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THEMA:   "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-44" - Eine Ausstellung geht zu Ende

 35 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 27.02.04 (11:52) mit folgendem Beitrag:

"Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-44" (s. Link) - so heisst Deutschlands wohl best besuchteste Veranstaltung. Acht Jahre lang gab es sie... Mit Hoehen und Tiefen, Auseinandersetzungen, handwerklichen Maengeln, Schliessung, Ueberarbeitung, Wiedereroeffnung...

Gezeigt wurde, dass die deutsche Wehrmacht integrierter und wichtiger Bestandteil der Voelkermordmaschinerie der HITLER-Bande war. Die haeufig und gern rezipierte Opferrolle des deutschen Soldaten war dahin. Als Taeter, als Moerder, mochten viele Deutsche 'ihre' Soldaten nicht sehen. Aber: Deren Morde waren beim besten Willen nicht mehr zu uebersehen

Als 'ganz normale Maenner' (CHRISTOPHER BROWNING) zogen sie (zum Teil begeistert oder zumindest freudig erregt) in den Krieg. Viele von ihnen wurden dann Kriegsverbrecher.

Starker Tobak fuer deutsche Seelen. Ich meine: Die Ausstellung war notwendig und erfolgreich (misst man Erfolg daran, dass verstaerkt ueber scheinbare Selbstverstaendlichkeiten nachgedacht wird).

Aktueller Anlass also, ein Fazit zu ziehen... Wie seht ihr diese Ausstellung ?

Internet-Tipp: https://www.verbrechen-der-wehrmacht.de/


BarbaraH antwortete am 27.02.04 (13:10):

Die Ausstellung zeigt, dass "Soldat sein" kein ganz normaler Beruf ist, dass durch Töten auf Befehl eine Verrohung entstehen kann. Wie sonst kann man es sich vorstellen, dass Männer in Uniform beim Erhängen ihrer Opfer und herumliegender gerade Erschossener freundlich und stolz in die Kamera blicken?

Ein Krieg ist kein rechtsfreier Raum, kein Freibrief zum Morden. Es gilt das Völkerrecht. Das verpflichtet u.a. zum Schutz der zivilen Bevölkerung des umkämpften Landes.

In der Ausstellung wird deutlich, dass sich Soldaten im Krieg als Menschen oder Unmenschen beweisen können. Es bleibt eine Gewissensentscheidung des Einzelnen, für die er später gerade zu stehen hat. Längst nicht alle Grausamkeiten geschahen auf Befehl von oben.

Die Ausstellung macht Schluss mit der alleinigen Schuldzuweisung auf einige wenige ganz oben. Es ist erschreckend, dass immer wieder ganz normale Menschen ohne Skrupel zu Verbrechern werden, wenn die entsprechenden Verhältnisse es ihnen ermöglichen.... auch heute noch.


bernhard antwortete am 27.02.04 (13:30):

auch heute gibt es claqueure des kriegs

Internet-Tipp: https://www.jungewelt.de/frameit.php?/1999/05-04/011.shtml


mart antwortete am 27.02.04 (13:37):

<<dass immer wieder ganz normale Menschen ohne Skrupel zu Verbrechern werden, wenn die entsprechenden Verhältnisse es ihnen ermöglichen.... auch heute noch.<<

Siehe heutige Terroranschläge, die die Zahl der unbeteiligten Opfer maximiert.


Felix antwortete am 27.02.04 (16:47):

Schliesslich gibt es auch hier im ST Forum Stimmen, die militärische Aktionen wie z.B. die der USA und ihrer Verbündeten im Irak oder die der Isrealitischen Armee gegen die Palästinenser zu rechtfertigen wissen ... obwohl unerlaubre Übergriffe auf die Zivilbevölkerung hinlänglich bekannt sind.
Dass Terroristen keinerlei Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nehmen, ist zwar genau so unentschuldbar wie bei regulären Truppen, entspricht aber eher der Denkweise dieser radikalisierten Draufgänger.

Noch heute läuft es mir kalt den Rücken hinunter, wenn ich an den selbsterlebten militärischen Schnickschnack zurüchdenke: Fahnenweihe, Feldgottesdienst, Vereidigung, Soldatenehre, Ehrengarde, Ehrenwache, Brevetierung, Verleihung von Auszeichnungen, Salutschüsse, Abdankung mit militärischen Ehren, Gedenkgottesdienste etc.
immer stramm auf Befehl ... in Achtung-Stellung ...

Wer denkt dabei schon an die Ausübung des Kriegshandwerks: Feuerüberfall, gezielter Einzelschuss aus dem Hinterhalt, Personenminen, Handgranate in den Unterstand, Genickschlag mit dem Schanzwerkzeug, Bajonettieren, Leiche vom Bajonett abstreifen, Fangschuss etc. dies alles und noch viel mehr wurde eintrainiert und quasi automatisiert!
Die meisten jungen Männer musste man nicht zwingen dazu ... viele machten sogar mit Begeisterung mit ... einige
musste man sogar von ihrem "Blutrausch" zurück in die Realität bringen.

Dazu kommt die strenge Hierarchie, eingedrillter Gehorsam bis zum unreflektierten Kadavergehorsam, die Befehlsgewalt und die Sanktionen bei einer Verweigerung.

Soldaten sind durchtrainierte Auftragskiller ... vergessen wir das nie.


schorsch antwortete am 27.02.04 (17:28):

Ich hatte es schon mal hier gesagt: Der Unterschied zwischen Mördern und Soldaten ist, dass die Soldaten eine Uniform tragen.......


juergen1 antwortete am 27.02.04 (18:33):

>> Der Unterschied zwischen Mördern und Soldaten ist, dass die Soldaten eine Uniform tragen...

... und immer nur die "Regierenden" stecken Menschen in Uniformen !

Auf sie mit Gebrüll !


ricardo antwortete am 27.02.04 (18:48):

ach schorsch
du warst im Unterscheiden noch nie besonders!
Also wat mich betrifft, bin ich immer noch lieber in Gesellschaft von Soldaten, als daß ich mich unter die verurteilten Mörder in irgendein Zuchthaus begebe.
Mord ist definiert nach dem StGb:
Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,einen Menschen tötet.

Natürlich kann auch ein Soldat einmal aus niederen Motiven einen Wehrlosen töten, aber das ist nicht die Regel.
Saddam und seine Söhne sind vielfache Mörder, sie haben perönlich gemordet und völlig wehrlose Menschen umgebracht.

Soldaten kämpfen im allgemeinen gegen Bewaffnete, die sich zur Wehr setzen.Das ist in keinem Fall ein Mord.Wird aber fälschlicher weise hier immer wieder behauptet.
Sind Gesetze deiner Meinung nach unnötig?


iustitia antwortete am 27.02.04 (21:31):

@ ja, ricardo:
auch: "mit gemeingefährlichen Mitteln.."
*
Deshalb dürfen zwar Soldaten nicht persönlich, namentlich, individuell als "potentielle Mörder" beschimpft werden - aber Soldaten in ihrer beruflichen, befehlsbedingten Funktion gekennzeichnet wohl.
? Wer weiß denn, wann und wo schon mal jemand wg. des Einsatzes "gemeingefährlicher Mittel" nach dem Mordparagrafen verurteilt wurde? Ja - in Deutschland..!�
*
Wer sich als Soldat ausbilden lässt (bei uns noch zwangsweise durch Rekrutierung), damit er - im Ernstfall - eben einen anderen, nicht persönlichen, sondern ihm politisch-militärisch diktierten Gegner schneller erledigen soll oder will, als der ihn selbst - muss wissen, dass er einen ode viele Menschen mordet. (Obwohl er sich das nicht ankucken muss; damit der Befehls-Mechanismus nicht gefährdet wird.)
Das steht im 5. Gebot schon; obwohl es damals natürlich nur für die Juden innerhalb ihres Volks auf ihrem Marsch durch die Wüste galt. Das gilt komischerweise noch heute so; obwohl alle Menschenrechtserklärungen es anders definiert haben.
Aber wer die theoretische Forderung des Tötungsverbots als Moral a u f g i b t, hat politisch gar keine Chance, aus der nationalen oder/und religiösen Mörderei rauszukommen.


ricardo antwortete am 27.02.04 (23:29):

@ iustizia
Du sprichst über etwas, das du nur aus deiner etwas seltsamen Perspektive betrachtest ,und aus Wut über die Unvollkommenheit der Welt.
Das Gesetz unterscheidet gottlob noch immer nach Motiven und es wird keine Handlung im Krieg geben, bei der nicht jede Seite der Armeen fest davon überzeugt ist, daß sie keinerlei Verbrechen begeht, sondern daß sie ihr Land verteidigt.
Deswegen kann man schließlich auch nicht ganze Armeen vor den Kadi stellen und wegen ihrer angeblichen Schandtaten zur Rechenschaft ziehen.

Du müßtest den Nachweis führen, daß ein jeder nach eigensüchtigen oder kriminellen Motiven gehandelt hat.
Wenn du das nicht anerkennen willst
ja wozu ist dann überhaupt ein Gesetz und ein Richter da?

Dann könnte ja jeder kommen und anklagen, verurteilen und die Welt wäre dann voller Gefängnisse. Man bräuchte ja keinerlei Qualifikation für den Beruf des Richters, nur ein gesundes Volksempfinden.
In dieser Weise haben sich etwa die Nazis über solche Kleinigkeiten wie Gesetze einfach hinweggesetzt und nach Belieben Todesurteile gefällt während des Krieges etwa 80.000.

Urteile sind aber keine leichte Sache!
Der arme Tucholsky würde sich bei euren Deutungen seines ominösen Satzes (Soldaten sind Mörder)noch im Grabe rumdrehen!


schorsch antwortete am 28.02.04 (08:11):

ricardo, für jeden Krieg braucht es erst mal einen Angreifer. Da die Oberen, die diesen Krieg wollen, ja nicht Mann gegen Mann stehen und sich zu töten versuchen, stecken sie Männer, die mit den Problemen, die die Oberen gegeneinander haben, gar nichts zutun haben wollen, in eine Uniform und sagen: "Du bist nun Kraft deiner Uniform ein Soldat, auserwählt, für die Ehre deines Vaterlandes zu kämpfen. Stürze dich auf den Feind und töte so viele Gegner als möglich. Solltest du im Kampfe selber sterben, ist dir ewige Ehre im Vaterland gewiss - du wirst zum Helden befördert - und man wird deiner Familie posthum eine Ehrenmedaille überreichen!"

ricardo, wo ist da noch der Unterschied vom "einfachen" Auftragsmörder, der gerade mal einen (1) "Feind" umbringt, den er gar nicht kennt, dafür Sold bekommt, und einem Soldaten, der seinen Feind auch nicht kennt, mit dem er im Urlaub vielleicht gar Skat gespielt hat, und den er nun im Auftrag eines Oberen seines Landes umbringen muss und dafür Sold bekommt?


jeanny antwortete am 28.02.04 (08:38):

mein vater hatte nur zwei brüder,

die wurden im letzten weltkrieg von den deutschen
zwangsrekrutiert.die eltern wollten,dass sie nicht hingehen,und sich verstecken.

da aber dann,die ganze familie umgesiedelt wurde,
die mutter sehr krank war,und sie das nicht überlebt hätte
gingen ihre jungs in den krieg.

beide wurden anscheinend im kessel bei königsberg
''aufgerieben''.
wahrscheinlich haben sie auf menschen geschossen,
und vielleicht auch einige getötet bevor sie starben.
sind das jetzt mörder !!!

für mich sind es eindeutig opfer.


ricardo antwortete am 28.02.04 (09:04):

schorsch
es tut mir leid wenn du da keinen Unterschied siehst,

Gottseidank macht die Justiz aller zivilisierten Länder diesen Unterschied überdeutlich!

Wie du erkennen müßtest, beleidigst du mit deiner Ansicht das Andenken an so viele im Krieg gebliebenen Menschen, , wie es jeanny hier deutlich macht.
Vielleicht solltest du an ihre Angehörigen denken!


Titus antwortete am 28.02.04 (11:01):

Der Titel dieser Ausstellung ist unzulässig und beleidigend für alle im Krieg umgekommenen deutschen Soldaten (der Begriff "gefallen" verharmlost den schrecklichen Tod im Krieg), die nur gegen andere, feindliche Soldaten kämpften und sich gegenüber der Zivilbevölkerung persönlich korrekt verhielten. Und hiervon gab es Viele.

Der Titel müßte daher lauten:"Verbrechen von Angehörigen der Wehrmacht.......".

Es gibt heute leider tatsächliche Kriegsverbrechen, Morde an Zivilisten, noch da zu an verwundeten (!) und das auch noch vor laufenden Kameras mit Triumpfgebrüll der uniformierten Täter. ("Panoram" 26.02.04 ARD).

Es wird hier wahrscheinlich keine Richter geben, da bin ich mir ziemlich sicher.


iustitia antwortete am 28.02.04 (11:01):

@ ricardo - Platzhirsch und Röhrling - im Totenwald, auf dem Ehrenfriedhof...
Nein - Antworten möchtst Du nicht auf konkrete Fragen! Du liest noch nicht mal die Differenzierungen durch, die das Verfassungsgericht (wie ich's wiedergeben habe)- gerade auch in Würdigung von etwa fünfzig Dichtern, Denkern, Philososphie, Juristen formuliert hat.
**** ricardo - der Edelmensch! Der Allein-Neandertaler, der die Zunft der Töter anführen will; pardon, was ist mit den Neandertalern passiert - so im Kampf?
Friedensrecht? Nein? Einstein wäre nicht dabei...? Ja, gegen Hitler hat er den Widerstand, den Krieg als Ausnahme mitgetragen. (hätte ich auch; wahrscheinlich auch gegen ricardos, wenn sie auffalen; vielleicht kastrieren.)
Du möchtest für Dich das Recht auf Kampf, auf Rache, auf männliche Gemeingefährlichkeit behalten - auch noch ausbauen?
Und d a s sollen andere akzeptieren - und juristisch und moralisch absegnen, d.h. auch als Opfer ertragen?
Nein, Du hast keinen der vier Aufsätze gelesen, die Tucho alleine zu dieser Frage geschrieben hat. Auch nicht seinen Text "Die leere Zelle"? Jedenfalls ihn nicht kapiert, weil Du nicht fähig bist, Dich in andere, besonders in Opfer reinzuversetzen. Bist ja selber Opfer - von Prügelei, irrationaler Iditotie (als Vernunft ausgegeben), Gefühlskälte. (Was Du gerne anderen zuschreibst.)
Und redest vom R o t i e r e n im G r a b - das DU bestimmst? Du bist ein Phrasenschei-, äh -schreiber.
Wahrscheinlich schei... Du auf Demoratie - und nimmst sie nur für Vorteile in Anspruch.


jeanny antwortete am 28.02.04 (11:22):

titus
...die nur gegen andere,feindliche soldaten kämpften
und sich gegenüber der zivilbevölkerung persönlich korrekt verhielten.....

da platzt mir der kragen.

ob unter anderen,die polen das auch so sehen ???


ricardo antwortete am 28.02.04 (11:28):

iustizia
Deine Beleidigungen verzeihe ich dir!
Zum Unterschied zu dir habe ich die Zeit Tucholskys noch erlebt
mit der Flucht meiner Familie aus Deutschland 1934.
Ansonsten bleibe ich bei meiner Ansicht.


Titus antwortete am 28.02.04 (11:35):

@jeanny,

aus einem ganzen Absatz nur ein paar Worte aus dem Zusammenhang zu reissen, macht keinen Sinn. Ich meine, daß mein erster Absatz komplett gelesen Deine Schlußfolgerung nicht bestätigt. Ich denke, daß ich ganz klar differenziert habe.


Tobias antwortete am 28.02.04 (11:42):

Eine Ausstellung die mehr als notwendig war. Die Staaten England und USA sollten nach ihren Angriffskriegen ihre Schandtaten auch so offenlegen.


Karl antwortete am 28.02.04 (13:05):

@ ricardo,


die heldenhaften Zeiten des Kampfes Mann gegen Mann sind längst vorbei. Getötet wird heute mit Knopfdruck und anonym. Ich bin sicher die Bomberpiloten, die Bomben werfen oder Raketen abfeuern, hätten Probleme mit dem Daumen Kleinkindern die Augen auszuquetschen oder brutal eigenhändig die Arme abzureißen. Sie verletzen, verstümmeln und töten "dank" moderner Technik anonym. "Nette Menschen", mit denen ich trotzdem nicht zusammensein möchte.

Die "Mörder" sind auch die Planer im Hintergrund.

Ich gebe justitia voll recht, wenn er schreibt: "Aber wer die theoretische Forderung des Tötungsverbots als Moral a u f g i b t, hat politisch gar keine Chance, aus der nationalen oder/und religiösen Mörderei rauszukommen." Wir sollten uns weiterentwickeln Ricardo.


ricardo antwortete am 28.02.04 (14:10):

@Karl
Kommentar völlig überflüssig.


iustitia antwortete am 28.02.04 (15:52):

Zwei historisch weit auseinander liegende Meinungen:

L i c h t e n b e r g:
Was der Soldat für ein Tier ist, sieht man deutlich aus dem gegenwärtigen Krieg. Er läßt sich gebrauchen, Freiheit festzusetzen, Freiheit zu unterdrücken, Könige zu stürzen, und auf dem Thron zu befestigen. Wider Frankreich, für Frankreich und wider Polen!
G.Ch. Lichtenberg in den �Sudelbüchern� (J 1182; 1789 -1793 geschrieben)
*
Tucho:
"Man hat ja noch niemals versucht, den Krieg ernsthaft zu bekämpfen. Man hat ja noch niemals alle Schulen und alle Kirchen, alle Kinos und alle Zeitungen für die Propaganda des Krieges gesperrt. Man weiß also gar nicht, wie eine Generation aussähe, die in der Luft eines gesunden und kampfesfreudigen, aber kriegsablehnenden Pazifismus aufgewachsen ist."
(Kurt Tucholsky 1931 in "Die brennende Lampe")


schorsch antwortete am 28.02.04 (16:28):

@ricardo

Stell dir vor: Da steht ein Zivilist in seiner Guten Stube und macht sich gerade daran, auf Geheiss seiner Generäle die Uniform anzuziehen. In diesem Moment wird die Eingangsgtüre aufgerissen und eine Horde "Feinde" dringt ein. Wenn sie ihn nun erschiessen noch bevor er die Uniform angezogen hat, ist er ein unschuldiges ziviles Opfer. Hat er aber Pech und die Uniform bereits am Leibe, dann ist er ja Soldat und darf folgerichtig als solcher erschossen werden.

Oder ab wann ist eigentlich ein Zivilist ein Soldat. Du wirst da gewiss eine Tabelle haben dazu?


ricardo antwortete am 28.02.04 (17:30):

schorschi
das ist spitzfindig!
und trifft überhaupt nicht den Kern der Sache.
Soldat sein ist ein Beruf wie jeder andere, und er kann einen Menschen zum Guten wie zum Bösen führen.
Tut doch nicht so, als ob ein Pazifiste stets der bessere Mensch ist.
Auch er unterliegt Regeln und kann u.a. wegen unterlassener Hilfe zur Verantwortung gezogen werden.
Ich werde meine Meinung nicht ändern und generell alle Soldaten zu Verbrechern erklären
Das ist nicht nur absurd, es ist auch unmoralisch.
Keine Universität würde einen solchen Unsinn als These zulassen.


mart antwortete am 28.02.04 (20:42):

<<Soldaten sind durchtrainierte Auftragskiller ... vergessen wir das nie.<<

Da meinem Vater seine Jugend in den Schützengräben des 1.Weltkrieg und seine besten Jahre im 2. Weltkrieg gestohlen worden sind, finde ich diese Beurteilung nun doch ein bißchen hart.

Es war nicht jeder ein Jägerstätter. (Dieser erst vor wenigen Jahren rehabilitierte Mann war ein österreichischer Kriegsdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg.)

Internet-Tipp: www.c3.hu/~bocs/jager-g.htm - 27k


ricardo antwortete am 28.02.04 (22:04):

Es würde mich hier einmal interessieren, wie ihr über den Obersten von Stauffenberg urteilt, der versucht hat der Tyrannei ein Ende zu setzen.
Ich kann mich gerade an diesen Tag des 20. Juli 1944 sehr genau erinnern, als mein Vater jubelnd rief: Er ist tot!
und dann die große Enttäuschung, als Hitler selbst im Radio sich meldete.
Wäre das Attentat damals gelungen, dies hätte vielen Menschen das Leben gerettet.
Für mich ist und bleibt er ein Held, der für unser Land etwas von der verlorenen Ehre gerettet hat
ebenso wie die Geschwister Scholl.


Karl antwortete am 29.02.04 (13:15):

Natürlich ist von Stauffenberg ein Held. Relativiert das die Verbrechen der Wehrmacht? Die Geschwister Scholl waren nicht in der Wehmacht soviel ich weiß.


ricardo antwortete am 29.02.04 (14:12):

Der Bruder von Sofie Scholl Hans wurde im Sommer 1942 zur Wehrmacht einberufen und an der Ostfront eingesetzt. Seine Erlebnisse dort haben ihn und die Schwester im Vorhaben gegen das Regime bestärkt.
Ich wollte damit ja nur die Definition der Mördersoldaten ad absurdum führen.
An keiner Universität würde eine solche These für eine historische oder moral- ethische Arbeit zugelassen.


Gudrun_D antwortete am 29.02.04 (14:13):

Jeder Soldat und jeder Nichtsoldat ist Mensch.
Und dieses "Menschsein" wird ihm durch militärischen Drill genommen.Er wird verpflichtet,den "Feind"=anderen Menschen um jeden Preis zu töten.
Ich denke gerade an den letzten Krieg,da unzählige Menschen z.B. bei Bombenangriffen getötet oder verstümmelt wurden.Niemand fragte danach,ob "Schuldige" oder Kinder unter den Opfern waren.
Die Sieger waren die gleichen Soldaten=Menschen,die nach Kriegsende Schokolade mitleidig verschenkten.
Wo war ihr menschliches Mitleid während ihres todbringenden Einsatzes?
Ich kann mich noch sehr gut an die ersten Stunden des Einmarsches der Sieger erinnern!Dröhnend fuhren die Panzer in den kleinen Ort,in den wir aus der zerbombten Stadt geflohen waren und hörten die fremden Laute,fürchteten uns,als Amerikaner,weisse und farbige,in unseren Keller kamen.
Doch,die Angst war umsonst!
Freundlich waren sie. Eigenartig war uns Kindern zumute,als dunkle Hände über unsere Köpfe strichen,uns Schokolade und Weissbrot gaben!
Wir waren so anders informiert worden!
Immer wieder hörten wir: By God,you must be not anxious!

Die Geschichte bringt ausreichend Berichte über kriegerische Auseinandersetzungen.Die Heldenverehrungen haben seit jeher einen besonderen Platz.
Leider!
Es ist allerhöchste Zeit,die Menschen anstatt zu Soldaten auszubilden,zur Menschlichkeit zu erziehen und zum gegenseitigen Verstehenwollen!

Dann würden dereinst keine "Helden" mehr benötigt,um zu töten .


iustitia antwortete am 29.02.04 (20:49):

Danke, ricardo, für Deine persönlichen Ergänzungen.
Sorry - beleidigen - nein, nicht! Obwohl ich, ich hab's nachgelesen, fuchtig geworden bin.
Es geht nicht um generelle "Verbrecher", zu denen "man" die Soldaten machen will - jedenfalls ich nicht. Mein Sohn ist zum Bund gegangen..., ja, okay...
Jedem Soldaten muss man die Gewissensprüfung abverlagen. Vorher - und nachher. Und: Frieden und Aggressionsbewältigung muss das Ziele nicht nur der "Verteidigungs"-Politik sein - sondern jeglicher Entwicklungs-Politik. Und Politiker müsste man sofort entlassen können, die ein negativ-biologistisches, pessimistisches Menschenbild haben oder es bei sich entwicklen (mit ihren Krämpfen). Warum sollten solche K ä m p f e r keine Politik machen dürfen.
Die alten Juden, die Israeliten, die entsühnten ihre Krieger, nach jedem Kampf. (Und vorher gaben sie ihnen Gelegenheit, mit Lust und Glück und Kindererfolg ein Jahr bei ihrer Frau zu sein, direkt nach der Hochzeit.)
*
Ja, Stauffenberg, einer der wichtigsten "Soldaten" des hoffentlich letzten Weltkriegs, ein Humanist. Und alle anderen soldatischen "Idioten" (Nichtdemokraten) fühlten sich durch einen Eid auf Hitler gebunden. Nicht mehr zu kapieren, heute...!


ricardo antwortete am 29.02.04 (22:54):

Iustitia
Danke für dein Verständnis.
Ich bin nicht etwa ein Freund des Krieges, aber ich lebe in der realen Welt und akzeptiere sie so wie sie ist, auch mit ihren Schattenseiten.
Weil ich ja auch selber welche habe.
Aber ich warne vor unrealistischem Idealismus, oft macht man die Welt eher schlechter, wenn man zu denVerbesserern gehört!
Guts Nächtle


Gudrun_D antwortete am 01.03.04 (00:10):

@ricardo

sicher kennst du den alten Spruch:
weltverbessern ist ein Ding,das schon jeder falsch anfing.

aber hinnehmen,was schon immer so war,nur um nichts besser machen oder dazu anregen zu wollen,kann fatale Auswirkungen haben!

Dann wäre auch jegliche Entwicklungshilfe,der Einsatz"Ärzte ohne Grenzen" und viele andere humane Einrichtungen umsonst.
Leben ohne gesunden Idealismus,sich darauf berufen,eigene Schattenseiten zu haben,und aus diesem Grund nicht versuchen zu wollen,anzuregen zum bessermachen und es auch vorzuleben,ist m.E. Egoismus und Bequemlichkeit.


ricardo antwortete am 01.03.04 (00:40):

Gudrun
Du hast nicht verstanden was ich gemeint habe.
Ich bin gerade der Zukunft gegenüber sehr aufgeschlossen und möchte daß der Forschung endlich mehr Freiheit gegeben wird.
Von Hinnehmen war nicht die Rede sondern vom Akzeptieren
der neuen Welt , die wesentlich besser ist als ihr Ruf.
Es geht um den Manichäer, der diese Welt als vom Teufel betrachtet und alles Geistige gegenüber dem Materiellen überschätzt, daher auch materielle Neuerungen verflucht.
Für mich gehört die moderne Technik, die Chemie, die Genforschung und die Kernphysik zur Natur, all das kann zum Guten genutzt werden.
Das meinte ich, ich bin für die Nutzung der Kernenergie.
sorry!


Gudrun_D antwortete am 01.03.04 (09:11):

ricardo

das sind deine Worte um 22:54

*Ich bin nicht etwa ein Freund des Krieges, aber ich lebe in der realen Welt und akzeptiere sie so wie sie ist, auch mit ihren Schattenseiten.
Weil ich ja auch selber welche habe.
Aber ich warne vor unrealistischem Idealismus, oft macht man die Welt eher schlechter, wenn man zu denVerbesserern gehört!*

um 00:40 schreibst du,an mich gerichtet:

*Für mich gehört die moderne Technik, die Chemie, die Genforschung und die Kernphysik zur Natur, all das kann zum Guten genutzt werden.
Das meinte ich, ich bin für die Nutzung der Kernenergie.*

Abgesehen davon,dass ich ein absoluter Gegner der Kernernergie bin,was haben beide Aussagen von dir miteinander zu tun?

In dieser Diskussion ging es doch um "Verbrechen der Wehrmacht etc"
und nicht um Forschung


BarbaraH antwortete am 03.03.04 (15:12):

Diese Ausstellung hat die Frage neu aufgeworfen, wie es zu einer derart "extrem gewalttätigen Gesellschaft" kommen konnte. In einem lesenswerten Artikel in der heutigen WELT (online zu lesen nach vorheriger kostenloser Anmeldung) wird der oft totgeschwiegenen Tatsache nachgegangen, dass wichtige Gegner Hitlers, die sogar am Attentat vom 20. Juli beteiligt waren, mitverantwortlich waren für Gewaltverbrechen an Millionen von Menschen:

DIE WELT vom 03.03.04
Verschwörer im Widerspruch
Einige der am 20. Juli beteiligten Oppositionellen waren für größte Gewalttaten mitverantwortlich
Artikel von Christian Gerlach

Der Artikel endet mit folgenden Worten:

>>Natürlich beteiligten sich beileibe nicht alle konservativen Oppositionellen gegen Hitler an Verbrechen, sondern nur kleine Gruppen, aber eben auch nicht unwichtige Personen. Das mag schmerzlich sein, lässt sich aber nicht aus der Welt schaffen. Ihre Mitwirkung trotz dokumentierter besonderer Resistenz, trotz aller Verdienste zeigt die Integrationskraft der NS-Ideen und den breiten Konsens über deutsche Interessen in einer extrem gewalttätigen Gesellschaft. Erst eine Gesellschaftsgeschichte, die rückhaltlos diese "extrem gewalttätige Gesellschaft" in allen Widersprüchen abzubilden versucht, könnte zeigen, welche Bevölkerungsgruppen warum Massengewalt hervorbrachten. Ohne bloß nach "Schwarz" und "Weiß" zu suchen, würde sie es auch erlauben, die Frage nach jenen neu aufzuwerfen, die sich der Massengewalt verweigerten oder entgegenstellten. Bei den Beteiligten des 20. Juli und darüber hinaus.<<

https://www.welt.de/data/2004/03/03/245708.html?s=1

Internet-Tipp: https://www.welt.de/data/2004/03/03/245708.html?s=1


ricardo antwortete am 04.03.04 (09:10):

Barbara
Totgeschwiegen war das keineswegs, aber in deutschen Darstellungen mußte man das suchen.
Das entspricht der Tendenz, den Widerstand zu relativieren und der Devise:
alle haben mitgemacht!
Auch Bonhoeffer hat sich nicht gerade positiv über die Juden geäussert.
Aber:
Für Zeitzeugen wie mich ist das irrelevant und sollte vor allem ohne Häme betrachtet werden.
Es wird noch viele Deutungen für die Entstehung dieser menschlichen Katastrophe des dritten Reiches geben, Ich empfehle hier ein Buch. "Die Zeit des Nationalsozialismus" von Michael Burleigh, einem britischen Historiker.
Für mich ist das Datum des 20. Juli 44 unvergessen als ein Tag der Hoffnung,Auch das Attentat des bis heute kaum bekannten Georg Elser am 11. Nov. 39 betrachte ich als ein wichtiges Ereignis in der deutschen Geschichte.
Lange Zeit noch galt Elser auch nach dem Krieg als Verräter, seine Anerkennung im Schatten der Stauffenbergs sollte noch kommen, so meine ich.