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THEMA:   "Körperwelten"

 10 Antwort(en).

Ursula J. begann die Diskussion am 11.02.01 (10:21) mit folgendem Beitrag:

Am 10. Februar wurde in Berlin die Wanderausstellung "Körperwelten" eröffnet. Schon am Eröffnungstag kamen Tausende zur Ausstellung.
Ich frage (mich): Sind die präparierten Leichen Kunstobjekte oder ein Verstoß gegen die Menschlichkeit?
Mich würden andere Meinungen dazu sehr interessieren.


Heidi Lachnitt antwortete am 11.02.01 (10:33):

Für mich ist diese Ausstellung an Perversion nicht mehr zu überbieten.

Nichts gegen die Darstellung präparierter Körper zu Studienzwecken. Aber diese "künstlerisch" aufzupeppen, damit möglichst viele Neugierige die Ausstellung besuchen....?


Gerda Bruhn antwortete am 11.02.01 (11:37):

Diese Ausstellung gab es vor Jahren in Wien und ich bin ganz der Meinung von Heidi. Wir wissen es: Kunst muß nicht schön sein, sie soll auch aufrütteln. In der Tat fand diese Ausstellung sehr hohen Anklang und was mich dabei schmerzt, ist der Umstand, daß meine Kollegen/innen, mit denen ich gemeinsam dort war (alle aus dem Sozialbereich), diese Zur-Schau-Stellung faszinierend, lehrreich, ästhetisch fanden.Die Höhepunkte des Lebens, das Leben selbst (zu dem ja auch der Tod gehört) werden zu "künst"-lichen Objekten drapiert und wertlos gemacht. Schöne neue Welt, in der es keine Tabus mehr gibt!
Gruß, Gerda


Paul Glässer antwortete am 11.02.01 (14:46):

Ich haben die Ausstellung in Mannheim besucht und fand sie sehr informativ.


Wolfgang antwortete am 11.02.01 (17:52):

Hier kann man sich über die Ausstellung "Körperwelten" online informieren:

Institut für Plastination
https://www.plastination.com/

Prof. Gunther von Hagens' Körperwelten
https://www.koerperwelten.com/

P.S.: Ich lese, dass es dort sogar einen Ausstellungs-Shop gibt. Wer will, kann sich zum Beispiel ein Mousepad besorgen mit niedlichen menschlichen Plastinaten aufgedruckt. *schüttel*

(Internet-Tipp: https://www.koerperwelten.com/)


Ursula Trautmann antwortete am 15.02.01 (23:45):

Es ist für eine Gesellschaft gefährlich, den Respekt vor dem Tod und dem Toten zu verlieren . Bald wird jeder Totenkult negiert! Es passt natürlich in diese Welt! Nur die Jugend zählt! Das Alter wird verschwiegen und weggeschminkt oder wegoperiert! Wann wird weggeschlossen???? Wann dürfen alte und gebrechliche oder Menschen mit einem Körperschaden nicht mehr in die �ffentlichkeit? All diese Fragen tuen sich auf, wenn wir den Respekt verlieren!! Ich glaube diese Ausstellung Körperwelten ist ein Schritt in diese Richtung! Mir macht das Sorgen und Bauchschmerzen! Ich werde nicht hingehen! Die Idee zu Ausstellungszwecken einen Körper zu Präparieren ist mir ungeheuerlich! Mit Leichen eine Show zu machen, einfach schrecklich!!


Ursula J. antwortete am 17.02.01 (16:39):

Ich schließe mich dem meiner Vorrednerin an, möchte noch bemerken, daß das Bedürfnis unsterblich zu sein sehr verbreitet ist. Und wie man hört melden sich täglich zirka fünf Leute, die ihre Leiche anbieten, um zum Plastinat zu werden.
Wie werden diese Plastinate mal entsorgt? Der Kreislauf wird doch hierbei unterbrochen. Die Leichen werden weder zu Asche, noch zu Erde.
Früher wurden "mißgebildete" Menschen im Zirkus für Geld zur Schau gestellt. Das verbietet uns inzwischen der Anstand/Verstand.
Leichen als Schauobjekte empfinde ich genau so schrecklich.


Bueno antwortete am 27.02.01 (13:51):

Leichen sind Dinge, die an den Verstorbenen erinnern, wie Fotos oder Denkmäler. Nach meinem Tod bin ich nicht meine Leiche. Was mit ihr geschieht, betrifft mich nicht mehr.
Und: in uns Menschen hineinzusehen, ist doch allemal faszinierend, in unseren Geist ganz besonders, aber auch in unseren Körper !
Ich grüße euch,
Bueno


Gerda Bruhn antwortete am 02.03.01 (17:11):

Ganz Deiner Meinung, Bueno,nur sind für mich auch Leichen Formen des Lebens, vor dem ich große Achtung habe. Für die Wissenschaft mag so manches erforderlich sein. Aber nur aus Jux oder um zu provozieren daran herumzubasteln, das gefällt mir nicht. Mag sein, nur deshalb, weil ich das Leise, ohne Firlefanz, weil echt, bevorzuge.
Liebe Grüße!


Sieghard antwortete am 02.03.01 (19:04):


Körperwelten erlebte ich vor ca. drei Jahren.

16. November 1997, Sonntag. Im Mannheimer "Landesmuseum für Technik
und Arbeit" ist eine Ausstellung "Körperwelten, Einblicke in den mensch-
lichen Körper" zu sehen. Ein Anatom namens Gunter von Hagens hat ge-
sunde und kranke Leichen mit Hilfe der Plastination konserviert, einem
Vakuumverfahren, bei dem das Körperwasser durch Spezialkunststoffe
ersetzt wird. Die Körper sind trocken und geruchsfrei. Es sind 18 Ganz-
körper zu sehen: Muskeln sind abgetrennt, Knochen freigelegt, Haut ab-
gezogen, Eingeweide rausgenommen; Skelett, Fleischfasern, Nervenbah-
nen, Adern und Sehnenstränge sind deutlich sichtbar. Ich sehe in die Kör-
per hinein, bis in die letzten, sonst im Dunkel verborgenen Zonen. Bei
einer im fünften Monat schwangeren Frau sehe ich, wie tief im Bauch-
Beckenraum das Kind liegt, mit den Füßchen nach oben, das Köpfchen
liegt ganz nach unten gewendet, und es ist noch sehr klein. Bei den
Männerkörpern sehe ich öfter, wie die Hoden einzeln an langen Bändern
hängen und Raucherlungen, grau-schwarz verteert. Es liegen in vielen
Vitrinen auch einzelne Körperorgane: Lungen, Lebern, Mägen, der gesam-
te Darmtrakt, Herzen, Hauptschlagadern, Hirne. Bisweilen sind sie durch
Krankheiten teilweise zerstört. Es gibt auch eine Vitrine mit Embryonen,
Kindern, die nicht lebensfähig gewesen wären. Ich kann hier als Laie nicht
alles genau aufführen.

Und mein Eindruck??
Entsetzt war ich nicht, aber zuerst war mir etwas gruselig. Jedoch von
Exponat zu Exponat - es waren ca. 200 an der Zahl - schwand dieses
Grusel-Gefühl und eine große, interessierte Sachlichkeit gewann die
Oberhand. Ich konnte bis in die tiefsten Tiefen der präparierten Menschen-
körper hineinsehen, von Seele keine Spur. Na klar, Seele eignet nur dem
Lebendigen.
.
.


Bruno antwortete am 04.03.01 (17:21):

Körperwelten ist Perversion und Beiseitelassen jeder Menschlichkeit.
Stelle Dir vor:
Dein Kind ist gestorben.
Dein Kind wird präpariert und dort ausgestellt.
Wie fändest Du das?
Pervers bis zum Erbrechen!
Gut - es ist nicht Dein Kind - aber es war ein Mensch - einst geliebtes Kind eines anderen Menschen.
Nicht alles was Manchem interessant und informativ erscheint ist vertretbar!
Das hie und da gehörte Gegenargument; manch �Exponat� sei nicht EIN Mensch, sondern aus Präparaten vieler Menschen zusammengesetzt, macht aus dieser Perversion nichts Erträgliches - auch nichts Vertretbares.
Ansehen kann man diese Monströsität nur nach Abgabe jeder Humanethik an der Garderobe.
Um evtl. Gegenfragen zuvor zu kommen: Nein; ich habe die �Ausstellung� nicht gesehen - und werde nicht in diesen Ekelsumpf hinabsteigen. Mein Entsetzen war groß genug, als ich darüber erfuhr.
Euer
Bruno [email protected]

(Internet-Tipp: https://www.InAllemChristus.de)