein Eroberungsprojekt begann (das war erst vor ein paar hundert Jahren), war ihm nicht bewusst, dass sein Projekt zur Zerstoerung der dem Menschen geneigten Natur fuehren wuerde. Wohlgemerkt: Nicht zur Zerstoerung der Natur an sich (das schafft er nicht), sondern nur zur Zerstoerung einer besonderen Form der Natur, der dem Menschen geneigten Natur, fuehrt das Projekt der Moderne.

Bis dahin, zehntausende Jahre lang, lebte der Mensch in und von der Natur. Erst viel spaeter entfremdete sich der Mensch mehr und mehr von ihr, wurde ihr fremd und steht heute der Natur unversoehnlich gegenueber.

Die Stammeskultur der Indianer Amerikas zum Beispiel, die Jahrtausende hielt (und auch noch weiter gehalten haette, haetten ihr moderne Menschen nicht den Garaus gemacht), ist ein Beispiel dafuer, dass es Menschen moeglich ist, versoehnlich mit der Natur zu leben.

Unsere heutige Kultur ist aus vielerlei Gruenden zum Scheitern verurteilt und scheitert gerade grandios vor unseren Augen.

Doch, ich meine auch: Die Natur schlaegt in gewisser Weise zurueck auf den Menschen. Ich bin der Meinung, dass unser Planet eine Art riesengrosser Organismus ist. Kenner wissen jetzt, dass ich ein Freund der Gaia-Theorie bin. Dieser Organismus, Gaia, will leben. Wenn noetig, ohne die Menschen. :-)

Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/Aktuell/02_2002/aktuell_02_2002.html


werner antwortete am 04.02.04 (23:05):

Wie lange werden wir wohl noch brauchen um von unserem Sockel herunterzukommen? Der Mensch hat sich die Welt untertan gemacht! Hihihi! Leute, wir leben auf einem mikroskopisch kleinem Sandkorn (wobei natürlich die naturwissenschaftlich Sicht der Dinge auch fragwürdig ist). Die Kellerassel hat sich dieses Körnchen schon längst unter den Nagel gerissen. Und wenn wir mal über kurz oder lang endlich ausgestorben sind, dann lacht sie sich ins Fäustchen (am Fäustchen muss sie noch arbeiten). Warum macht Ihr Euch Sorgen über die Zukunft? Warum macht sich niemand Sorgen um die Vergangenheit als, ich weiss nicht wieviel Milliarden von Jahren, dieses Körnchen Erde ohne uns auskommen musste? Wir sind ein Häufchen Moleküle, dass sich mit den bescheidenen 5 Sinnen die wir kennen, an unserer Umgebung erfreut. Manche werfen diese kleine Chance auch einfach weg, z.B. indem sie sich besaufen oder Gewalt gegen andere ausüben. Und da wir fast gar nichts wissen, sollten wir mit großartigen Begriffen wie Gott, vorsichtig umgehen und vor allem nicht versuchen, sie anderen aufzuzwingen.
Natur? Die Umgebung, die ich brauche um zu überleben, so lange es geht. Und wenns nicht geht. Naja, dann nicht.


Felix antwortete am 05.02.04 (00:38):

Aus vielen Beiträgen glaube ich immer noch eine Hypostasierung des Naturbegriffes herauszuhören. Darunter versteht man die Verdinglichung oder auch Personifizierung eines Begriffes.
<DIE NATUR> wird als Wesen betrachtet, die agieren kann. <Die Natur> bestraft uns Frevler oder kann mit Katastrophen zurückschlagen. <Die Natur> verfolgt ihre Bestimmung auch ohne den Menschen. Oder sie ist grausam oder verzeiht nie.
Ich habe postuliert: <Die Natur> existiert lediglich in unserer unscharfen Betrachtungsweise der Umwelt.
Erschwerend kommt dazu, dass wir nicht die objektive Wirklichkeit wahrnehmen können, sondern nur ein in unserer Denkstruktur repräsentiertes Modell, das durch die Wechselwirkung unserer Sinne mit der Aussenwelt entstanden ist.
Wenn ich das Beispiel von <DorisW> ... vom Stein, der mir auf den Fuss fällt .... analysiere, sieht es meiner Meinung nach etwa so aus:

Meine Sinnesorgane werden optisch, akustisch und taktil durch ein Ereignis gereizt. Je nach Erfahrungen und Lernprozessen, die ich bereits gemacht habe, sind im Gedächtnis modellhafte Reizkonfigurationen vorhanden, die mir ermöglichen das Objekt, das den Hintergrund in einer Abwärtsbewegung verdeckt, als das zu deuten, was ich sprachlich als <Stein> bezeichne. Details lassen sogar Schlüsse auf Grösse und Beschaffenheit dieses Objektes zu. Die Druck- und Schmerzrezeptoren meines getroffenen Fusses feuern ihrerseits Signale ins Gehirn, die z.B. eine Schmerzempfindung auslösen. Gleichzeitig wird mein Trommelfell in Schwingung versetzt, überträgt diese mit Hilfe der Hörorgane auf die Nervenbahnen und löst im akustischen Bereich meines Gehirnes eine Geräuschwahrnehmung aus, die mit früheren Erfahrungen verglichen als Aufprall eines harten Gegenstandes gedeutet wird. Diese Sinneswahrnehmungen stellen die subjektive Wirklichkeit dar.
Das objektive Geschehen kann ich nicht wahrnehmen.
Deshalb lässt sich die subjektive Wahrnehmung auch durch völlig unterschiedliche Reizsituationen auslösen. Ich denke da an alle Sinnestäuschungen, Halluzinationen, illusionären Verkennungen, Träume und inadäquate Reize.
Letztere könnt ihr testen, wenn ihr mit den Fingern auf die geschlossenen Augen drückt. Nach kurzer Zeit nimmt man optische Erscheinungen wahr. Helle oft farbige und bewegte Sinneseindrücke, obwohl kein Licht auf die Netzhaut gelangt ist. Mit dem Druck reizen wir die Rezeptoren. Diese leiten den Reiz ins Sehzentrum weiter und dieses kann eben nur mit einem optischen Sinneseindruck reagieren... also inadäquat!


Wolfgang antwortete am 05.02.04 (01:11):

Ganz richtig, Felix... Ich bin der Meinung, dass Natur etwas ist, was auch ausserhalb unseres Erkenntnisapparates und sogar voellig ohne uns existiert und wirken kann.

Was wir erkennen koennen, ist in der Tat nur ein (unser) Bild von der Natur. Aber, soviel wissen wir schon: Dass es ausser unserem Bild, das wir uns von der Natur machen, doch die Natur gibt.

Das naturwissenschaftliche Modell uebrigens, das per definitionem viele, wie ich meine die wichtigsten Dinge einfach ausblendet, ist wahrhaftig kein Bild, dem man ueber alle Massen, wie das leider laufend geschieht und ein Merkmal unserer Zeit ist, vertrauen sollte.

Das ist es ja gerade, warum der moderne Mensch so in die Bedrouille gekommen ist: Weil er sein Bild von der Natur, sein grobes Modell der Natur, das er sich zurechtgebastelt hat, mit der Natur gleichgesetzt hat.


mart antwortete am 05.02.04 (01:18):

Hypostasierung:

"Verdinglichung, Vergegenständlichung eines
bloss in Gedanken existierenden Begriffs" (aus: DROSDOWSKI 1990).

Ob das hier richtig in Bezug auf Um- und Mitwelt, Natur angewandt ist?

Oder sollen wir uns darüber unterhalten, ob es überhaupt eine reale Welt gibt?


julchen antwortete am 05.02.04 (05:59):

Natur ist wie eine Schlange ihre Beute zu Tode quetscht, ein Loewe ein Zebra erwuergt, und eine
Venus Fliegenfalle eine Fliege einsperrt und sich einverleibt.

Man kann sich ekeln vor sowas, aber es ist "natuerlicher" als die Natur zu Gunsten
Menschenerschaffener "Richtlinien" aendern zu wollen.

Natur is kein unbrauchbarer Begriff und ein einziger
Sturm, ein Erdbeben, oder eine Flut sollten uns
doch zu Gericht rufen, damit wir uns wieder dran erinnern dass wir der Natur GAR NICHTS vorschreiben,
sondern Ihr unterliegen in allen Aspekten unseres
Lebens.

Dies vorrausgesetzt dass dieses Thema echt um Natur geht und nicht um menschlich/kulturelle Auffassungen,
was Natur sein sollte.


DorisW antwortete am 05.02.04 (07:57):

Bredouille, Wolfgang, bitte...
;-)


Wolfgang antwortete am 05.02.04 (08:44):

Ja, danke, Doris... Ich lese zwar immer Korrektur, aber die eigenen Schreibfehler ueberliest man so leicht. :-( - Hier ist also das korrigierte Wort im Zusammenhang:

Das ist es ja gerade, warum der moderne Mensch so in die Bredouille gekommen ist: Weil er sein Bild von der Natur, sein grobes Modell der Natur, das er sich zurechtgebastelt hat, mit der Natur gleichgesetzt hat.


DorisW antwortete am 05.02.04 (09:07):

Es ist nur wegen deiner Vorbildfunktion in sprachlichen Dingen ;-)


Felix antwortete am 05.02.04 (11:12):

Hallo mart ..

du zweifelst meine Anwendung des Begriffs Hypostasierung an .... ohne Angabe von Gründen ... einfach prophylaktisch? Oder was passt dir nicht daran?


mart antwortete am 05.02.04 (12:32):

Ganz einfach, ich kannte das Wort nicht und fand diese Definition.
Nach dieser Definition finde ich einfach deine Anwendung dieses Begriffs falsch, da ich meine, Natur existiert auch unabhängig vom menschl. Verstand. Wenn du aber so etwas gemeint hast wie die Begriffe "Mutter Natur, Mutter Erde" dann stimmt es sicher.

Der Begriff "Natur" ist natürlich ein abstrakter Begriff, bei dem sehr unterschiedliche Vorstellung möglich sind.

Als Natur kann man all das bezeichnen, was nicht vom Menschen geschaffen wurde.
Der Begriff Natur bezieht sich auf belebte und unbelebte Objekte in der Natur.
Da der Mensch als biologisches Wesen selbstverständlich zur Natur gehört, allerdings durch sein Wirken gewaltige Veränderungen bewirkt hat, die wiederum den Menschen verändert haben, ergibt sich eine komplexes System, das relativ schwierig zu durchschauen ist. Diese Entwicklung setzte allerdings nicht erst in den letzten paar hundert Jahren ein, sondern ist seit dem Auftreten des modernen Menschen feststellbar. Ich habe früher Beispiele gegeben, wie selbst diese Frühmenschen mit ihren an heutigen Möglichkeiten geringen Möglichkeiten an der Ausrottung von Großtierarten beteiligt waren, was wiederum Auswirkungen auf den Menschen hatte, was wiederum Auswirkungen auf die Umwelt hatte, was.....

Die Verödung von Griechenland, die schon Plato auf die richtigen Ursachen zurückführte, die menschliche Tätigkeit in Ephesos, die einen blühenden Hafen zum Untergang verurteilte, die Entwicklung von Nordafrika, der einstigen Kornkammer des römischen Reiches sind nur die bekanntesten Beispiele, wo der Mensch mit seinen Möglichkeiten Natur zu verändern enden kann.

Die Schwierigkeiten mit diesen Begriffen ergeben sich m.E.aber daraus, daß mit unserem linear angelegten Denken kybernetische Vorgänge so schwer zu durchschauen und zu analysieren sind.


Was aber den "biologischen Anbau" betrifft, gibt es hier sehr genaue Beschreibungen, wann ein Produkt als "Bioprodukt" bezeichnet werden darf.


Felix antwortete am 05.02.04 (16:52):

@ smart

du sprichst hier ein semantisches Problem an. Begriffe existieren nie losgelöst vom sprachfähigen Lebewesen. Einem Sachverhalt mit genügender Invarianz wird im Laufe der Sprachentwicklung ein Begriff zugeordnet. Der auslösende Sachverhalt, der durch unzählige Sinneswahrnehmungen zur Bildung eines Begriffes geführt hat, bleibt als solches nicht wahrnehmbar. Einige Philosophen sprechen auch vom <Ding an sich>, das prinzipiell nicht erfahrbar bleibt.
Von Hypostasierung kann dann gesprochen werden, wenn ein Begriff, wie z.B. <das Schicksal>, <die Schöpfung> oder eben <die Natur> Eigenschaften eines Wesens zugeordnet bekommt. z.B. <Die Natur> agiert nach ihrer Gesetzlichkeit, schlägt zurück, ist grausam, kann bestrafen, geht ihre eigenen Wege, heilt Wunden etc.

Was könnt ihr mit dieser Aussage anfangen?
Es gehört eben zur Natur des Menschen, seinen Lebensraum so zu verändern, dass er seine Bedürfnisse besser und bequemer befriedigen kann!

Aber wie schon anfangs gesagt ... das Gleiche gilt auch für den Biber, der damit sein Biotop nachhaltig verändert.


BarbaraH antwortete am 05.02.04 (18:36):

Der Mensch sollte sich bei der Nutzung der Natur seiner Verantwortung bewusst sein. Ich bin mir nicht sicher, ob man das von einem Biber auch verlangen könnte.... :-)


mart antwortete am 05.02.04 (18:58):

Barbara, zu dieser allgemeinen Formulierung wirst Du allgemeine Zustimmung finden.

Aber da komplexe Zusammenhänge, nicht lineare Folgen etc. wird fast jedes Handeln und fast jede Forderung so und so argumentiert werden können. Wobei noch gar nicht die versch. Interessen, die hinter diesem Handeln und Forderungen stehen, die Rede ist.

Nimm nur als ein Beispiel das Problem der Raben und Krähen in Norddeutschland - hier stecken keine wirtschaftlichen Interessen dahinter sondern nur versch. Anschauungen von Menschen über die "Natur".


bernhard antwortete am 07.02.04 (13:41):

eingriffe in die natur sind schon mal nötig, natur ist nicht immer gleich "gut".

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,285394,00.html


juergen1 antwortete am 07.02.04 (15:56):

Sofia204:
"Macht euch die Erde (Natur) untertan"


Hmm, der "Typ" noch mehr Unsinn verbreitet. (angeblich)
Und die Meisten richten sich auch noch danach :-(


frieder antwortete am 08.02.04 (10:11):

Denn unfühlend
Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne
Über Bös`und Gute,
Und dem Verbrecher
Glänzen wie dem Besten,
Der Mond und die Sterne.

Das Göttliche
Johann Wolfgang von Goethe


Gudrun_D antwortete am 08.02.04 (11:35):


Schiller Friedrich von

Die Teilung der Erde

"Nehmt hin die Welt!" rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu. "Nehmt, sie soll euer sein!
Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen -
Doch teilt euch brüderlich darein!"

Da eilt', was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt.
Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.

Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
Der Abt wählt sich den edeln Firnewein,
Der König sperrt die Brücken und die Straßen
Und sprach: "Der Zehente ist mein."

Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,
Naht der Poet, er kam aus weiter Fern -
Ach! da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn!

"Weh mir! So soll denn ich allein von allen
Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?"
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen
Und warf sich hin vor Jovis Thron.

"Wenn du im Land der Träume dich verweilet",
Versetzt der Gott, "so hadre nicht mit mir.
Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?"
"Ich war", sprach der Poet, "bei dir."

Mein Auge hing an deinem Angesichte,
An deines Himmels Harmonie mein Ohr -
Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Irdische verlor!"

"Was tun?" spricht Zeus, "die Welt ist weggegeben,
Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
Willst du in meinem Himmel mit mir leben -
So oft du kommst, er soll dir offen sein."