Nachfolgend in stark verkürzter Form einige chronologisch geordnete Eindrücke, zu denen mich eure Geschichten, auch mein persönliches Erleben inspiriert hat.

*80er Jahre: Nebelkerzenzeit

*Anfang 90er: Junge Leute spielen wie wahnsinnig mit CommodoreC64, nix für uns

*Mitte der 90er Jahre: 50 Jährige und älter quälen sich auf Anweisung ihres Abteilungsleiters, der selbst Computer-Terminals meidet wie der Teufel das Weihwasser, an solchen, die an ein Rechenzentrum angeschlossen sind.
Der Markt versucht, Personalcomputer und Apple-Computer anstelle von dezentralen Terminals unter die Leute zu bringen, für Privatpersonen werden abgespeckte Homecompter angeboten, die Jugend greift zügig zu, kostet Eltern und Grosselteren eine Stange Geld

*96/97: Jetzt gehts Schlag auf Schlag: Die ersten Senioren(45 bis 85) werden in den Fachgeschäften wie Vobis gesichtet, wo sie sich in die Schlangen der jungen Leute einreihen, um ebenfalls einen PC mit Zubehör zu erwerben, nachdem dies eine Stunde dauert, wissen sie durch die Gespräche der jungen untereinander ein wenig besser, was sie eigentlich kaufen sollen. Sie legen schon mal 2000 DM hin, zittern vor dem Auspacken, Anschliessen, den Büchern, vor allem!
Besonders Mutige haben das Gefühl, sie müssten anderen, die noch nicht den ersten Schritt getan haben, zeigen, was sie schon alles können, gründen erste Seniorentreffpunkte.
Gleichzeitig wird das Internet, auch von der Post=DatexJ angeboten mit einem 1200baud Modem, Wahnsinn.

*98/99: jetzt wirds ganz schlimm, im TV heisst es immer häufiger: weitere Informationen siehe https://www.msnbc.... etwa.
Die PC-Verweigerer unter den Senioren (40+) weigern sich, soweit sie nicht dienstlich müssen, am PC was gutes zu finden, das Sperrfeuer heisst: brauch ich nicht, kann ich nicht, ist zu teuer, hab keinen Platz, die PC'ler sind blöde Leute.
Ein Teil dieser scheinbar blöden Leute eröffnet entweder auf eigene Faust, oder mit anderen zusammen(Institute bis auf UNI-ULM schlafen noch tief und fest) Gruppentreffen, Internetportale, für 50+ Menschen, die irrlichtern.

*ab 2000: nun sorgt der Jahrtausendvirus und die Angst vor dem www-Zusammenbruch dafür, dass Hinz und Kunz irgendwas über PC's wissen, die Abwehrfront bröckelt, da junge Leute ihre ersten uralten PC's(mehr als zwei Jahre) bei ihren Eltern oder Grosseltern abladen. Sie zeigen ihnen am PC in einer Stunde soviel, wofür man einen 8 Wochen Lehrgang brauchen würde(für uns Ältere etwa 12 Wochen). Die so informierten schlafen drei Nächte nicht, in der vierten versuchen sie sich, ohne dass der Lebenspartner es merkt, zitternd am PC, versuchen zu rekonstruieren, was ihnen vor drei Tagen gezeigt wurde.
Erste Kontakaufnahme mit Älteren in der gleichen Lage, mit Büchern, mit Hotlines, durch Herumstehen und Mithören in Computer-Läden. Es ist zum Verrücktwerden, was man alles beachten müsste, ganz zu schweigen von den anderen Älteren, die ja schon gewusst haben, dass das Blödsinn ist, selber Schuld!. Was für ein Motivationsschub.

*Und und und

*2030: Wehmütig erinnern sich einige Hundertjährige an die goldenen Zeiten des PC-Einstiegs um die Jahrtausenwende, wo es noch Trojaner, MS und ein elend langsames Netz gab, das sich Internet nannte.
Es gibt keine PC's mehr, egal wo man geht und steht, man kann immer Infos aufrufen, mit jedem Menschen im All innerhalb von Sekunden kommunizieren(brrrrr)

Das Mitwachsen mit technischen Entwicklungen ist wohl ein generelles Problem, nicht auf die Computerwelt beschränkt, da aber wegen der komplexen Zusammenhänge besonders deutlich sichtbar.

Der Faden von Jürgen lässt sich auch noch weiter zurückverfolgen, wenn er von Abteilungsleitern spricht, die Terminals meiden: Noch im Jahre 1965 beklagte sich bei mir der EDV-Abteilungsleiter � damals oft noch �Lochkartenabteilung� genannt � einer großen Versicherung darüber, daß alles nun auf Magnetbändern gespeichert sei und er dort die Löcher der Karten nicht mehr sehen könne � wer weiß heute noch, was ein Magnetband ist? Auch ich selber war total verunsichert, als auf einmal die Lochkarten abgeschafft wurden und ich keine Ahnung hatte, wie man in einen Computer noch Daten hineinbringen könne, und sei es vor allem, um das Ding zum Anlaufen zu bringen!

Ich meine, Ältere leiden unter einer teilweise beträchtlichen Hemmschwelle, und man kann da nur sagen: Haut nur kräftig in die Tasten, probiert, was auch immer Euch Spaß macht, kaputt machen könnt Ihr nichts am Gerät, das überlasst getrost den Experten, die können das!

Der Leidensdruck für Ältere wird durch nicht selten zu hörende herablassende Behandlung durch Kinder und Enkel verstärkt, die endlich mal Eltern oder Oma und Opa zeigen können, was eine Harke ist. Das Abladen veralteter Computer, wie Jürgen das erwähnt, dazu mit mangelnder, wenig einfühlsamer Anleitung vom kaum mit didaktischen Fähigkeiten ausgestatteten Nachwuchs gehört dazu. Kontakt zu und Beratung durch Altersgenossen wird daher oft vorgezogen, sofern sich solche finden, die nun ihrerseits nicht wieder den kleinen Computergott spielen.

Herrlich juergen, Deine Recherche oder wie ich es sonst nennen soll!

Ich hatte das "Glück", weit weg von meinen Kindern zu leben, die über PC�s sowieso nur die Nase rümpfen. Sie schwören auf Apple-Computer und mit dem Internet wollen sie auch nix zu tun haben. Da macht dann Muttern jahrelange Überzeugungsarbeit, sodass nun einer der Söhne nicht genug vom Recherchieren bekommt und der andere EBAY-süchtíg ist. Aber bis zur eigenen Homepage haben sie es immer noch nicht geschafft, obwohl sie eine eigene Firma haben. Auch hier wieder nur Naserümpfen. Sei zu teuer und so. Komisch, sagt Mutter, ich hab außer einer kleinen monatlichen Gebühr, noch nie was für meine Pages ausgegeben. Und davon geistern so einige im Netz herum.
Aber Muttern ist ja weise und hält sich raus.
Sollen die Jungen doch machen was sie wollen. W i r Oldies mit unseren oft mageren Renten waren da um einiges cleverer. Alles andere habt Ihr schon geschrieben.

ich fand das auch herrlich zu lesen - mein Arbeiten am PC ist mit "mühsam ernährt sich das Eichhörnchen" zu umschreiben, man müßte in Würzburg leben, ja dann wäre ich Spezialist :-)))

2040:
Die Menschen bevorzugen wieder die Rauchzeichen am Horizont.

Eine Nostalgiewelle überschwemmt das Land.
Die Regierung verbietet die Kommunikation mit dem PC.
Es gibt nur noch Untergrund-Netze.
Meine Enkel sind dabei :-)))))))

@ jürgenschmidt: "...Anfang 90er: Junge Leute spielen wie wahnsinnig mit CommodoreC64, nix für uns..."

Einspruch euer Ehren: Ich war um die 50 als ich mit einem C64 angefangen habe. ER hat mich geprägt......

Ist schon ein Glück - dass keiner der Kritiker hier mir meinen Schreibrechner lahm legen kann.
*
Vorsicht! Das Zitat hier ist nicht gegen die der Ironie mächtigen Schreibgenoss(inn)en gerichtet:
"Ich versichere Ihnen, die Dummheit hat einen bestimmten Geruch, der von ihr selber ausgeht. Der Mensch braucht gar nicht erst zu sprechen."
(Jules Renard (1864-1910), ein französischer Aphoristiker und Erzähler höchst einfacher, naturnaher Momente; ich bin aber überzeugt, dass er auch heute seine Manuskripte im Netz ode per Diskette übermitteln würde.)
Für die meisten genügt also die affekt- und geruchsfrei Datenleitung...?

"Ich versichere Ihnen, die Dummheit hat einen bestimmten Geruch, der von ihr selber ausgeht. Der Mensch braucht gar nicht erst zu sprechen."

Wie gut, daß mein Geruchssinn so schlecht entwickelt ist, oder riechen dumme Menschen alle gleich, sodaß ich aus diesem Grund nichts rieche?:-))

Ob ich mich wohl deshalb ab und zu selber nicht riechen mag....? ):--((((