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THEMA:   Arbeitslosigkeit muss nicht sein

 3 Antwort(en).

Pierre Helmer begann die Diskussion am 20.07.00 (12:56) mit folgendem Beitrag:


Arbeitslosigkeit, ein vermeidbares Problem.

In Europa sind Anfang 2000 mindestens 18 Millionen Menschen ohne Arbeit. Die hierdurch entstehenden Kosten lähmen die Wirtschaft und machen den Standort Europa je nach Staat mehr oder weniger uninteressant für die Mehrzahl der Unternehmen. Wir sind heute in einer sich nach unten, ins schlechtere drehenden Spirale, denn diese Situation schafft immer neue Arbeitslose und ist in absehbarer Zeit nicht mehr kontrollierbar. Hier liegt ein gefährlicher Zündstoff für Unruhen aller Art.

Dabei gibt es Möglichkeiten, den Lauf der Dinge umzudrehen, neue Arbeitsplätze zu schaf-fen, damit die Kosten zu reduzieren und Europa wettbewerbsfähig zu machen.

Mit ca. 4 000 000 Arbeitslosen, Kurzarbeiter nicht eingerechnet, gibt es gute Gründe, eine wesentliche Verbesserung anzustreben und zu erreichen.

Der erste Schritt.

Es scheint sich abzuzeichnen, daß ca. 2.500 000 Arbeitslose heute nicht mehr zu vermitteln sind. Sie entsprechen mit ihrer Ausbildung den heutigen Anforderungen nicht mehr, denn der ungelernte Arbeiter, der ältere Arbeiter wird von den Unternehmen zusehends durch Ma-schinen ersetzt, die nicht krank werden, nicht streiken und keine Lohnforderungen stellen. Daß diese Maschinen Pannen haben, schnell überholt sind und dann mit hohem Aufwand ersetzt werden müssen, zählt dabei sichtlich nicht.

Um diesem Bevölkerungsteil Arbeit und Lohn zu besorgen, sind wesentliche, mutige Ent-scheidungen auf Regierungsebene zu fällen. Leider aber sehen die Mehrzahl unserer Politi-ker ihre Hauptaufgabe mehr im Gewinnen von Wahlen als in mutigen, vielleicht zunächst unpopulären �nderungen.

Für diese kaum mehr zu vermittelnden Arbeitslosen sind Gesetze zu schaffen, die in den Bereichen:
Sicherheit, �kologie und Dienstleistungen

liegen.

Überall, wo die freie Marktwirtschaft zur Perversität wird, muß der Gesetzgeber ein-greifen.

1. Beispiel: Keine Selbstbedienungstankstellen mehr.
Pro 3 Zapfsäulen ist ein Mitarbeiter einzustellen ist, der den Kunden den Tank füllt, die Rei-fen und den �lstand kontrolliert, die Scheiben und Scheinwerfer putzt, Scheibenreiniger und Kühlflüssigkeit nachfüllt etc. Hier geht es um Sicherheit und Komfort. Die entstehenden Kos-ten scheinen bei kaum mehr als einem Pfennig pro Liter Treibstoff zu liegen. Gleichzeitig sollte der Kraftstoffverkauf an Supermärkten eingeschränkt oder ganz aufgegeben werden.
Der Schreiber dieser Zeilen braucht ca. 40 Liter Treibstoff pro Woche, bei 1,3 Pfennigen pro Liter sind das 0,52 DM, die ich gerne bezahle wenn ich mir weder die Hände beschmutze noch mich mit der Preßluft und dem Waschen der Scheiben aufhalten muß, zu meiner eige-nen Sicherheit beitrage und dabei auch noch mithelfe, die Arbeitslosigkeit zu verringern.

Ziel: in Deutschland können mit dieser Entscheidung mind. 150 000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

2. Beispiel: Sicherheit in den Wohnbereichen und Siedlungen.
Früher gab es den Hausbesorger, heute sollten in allen großen Häusern und Siedlungen wieder Hausmeister/in gesetzlich vorgeschrieben werden, die nicht nur für die Sicherheit aller Bewohner, sondern auch für die kleine und schnelle Hilfe zuständig werden sollen. Der Krea-tivität sind keine Grenzen gesetzt, zum Beispiel können ohne Schwierigkeiten alte Wohn-häuser , die nicht jedes einen Hausmeister brauchen, sich zusammenschließen etc. Kosten sind pro qm umzulegen.
Damit sind die Risiken in den großen Wohnblocks gemildert, und kein alter Mensch braucht dann Angst zu haben, allein und hilflos in seiner Wohnung zu liegen.
Ziel: Mindestens 250 000 Arbeitsplätze.

3. Beispiel: Lebensqualität in Stadt und Land.
Diese hängt von dem Gefühl der Sicherheit und der Sauberkeit, den Pflanzen , Blumen und Bäumen in unseren Gemeinden ab. Das zusätzliche Einstellen eines Gemeindearbeiters pro 500 Einwohner könnte eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen.

4. Beispiel: �kologie
Da wir bei der Abfallvermeidung noch weit von den Zielen entfernt sind, die notwendig sind um eine �saubere� Gesellschaft zu werden, können in diesem Bereich Arbeitsplätze bei der Abfallentsorgung und auch der Abfallvermeidung geschaffen werden.

5. Beispiel: Dienstleistungen aller Art.

Wenn auf jedem Bahnhof wieder Gepäckträger (Komfort und Sicherheit) zur Verfügung ste-hen, deren Kosten von der Bundesbahn auf die Fahrpreise umgelegt werden,
wenn in den Warenhäusern mehr Dienstleistungen vorgeschrieben würden,
wenn wie in anderen Ländern der EU Pflegeversicherungen für Pflegebedürftigte eingeführt werden, dann können neue Firmen entstehen, die diese Art von Dienstleistungen bringen.
Diese Liste ist fast unendlich fortzusetzen.
Grundsätzlich ist die private Firmengründung ein wesentlicher Faktor für Arbeitsplatzbeschaf-fung.

Alle diese Vorschläge kosten Geld, sind auf die Allgemeinheit umzulegen, aber am Ende billiger als ein Heer von Arbeitslosen.

Grundgedanke ist es nicht, kleine, schlecht bezahlte Jobs zu schaffen, sondern 2-3 000 000 Menschen wieder Arbeit zu geben, die auf Grund ihrer fehlenden oder ungenügenden Aus-bildung auf dem Markt sonst nicht vermittelt werden können.
Die Zusatzausbildung und Umschulung dieser ehemaligen Arbeitslosen scheint kein Prob-lem, ein Rest von nicht vermittelbaren Arbeitslose wird es wohl immer geben.


Der zweite Schritt

Mit unserem Ausbildungssystem schaffen wir ununterbrochen neue Arbeitslose. Wir wissen, das 50% aller Arbeitsplätze des Jahres 2020 heute noch nicht existieren, daß also die Men-schen, die zur Zeit in der Ausbildung stehen, in den nächsten Jahren das Heer der Unver-mittelbaren vergrößern werden. Die Angst der jungen Menschen in der Ausbildung, keinen vernünftigen Arbeitsplatz zu finden, motiviert kaum, die Ausbildung schnell abzuschließen.

Sicher gibt es noch kein Allheilmittel, aber die Zukunftsforscher können mit ihren Fähigkeiten auf Regierungsebene eingesetzt werden, um jährlich Voraussagen zu entwickeln über die Veränderung des Arbeitsplatzangebots in den nächsten 10, 15, 20 Jahren. Dann könnte das Risiko abgemildert werden, daß ein junger Mensch sich aus den Träumen seiner Jugend heraus für eine Ausbildung entscheidet, die keinerlei Zukunftschancen hat. Will dieser junge Mensch nun trotzdem den Traumberuf erlernen, so muß er wissen, daß er beim Scheitern seiner Karriere nicht auf staatliche Hilfe rechnen kann. Niemand sollte in einem solchen Fall daran gehindert werden, eine private Arbeitslosenversicherung abzuschließen. Nur der All-gemeinheit darf er dann nicht zur Last fallen. So kann vermieden werden, daß es eine �rzte- oder Apothekerschwemme gibt, daß Sekretärinnen ohne zukunftsorientierte EDV Kenntnisse ausgebildet werden usw.

Es scheint genau so wichtig, die lebenslange Fortbildung als unvermeidlich zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Die Zukunft


Der erste Schritt muß sicher durch harte Gesetze erzwungen werden, damit drehen wir aber die abwärts gerichtete Spirale um, schaffen neue produktive Arbeit mit, wenn auch vielleicht geringen Sozialbeiträgen, statt nur Sozialkosten zu bezahlen. Später allerdings stellt sich eine neue Verhaltensform der Menschen ein, an nichts gewöhnt man sich so schnell wie an den Komfort, und erhält damit die Bereitschaft weiter Kreise, für die Sicherheit, die �kologie und die Dienstleistung (Komfort) zu bezahlen.

Wir werden unseren Lebensstandard in der heutigen Form nicht halten können, seit 1998 ist er für etwa 25% unserer Bürger geschrumpft, dieser Prozentsatz wird sich weiter erhöhen. Die Renten steigen nicht mit den Lebenshaltungskosten, was für weitere 20 % der Bevölke-rung Einschränkungen bringt.

Wenn wir uns auf die Realität einstellen, ist die Umkehr in einen neue Prosperität möglich, die sich wesentlich und positiv von der Vergangenheit unterscheiden wird. Dazu allerdings braucht es Mut, den unsere Politiker gleich welcher Farbe heute so sehr vermissen lassen.


Pierre Helmer


s.birkenhof antwortete am 31.07.00 (15:32):

wie recht du hast! keiner kann und wird dir wohl widerssprechen. realitaet ist aber auch,keiner,der zwischen aldi und lidl hin und her pendelt um das guenstigste angebot zu erwischen,denkt in dem moment an arbeitslose! einige vielleicht noch an den schnell erreichbaren tante- emmaladen um die ecke,der leider gerade schliessen musste,weil er teurer einkaufen muss,als
die kunden die ware im supermarkt erhalten. und was die tankstellen angeht,so liegt es sicher nicht an den besitzern oder paechtern,dass kein personal zusaetzlich angestellt wird-bessser gesagt-werden kann,weil der reingewinn zu gering ist.der gewinn bleibt doch bei den ach so armen multis,
die behaupten,ja nur ruecklagen bilden
zu muessen(natuerlich alles nur zum nutzen der kunden)!
all deine sicher guten vorschlaege beduerften also eines gesetzes.wer aber von den politikern sollte daran interessiert sein? die rechten sicher
nicht(hoechstens jetzt in der oposition)
-zu nahe stehen sie dem grosskapital-
und die linken nunmehr auch nicht mehr,
sie haben mit dem kapital frieden geschlossen,und preiserhoehungen bringen keine waehlerstimmen!
dabei wuerde jede neue arbeitsstelle ,neben dem wegfall von sozialhilfe,zu-saetzlich unsere renten u. krankenkassen
fuellen. dazu kaemen noch die von dir genannten angenehmen nebenwirkungen-nicht nur fuer uns aelteren buerger-mehr
hilfe und auch sicherheit!


Pierre Helmer antwortete am 01.08.00 (10:26):

Danke für Dein Interesse. Ein Beispiel unter vielen: Eier kosten bei uns heute weniger als vor 20 Jahren. Nur weil wir billig einkaufen wollen werden Tiere gequält. Diese Liste kann beliebig fortgesetzt werden.

Liebe Grüße Pierre


Günter Peltz antwortete am 12.09.00 (11:29):

Ein altes Bonmot: Henry Ford I unterhielt sich mit einem Gewerkschafter:"Siehst Du, diese Maschinen zahlen keine Gewerkschaftsbeiträge!" Der Funktionär: Aber, kaufen Sie auch Deine Autos?"