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THEMA:   Der Fluch der Pharaonin

 31 Antwort(en).

Rosmarie S begann die Diskussion am 10.04.01 (17:52) mit folgendem Beitrag:

Hallo miteinander,
gemessen an den Problemen des armen Mr. Murray erscheint mir so manches unserer momentanen Probleme doch leicht durchzustehen. :-)))

Der Fluch der Pharaonin

�hnlich wie die �ffnung des Grabes Tutanchamuns verbreitete der Handel mit dem Sarkophag der Hatschepsut (Königin von ca. 1490 bis 1468 v. Chr.) Tod und Schrecken.
1910 wird eine der Sarkophaghüllen dem englischen �gyptologen Douglas Murray von einem Amerikaner zum Kauf angeboten. Sie schließen das Geschäft ab, doch der Amerikaner stirbt, bevor er seinen Scheck einlösen kann. Drei Tage später löst sich ein Schuss aus Murrays Gewehr und reißt ihm die Hand ab.
Noch während des Schiffstransportes nach London erfährt er vom Tod seiner beiden Hausangestellten. Nun ist Murray doch etwas beunruhigt und lässt den Sarkophag im Haus einer Freundin und ihrer Mutter. Beide erkranken prompt, und die Mutter stirbt. Doch noch hat das unheimliche Geschehen kein Ende...

Der Sarkophag (griech. "Fleischfresser") wird Murray durch einen Rechtsanwalt zurückgebracht, aber er will ihn nicht im Hause haben und überlässt ihn dem Britischen Museum. Das wiederum ist mit ägyptischen Sarkophagen voll eingedeckt, und so lässt der Direktor die Neuerwerbung fotografieren und bietet sie dem Naturhistorischen Museum in New York zum Austausch gegen Saurierknochen an.
Noch vor Abschluss des Vertrages sind der Direktor und der Fotograf tot. Der Kurator des Museums sorgt dann endlich dafür, dass das Ding nach Amerika kommt, und bucht für die Fracht eine Überfahrt auf einem Schiff, das am 10. April 1912 Southhampton mit Zielhafen New York verlässt. Der Name des Schiffs: MS Titanic.

Kalenderblätter des Brockhauskalenders vom 9. und 10.4.01


Werner A. Sedelmaier antwortete am 10.04.01 (18:34):

Hallo Rosmarie,

so informativ Dein Beitrag auch sein möge, aber über was soll eigentlich jetzt im Forum diskutiert werden? Das hätte mich natürlich schon interessiert. Leider hast Du dazu nichts gesagt.

Man kann in eine beliebige Kette von Zufällen nahezu alles hineininterpretieren, wenn man das möchte. Wissenschaftlich gibt es für jede These auch eine pseudowissenschaftliche Erklärung. Eine Kombination aus Fantasie und Aberglaube ergibt letztlich nur eines: Stoff für Beliebigkeit.

Also bitte, was möchtest Du diskutieren?


Rosmarie S antwortete am 10.04.01 (18:57):

> Man kann in eine beliebige Kette von Zufällen nahezu alles hineininterpretieren, wenn man das möchte. Wissenschaftlich gibt es für jede These auch eine pseudowissenschaftliche Erklärung. Eine Kombination aus Fantasie und Aberglaube ergibt letztlich nur eines: Stoff für Beliebigkeit.
>
> Also bitte, was möchtest Du diskutieren?

Hallo Werner,

mit deiner Reaktion hast du genau das getan, was ich mir gewünscht habe. Du hast eine Stellungnahme dazu abgegeben, was du von dieser Verkettung von Zufällen hältst.

Dafür brauchtest du doch keine konkret formulierte Frage, oder? :-)) Ich halte alle hier Anwesenden für mündig genug, einen für sich selbst überflüssigen Beitrag zu ignorieren oder auf einen sie interessierenden auch ohne Frage zu reagieren.


Rosmarie S antwortete am 10.04.01 (19:03):

Hallo Werner,

könnte es sein, dass du dich über den Inhalt meines Schreibens geärgert hast (so was von unwissenschaftlich!), dich aber an der Form festmachst und mich hierüber kritisierst? :-))

Bedenke, dass es auch Menschen gibt, die bei Bedarf in deinem Sinne durchaus "sauber" denken können, die aber trotzdem Spaß an solchen Merkwürdigkeiten wie der oben genannten haben.


Werner A. Sedelmaier antwortete am 11.04.01 (02:14):

Liebe, unbekannte Rosmarie,

natürlich habe ich mich über Deinen Beitrag nicht geärgert! Ich wollte lediglich wissen, wohin die Reise gehen soll.

Deine Reaktion ist mir nicht ganz verständlich, zumal ich Dir sehr höflich geantwortet habe. Ebenso höflich habe ich dann auch nachgefragt, über was Du eigentlich diskutieren willst. Es ist doch möglich, daß Du einen ganz bestimmten Aspekt des "Fluches der Pharaonin" ansprechen wolltest. Stichworte aus irgendwelchen Lexikas bzw. Geschichtsbüchern sind eine recht magere Grundlage für eine Diskussion, zumal die jeder selbst nachlesen kann.

Zu meinem Erstaunen bringst Du auch gleich Hinweise nach "sauberem Denken" ins Spiel, welches ich bitte zu bedenken hätte. Ich frage Dich allen Ernstes, was um Gotteswillen veranlasst Dich, auf eine höfliche Bitte so egozentrisch zu reagieren?

Mit ein ganz klein wenig mehr Sachlichkeit hätte ich mich an diesem Thread gerne beteiligt. Da bereits die allererste Antwort ins persönliche abgleitet, was ich schade finde, ziehe ich es vor, nichts mehr dazu zu sagen.

Möge ich vom Fluch der Pharaonin trotzdem verschont bleiben. Sollte ich keine Gnade verdienen, so plädiere ich zumindest für eine milde Bestrafung.


Rosmarie S antwortete am 11.04.01 (09:25):

Lieber Werner,

wie schön, dass du deine Frage noch einmal klar gestellt hast! Ich hatte aus deinem "Eine Kombination aus Fantasie und Aberglaube ergibt letztlich nur eines: Stoff für Beliebigkeit." tatsächlich einen gewissen Unmut und Abwertung herausgelesen. Wie man sich täuschen kann! :-)))

Du beanstandest, dass ich keine Frage gestellt habe. Dies ist meiner Meinung nach keineswegs immer nötig. Ein Text kann auch Impuls genug sein. Meiner Erfahrung nach ist es doch sowieso so, dass oft nur ganz kurz auf eine gestellte Frage eingegangen wird und dass viele Antworter sich dann sowieso andere Aspekte auswählen.

In diesem Falle hatte ich sogar lediglich die Absicht, diesen tragik-komischen Treppenwitz der Geschichte auch anderen zugänglich zu machen. Ich hatte eben viel Freude daran.
Dennoch hatte ich natürlich gehofft, ein paar Rückmeldungen zu bekommen, z.B. eine wie deine. :-))) Schönen Dank!


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 11.04.01 (10:20):

Na seht ihr: Der Fluch des Pharao wirkt immer noch. Oder glaubt da jemand, ihr wärt euch sonst in die Haare geraten, wenn Rosmarie S. das Thema nicht angerissen hätte?

Dazu eine kleine Geschichte (Witz):

Kommt ein Marktbesucher in Bern zu einem Stand, wo ein Knittermännchen Apfelkerne feilhält, 3 Stück zu 1 Franken. Fragt der Besucher: "Für was sollen denn diese Kerne gut sein?"
Der Händler: "Davon wird man klug!"
"Naja, kanns ja mal probieren - geben Sie mir 3 Stück":
Er kaut andächtig auf den Kernen und plötzlich kommt ihm eine Idee, die aus ihm herausplatzt: "Aber für einen Franken hätte ich doch ein ganzes Kilo �pfel kaufen können!"
Der Händler verschmitzt: "Na siehste - es beginnt schon zu wirken!"

Ist es nicht ein Wunder, dass der Fluch des Pharao noch nach tausend Jahren in unserem Forum wirksam ist!?

Herzlich

Schorsch


Rosmarie S antwortete am 11.04.01 (12:58):

Lieber Schorsch,

was würden wir ohne deinen Humor machen? :-)))

"Ist es nicht ein Wunder, dass der Fluch des Pharao noch nach tausend Jahren in unserem Forum wirksam ist!?"

Gelle, das ist doch erstaunlich! Übrigens war dies eine Pharaonin... Mich hat�s nach deiner Mail ja fast gepfupfert, dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen und die Idee zu äußern, ich könnte ja die Reinkarnation dieser Pharaonin sein... Aber ich fürchte, so einen dicken Hut könnte ich mir gar nicht aufsetzen, um all das abzumildern, was ich dann auf den Deckel bekäme.

Mit fröhlichen Grüßen
Rosmarie


Werner A. Sedelmaier antwortete am 11.04.01 (13:02):

Hallo Schorsch,

jetzt habe ich doch ganz gegen meinen Willen gelacht. Es ist doch schon sehr seltsam, was man den alten Pharaonen so alles in die Sandalen schieben kann.

Ich wollte mich mit Rosmarie ja auch nicht streiten, sondern lediglich sagen, daß ich kein Interesse daran habe, über eventuellen Aberglauben zu diskutieren. Inzwischen habe ich begriffen, wie es wirklich gemeint war.

Auch dazu eine kleine Geschichte. Meine Eltern haben 1934 geheiratet. Zur Hochzeit bekamen sie von der Kirche eine wunderschöne Wanduhr, die inzwischen in meinem Besitz ist. Als mein Vater 1956 starb, so erzählte es meine Mutter, sei diese Uhr einfach stehen geblieben. Man konnte sie niemals davon überzeugen, daß dies völlig andere Ursachen hatte.

Wenn man das Uhrwerk nicht täglich aufzieht, dann bleibt die Uhr nach jeweils ca. 24 Stunden von ganz alleine stehen.

Da das Aufziehen des Uhrwerks stets meinem Vater vorbehalten war, musste die Uhr zwangsläufig schon deswegen stehen bleiben, weil mein Vater ja nicht mehr da war.

Das also ist es, was ich vermeiden wollte. Deswegen sagte ich, daß man ein solches Thema nicht jeder Beliebigkeit aussetzen darf.

Etwas habe ich vielleicht sogar mit den alten Pharaonen, die sich ja am Stand der Sonne orientierten, gemeinsam. Ich zitiere aus den "Fragmenten von Novalis" frei: "Wenn Du einem Riesen begegnest, dann prüfe erst den Stand der Sonne und gib acht, es könnte auch der Schatten eines Zwerges sein".

In diesem Sinne - Werner


Gerda Bruhn antwortete am 12.04.01 (21:13):

Anfangs war viel von Zufällen die Rede. Jetzt frag ich mal ganz provokant: Gibt es überhaupt Zufälle?


Rosmarie S antwortete am 12.04.01 (23:28):

> Anfangs war viel von Zufällen die Rede. Jetzt frag ich mal ganz provokant: Gibt es überhaupt Zufälle?

Liebe Gerda,

du bist aber mutig! Hast du keine Angst vor der mundtot machenden Arroganz engst verstandener Rationalität und ihrer auf andere Ebenen verschobenen Argumente? Deinen Mut möchte ich haben!

Herzlichen Gruß
Rosmarie


Karl antwortete am 13.04.01 (00:02):

Liebe Gerda, liebe Rosmarie,

nein nicht Arroganz. Die Frage ist ja spannend. Wahrscheinlich hat jeder diese Frage schon einmal gestellt. Was würde es bedeuten, wenn es keine Zufälle gäbe?

Was Ihr damit doch andeuten wollt ist der Glaube an ein vorbestimmtes Schicksal, an ein gelenkt werden, an einen grossen Macher, der die Fäden zieht. Meiner Meinung nach hätte das folgende Konsequenz: wir wären weniger als heutige Roboter, keine autonom Handelnden in dieser Welt. Wenn alles vorbestimmt wäre, wäre das Leben zudem auch sehr langweilig, wir hätten für nichts wirklich Verantwortung.

Es gibt glücklicherweise aber zwei prinzipielle Ursachen für die Existenz echten Zufalls in der Welt. Die Heisenbergsche Unschärferelation ist der erste Grund, sie besagt, dass niemand alles wissen kann, weil es im atomaren Bereich unmöglich ist Impuls und Ort eines Teilchen gleichzeitig zu messen.

Der zweite Grund ist die Komplexität der Welt. Selbst wenn alles streng kausal abläuft, kann keine Intelligenz, die zum System gehört, alles wissen. Ein Pascalscher Dämon, der definitionsgemäß alles über ein System weiss, muss notwendigerweise aus dem System ausgegliedert werden, weil er ja dazugehörig sich selbst auch noch vollständig erfassen müsste.

Eine etwas anders getönte Diskussion über ein ähnliches Thema gibts hier im Forum noch einmal "Die Entzauberung der Seele" (unten anklickbar).

MfG Karl

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/threads7/thread42.html)


Rosmarie S antwortete am 13.04.01 (09:28):

Lieber Karl,

du wirfst wirklich spannende Fragen auf!
Nein, ich selbst glaube nicht an Vorbestimmung und einen "großen Macher", der in dem Sinne die Fäden zieht, dass eigenverantwortliches Handeln nicht möglich ist. Du meinst das sei auch sehr langweilig... Das möchte ich allerdings bezweifeln, denn die Menschen wüssten ja nicht, dass sie in Wirklichkeit nur Marionetten an den Fäden eines vorbestimmten Schicksals sind. Wir selbst fänden in dem Falle unser Leben wohl genauso spannend wie jetzt. Nur für den Fadenzieher müsste das Ganze doch recht langweilig sein. :-))

> Die Heisenbergsche Unschärferelation ist der erste Grund, sie besagt, dass niemand alles wissen kann, weil es im atomaren Bereich unmöglich ist Impuls und Ort eines Teilchen gleichzeitig zu messen.

Dies finde ich eine ungemein interessante Tatsache, die mich schon lange fasziniert, die ich aber leider zu wenig verstehe, um sie für mein eigenes Weltbild in Anspruch nehmen zu können.
>
> Der zweite Grund ist die Komplexität der Welt. Selbst wenn alles streng kausal abläuft, kann keine Intelligenz, die zum System gehört, alles wissen. Ein Pascalscher Dämon, der definitionsgemäß alles über ein System weiss, muss notwendigerweise aus dem System ausgegliedert werden, weil er ja dazugehörig sich selbst auch noch vollständig erfassen müsste.

Dies ist ein philosophischer Ansatz, der mich sehr anspricht und mir sicher heute auf unserer Wanderung noch viel Gesprächsstoff liefern wird. Ich habe aber das Gefühl, dass ich deine Darlegung nicht ganz verstehe. Warum sollte einem System keine Intelligenz innewohnen können, die alle Bereiche dieses Systems steuert, bzw. ihre Gesetzmäßigkeiten beinhaltet und gleichzeitig alle Abläufe "überblickt"? Ist nicht schon ein Körper ein ähnliches System? Auch in einem Körper laufen alle Prozesse nach einem übergeordneten immanenten Prinzip ab, stehen in städiger Rückmeldung miteinander (biochemisch, durch elektrische Reize und offenbar sogar durch eine Art steuerndes Laserlicht, das Informationen von Zelle zu Zelle schickt). Dass wir uns dieser Abläufe nicht bewusst sind, spricht meiner Meinung nach nicht dagegen, dass dem Körper eine "alles überblickende Intelligenz" innewohnt.

Doch zurück zu deiner Anfangsbemerkung: "Was Ihr damit doch andeuten wollt ist der Glaube an ein vorbestimmtes Schicksal..." Ich selbst wollte das damit nicht andeuten. Mein Weltbild sieht eher so aus, dass die Dinge weitaus komplexer miteinander zusammenhängen und verwoben sind, als wir das vom Blickwinkel bis jetzt bekannter kausaler Zusammenhänge aus sehen können. Ich denke eher in der Art des bekannten Bildes vom Schmetterlingsflügelschlag vor meinen Augen, der in China einen Orkan auslöst. Nur meine ich damit nicht ausschließlich physikalische Wirkweisen, die bisher bekannt sind, sondern bin überzeugt, dass das, was wir hier und jetzt sehen und erforschen können, darüber hinaus noch energetische Seiten hat, die wir noch nicht kennen. Sollten diese energetischen Seiten existieren, so wären sie in weit stärkerem Maße miteinander verwoben und verquickt, als das die Dinge unseren heutigen Erkenntnissen nach sein können. Es wären also auch Zusammenhänge denkbar, die vom rein mechanistischen Denken her nicht möglich sein könnten.

Mein Weltbild führt mich letztendlich nicht zu "vorbestimmtem Schicksal" und mangelnder Eigenverantwortung, sondern im Gegenteil zu der Überzeugung, durch meine eigene Verwobenheit in dieser Welt und durch die vielen kleinen Anstöße und Einflussnahmen, die ich ständig einbringe, in besonderem Maße verantwortlich zu sein.

Herzliche Grüße
Rosmarie


Karl antwortete am 13.04.01 (10:03):

Liebe Rosemarie,


wie definieren wir Zufall im täglichen Leben? Zufall ist nicht notwendiger Weise Abwesenheit von Kausalität. Ich traf 1971 einen Klassenkameraden "zufällig" am Picidilly Circus in London. Er hatte gute Gründe, sich in London aufzuhalten, ich auch. Wir beide strebten zu diesem Platz aus gutem Grund, weil "dort was los war". "Zufällig" war das Treffen, weil wir nichts voneinander wussten.

Ein Spielewürfel fällt nicht zufällig im physikalischen Sinn. Wenn wir alle physikalischen Eigenschaften des Würfels, seiner Unterlage und die Kräfte unserer werfenden Hand exakt kennen würden, könnten wir (in der Theorie bei Kenntnis der Gesetze der Mechanik) vorausberechnen, wie er fällt. Auch hier ist der "Zufall" letztendlich nur Unkenntnis.

Gerade als Naturwissenschaftler muss man offen sein für zukünftige Erweiterungen der Physik. Allerdings wird es wohl immer so sein, dass bekannte Gesetze dadurch nicht umgestossen, sondern als Spezialfälle entlarvt werden. Die Naturwissenschaft geht von einer Welt aus. Alles, was in dieser Welt wirkt, ist definitionsgemäß von dieser Welt.

Die "Intelligenz in unserem Körper", diesen Gedanken hatte vor fast 100 Jahren auch der Biologe Driesch. Er steht in allen Biologielehrbüchern als der Vertreter der "Vitalisten", die geistige Kräfte "Entelechien" postulierten, um z.B. die phantastischen �nderungen zu beschreiben, die Materie bei dem Entwicklungsprozess vom Ei zum Organismus durchläuft. Die Biologie ist darüber hinweggegangen und die Entwicklungsmechaniker, die diese Prozesse als kausal verstehbare Abläufe begriffen, haben rechtbehalten. Eine "Intelligenz" bedarf nach unserem Verständnis heute einer informationsverarbeitenden Struktur. Eine solche im Körper, über ihm, daneben (?) verstecken zu wollen (du meinst ja nicht das Gehirn bzw, unser "Selbst", das den Überblick haben soll) ist m.E. übrigens von vorneherein wesentlich unplausibler als die Annahme, dass alles "mit rechten Dingen" zugeht. "Entelechien" haben überhaupt keinen erklärenden Wert, sie verschieben das Problem nur eine Ebene weiter: Wer erklärt die Entelechien"? Diese Frage wird dann meisten als "tabu" erklärt und fertig ist das geschlossene Weltbild.

Mit freundlichen Grüßen, Karl


Wolfgang antwortete am 13.04.01 (12:07):

Ich verfolge mit Interesse die Antworten zu diesem Thema. Karl hat ja schon auf verwandte Themen im Forum Naturwissenschaft, Technik & Umwelt hingewiesen. Tatsächlich ist es die wichtigste Frage: Wer erklärt die Entelechien (also die einem Organismus innewohnende und lenkende "Kraft"). Diese Frage wird von ALLEN Weltanschauungen und Religionen in den Bereich des Glaubens verschoben. Moderne Naturwissenschaftler tun nur so, als hätten sie diese Frage gelöst und ständen weit über einem schnöden Glauben. Deshalb nehmen sie Vitalisten oder Kreationisten oder Gläubige jeder Art nicht ernst und sprechen ihnen generell die Wissenschaftlichkeit ab.

Die moderne Naturwissenschaft ist eine Religion (wie andere auch). Sie hat ihre unbewiesenen Glaubensgrundsätze und ihre rechthaberischen Hohenpriester (wie andere Religionen auch). Sie stellt Fragen an die Natur und nur ihre enge Fragestellung erlaubt es ihr, einigermassen gescheite Antworten zu geben. Auf die meisten und entscheidenden Fragen allerdings hat sie keine Antwort (obwohl sie es permanent behauptet). Sie kann keine Antworten darauf geben, weil sie solche (die wichtigsten) Fragen erst gar nicht stellt. Sie ist totalitär (wie andere Religionen auch), weil sie ihre Gültigkeit begrenzt auf den engen Ausschnitt der Natur und auf ihre Fragestellung und auf die Schar ihrer AnhängerInnen nicht gelten lassen will.

Ich behaupte: Ein indianischer Medizinmann hatte so viel Wissen (und Wissen um sein Wissen), wie sie ein an die Naturwissenschaft glaubender Wissenschaftler per defitionem niemals erreichen kann. Allerdings hatte der Medizinmann nie eine solche Macht, wie man sie den Naturwissenschaftlern gegeben hat. Wegen dieser Machtstellung droht jetzt die Menschheit zugrundezugehen.


Karl antwortete am 13.04.01 (12:17):

Hallo Wolfgang,

Naturwissenschaftler haben eher zuwenig Einfluss, sonst würde wohl der neue Amerikanische Präsident etwas mehr auf Umweltschutz achten. Ich möchte deinem Kulturpessimismus widersprechen. Nicht wegen dem Zuviel an Naturwissenschaften, sondern an dem Zuwenig krankt die Welt.

Wieso stellen die Naturwissenschaftler die wichtigen Fragen nicht? Auch diesen Vorwurf kann ich nicht verstehen.

MfG Karl


Wolfgang antwortete am 13.04.01 (13:06):

Du weisst selbst, Karl, dass nicht die forschende oder angewandte (Natur-)Wissenschaft an sich "schlecht" ist. Es ist die Vormachtstellung der modernen Naturwissenschaft, die - selber eingebunden in militärische, wirtschaftliche und (westliche, herrschende) politische Strukturen - zu den Verheerungen geführt hat, über die wir sprechen. Nachher beteiligt sie sich dann an der Reparatur der Zustände, die sie zuvor eifrig und willfährig herbeigeführt hat.

Mir liegen keine genauen Zahlen vor: Aber ganz offensichtlich wird der Planet dank moderner (Natur-)Wissenschaft und in einem wahnsinnigen Tempo geradezu verwüstet. Ein lächerlich geringer Teil wissenschaftlicher Potenz fliesst danach (!) in den Reparaturbetrieb...

P.S.: Da ist er wieder, wie so oft, der Begriff "Pessimismus"... Sei sicher, dass ich kein Pessimist bin. Meine ganze Hoffnung ruht gerade auf dem, was man "Kultur" nennt. Die Naturwissenschaften und ihr Glaube haben darin zwar einen Platz, aber nicht den höchsten und schon gar nicht den wichtigsten.


Rosmarie S antwortete am 13.04.01 (18:58):

Lieber Karl,

mein Problem ist, dass ich mich nie systematisch und umfassend mit Philosophie beschäftigt habe. Auch an die von dir genannte Theorie der Entelechien kann ich mich nur dunkel aus meiner Jugendzeit erinnern. Wenn ich also eine persönliche Vorstellung einbringe, ist es sehr gut möglich, dass sie dich an eine schon vorhandene Idee erinnert und du sie so einordnest. (Es wäre ja auch zu schön, wenn ich genialerweise etwas Neues denken könnte... :-)))) Bei deiner Antwort auf die Entelechien-These habe ich aber den Eindruck, dass damit doch etwas Anderes gemeint war.
Vielleicht ist es genauso mit dem Begriff "Intelligenz". Du benutzt ihn wohl in einem wissenschaftlich definierten Sinn. Ich kann ihn leider nur als Laie benutzen (womit ich nicht sagen will, dass ich saubere Definitionen nicht als höherwertig ansehe, aber ich beherrsche sie halt nicht). Fazit, eigentlich dürfte ich mich als Laie gar nicht mit dir auf eine Diskussion einlassen. :-))) (Du lieber Himmel, bist du vielleicht sogar Prof. der Philosophie?) Andererseits bin ich überzeugt, dass jeder - auch in seiner Kleinheit und Beschränktheit - sich ein Bild von der Welt machen sollte, das mit seinen eigenen Erfahrungen übereinstimmt.

Wenn ich von einer Intelligenz sprach, die immanent in einem Körper wirkt und seine Prozesse steuert, so meinte ich damit durchaus eine "informationsverarbeitende Struktur". Auch ein Baum verarbeitet ganz offensichtlich Informationen und verhält sich "intelligent", wenn er zum Licht hinwächst, Balanceausgleich schafft und sogar auf die chemischen Warnungen anderer Bäume auf Ungezieferbefall hin reagiert. Diese Art Intelligenz sitzt für mich nicht als Steuermännchen daneben, auch nicht darin, sondern ist in der Geseztmäßigkeit enthalten, die diesen Baum so und nicht anders gedeihen lässt. Ich könnte auch sagen, sie ist in dem Zusammenspiel seiner biochemischen Prozesse vorhanden. Vielleicht ist das in deinem Sinne aber keine Intelligenz? Muss für dich Intelligenz ein Bewusstsein seiner selbst haben?
"...die Entwicklungsmechaniker, die diese Prozesse als kausal verstehbare Abläufe begriffen, haben rechtbehalten." Diese Aussage passt durchaus zu meiner eben angeführten Vorstellung.

Aber ob mit diesen Erkenntnissen der Entwicklungsmechaniker wirklich schon das Ende der Fahnenstange erreicht ist? Wenn es z.B. so ist, dass in lebenden Organismen eine Art steuerndes Laserlicht (Max-Planck-Institut Kaiserslautern) vorhanden ist, so fragt sich doch, ob hier noch mit "biologischer Mechanik" weiter zu kommen ist. Ich bezweifle damit nicht, dass es für alle Abläufe kausale Voraussetzungen gibt. Nur müssen kausale Gründe ja nicht unbedingt mechanistische sein. Die auslösenden und steuernden Ursachen könnten ja auch in noch unerforschten und unbekannten energetischen Prozessen liegen. Worauf ich hinaus will, ist nicht, dass für mich z.B. Gott dort eingreift, sondern lediglich, dass die Wirkmechanismen in meinen Augen wesentlich komplexer sind und auf noch vielen unbekannten Zusammenhängen beruhen, als das jetzt von einigen angenommen wird. Wo aber noch unbekannte Kausalitäten wirken, könnten Vorgänge auftreten, die als Zufall gedeutet werden, die aber in Wirklichkeit lediglich auf Ursachen beruhen, die wir noch nicht kennen. Trotz des Mottos "Also schloss er messerscharf, dass nicht ist, was nicht sein darf", könnte es also doch Zusammenhänge geben, die "nicht sein dürfen".

"Zufall ist nicht notwendiger Weise Abwesenheit von Kausalität." Das leuchtet mir ein.

> Ein Spielewürfel fällt nicht zufällig im physikalischen Sinn. Wenn wir alle physikalischen Eigenschaften des Würfels, seiner Unterlage und die Kräfte unserer werfenden Hand exakt kennen würden, könnten wir (in der Theorie bei Kenntnis der Gesetze der Mechanik) vorausberechnen, wie er fällt. Auch hier ist der "Zufall" letztendlich nur Unkenntnis.

Dies würde ich auch so sehen. In einer Unterhaltung heute erfuhr ich zwar, dass es z.B. nicht möglich sei, solch einen einfachen Vorgang wie das Schwingen eines durch zwei Magnete beeinflussten Pendels physikalisch vorauszusagen. Auch vieles andere in der Physik und Mathematik ließe sich nicht exakt bestimmen oder berechnen... Diese Tatsache hält mich aber auch nicht davon ab, überzeugt zu sein, dass bei genauerer Kenntnis der Kausalitäten doch exaktere Vorhersagen möchlich sein könnten.

"Die Naturwissenschaft geht von einer Welt aus. Alles, was in dieser Welt wirkt, ist definitionsgemäß von dieser Welt."

Auch das nehme ich dir sofort ab. Doch wer sagt mir, dass "von dieser Welt" nicht noch weit, weit mehr enthält, als wir bisher kennen? Wenn ich an unser durch unsere Sinne und unser Gehirn doch sehr begrenztes Erkenntnisvermögen denke, so ist dies für mich naheliegend.

Deinen Ausführungen über den Begriff "Zufall" kann ich auch gut folgen. Auch sie leuchten mir ein.
Trotzdem möchte ich Gerda in einem laienhaften und anderen Sinne antworten:
Liebe Gerda, so wie ich deine Frage verstehe, glaube ich nicht an Zufälle. Ich halte alles, was auf der Welt passiert, für bedingt durch etliche Faktoren, u.a. auch durch kulturelle Sichtweisen, sogar durch die Handlungen eines jeden Einzelnen.
Und falls du mit deiner Frage auf eine Sinngebung hinter allem, was passiert, hindeuten möchtest, so würde ich mich dir anschließen. Dies sind für mich aber religiöse Schlüsse und keine naturwissenschaftlich belegbaren. Zumindest noch nicht belegbare. :-)))))


Karl antwortete am 13.04.01 (19:19):

Liebe Rosmarie,

vielen Dank für deine Antwort. Mir ist jetzt klarer geworden, was Du meinst und dann sind wir nicht weit auseinander. Auch wenn ich von "steuerndem Laserlicht" im Gehirn noch nichts gehört habe, stimme ich Dir im Prinzip voll zu, wenn Du sinngemäß sagst, dass wir nicht wissen können, ob "'von dieser Welt' nicht noch weit, weit mehr enthält, als wir bisher kennen?".

Der Kernsatz ist "Alles, was in dieser Welt wirkt, ist von dieser Welt." Wenn dies akzeptiert wird, erfährt diese Welt eine enorme Aufwertung und wir erkennen den "Wert der Zeit".


MfG Karl

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/threads/thread444.html)


Rosmarie S antwortete am 15.04.01 (23:12):

Der Kernsatz ist "Alles, was in dieser Welt wirkt, ist von dieser Welt." Wenn dies akzeptiert wird, erfährt diese Welt eine enorme Aufwertung und wir erkennen den "Wert der Zeit".


Lieber Karl,

dieser Kernsatz wird mir noch einiges an Grübeln abverlangen. Irgendwie will sich mein Gehirn noch nicht so ganz damit anfreunden. Mein Laserlicht muss wohl Wackelkontakt haben... :-))) Aber ich finde diese Aussage äußerst spannend und bereichernd!
Übrigens wird diese Art steuerndes Licht angeblich von jeder Körperzelle, überhaupt von jeder lebenden Zelle, ausgesendet.

Herzlichen Gruß
Rosmarie


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 16.04.01 (11:16):

Es ist die Vormachtstellung der modernen Naturwissenschaft, die - selber eingebunden in militärische, wirtschaftliche und (westliche, herrschende) politische Strukturen - zu den Verheerungen geführt hat, über die wir sprechen. Nachher beteiligt sie sich dann an der Reparatur der Zustände, die sie zuvor eifrig und willfährig herbeigeführt hat.

Lieber Wolfgang

Dieses dein Zitat gehört in die Weltliteratur!

Herzliche Grüsse

Schorsch


friedrich antwortete am 16.04.01 (20:25):

KERNSATZ ?? : "Alles was in dieser Welt wirkt, ist von dieser Welt" ?? WAS soll das bringen ??Wie weit ins Uferlose soll man die Grenzen "dieser Welt" ausweiten ?? Ob alles (nur) ZUFALL ist --- oder ob es vielleicht doch (totale) VORSEHUNG = BESTIMMUNG gibt, wird ein lebender Mensch hoffentlich nie erfahren ---. Die noch von EINSTEIN bezweifelte QUANTEN-PHYSIK, die sich auch zur sog. "exakten Wissenschaft" zählt, behauptet, "dass Alles mit Jedem zusammenhänge" ---. Diese Quanten-Physik-Wissenschaft meint sogar alles Ernstes, dass es Signale gäbe, die schneller als das Licht ((!)) durch den Weltraum rasen könnten. Also z.B. dass bereits schon der Tunnelausgang vorher wüßte, wann am Tunneleingang ein Lichtstrahl loszustarten beginnt --- bzw. dass am Universum-Ende zur selben Zeit schon Bescheid gewußt wird, was am Universum-Anfang so geschieht ---- oder dass an jedem Punkt des riesigen UNIVERSUMS gleichzeitig genau dasselbe g e s e h e n (( = erlebt ?? )) wird --- was irgendwo anders tatsächlich substantiell stattfindet ----.


Rosmarie S antwortete am 20.04.01 (09:45):

Lieber Friedrich,

nun habe ich so lange nicht auf deinen Beitrag reagiert. Das liegt aber nicht an mangelndem Interesse, sondern eher an Hilflosigkeit. Deine Einwände finde ich brennend interessant. Von manchem habe ich auch selbst schon gelesen oder gehört.
Dass ich nichts dazu sagen kann, liegt daran, dass ich nicht weiß, wie ich das Angesprochene einordnen soll. Diese Phänomene sind so komplex und für Laien derart schwierig zu beurteilen, dass ich Bedenken habe, ich könnte derlei Erscheinungen zur Untermauerung meines Weltbildes benutzen und danach feststellen müssen, dass ich manches gründlich missverstanden habe.

Über den Zufall habe ich mich noch öfters unterhalten. Dabei wurde mir klar gemacht, dass es von der Physik oder Mathematik her gesehen durchaus Zufälle gebe. Das mechanistische Weltbild sei überholt.

Leider reicht mein Verstand nicht aus, um die Beispiele hier widerzugeben. Einerseits ärgert mich die Beschränktheit meines Denkens, andererseits freue ich mich über die "ständig nachwachsenden Wunder", wenn man irgendwo in die Materie eindringt.

Herzlich
Rosmarie


friedrich antwortete am 24.04.01 (17:35):

Nicht wenige Menschen behaupten, dass sie eine Art Ohnmachtsanfall bekamen, genau zu der Uhrzeit, wo eines ihrer Liebsten per Unfall tödlich verunglückte ----
Wenn sich diese Fälle (( ? Zufälle ?)) statistisch häufen, dann müßte es eine Art Gedankenübertragung geben, die schneller als das Licht ist ---- was nur mit der Quantenphysik zu erklären wäre ---. Da kann man sich nur wundern, denn was sollte man dazu diskutieren ???


Hans-Jürgen antwortete am 24.06.01 (16:41):


Karl schreibt (am 13.4.): "Auch hier" � gemeint sind die Ausfälle beim Würfeln � "ist der 'Zufall' letztendlich nur Unkenntnis."

Dies kann man an einem einfachen mathematischen Beispiel demonstrieren. Betrachtet werde die Ziffernfolge 63218390804597701149425287356. Alle Ziffern kommen in ihr ungefähr gleich oft vor, und sie weist keinerlei Regelmäßigkeit auf. Sie könnte mit Hilfe eines Glücksrades oder mit einem zehnseitigen "Würfel" erzeugt worden sein, und man wird sie für "zufällig" halten. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um die 14. bis 42. Nachkommastelle des Bruches 1:87. Die Ziffernfolge ist also streng gesetzmäßig! Nur weil man das normalerweise nicht weiß, entsteht der falsche Eindruck. -

Sehr gefallen hat mir, was Wolfgang am gleichen Tag antwortete:

"Die moderne Naturwissenschaft ist eine Religion (wie andere auch). Sie hat ihre unbewiesenen Glaubensgrundsätze und ihre rechthaberischen Hohenpriester (wie andere Religionen auch). Sie stellt Fragen an die Natur, und nur ihre enge Fragestellung erlaubt es ihr, einigermassen gescheite Antworten zu geben. Auf die meisten und entscheidenden Fragen allerdings hat sie keine Antwort (obwohl sie es permanent behauptet). Sie kann keine Antworten darauf geben, weil sie solche (die wichtigsten) Fragen erst gar nicht stellt...."

Derartiges in unserer wissenschaftsvernarrten Zeit zu schreiben, erfordert einigen Mut. Ich denke genauso wie Wolfgang und möchte nur noch ergänzen: "... Naturwissenschaft ... eine Religion *ohne Gott*".

Außerdem möchte ich die von ihm erwähnten "unbewiesenen Glaubensgrundsätze" (hinzuzufügen wäre: und unbeweisbaren) durch ein paar Beispiele belegen, damit jeder, der das hier liest, weiß, was konkret gemeint ist und das Gesagte nicht ebenfalls für eine unbewiesene Behauptung hält:

1. Im vorigen Jahrhundert wurde in gewissen Ländern jahrzehntelang versucht, Schülern und Studenten den Satz "Die Welt ist erkennbar" einzutrichtern; eine gegenteilige Meinung war nicht erlaubt. (Das habe ich als junger Mensch selbst miterlebt; der Satz ist vermutlich falsch.) 2.Vor dem Aufkommen der Quantentheorie galt die zum Dogma erhobene Aussage: "Die Natur macht keine Sprünge", womit gemeint war, daß sämtliche Veränderungen kontinuierlich vor sich gehen und kein Zwischenwert ausgelassen wird. (Seit knapp hundert Jahren glauben wir es anders zu wissen.) 3. Während 1. und 2. inzwischen pass� sind, gehören zu den geheiligten Grundsätzen weiterhin Aussagen wie "Die Naturgesetze gelten im gesamten Weltall in gleicher Weise", "Die universellen Naturkonstanten wie die Lichtgeschwindigkeit, die Elementarladung, das Plancksche Wirkungsquantum u. a. hatten zu allen Zeiten dieselben Werte wie heute." (Dies kommt bereits durch das Wort "Konstanten" zum Ausdruck.) Hiervon wich meines Wissens lediglich Paul Dirac bei der Gravitationskonstanten im Rahmen einer bestimmten erdgeschichtlichen Anwendung ab.

Natürlich sind diese grundlegenden Annahmen, die stillschweigend oder explizit gemacht werden, irgendwie naheliegend, aber sie lassen sich, genau wie religiöse Grundüberzeugungen, eben nicht *beweisen* und sind deshalb, meiner Ansicht nach, nicht besser oder wahrer als jene. Sie sind *Meinungen*, mehr nicht, und brauchen mit objektiver Wirklichkeit nichts zu tun haben. � Manches ist, wenn man es genau nimmt, sogar unverständlich. Hierzu gehört der Satz: "Die Zeit verfließt *gleichmäßig*." Man versuche sich einmal genau klarzumachen, was er bedeuten soll, und das Ergebnis dieser Überlegungen mit anderen Worten wiederzugeben!

Auch beschäftigen sich die (modernen, "exakten") Naturwissenschaften, wie Wolfgang bereits schreibt, nicht mit bestimmten Fragen, die für viele sehr wichtig sind. Sie klammern aus, wozu wir leben, untersuchen nicht Bindungen und Freiheiten des Menschen (was mit dem Ausgangsthema "Zufall" dieses Gesprächsfadens zusammenhängt) und was möglicherweise nach dem Tod kommt. Darauf versucht die *Religion* Auskunft zu geben mit *ihren* Grundannahmen und daraus gewonnenen Folgerungen. Beide: Wissenschaft und Religion, *ergänzen* sich deshalb gegenseitig, und keiner, der sich mit ihnen beschäftigt, hat das Recht, auf den jeweils anderen überheblich herabzusehen, was leider oft genug geschieht. Bekannt ist im übrigen, daß eine Reihe bedeutender Physiker, die auf ihrem Gebiet Erstaunliches und Bewundernswertes leisteten, tief gläubig waren.

Hans-Jürgen


Gerda antwortete am 25.06.01 (11:48):

Juchu, juchhu juchhu!
Seit gestern sitz ich wieder am PC (war länger nicht zu Hause) und lese, lese,lese. Und staune, und freu mich und merke, wie mir das alles gefehlt hat. (unsachliche Gefühle müssen auch mal Platz haben)
Rosmarie, Wolfgang, Karl, Hans-Jürgen, Friedrich: Ich finde Eure Beiträge aufregend wie einen Krimi. Zur Diskussion selbst kann ich gar nichts beitragen, weil ich das Gefühl habe, jeder von Euch hat recht in dem Teil, den er betrachtet und zusammen dann ergibt sich erst ein für mich faszinierendes Bild. Bin stolz, daß auf meine Frage "Gibt es überhaupt Zufälle?" so einmalig eingegangen wurde. Aber dumme Fragen stellen war schon immer meine Stärke.;-))


Georg Segessenmann antwortete am 26.06.01 (09:40):

Liebe Gerda,
es gibt weitaus mehr dumme Antworten denn dumme Fragen (;--))))

Gruss

Schorsch


Gerda antwortete am 26.06.01 (18:31):

Hihi, vielen Dank, Schorsch! Bin jetzt wirklich beruhigt ;-)))))). Im Ernst: Es war wirklich toll, von verborgener Ordnung im Chaos zu lesen, von Zufällen, die genau betrachtet keine sind und doch scheint es sie zu geben. Da versteh ich was nicht: Niemand, der innerhalb eines Systems steckt, kann alles wissen. Ist mir klar. Nur: Warum soll es den Pascal'schen Dämon, der über dem System steht und daher alles wissen kann, nicht geben? Natürlich kann man auch fragen: "Warum sollte es ihn denn geben?". Das alles hat ja Folgen für Zufälle oder nicht. (ich stecke schon seeehr stark im "System")
Ich glaube auch nicht, daß unser Körper nach einem übergeordneten System abläuft, wie Rosmarie schreibt. Rückmeldungen innerhalb des Körpers würden sich dann ja erübrigen. Vielmehr sind es doch die feed-backs innerhalb unseres Körpers, die voneinander abhängig sind.
Die Marie von Ebner-Eschenbach drückt es so aus:"Der Zufall ist die in Schleier gehüllte Notwendigkeit". Auch schön, oder?
Mein Gedankenhintergrund bei meiner Frage war eher die psychologische Seite (selektive Wahrnehmung, selbsterfüllende Prophezeihung u.dgl.), war aber neugierig, was anderen Menschen dazu einfällt. Grandios!
Gegängelt bei meinen Handlungen fühle ich mich von außen allerdings nicht - das besorge ich selbst (jedenfalls GLAUBE ich das, weil ich im System stecke und meine Wirklichkeit subjektiv ist). Ich hoffe, hier noch viele schöne Beiträge zu lesen!
Grüße an alle, die hier schreiben, Gerda


Hans-Jürgen antwortete am 29.06.01 (22:57):

Liebe Diskussionsfreundinnen und -freunde!

In diesem Gesprächsfaden ("thread") ist einige Male von einem "Dämon" die Rede, und zwar vom *Pascal'schen*. Von einem solchen ist mir nichts bekannt, jedoch gibt es zwei *andere* "Dämonen" in der Physik: den Laplace'schen und den Maxwellschen.

Der Laplace'sche Dämon ist ein von Laplace erdachter, hypothetischer Geist, der in der Lage ist, in einem Gas die momentanen Positionen und Impulse aller Moleküle, aus denen es besteht, zu messen. Wenn es ihn gäbe, könnte er mit Hilfe der für ein solches Vielkörpersystem gültigen Bewegungsgleichungen die gesamte künftige Entwicklung der betrachteten Gasmenge vorausberechnen � bis in alle Ewigkeit. Die Existenz dieses Dämons scheitert an der von Heisenberg entdeckten Unschärferelation, nach der es *unmöglich* ist, Ort und Impuls auch nur eines der vielen Moleküle *gleichzeitig* zu bestimmen: gelingt dies genau beim Ort, ist der Impuls gänzlich unbestimmt, und umgekehrt.

Der *Maxwellsche* Dämon beschäftigt sich auch mit Gasmolekülen. Er soll in der Lage sein, in einer gasgefüllten Kammer mit einer Zwischenwand in der Mitte (welche ein kleines Loch enthält) die schnelleren Moleküle von den langsameren zu trennen und in jeweils eine der beiden Kammerhälften zu bugsieren. Der Effekt dieser Handlungsweise wäre, daß sich die eine Gashälfte scheinbar von selbst erwärmt und die andere von allein entsprechend abkühlt. Derartiges wird nicht beobachtet und widerspricht dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Daraus wird geschlossen, daß es ein solches, nur versuchsweise angenommenes, "dämonisches" Mikrowesen ebenfalls nicht geben kann.

Dies schreibe ich nicht, um mit meinem "zufälligen" Wissen auf diesem speziellen Gebiet anzugeben, sondern nur zur Präzisierung der verwendeten Begriffe, wobei ich hoffe, daß mir das niemand übelnimmt.

Viele Grüße an alle,
Hans-Jürgen.


Rosmarie S antwortete am 29.06.01 (23:31):

Lieber Hans-Jürgen,

deinen Beitrag finde ich äußerst interessant. Du beschreibst etwas detailliert und verständlich, was ich bisher nicht wusste. Um Konsequenzen für diese Diskussion zu ziehen, reichen mein Verständnis oder mein Verstand nur leider nicht aus...
Ich frage mich ohnehin schon eine Weile, ob nicht auch die Chaosforschung zu Ergebnissen gelangt ist, die hier eigentlich zu berücksichtigen wären...
Meinen Freund wird dein Posting auch freuen, denn er hatte sofort, als ich vom Pascalschen Dämon redete, eingewandt, ob ich nicht den Laplace�schen Dämon meinte. Nur habe ich ihm nicht geglaubt... :-)))

Herzlichen Dank und Grüße
Rosmarie


Karl antwortete am 29.06.01 (23:33):

Hallo Hans-Jürgen,


danke für die Richtigstellung. Du hast natürlich recht, es ist der Laplacesche Dämon. Habe kein Problem damit, es ist gut dass du das korrigiert hast.


Hans-Jürgen antwortete am 08.07.01 (19:17):

Kürzlich unterhielten wir uns unter anderem über den *Zufall*. Dieses Wort kommt in dem folgenden Gedicht von Johann Scheffler vor (1624-77, "Angelus Silesius", übersetzbar mit "Schlesischer Bote"):

Ich selbst bin Ewigkeit,
wann ich die Zeit verlasse
Und mich in Gott
und Gott in mich zusammenfasse.

Mensch, werde wesentlich:
denn wenn die Welt vergeht,
so fällt der Zufall weg,
das Wesen, das besteht.

Wer Gott in seinem Tun
von Herzen loben kann,
Der hebt schon in der Zeit
das ewge Leben an.

Was der Dichter in allen Einzelheiten sagen möchte, ist nicht leicht zu verstehen. Seine Verse berühren mehrere Themen in verschiedenen Diskussionforen des "Seniorentreffs" und bieten möglicherweise neuen Gesprächsstoff.

Hans-Jürgen