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THEMA:   Ist Hilfe für Behinderte immer hilfreich?

 23 Antwort(en).

rosi begann die Diskussion am 22.05.04 (18:34) :

Bin kerngesund, aber 100% behindert. Blind geboren, aber glücklicherweise durch viele Operationen auf einem Auge ein geringes Sehvermögen erhalten.
Konnte mich von Kind an daran gewöhnen und vieles durch andere Sinne ausgleichen. So hab ich mich eigentlich nie als Behinderte gefühlt.

Nun ist mit mir nach dem ST-Treffen in Würzburg etwas eigenartiges passiert. Alle haben sich rührend um mich bemüht, mich an die Hand genommen, wenn eine Stufe oder Treppe kam, die Speisekarte vorgelesen, vom Bahnhof abgeholt, wieder hin gebracht und Vieles mehr. Das war unwahrscheinlich wohltuend. Aber auf der Anderen Seite war plötzlich mein selbstwert Gefühl im Keller.
Aus lauter Wut über mich hab ich nach der Rückkehr zu Hause alle Türen, Fenster und auch Wände gestrichen. Nur um mir zu beweisen, dass ich noch was alleine kann. Danach ging es mir wieder besser.

Ich will damit sagen, dass es manchmal gar nicht so gut ist, Behinderten alles ab zu nehmen, oder zu viel Hilfe zu leisten. Es sei denn sie bitten darum. Bitte versteht das nicht falsch, ich will die Führsorge um mich nicht schmälern und Niemand vor den Kopf stoßen, war auch sehr dankbar. Aber so ein Minderwertigkeitsgefühl hatte ich bisher selten in meinem Leben. Ich weiß, dass es für nicht behinderte nicht so einfach das einzuschätzen und Jeder ist auch anders.

Würde gerne Eure Meinung dazu hören. Danke und Gruß Rosi

Internet-Tipp: https://rosi-home.de


lisa1 antwortete am 22.05.04 (18:45):

Hallo Rosi,

Deine Gefühle sind verständlich ,Dir wurde vieles abgenommen,auch Deine eigene Selbstständigkeit wurde angezweifelt-sicher nicht bewußt,sondern aus einem Gefühl der Hilflosigkeit.
Ich finde es sehr wichtig,daß Du dieses Thema aufgreifst !

L.G.Lisa1


jako antwortete am 22.05.04 (19:58):

Liebe Rosi,

ich kann nur sagen, wie ich mich verhalten würde und auch getan habe, als ich mich nur mühsam mit dem Stock bewegen konnte (kein Vergleich zu Deiner Behinderung wohlgemerkt).
Wenn ich keine Hilfe wünschte, habe ich dies vorsichtig, auch durch Gesten, geäußert. Wenn dies nicht bemerkt wurde, habe ich die Hilfe angenommen, denn der helfenden Person war es vielleicht ein Bedürfnis, mir Beistand zu leisten. In solchen Momenten kann ich sehr gut von meiner eigenen Person absehen. Meinem Selbstwertgefühl könnte dies nichts anhaben, denn ich weiß ja, dass ich auch alleine klarkomme.

Auch Du weißt es das nächste Mal und kannst vielleicht mit mehr Gelassenheit die Dinge über Dich ergehen lassen. Wichtig ist doch, dass diese Menschen es gut mit Dir meinen. D a s jedenfalls würde ich zu würdigen wissen. Stell dir vor, Dir würde das Gegenteil passieren und Du würdest nur Herzlosigkeit und Gleichgültigkeit erleben. Ich würde doch das kleinere Übel wählen.

Man kann sehr freundlich hilfsbereiten Menschen sagen: "danke, ist lieb von Dir, aber ich komme gut allein zurecht." Mit ein wenig Charme und einem Lächeln kommt das immer gut an. Und niemand muss sich betroffen fühlen.

LG

jako


Clasina antwortete am 22.05.04 (20:15):

Liebe Rosi
Bewundernswert,wie Du Deinen Alltag meisterst.
Ich bin mit einer Hüftluxation geboren,habe außerdem eine Skoliose,die man glücklicherweise äußerlich kaum sieht.
Meine Eltern haben mich behütet und betüddelt,
mir so gut wie alles abgenommen.Dadurch hatte ich sehr wenig Selbstwertgefühl.
Erst als ich meine 1.Arbeitstelle bekam,wurde das besser.
Richtig selbständig bin ich aber nie geworden.

Aber Deine Bekannten in Würzburg haben es gut gemeint.

Liebe Grüße von
Clasina


dirgni antwortete am 22.05.04 (23:45):

Hallo rosi,

das Richtige wäre natürlich, so viel Selbstständigkeit wie möglich und so viel Hilfe wie nötig.

Das Problem ist doch, daß Nichtbehinderte das auch nicht beurteilen können. Wenn wir uns darauf verlassen könnten, daß jeder der Hilfe braucht, sagt: "Jetzt reich mir Deine Hand" - dann wäre es einfach. Aber wir glauben doch immer, der Aufforderung zur Hilfe zuvorkommen zu müssen, um dem anderen das Bitte zu ersparen.

Ich habe seinerzeit, als meine sehbehinderte Schwiegermutter noch bei uns war, versucht meine Wohnung nach "Fallen" mit geschlossenen Augen zu durchforsten, nachzuempfinden, wie sie sich fühlt. Es ist mir nicht wirklich gelungen. Da sind so Kleinigkeiten, wie ein zierliches Weinglas, daß sie nicht greifen konnte - kein Problem sobald es erkannt ist, dann kann man Wein auch in einem robusten Wasserglas servieren. Das nur so als Beispiel.

Ich denke, Nichtbehinderte wollen natürlich helfen - aber dabei sind "sie behindert", weil sie nicht wirklich wissen wie und wann und wo.


rosi antwortete am 23.05.04 (00:57):

Hallo, ich danke Euch für die Antwaorten.

Ich hab mich vielleicht in einigen Punkten nicht richtig ausgedrückt. Es soll gar nicht so um mich gehen, es sollte nur ein Beispiel zur Darstellung sein, um was es mir geht. Ich komme schon klar damit. Hab nur an mir gemerkt, daß es auch an uns selbst liegt, Helfenden zu sagen, was ist sinnvoll, was hilft und was ist nötig um die Selbstständigkeit und Mobilität zu behalten und sogar zu erhöhen. Ich weiß schon, daß Alle es nur gut meinen.
Ich bin der Meinung, man sollte Behinderte so behandeln als wären sie wie Du selbst. Laßt uns ruhig mal auf die Fresse fallen. Das nächste mal hat man draus gelernt.


Babette antwortete am 23.05.04 (07:39):

also ich persönlich tu mir mit Behinderten sehr schwer. Gebe ich offen und ehrlich zu.
Denn ich weiss nie,
wollen sie meine Hilfe (die eigentlich für mich eine Selbstverständlichkeit sind)
oder soll ich über sie hinwegschauen (dann bekomm ich aber ein schlechtes Gewissen)
also, bleibt nur noch übrig zu fragen (kann dann aber auch wieder als Belästigung ausgelegt werden)

Somit finde ich es echt schwer, wenn man - wie ich - selten Kontakt zu Behinderten hat, das Richtige im richtigen Moment zu tun.

Was tun, Rosi???????????

Gruss Babette


schorsch antwortete am 23.05.04 (09:25):

Hier ein nicht allzu ernst zu nehmender Rat:

Ein kleines Plakätchen um den Hals hängen. Auf der einen Seite steht: "Ich benötige keine Hilfe." Auf der anderen Seite: "Bitte, kann mir jemand helfen?"

P.S. Wir sind alle irgendwie behindert. Die einen könnens nur besser kaschieren als andere!

PP.SS. Meine eigene Behinderung? Verrate ich nicht - sonst kann ich sie ja nicht mehr kaschieren!


Gudrun_D antwortete am 23.05.04 (09:36):

ist eigentlich ganz einfach:-))

bischen aufmerksam durchs Leben gehen,beobachten,ob jemand alleine zurecht kommt-unauffällig natürlich-und im Zweifelsfall fragen,ob Hilfe gewünscht wird.
Denk grade einige Jahre zurück,wollte meinem jüngsten Spross helfen,auf den Stuhl zu kommen-aber er sagte ganz energisch:tann anneine (kann alleine)
naja,hat ein bischen gedauert,einige Abrutscher,aber,er hats geschafft!
Ich denke mir-und weiss es sogar aus eigener Erfahrung-wenn man ein oder mehrere gesundheitliche oder körperliche Beeinträchtigungen hat,ist es ganz wichtig,soviel wie möglich alleine machen zu können.


Geli antwortete am 23.05.04 (09:45):

Seit längerem halte ich es so, wenn ich z.B. einem blinden Menschen begegne, dass ich erst einmal kurz schaue, wie er in der jeweiligen Situation zurechtkommt. Und dann frage ich meist: "Möchten Sie, dass ich Ihnen helfe?" Das ist bisher immer gut angekommen - manche haben die angebotene Hilfe angenommen, andere haben eben gesagt: "Danke, ich komme zurecht".


jako antwortete am 23.05.04 (10:41):

@Gudrun,

was Du erzählst erinnert mich an meinen Ältesten. Er war noch nicht zwei, da wollte er unbedingt lernen, seine Schuhe selber anzuziehen. Als ich ihm helfen wollte, wurde er maßlos wütend. Ich habe daraus gelernt, meinen Kindern nur dann zu helfen, wenn sie mich ausdrücklich darum baten. Das passierte komischerweise nie.

Der Wille allein klarzukommen ist uns vielleicht angeboren und sicher ist es auch für unser Seelenleben das beste, wenn wir uns unsere Selbständigkeit erhalten können. Ich erinnere meinen alten Vater, der sich jahrelang Insulin spritzen musste, auch als er kaum noch was sehen und nur mit der Lupe lesen und schreiben konnte. Angeblich soll er meistens daneben gespritzt haben (ich verstehe nichts davon), aber er wurde immerhin 86. Mit 82 fuhr er noch mit einem Frachtschiff nach Ägypten (er war unter anderem Forscher). Ich habe meinen Vater nie über seine Schmerzen oder Krankheiten (Behinderungen) klagen oder reden hören sondern er erzählte mir immer nur von allem, was ihn beschäftigte, woran er gerade arbeitete, die Bücher, die er las oder von seinen Gesprächen mit Freunden und Kollegen. Auch bei meiner Mutter war es nicht anders. Für beide war es selbstverständlich, mit ihrem Leben allein fertig zu werden.


chris antwortete am 23.05.04 (11:20):

Liebe Rosi,

die Hilfen, die wir Dir alle in Würzburg angeboten haben, haben wir "Alle" sehr gerne gemacht
und ich denke keiner hat Dich als Behinderte angesehen.

Du bist gerade für mich ein Beispiel dafür, dass man trotz aller Behinderung unternehmungslustig sein
kann. Ich habe nie auch nur eine Klage von Dir gehört und du machst so vieles auch gerade im PC-Bereich,
wo ich dich eigentlich sehr bewundere!

Du erlebst vielleicht im Moment eine Phase, wo Dir einiges bewusst wird, durch was auch immer,
aber deswegen bist Du doch immer noch der gleiche wertvolle Mensch, der Du für mich schon
immer warst!


Liebe Grüße

Chris


Felix antwortete am 23.05.04 (12:32):

Liebe Rosi,

ich bewundere dich, wie du dich selbstbewusst durch die Tücken des Alltags schlägst ... und andererseits verstehe ich dich allzugut, dass auch gutgemeinte Hilfeleistungen manchmal schmerzlich empfunden werden können.
Wie ich dir schon persönlich erzählt habe, erfuhr ich dieses Dilemma auch als meine durch ihre Krankheit reduzierte Margrit machmal meine Hilfe ausschlug um ihr Selbstwertgefühl zu bewahren. Es war für mich nicht einfach zuzusehen, wie sie sich unter Qualen abmühte eine sonst einfache Handlung selbständig zu machen.
Unauffällig hielt ich mich im Hintergrund bereit ... im Notfall einzugreifen.

Mein Prinzip ist das gleiche, wie das der Montessori-Pädagogik zugrunde gelegte:

<Hilf ... es selber zu machen!> Einfach gesagt ... aber in seiner Konsequenz nicht so leicht einzuhalten.

Sicher ist es gut ... dass wir das Problem erkennen ... indem wir darüber sprechen können.


bongoline antwortete am 23.05.04 (14:49):

Ein kleines Beispiel nur:

In Innsbruck wurde die Behindertenolympiade abgehalten. Zu dieser Zeit war es eine Gepflogenheit von mir, vor Bürobeginn zwei- oder dreimal die Skiabfahrt auf der Muttereralm zu machen. Ich hab die Ruhe am frühen Morgen genossen - aber eines Tages, da hörte ich Geschrei auf der Abfahrt wie "go go go" oder "right - left - go". Ich dachte mir, das darf doch nicht wahr sein. Als ich dann näher kam, sah ich zwei Skiläufer, der Vordermann schrie und der Hinterdreinfahrende hielt sich genau an die Anweisungen. An der Talstation dann hab ich mal angefragt, ob ich mich mit den beiden unterhalten kann. Meinte der Hinterdreinfahrende - aber gerne, nur bitte kein Mitleid. Es wurde eine angeregte Unterhaltung. Der Mann war Teilnehmer an der Olympiade, Mitglied des amerikanischen Teams und seit Geburt blind. Ich hab dann interessehalber die zweite Abfahrt mitgemacht und ich muß sagen, ich als sehende, wie oft ich irgendwo gezögert hab, wenn ich eine Eisplatte sah, wenn eine Bodenwelle da war. Der blinde Skiläufer ist ohne Hemmnis drüber hinweg. Für mich war das ein wunderbares Erlebnis und besonders die Selbstverständlichkeit, mit der dieser Mann seine Blindheit gelebt hat.

Seit dieser Begegnung gehe ich auf "sogenannte" Behinderte ganz anders zu, mir sehr oft vor Augen führend, daß manchmal der Nichtbehinderte weit mehr behindert ist.


eko antwortete am 23.05.04 (18:01):

Hallo Rosi,

ich kann verstehen, wenn Du Dich durch allzu große Fürsorge verunsichert fühlst.

Es ist schon so: Oftmals kann allzu große Hilfsbereitschaft auch lästig werden, besonders dann, wenn man sie eigentlich gar nicht braucht. Und nicht immer besitzen die ach so hilfsbereiten Mitmenschen auch soviel Einfühlungsvermögen, dass sie wissen, wo es genug ist.

Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung beim Zusammentreffen mit Dir nur sagen, dass ich mich manchmal gefragt habe: Ist die Rosi denn nun tatsächlich so schwer dran ? Du hast Dich immer mit Bravour durch"geschlagen". Nimms denen, die Dich so betütteln wollen, nicht übel.

Ich denke, da ist auch viel Selbstbewunderung mit dabei, denn es baut doch so schön auf, wenn man sich selbst bewundern kann, was man doch für ein guter und fürsorglicher Mensch ist.

Bleib, wie Du bist !

Liebe Grüße von

e k o

PS: Ach so: Und was diese Hilfsbereitschaft, auch unter dem Begriff "Helfersyndrom" bekannt, angeht, so wird man dies nie abstellen können, eben weil es den Helfenden so schön aufbaut. ;-))


schorsch antwortete am 23.05.04 (18:23):

Vor einigen Jahren hatte ich die Aufgabe, unseren dreijährigen Enkel zu hüten. Plötzlich sah ich, dass er bei einem Papiermesser die Klinge ausgefahren hatte. Vorsichtig sagte ich: "Gib mir schnell das messer - ich will es wiede reinfahren...."
"Selber machen!", sagte R. und wollte die Klinge mit der Handfläche in den Schaft drücken. Und schon spritzte Blut!

Einem Dreijährigen soll und muss man noch ungefragt helfen. Einen Erwachsenen aber bemuttern ist kontraproduktiv.


siria antwortete am 24.05.04 (11:16):

Zu diesem Thema möchte ich auch noch etwas sagen. Sicher habt ihr alle Recht, die ihr sagt, dass man nie wisse, ob Hilfe erwünscht sei oder nicht.
Geli macht es sicher richtig. Sie fragt: Möchten sie, dass ich ihnen helfe? Dann ist der Behinderte frei, ja oder nein zu sagen. So einfach ist es.

@rosi: Laßt uns ruhig mal auf die Fresse fallen. Das nächste mal hat man draus gelernt.

Nein, da pflichte ich dir nicht bei. Jedenfalls möchte ich alles tun, in Gesellschaft nicht "auf die Fresse" zu fallen, weil ich dann den andern den Tag verderbe. So ein Erlebnis, dass ein Behinderter hinfällt, geht einem in die Knochen und das kann lange anhalten. Auch gilt das sicher nicht für alle Behinderten, dass sie lieber umfallen, als Hilfe anzunehmen.

Allerdings: Wenn ich zu Besuch bin, und man fragt mich 20 Mal, ob ich auch gut sitze, oder ob vielleicht dieser STuhl besser sei als der andere, und wenn ich dann dreimal den Platz gewechselt habe, um den "behinderten" Gastgebern einen Gefallen zu tun, dann wird es auch mir zu viel.

Ich möchte auch nicht, dass man mir 10 Kissen rund um mich verteilt hinstopft, damit ich ja gut sitze. Meist tut man mir damit erst recht weh.

Ich sage bei der ersten "HIlfsattacke": Du, ich sage gern, wenn ich etwas brauche, aber sonst bitte kümmert euch nicht um mich. Ich liebe solche Aufmerksamkeit nicht.

Es sind aber auch immer die gleichen Leute, die mich so umsorgen, es sind auch die mit den taktlosesten Bemerkungen. Mein Gott, ist das traurig, mir tut nur dein Mann Leid! Und so weiter. Oder: Du kannst schon glücklich sein, dass du so einen guten Mann hast, ein anderer wäre schon lang weggelaufen!
Tut wohl, nicht wahr? Das scheint unmöglich zu sein, geschieht aber immer und immer wieder.
Drum: Verlasst euch drauf, dass Behinderte, die wirklich Hilfe brauchen, sich melden. Wenn ihr ganz sicher sein wollt, dann macht es wie Geli: Möchten Sie, dass ich Ihnen helfe?
Gestern hat mir ein Mann, der einen gelähmten Arm hat, eine gute Antwort gegeben: Ich sagte ihm, ich nähme an, er wolle keine Hilfe beim Anziehen des Jackets. Da sagte er: Nein, danke, ich habe schon allein genug Schwierigkeiten damit.


rosi antwortete am 24.05.04 (17:31):

@ Liebe siria

Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. So wie Du es beschreibst, würde ich es als gut empfinden. Das mit dem "auf die Fresse fallen" war eigendlich auch nur sinnbildlich gemeint.

@ Liebe bongoline.

Das beispiel von Dir war auch einprägsam.
So etwas ähnliches in einem anderen Bereich war auch für mich eines von vielen Schlüsselerlebnissen. Ich wurde vor 23 Jahren vom Blinden-und Sehschwachenverband für 3 Wochen in ein Ehohlungsheim geschickt. der damalige Leiter dort war voll blind und hatte die Stadt Wernigerode noch nie gesehen, kannte also Alles nur durch Erzählungen. Trorzdem hat er mit uns am ersten Tag einen imponierenden Stadtrundgang mit Führung im Schloß unternommen. Hat Alles bis in die kleinsten Details beschrieben. Das war für mich der Auslöser, mich auch als Reiseleiter und Stadtführer ausbilden zu lassen, da ich gerade zu dem Zeitpunkt nach Meinung der Ärzte meinen Beruf als Ingenieeur nicht mehr ausüben sollte. Ich glaube es ging recht gut, denn dieses Vorbild hat mir viel Selbstvertrauen gegeben.

Auch für alle anderen Beiträge möchte ich mich bedanken. Ich denke er hilft, mit Behinderten richtig umzugehen.

Gruß an Alle Rosi


simaja antwortete am 24.05.04 (21:04):

rosi ich versteh dich super gut. ich (43 kern gesund ) möchte auch nicht zu betuttelt werden, auch nicht wenn ich krank bin, auch nicht nach eienr OP... ich will auch soweit alles alleine machen.

oft sind menschen so übertrieben hilfsbereit, wos gar nicht angebracht ist.weil die meisten hilflos gegenüber krankheiten/behinderten sind.


schorsch antwortete am 24.05.04 (22:28):

Ich erinnere mich, dass im Krieg, als bei Luftangriffen die Stadt total im Dunkeln lag, in London Blinde als Führer durch Nacht und Nebel halfen.


rosi antwortete am 25.05.04 (10:34):

@ Ja schorsch, das funktioniert hervorragend. Blinde prägen sich ihre Umwelt ganz anders ein, speichern das im Kopf und können sich gut auch im Dunkeln bewegen.

Ich war mal mit einer Gruppe in einem Hotel, in dem plötzlich am Abend ein kompletter Stromausfall war. Wir waren gerade auf dem Weg zum Speisesaal. Ich rief, faßt Euch an, bildet eine Kette und dann brauchte ich nur sagen, jetzt gerade aus, dann rechts um die Ecke, danach eine Treffe mit 10 Stufen und dann wieder gerade aus. Dann ging zum Glück das Licht wieder an und wir waren im Speisesaal. Da haben sich schon Einige gewundert, wie das geht, denn als gut Sehender braucht man sich solche Dinge nicht zu merken.


mart antwortete am 25.05.04 (11:24):

"Welch Paradoxie, über das Nicht-Sehen, das Sehen neu zu lernen.

"Aus diesem Spannungsverhältnis entstand "DIALOG IM DUNKELN", eine Ausstellung, die versucht, die Vorstellungen und die nicht visuellen Wahrnehmungen blinder Menschen zum Ausgangspunkt zu nehmen, um das Unsichtbare in uns und um uns zu entdecken.

"DIALOG IM DUNKELN" ist sicherlich keine "normale" Ausstellung. Es ist weit mehr eine Plattform zur Kommunikation und zum interessierten Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen, um einen Perspektivenwechsel zu wagen und um Erfahrungen zu machen, ohne belehrt zu werden.

Das Konzept von "DIALOG IM DUNKELN" wurde bisher in vierzehn Ländern in Europa, Nordamerika und Japan gezeigt. Immer begleiten blinde Guides die Besucher durch völlig abgedunkelte Räume, die szenisch gestaltet sind. Als Parklandschaft, als belebte Straßenkreuzung, Galerie, Wohnraum oder Bar.

Die Idee, im lichtlosen Raum das Sehen neu zu lernen, hat inzwischen Schule gemacht. Ob als eine wochenlange Ausstellung in Museen oder als dreistündiger Bestandteil von Managementtrainings - wo auch immer der "DIALOG IM DUNKELN" in den vergangenen 13 Jahren realisiert wurde, entwickelte er sich in kürzester Zeit zu einem Publikumsmagneten.

14 Länder, ca. 100 Städte und rund 1.000.000 begeisterte Besucher sind die Bilanz. In Hamburg ankert die international erfolgreiche Ausstellung nun für drei Jahre in der Speicherstadt und ist Teil eines Aktionsprogramms zur Integration behinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt. Hier werden überwiegend blinde und sehbehinderte Menschen den Besuchern im Dunkeln die Augen öffnen und Ihnen eine Welt zeigen, die nicht ärmer ist, aber anders.
Vertrautes wird verkehrt, Selbstverständliches in Frage gestellt. Man wird sich einem wildfremden Menschen anvertrauen und sein Gehör, Geruch oder Geschmack ganz neu entdecken. Alltägliche Situationen wie ein Spaziergang durch einen erholsamen Park oder die laute Stadt werden in absolut lichtlosen Räumen auf völlig neue Weise erfahrbar. Eine einfache Bootsfahrt wird zu einem unglaublichen Abenteuer."



Ich und unzählige andere besonders junge Menschen und Schüler haben diese "Ausstellung" besucht und so im realistischen Erfahren von Dunkelheit die Welt und die Welt der Sehbehinderten von einer neuen Perspektive kennengelernt.

Internet-Tipp: https://www.natko.de/magazin/dialog.php?wert=0


mart antwortete am 25.05.04 (11:25):

"Welch Paradoxie, über das Nicht-Sehen, das Sehen neu zu lernen.

"Aus diesem Spannungsverhältnis entstand "DIALOG IM DUNKELN", eine Ausstellung, die versucht, die Vorstellungen und die nicht visuellen Wahrnehmungen blinder Menschen zum Ausgangspunkt zu nehmen, um das Unsichtbare in uns und um uns zu entdecken.

"DIALOG IM DUNKELN" ist sicherlich keine "normale" Ausstellung. Es ist weit mehr eine Plattform zur Kommunikation und zum interessierten Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen, um einen Perspektivenwechsel zu wagen und um Erfahrungen zu machen, ohne belehrt zu werden.

Das Konzept von "DIALOG IM DUNKELN" wurde bisher in vierzehn Ländern in Europa, Nordamerika und Japan gezeigt. Immer begleiten blinde Guides die Besucher durch völlig abgedunkelte Räume, die szenisch gestaltet sind. Als Parklandschaft, als belebte Straßenkreuzung, Galerie, Wohnraum oder Bar.

Die Idee, im lichtlosen Raum das Sehen neu zu lernen, hat inzwischen Schule gemacht. Ob als eine wochenlange Ausstellung in Museen oder als dreistündiger Bestandteil von Managementtrainings - wo auch immer der "DIALOG IM DUNKELN" in den vergangenen 13 Jahren realisiert wurde, entwickelte er sich in kürzester Zeit zu einem Publikumsmagneten.

14 Länder, ca. 100 Städte und rund 1.000.000 begeisterte Besucher sind die Bilanz. In Hamburg ankert die international erfolgreiche Ausstellung nun für drei Jahre in der Speicherstadt und ist Teil eines Aktionsprogramms zur Integration behinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt. Hier werden überwiegend blinde und sehbehinderte Menschen den Besuchern im Dunkeln die Augen öffnen und Ihnen eine Welt zeigen, die nicht ärmer ist, aber anders.
Vertrautes wird verkehrt, Selbstverständliches in Frage gestellt. Man wird sich einem wildfremden Menschen anvertrauen und sein Gehör, Geruch oder Geschmack ganz neu entdecken. Alltägliche Situationen wie ein Spaziergang durch einen erholsamen Park oder die laute Stadt werden in absolut lichtlosen Räumen auf völlig neue Weise erfahrbar. Eine einfache Bootsfahrt wird zu einem unglaublichen Abenteuer."



Ich und unzählige andere besonders junge Menschen und Schüler haben diese "Ausstellung" besucht und so im realistischen Erfahren von Dunkelheit die Welt und die Welt der Sehbehinderten von einer neuen Perspektive kennengelernt.

Internet-Tipp: https://www.natko.de/magazin/dialog.php?wert=0


rosi antwortete am 25.05.04 (15:08):

@ Liebe mart

Das sollten sich wirklich Viele mal anschauen. Ist recht eindrucksvoll. In Berlin gibt es z.B. eine Gatsstätte, völlig verdunkelt und man wird von Blinden bedient. Zunächst an seinen Platz begleitet, die Speisekarte wird vorgelesen und dann kommt das Essen. Es wird einem noch gesagt, Fleisch mit Soße liegt auf der 12, die Kartoffeln auf der 6 und das Gemüse auf der 3 und 9, also der Teller als Uhr. Mit ein wenig Übung kommt jeder damit klar.

Auch die Berliner Fahrlehrer dürfen das erleben. Der Berliner Blinden- und Sehgeschädigten Verband veranstaltet so alle 2 Jahre "Autofahren für Blinde" neben einem Fahrlehrer auf einem still gelegten Flugplatz oder auf dem Parkplatz des Olympiastadions durch. Bevor wir ran dürfen, wurden den Fahrlehrern die Augen verbunden und sie mußten dann unter Anleitung eines Kollegen blind die Runde drehen, um sich selbst vorzustellen wie es den Blinden dabei geht. Macht unheimlich viel Spaß und bisher sind keine Zusammenstöße erfolgt.