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THEMA:   Zelebrieren von Gedenktagen anstelle stillem Gedenken

 11 Antwort(en).

juergenschmidb begann die Diskussion am 19.07.04 (11:43) :

ich weiss nicht, ich habe zu Gedenktagen, wie z.B. dem 20.Juli keine Beziehung, auch zu politischen Denkmalen wie Siegessäulen, Napoleon-Statuen etc.
Insbesonders dann, wenn es sich um Gedenken an Gewalt(iges) handelt.
Hitler war mit seiner Gefolgschaft, zeitweise mindestens die Hälfte der Deutschen, sicher ein Schwerverbrecher, wie Mao, Stalin, etc.
Ich kann aber dem nichts abgewinnen, dass man Attentate an sich, auch aus edelsten Motiven geschehene, quasi verherrlicht. Stille Erinnerung würde reichen, wie bei vielen anderen Ereignissen, die an Schreckliches aus der Vergangenheit erinnern, auch.


Medea. antwortete am 19.07.04 (11:54):

Mit der "Stillen Ehrung" ist das so eine Sache .....
Die wenigstens würden es tun, wäre es ihnen allein überlassen.
So muß leider "Gegen das Vergessen" dann und wann erinnert werden. In welcher Form das geschieht, ist wohl vom jeweiligen Zeitgeist abhängig.


rolf antwortete am 19.07.04 (12:11):

Gönn doch wenigstens den Hunden die Säulen, Jürgen, Bäume werden ja immer seltener.


iustitia antwortete am 19.07.04 (15:18):

"Stilles Gedenken" - das hieße Schweigen, Vergessen, Nicht-Wissen-was-Tun, Wie-was-anders-sich-entwickeln-lassen!
*
Über die Nibelungen, über Hermann den Deutschen, über die Kämpfer vor und in Troja - da wird geschwätzt, philosophiert - in hunderten von "Forschungen", von Theorien, von Romanen, in Filmen, in Alltagsgerede, fast immer von Laien-Geschichtlern.
*
H i e r liegt die deutsche Geschichte nahe, dass ich weiß, ich wurde noch während des "Dritten Reiches" geboren; für diesen "Begriff" haben wir kaum einen anderen griffigen Namen (als den von Hitler und den willigen, gehorsamen Verbrechern propagierten).
Da lohnt sich schon nachzudenken.
Übrigens auch darüber, wo und wann und wie und unter welchen furchtbaren Umständen denn das grundgesetzliche Widerstandsrecht in Form einer Aktion (eines Attentats?) nötig werden könnte (hoffentlich natürlich nicht real!) - das heißt: Wir können es ja verhindern, unmöglich machen.
No problems.... - mit der Geschichte, genauer: Historie von den todesmutigen Märtyrern, die nicht mehr mitmachen wollten unter dem Kommando des "gottgeschützten", "mutigen", irren Adolf??? (Er kriegte zum Überleben Glückwünsche von Bischöfen!!)


schorsch antwortete am 19.07.04 (17:50):

Ja, lieber juergenschmidb, auch mir ist es ein Gräuel und ich platze fast vor Eifersucht, dass dereinst für mich keine Erinnerungssäule stehen wird! (;--))))


hugo1 antwortete am 19.07.04 (19:11):

,,,?? Stille Erinnerung würde reichen ???
da möcht ich zu bestimmten Ereignissen sagen, jaa es reicht, genug gelabert, genug in den Schmutz getreten, genug glorifiziert,,,
aber,,nun sag mir einer, wovon sollen dann die Medien leben, worüber sollen die Historiker lauthals berichten die Romaneschreiber ihre Themen hernehmen, Politiker vom wichtigen Tagesgeschehen und Ihren Verfehlungen ablenken.Was wär die Flmindustrie ohne die mehr oder weniger wahrheitsgetreue dutzendfache Verfilmung schrecklichster Ereignisse,,
Da passen stille Gedenken an Große Tage Ereignisse
und Personen der Vergangenheit keinesfalls in die heutige -Alles muss zu Geld gemacht werden Mentalität-
,,,und die subjektive Betrachtung, persönliche Einstellung, die Beziehung oder Bindung zu bestimmten Ereignissen läßt schnell Dinge in der eigenen Betrachtungsweise hervortreten, die ein Anderer als für Ihn total unwesentlich, unwichtig und nichtig und damit deren Hervorhebung, aufdrängend, unpassend
, ja sogar bedrückend empfinden wird.
Die wirklich wichtigen Ereignisse und die damit im Zusammenhang stehenden Führungspersonen sollten wenigstens während der Schulzeit in den Geschichtsbüchern und den Fachbüchern Beachtung finden,,nur entscheiden wer für uns wichtig ist, wer für mich wichtig ist, ob Einstein oder Kübelböck, hmmm dürfte nicht ganz einfach sein und die Toleranzgrenzen vieler Bürger strapazieren *gg*


schorsch antwortete am 20.07.04 (10:10):

Was wäre die Christenheit ohne Ostern und Weihnachten!? Und das dazu gehörende Ereignis fand doch vor 2000 Jahren statt.....


juergenschmidb antwortete am 20.07.04 (11:17):

Weihnachten und ähnliche "Gedenken" sollten nicht ohne Zelebrierung ablaufen, ich meinte, das verstand auch jeder, Dinge wie den 20.Juli, 3.Oktober, Landung in der Normandie.
Vergessen ist ohnehin kaum aufzuhalten, sonst müssten z.B. die Nachfolger der Römer, die Italiener oft feiern,die Siege etwa, bei der Eroberung der "Welt", die Engländer den Geburtstag von Elisabeth II, auch wenn sie mal nicht mehr lebt, etc.
Dagegen find ich, ist ja alles persönlich, einen Tag der Arbeit zu "feiern" schon noch o.k., solange die meisten Staaten der Welt noch einen grossen Unterschied praktizieren zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Aber das ist eine andere Geschichte, kann hier nicht debattiert werden.


rolf antwortete am 20.07.04 (11:45):

"Weihnachten und ähnliche "Gedenken" sollten nicht ohne Zelebrierung ablaufen," daß meint auch der Einzelhandel, der sich diese Geschäfte bestimmt nicht entgehen lassen wird.


jo antwortete am 20.07.04 (12:33):

Vielleicht wäre es sinnvoll, zwischen Daten, Ereignissen und Personen zu unterscheiden? Auch antiker Persönlichkeiten dürfte gedacht werden, sie haben den Grundstein für unsere Kultur gelegt. Man muss ja nicht gleich in tiefer Andacht versinken, weil Aristoteles oder Euklid nicht mehr unter uns weilt! Also nicht nur Kriege und Siege, sondern auch der Satz des Pythagoras wird noch heute - denke ich doch wenigstens - in der Schule zelebriert.


iustitia antwortete am 21.07.04 (09:57):

Widerstands-g e i s t:
Ich habe mich oft gefragt, warum in den Abschiedsbriefen von Widerstandkämpfern gegen Hitler und seine Verbrecher, von Todeskandidaten, die auf die Hinrichtung warteten, so viel menschliches Vertrauen soviel Gläubigkeit, soviel Hoffnung ausging...
Hier ein Beispiel, überliefert durch den Gefängnispfarrer Harald Poelchau (1903-1972). Poelchau war seit 1933 evangelischer Gefängnispfarrer in Tegel. Er hat viele Gefangene, die aus politischen Gründen zum Tode verurteilt waren, auf ihrem letzten Weg begleitet, vor allem in der Hinrichtungsstätte Berlin-Plötzensee, später auch im Zuchthaus Brandenburg-Goerden. Fast allen Angehörigen der Roten Kapelle, vielen Mitgliedern des Kreisauer Kreises, dem er übrigens selbst angehörte, und zahlreichen anderen Gegnern des Regimes stand er in deren letzten Stunden bei. Vielen Gefangenen habe er, so sagten es später die wenigen Überlebenden oder die Angehörigen der Opfer, in den letzten schweren Stunden geholfen und ihnen in unmenschlicher Umgebung einen Rest von Menschlichkeit gegeben. Seine Erinnerungen an diese Jahre sind ein bewegendes Dokument über den Widerstand gegen Hitler und dessen Regime.

Walther H u s e m a n n s Abschiedsbrief an den Vater Fritz wird als Dokument eines Revolutionärs weiterleben:

"Mein lieber Vater! Sei stark! Ich sterbe, als wie ich gelebt habe. Ich leide nicht, Vater, glaub mir das. Ich gönne keinem, mich schwach zu sehen, das ist die letzte Aufgabe, die ich mir gestellt habe. Erweise Dich Deines Sohnes würdig. Überwinde den Schmerz. Ich habe nichts zu bereuen im Leben, höchstens, nicht genug getan zu haben. Ach Vater, Vater, Du Lieber, Guter! Wenn ich nicht fürchten müsste, dass Du unter meinem Tod zusammenbrichst! Hart bleiben, hart, hart. Beweise jetzt, dass Du aus innerstem Herzen Dein Leben lang Klassenkämpfer warst. Ich sterbe leicht, weil ich weiß, warum ich sterben muss. Die mich töten, werden in nicht so langer Zeit einen schwereren Tod haben. Das ist meine Überzeugung. Hart bleiben, Vater! Hart! Nicht nachgeben! Denk in jeder schwachen Stunde an diese letzte Forderung Deines Sohnes Walter."

Internet-Tipp: https://www.bundestag.de/cgi-bin/druck.pl?N=parlament


iustitia antwortete am 21.07.04 (09:59):

Widerstandgeist Teil 2 - Harald Poelchau

Harald Poelchau war nach dem Krieg an Reformbemühungen im Strafvollzug der Sowjetischen Besatzungszone beteiligt. Er ist aber dann bald wieder an "seinen Ort", an das Gefängnis in Tegel zurückgekehrt. Später wurde er Sozialpfarrer bei Bischof Dibelius und Mitglied in der kirchlichen Sozialkammer. Am 29. April 1972 ist er gestorben. Im Rückblick auf die NS-Zeit hat er sich gefragt, was ihm die Arbeit in diesem Mordsystem bedeutete. Seine Antwort war eindeutig:
"Je länger ich meinen Beruf ausübte, umso stärker spürte ich: Das hier ist meine Stelle, meine Aufgabe. Und als dann die reifen und wertvollen Menschen, die geistigen und politischen Widerstandskämpfer meine Hilfe brauchten, begriff ich, dass nicht ich allein der gebende Teil war. Sie gaben mir, in ihren letzten Stunden vor dem Tode, das Letzte und Innerste an Menschentum.

Die Schau des menschlichen Lebens mit allen seinen Hintergründen danke ich den Opfern. Sie hatten aus ihrem Gewissen heraus gelebt und waren für die Freiheit des Gewissens gestorben. Sobald zwischen uns klar wurde, es ginge nicht um Formen und Dogmen, sondern um die Frage des Gewissens, fielen zwischen uns die Hemmungen der Konvention, des Ehrgeizes, der Rücksicht. Wir waren uns nah."
*
Vgl. den Bericht �Ein stiller Kämpfer�. Harald Poelchau, Pfarrer im Gefängnis Tegel, half den Inhaftierten des Nazi-Regimes. Eine Erinnerung zum 100. Geburtstag
Zeit 41/2003.Von Klaus Harpprecht
URL: https://zeus.zeit.de/text/2003/41/Poelchau

Internet-Tipp: https://zeus.zeit.de/text/2003/41/Poelchau