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THEMA:   Egoismus ist lernbar!

 45 Antwort(en).

Felix Schweizer begann die Diskussion am 13.04.02 (23:14) mit folgendem Beitrag:

Als langjähriger Pädagoge, mit einem Studium in Psychologie und vergleichender Verhaltensforschung ...aber auch ganz einfach als aufmerksamer Beobachter meiner täglichen Umgebung glaube ich festgestellt zu haben, dass in den letzten beiden Generationen immer mehr Persönlichkeiten auftreten, die frustrationintolerant, egozentrisch oder egoistisch sind.
Schon Kleinkinder haben nicht gelernt, eigene Bedürfnisse zurückzustellen, Bedürfnisse anderer zu akzeptieren, mit unerfüllten Wünschen umzugehen. Alles Eigenschaften, die in der Suchtprävention eine wichtige Rolle spielen.
Oft fängt diese Entwicklung mit einem Überangebot an Reizen und Spielobjekten an. Ich habe als Lehrer unzählige Kinderzimmer gesehen, die man eher als Spielwarenlager bezeichnen könnte. Die Unübersichtlichkeit, die mühelose Ersetzbarkeit bei Verlust oder Zerstörung erzieht einen werdenden Menschen zur Masslosigkeit zur Verschwendung zum Verlust von Wertvorstellungen.
Als Kriegskind besass ich z.B. ein einziges Spielauto aus Holz, das mir alles bedeutete. Mit meiner Fantasie verwandelte es sich in ein Feuerwehrauto, in eine Kutsche, in ein Postauto oder in einen Traktor etc. Natürlich konnte es auch fliegen .. und auf einer Piste auf dem Esstisch landen .. um nur einige wenige Möglichkeiten anzudeuten. Vor dem Schlafengehen wurde es liebevoll in seiner Garage abgestellt.
Ich besass auch einen Holzbaukasten ... Wir nannten ihn "Sonntagsbaukasten", weil ich diesen nur am Sonntag, wenn ich artig danach fragte, ausgehändigt bekam. Am Sonntagabend musste ich die einzelnen Teile wieder ordentlich in ein Kistchen mit Schiebedeckel einordnen ... dann verschwand er für eine Woche in der Tiefe eines elterlichen Schrankes. Habt ihr auch solche Erinnerungen?
Dies nur als Beispiel. Ein heutiges Kind erkennt oft nicht einmal mehr ob es sich um ein eigenes Spielauto oder Stofftier handelt. Meinem Sohn habe ich oft dutzende solcher Spielsachen weggenommen ... ohne dass er es sofort bemerkte.
Schwergeprüfte Eltern geben meiner Meinung nach zu früh dem Drängen und Quängeln ihrer Kinder nach ... oft nur, weil es für sie bequemer ist.
Prachtsexemplare von frustrationsintoleranten Persönlichkeiten aller Altersklassen ... findet man in gewissen Schichten ... aber auch in bestimmten Kulturen häufiger als in andern.
Bevor ich weiter aushole ... möchte ich euch fragen, ob ihr an einer Diskussion über dieses Thema interessiert seid?


pilli antwortete am 13.04.02 (23:46):

gott sei dank, nicht!!!

dieser "sonntagsbaukasten" entsetzlich, die vorstellung, erst "artig" fragen zu müssen, kreatives nicht ausleben zu dürfen, spielerische elemente nur zu einer gewissen zeit
einsetzen zu können, wie grausam musst du dies erlebt haben. gut nur, dass du durch dein pädagogisches studium dann erfahren konntest, wie arg man dir mitgespielt hat, sodass keine weiteren psychischen schäden entstehen konnten, hoffe ich jedenfalls.


Felix antwortete am 14.04.02 (00:40):

pilli .. du irrst dich ...

im Gegenteil die Anregung zu kreativem Handeln liegt in der Beschränkung des Angebotes. Wer zu jeder Zeit mit einer Fülle von Materialen sich betätigen kann ... wird weniger kreativ sein ... weil das vorhandene Angebot nicht sonderlich motiviert. In den letzten Jahren hat man interessante Erfahrungen mit Vorschulkindern gemacht, denen man sämtliche Spielsachen entzogen hat. Die Kinder lernten nach dem ersten Frust sehr bald mit dem reduzierten Angebot zu handeln und zu spielen. Ihre Fantasie wurde damit angeregt, Gegenstände und Möbel in Spielsachen zu verwandeln. Sie erlebten im Freien das vielfältige Angebot an bespielbaren Objekten. Steine, Blätter, Zweige, Schneckenhäuschen wurden zu polyvalenten Spielobjekten .. bald entdeckten sie sich selber von einer neuen Seite.
Der "Sonntagsbaukasten" war für mich unendlich mehr wert, als Kisten voll Legoteilen wie sie heute bis zum Überdruss anzutreffen sind. Mein Vater war ein überzeugter Reformpädagoge und bevorzugte selbstgefertigte Spielobjekte. z.B. bauten wir als Familie ganze Zoos oder Tierställe aus Schuhkartons und Rosskastanien. Mit Streichhölzern wurden die Beine, Hälse, Schwänze etc. gemacht. Natürlich wurden die Tierchen gefüttert und auf die Weide getrieben und übernachteten in ihren Schachtelställen. Rindenstücke der Föhre wurden zu Schiffen geformt .. und im Brunnen zu Wasser gelassen und beladen. u.s.w.
Nein .. wir waren nicht arm .. das waren für uns keine Entbehrungen ... im Gegenteil .. vom Erleben und Kreativen her war dies ein kostbarer Reichtum.


Juttam antwortete am 14.04.02 (04:41):

Pilli irrt sich da in der Tat gewaltig!

Auch wir hatten zum spielen nur was wir uns aus einem
stueck Holz schnitzen konnten. Oder aus einem Karton
zusammenkleben oder durch schiere Phantasie in irgend-
ewas anderes verwandeln konnten.

Das war ja das Grossartige daran! Uns hat man gar nicht
uebel mitgespielt und wir sind auch nicht "depraviert"
aufgewachsen und das bisschen an spielsachen was wir hatten,
das war uns die Welt wert!
Dadurch haben wir nicht nur schaetzen gelernt, sondern auch
unsere Phantasie und handwerkliche Kraft nutzen gelernt.

Ich moechte mal ganz frech behaupten, dass wenn die Welt
morgen zu einem Ende kommt, die juengeren Generationen,
die mit den Barbie Puppen und Bausaetzen und den Video
Spielen und dem endlosen Fernsehangebot, sich Von
schreiben koennten, wenn von uns aelteren noch ein paar
uebrig sind, die ihnen zeigen koennen wie man aus nichts
wieder was zusammenkriegt, weil's im Laden nichts mehr
fertig zu kaufen gibt!

Deinen Kommentar, Pilli, finde ich wenn zumindest mal
recht ueberheblich, und auch etwas ignorant!
Du klingst wie ein Kinder der Neuen Gesellschaft, die
von allem zuviel haben und daher nichts richtig zu schaetzen
lernten.

Zwischen Felix, Dir und Mir sehe ich es mehr so als man
Dir da eher grausam mitgespielt haette mit Ueberangebot,
zu hoch gestellten Erwartungen - und keinem Sinn fuer
Disziplin.
Eben die typische: Ich will - und will JETZT Generation!

Juttam


pilli antwortete am 14.04.02 (08:41):

hi,
einen wunderschönen sonntagmorgen,
besonders an die beiden vertreter der "ewig gestrigen generation"
schön, dass euch die sogenannte "jetzt generation" das spielzeug "computer" zum spielen bereithält. da frage ich mich doch , warum ihr nicht mit einem holzstück in der hand spielt, anstatt mit den tasten eures computer`s?
@ juttam,
ich bin 47 geboren, auch wenn ich mich nicht so gut an dieses zeitpunkt erinnern kann, so kannst du mir vielleicht mitteilen, ob es in den läden zu dieser zeit barbie puppen, die ich übrigens schrecklich finde, oder gar videos zu kaufen gab. lacht mich hier schon wieder mal das wort vorurteil an?

ich wünsche euch beiden den mut, den computer abzustellen, zurück in`s real life zu gehen, und das von euch so schmerzlich vermisste spielzeug wieder aus alten kisten zu kramen. so denke ich werdet ihr zurückkehren können zu den träumen und den oben so gelobten kindheitserinnerungen.

das überangebot, dass sich wohl im "jetzt" anbietet, da kann jede + jeder selbst entscheiden, wie damit zu verfahren ist.

warum fällt mir hier wieder das posting von "seewolf" von den "tumben menschen mit der mistgabel" ein?

pilli,
die gerade frühstückt und dabei das allegro -der frühling- aus den "vier jahreszeiten" von antonio vivaldi geniesst, wie schön, dass meine eltern recht früh das hierzu erforderliche technische gerät (erst plattenspieler, dann cd-player) für mich besorgten. so hatte ich die chance auch als kind schon auszuwählen, ein konzertbesuch war nicht so oft möglich.


Ullika antwortete am 14.04.02 (09:31):

Ich gebe Felix vollkommen Recht und bin der Meinung, das Sprichwort "Not macht erfinderisch" hat in abgewandelter Form seine Gültigkeit bis heute nicht verloren. Die Kinder sind daran daran gewöhnt, im Überfluss zu leben mit der Folge, dass sie aus Langeweile den High-Kick suchen. Als Erwachsene haben sie sich an die Konsum- und Reizüberflutung durch die Medien gewöhnt und brauchen ihren eigenen Psychiater, wie wir es aus Amerika seit Jahren kennen. Dies ist meines Erachtens jedoch eine Frage der Erziehung. Wichtig ist es, gezielt die Begabung eines Kindes zu fördern und dafür alles zu tun.


alima antwortete am 14.04.02 (09:32):

um da mal ein wort als oma mitzureden, bei meinem enkel im kinderzimmer sieht es wie in einem spielzeugladen aus, der junge ist 5jahre und verwöhnt bis zum abwinken. da hilft auch kein gutes wort über das zuviel, spielen tut er so oder so immer nur mit einer sache. wenn du fragst warum dann kommt die antwort, mein sohn soll nicht zurückstehen. was bekommt er aber mit 16 jahren? ein luxusauto?


schorsch antwortete am 14.04.02 (10:13):

Felix hat Recht. Auch wir hatten nichts anderes als unsere Fantasie. Aus einem Backstein mit Löchern wurde ein Zoo für Heuschrecken und Käfer, aus einem ergatterten Faden oder einem Stück Schnur ein Lasso, aus einem Stein ein Hammer, ein Amboss, das Teil zu einer Burg oder anderem. Leere Büchsen und Flaschen wurden nicht einfach entsorgt, sondern dienten noch als Rohmaterial für unendlich viele Spiele.
Aus Spiel wird Ernst, aus der Fantasie Wirklichkeit.......
Wem der Anreiz genommen wird, seine Fantasie zu entwickeln, wem alle Spielzeuge fixfertig frei Haus geliefert werden - wird der oder die jemals mit unerwarteten Situationen fertig werden?

Schorsch


Fred Reinhardt antwortete am 14.04.02 (10:22):

Warum bleiben wir nicht " IN DER ZEIT ".

Felix du und die Damen die dir zustimmen haben ja recht, aber dies nur mit der Überschrift : Es war einmal.
Wird unseren Kindern nicht ganzjährig in Supermärkten, Spielzeuggiganten, Tankstellen usw., Spielzeug angeboten ?
Übertragen wir nicht unser Konsumverhalten manchmal sogar ungewollt auf unsere Kinder ?
Wir kaufen doch ein, mit Enkelkindern und im Einkaufswagen liegt die bereits abgepakte Ware und keine Ware mehr, die vom Krämer abgewogen wird. Unsere jetztige Einkaufsmentalität ist in keinster Weise mit früheren vergleichbar. Was erwarten wir denn dann von unserem Nachwuchs ?

Unser Enkel leben in ihrer Zeit wie wir in unserer Zeit gelebt haben.
Mit dem Wort " Erziehung " kann ich nicht viel anfangen. Das habe ich selbst auf kaum ertragbarer Weise erlebt. Mir wäre schon damals das " Vorleben " lieber gewesen. Das Leben vorgelebt haben wir unseren Kinder und so praktizieren es unsere Kinder mit den Ihren. Sie sagen uns oft : Danke Mama , danke Papa.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag.


schorsch antwortete am 14.04.02 (10:32):

@ "....pilli,
die gerade frühstückt und dabei das allegro -der frühling- aus den "vier jahreszeiten" von antonio vivaldi geniesst, wie schön, dass meine eltern recht früh das hierzu erforderliche technische gerät (erst plattenspieler, dann cd-player) für mich besorgten. so hatte ich die chance auch als kind schon auszuwählen, ein konzertbesuch war nicht so oft möglich."

Liebe pilli, wetten dass Deine Eltern zur Generation jener gehörten, die den Krieg miterlebten, darbten, keine Spielzeuge hatten - und sich in falsch verstandener Kinderliebe schworen: "Meine Kinder sollen es einmal besser haben!"? Hast Du es nun tatsächlich besser? Ist nicht der Bezug zur Realität, das Verständnis und Mitgefühl für jene, die nicht so auf Rosen gebettet waren wie Du, auf der Strecke geblieben?

Schorsch


Utelo antwortete am 14.04.02 (10:59):

Gutern Sonntag-Morgen alle miteinander,
Felix hat Recht. Wir hatten als Kinder auch nicht viel. Aber ein Knopfpaketchen oder Sicherheitsnadeln und etwas Kreide z.B. ergaben wunderbar das Hüpfekästchenspiel auf der Straße. Es war nicht laut, man bewegte sich und hatte Spaß mit anderen Kindern. Theater spielen -Märchen- mit ausgedienten oder von der Leine geliehenen Gardinen und Kleidungsstücken, war das größte. Alle Leute aus der Nachbarschaft kamen und guckten zu. Oder direkt die ganze Leine zum Seilspringen genommen. Aber natürlich immer wieder an Ort und Stelle zurück gegeben. Wenn das nicht gemacht wurde, gab es Senge.

Sicherlich ist es schön, daß unsere Kinder nicht mehr so arm aufwachsen, die Technik weiter gegangen ist, man mehr Möglichkeiten hat. Aber es ist auch nicht zu übersehen, daß viele Kinder und Jugendliche nicht mehr spielen und kommunizieren können. Ich freue mich auch über den Fortschritt und daß ich mir heute etliches leisten kann, was früher nicht möglich war. Aber immer noch überlege ich, ob ich etwas wirklich haben möchte oder ob es nur aus einer Momentlaune heraus reizt.
Meine Kinder -alle 3 erwachsen und selbständig- kaufen sehr oft, ohne zu überlegen oder weil der eine oder andere das Teil hat und man ja mithalten muß. Dann wird sich gewundert, daß am Ende des Monats nichts mehr da ist.

Es ist leider so, daß allgemein die Reizüberflutung Überhand nimmt, sowohl Kinder als auch Erwachsene nicht mehr unterscheiden können zwischen notwendig, ein bischen überflüssig und total überflüssig. Bei all dem kommt leider viel zu kurz, daß einem anderen eine Freude machen, mal Zeit widmen usw. viel mehr auch für den Gebenden bringt. Der Egoismus ist da, leider aber oft zum Nachteil der Egoisten, da sie auch nur von solchen umgeben sind. Aber auch diese Generation wird noch lernen, daß nicht immer alles im Überfluß da ist und daß man auch andere Menschen braucht.
Seit meiner überwundenen Krebserkrankung lerne ich allerdings ganz bewußt Egoismus. Ich bin nicht mehr immer und unbedingt jederzeit für andere da. Oft kann ich mich auch taub und dumm stellen, was ich von den anderen gelernt habe. ALlerdings ist das tatsächlich ein schwieriger Prozeß, da das ganze vorige Leben halt anders war. Aber es tut gut, auch mal nein zu sagen.,


pilli antwortete am 14.04.02 (11:37):

ich glaube, ich verstehe euch nicht mehr...

da schwärmt felix vom artig fragen "dürfen" einmal in der woche den sonntagskasten benutzen zu dürfen, dann wiederum
aber spricht er "von der selbst kaum ertragbaren weise, und nicht ertragen können" wenn er sich erinnert.

was stimmt denn nun?

schorsch, wieso auf "rosen gebettet",? auch wenn meine eltern für mich den namen rosmarie gewählt haben, so muss doch nicht das unbedingt die folge davon sein. liege ich da analytisch falsch?
magst du keine musik, weil du den versuch meiner eltern mich schon recht früh mit diesen wunderbaren möglichkeiten
bekanntzumachen, gleichsetzst mit "einmal besser haben".?

es gibt immer mehrere möglichkeiten; aber urteilen, ohne die menschen, die mir gegenüberstehen zu kennen, dies ist eine möglichkeit, die ich auschliessen möchte.

nun werde ich in meinen garten "fahren", mich in die kleine laube setzen, wieder kaffee trinken und mittels tragbarem cd-player den hummelflug aus zar saltan von nikolaj a. rimsky-korsakov geniessen. beim unnkraut rupfen versuche ich dann, den gefangenenchor aus nabucco von verdi zu summen, denn das wird mich an einige von euch erinnern, gefangen und traurig in so manchem.:-))

pilli,
die ihren eltern sehr dankbar ist, auf so schöne art und weise so vieles lernen zu können


Ingrid Steiner antwortete am 14.04.02 (15:06):

Hallo an alle,

wie schön, daß Ihr die Not der Nachkriegszeit in so verklärtem Licht sehen könnt - wahrscheinlich war die Eure nicht allzu groß. Ich genieße es, z.B. einen Kühlschrank zu haben und nicht mehr meine Phantasie strapazieren zu müssen, wie ich in Wald und Wiese gesammelte Nahrungsmittel frisch halten kann; und genauso gönne ich jeden Luxus den jüngeren Generationen. Macht Euch keine Sorgen um die Nachkommen, denn "Not macht erfinderisch" und auch die Jungen werden das schaffen, wenn es notwendig ist. Wollen wir hoffen, daß es nie mehr dazu kommt.

Ich wünsch Euch noch nen schönen Nachmittag mit PC, Fernsehn, Fließwasser, Tiefkühler usw.
Ingrid


Johanna Müller antwortete am 14.04.02 (15:33):

Ich selbst bin "Nachkriegsware" aber ich habe schon sehr zeitig gelernt, daß Phantasie und kreatives Gestalten nur gedeiht, wenn kein Überangebot an Spielsachen vorhanden ist. Diese Einstellung habe ich auch an meine Kinder weitergegeben.
Denn unsere Wünsche sind wie kleine Kinder: je mehr man ihnen nachgibt, um so anspruchsvoller werden sie.
Ich halte es mit einer chinesischen Weisheit: Gier macht den Menschen im Leben arm, denn die Fülle dieser Welt macht ihn nicht reich.


Barbara antwortete am 14.04.02 (15:35):

Genau diese Gedanken (von Felix) sind mir auch schon durch den Kopf gegangen. Allerdings kann man den Kindern keine Schuld geben, denn sie sind Opfer dieser Übersättigung. Wir leben einfach in einer anderen Zeit. Ich habe mir z.B. während meiner ganzen Kindheit Rollschuhe gewünscht. Noch heute habe ich das Bild von ihnen im Schaufenster des Eisenwarenhändlers vor Augen. Der Traum wurde nie erfüllt.

Heute brauchen die Kinder ihre Wünsche nicht einmal mehr zu äußern: sie bekommen auch so fast alles. Die Kindergeburtstage werden zu den reinsten Kinderfesten mit kostspieligen Höhepunkten, die immer wieder überboten werden müssen. Aber wie gesagt, den Kindern darf man keine Schuld geben. Es sind die Eltern und Verwandten, die die Kinder derart übersättigen. Es ist jedoch anstrengender, sich mit Kindern sinnvoll zu beschäftigen, als sie mit immer neuem Spielzeug ruhig zu stellen.

Ein kleines Mädchen aus der Nachbarschaft bot ihre Puppen auf dem Flohmarkt zum Verkauf an! Bei mir hat sich das Herz umgedreht. Stell Dir vor: sie sitzt da und bietet ihre Puppen für ein paar Mark zum Verkauf an! Ich habe meine Puppen noch heute und würde ganz bestimmt keine verkaufen. Wahrscheinlich hat dieses Mädchen jedoch nicht drei oder vier sondern zwanzig oder dreißig. Wie soll sie da eine innige Beziehung zu den Puppen aufbauen? Die Kinder sind einfach überfordert.

Es sind die Erwachsenen gefordert, sich gegen die aggressive Werbung der Industrie zu wehren. Aber das kostet Kraft......

Barbara


Manfred Franz antwortete am 14.04.02 (15:36):

Wie wahr! Aber ist es nur die "böse" (Werbe-)Industrie? Sind, oder besser waren, wir da nicht auch ganz erheblich selbst schuld? Wichtig wäre m.E. eine Einstellung zu fördern, die nicht im Nachäffen, in der Uniformierung, im Besitz, sondern in der Leistung, der Selbsständigkeit der Gedanken und des Wollens den Sinn und Wert der Freiheit sieht. Sehr schwierig.
Aber: Warum gelingt das immer wieder manchen Eltern, der großen Masse aber nicht? Materielle Unterschiede sind offenbar nicht dafür verantwortlich zu machen. In ALLEN Gesellschafts- und Einkommensschichten gibt es solche und solche Ergebnisse der "Erziehungsarbeit"...


pilli antwortete am 14.04.02 (15:37):

"erziehungsarbeit", welch garstiges wort, ziehen und zerren ist ja wohl nur möglich, weil die, die in eine richtung gezogen werden, sich nicht wehren können, da noch so jung und klein.wo kann hier selbständiges denken und handeln entstehen?
ist es nicht vielmehr freude,als "arbeit":-)))


Mechthild antwortete am 14.04.02 (15:39):

�Was nutzt die ganze Erziehung, die Kinder machen uns eh alles nach.� Das war der wichtigste Satz, den ich aus meinem Pädagogikstudium mitgenommen habe. Wer das gesagt hat weiss ich nicht mehr, aber es war ein kluger Mensch. Es ist nicht wichtig, ob ein Kind viel oder wenig Spielsachen hat, wichtig ist das jemand da ist, der mit ihm spielt. Dem Kind dabei hilft, die Spielgeräte zu benutzen und sie repariert, wenn sie kaputt sind. Reizüberflutung ist ein Problem unserer Zeit. Man muss den Kindern dabei helfen die Welt zu strukturieren und die vielen Reize zu sortieren und ihre Wirkung zu beurteilen. Dabei brauchen sie Vorbilder und keinen erhobenen Zeigefinger. Doch positive Vorbilder gibt es heute wenig. Der größte Teil Erwachsenen ist damit beschäftigt Geld zu beschaffen um leben und konsumieren zu können und die Kinder machen es ihnen nach. Aber es gibt auch heute Erwachsene und Kinder, die spielen gerne, haben viel Fantasie und machen tolle Dinge miteinander. Ich hoffe Du auch? :-)))


Margret antwortete am 14.04.02 (16:03):

an pilli
<ist es nicht viel mehr freude als arbeit>
sicher bringen Kinder Freude aber auch sehr viele Sorgen. Im übrigen denke ich das ein zu viel an Spielzeug schädlich für die Phantasie sein kann.
Im Kinderzimmer meiner Enkel liegt auch sehr viel Spielzeug, aber wenn ich dann sehe das sie trotzdem noch viel im Garten rumbuddeln und mit dem Ball spielen bin ich wieder beruhigt.
an Barbara
meine Puppen hätte ich nie verkauft, sie wurden mir durch den Krieg auch so genommen, ich bekam als Trost von einem Mädchen eine Stoffpuppe geschenkt, die habe ich dann gehütet wie mein eigenes Kind.

Gruß Margret


Geli antwortete am 14.04.02 (16:23):

@ pilli: "es gibt immer mehrere möglichkeiten; aber urteilen, ohne die menschen, die mir gegenüberstehen zu kennen, dies ist eine möglichkeit, die ich auschliessen möchte."

Habe ich da was falsch verstanden ? Bist es nicht Du, die (zumindest hier im Forum) so häufig andere Meinungen (und damit Menschen) einfach "niederbügelst" ?

Gruß Geli


mulde antwortete am 14.04.02 (17:45):

Man kann das drehen wie man will - hier geht es doch einzig darum so hab ich den Felix verstanden um die Kreativität der Kinder und da hat hat er nun mal recht.
Ob die Pilli nun dieses oder jenes Konzert gern hört, das ist doch Lobenswert , das ihre Eltern sie schon mit jungen Jahren an dieses Medium herangeführt haben, das ist hier
nicht das Thema - obwohl die musische Erziehung einen
großen Stellenwert hat den niemand bestreitet.
Aber mal ehrlich Pilli hatte Deine Lieblingspuppe auch
mal Zahnschmerzen oder Bauchweh? Um Phantasie geht es,
nicht was man den Kindern heute bieten kann. Die Kindliche
Gedankenwelt, die Erfahrung - die verwirklichung ihrer
eigenen Gedanken - das wird durch PC und ähnlichen nicht erreicht , die PC Spiele mal ehrlich - bilden die unsere
Kinder ?
Bei mir im Hof standen ein paar Arbeitsböcke (Zimmermansböcke) zu was wurden diese von meinen Jungens alles benutzt - mal waresdas Pferd mit dem Couwboy und 7000 Rinder
mal war es die Feuerwehr sogar weil der Nachbar mal mit
dem Krankenwagen geholt wurde war es ein Saniwagen.
aber auch die Sprüche ,die sie gehört haben.
na da schweige ich lieber.
Heute mache ich leider auch die "Wohlstandsfehler"
in dem ich meine Kinderwünsche bei meinen Enkeln erfülle.
eine Fensterscheibe ging auchzu bruch - Opa hat zwar knurend bezahlt aber innerlich sich gefreut.
Was da die Pilli meint warum wir "Alten dann auf die PCtasten hauen und nicht mehr mit dem Holzkasten spielen"
das ist nur ihre Unerfahrenheit und auf diesem Gebiet
trotz aller Intelligenz ganz einfache Armut gepaart mit ungesundem Hochmut
Pilli auch "SONNTAGSHOLZKASTENKINDER" finden ihren Weg im Leben
einen netten Gruß
von mulde


pilli antwortete am 14.04.02 (19:19):

ach geli,
schon wieder nicht aufmerksam und konzentriert gelesen?

schorsch urteilt über meine eltern. desweiteren aber schrieb ich: "ausschliessen möchte". :-))
dies klappt nicht immer(gg)


Adolf Merkt antwortete am 14.04.02 (20:00):

Ich habe letzte Woche in einem Kaufladen ein kreatives Kind erlebt. Das hat sich auf den Boden geschmissen und fürchterliche Stimmen von sich gegeben weil es etwas haben wollte und nicht bekam. Die Phonhöhen wurden immer intensiver bis das Kind es bekam. Der Felix war halt damals nicht schlau genug mit dem Sonntagsbaukasten oder haben sich die Zeiten geändert ?


Geli antwortete am 14.04.02 (20:17):

@ pilli: Ich hab�s aus Deinem Text herüberkopiert ;-) !
Und: schließt Du es denn wirklich aus ? Vielleicht ja theoretisch, aber praktisch urteilst Du dauernd, und oft genug in verletzender Art und Weise (damit meine ich nicht Deine Reaktionen auf meine Meldungen!).
Aber lassen wir diese Haarspaltereien, für die hier nicht der Platz ist !
Schönen Abend trotzdem
Geli


Felix Schweizer antwortete am 15.04.02 (00:29):

Immerhin .. das Thema hat eine Diskussion in Gang gesetzt. Einige Beiträge habe ich zwar nicht ganz verstanden ... deshalb frage ich nochmals:

pilli
- wo siehst du in meinen Aussagen einen Widerspruch .. woher stammt das 2. Zitat?
- Ich glaube du bist ein Spassvögelein ... das ist doch nicht dein Ernst .. ich solle in meinem Alter auf einem Stück Holz spielen ... statt Konversation mittels Computer zu betreiben. Alles zu seiner Zeit. Ob ein Vorschulkind an den Computer gehört ... ist eine ganz andere Frage.
- Das Beispiel mit dem konsumieren klassischer Musik.... mag ich dir gönnen. Das war bei mir anders. Ich wuchs neben der Martinskirche in Basel auf. Diese wird vorallem als Konzertraum benutzt. Ich hörte mir regelmässig Konzerte an ... indem ich dem Küster half, die Platznummerierungen anzubringen. Einer der Plätze hatte eine Fantasienummer ... und dort sass ich! (Adolf Merkt vielleicht, dass es mir nicht an Schlauheit fehlte!)
Schon sehr früh lernte ich das Geigenspiel, begleitet von meiner Schwester auf dem Klavier oder mit der Orgel. Später spielte ich in einem Orchester und lernte weitere Instrumente wie Blockflöte und Piccolo spielen... letzteres vorallem Jahrzehnte lang mit Begeisterung an der Basler Fasnacht. Daneben war ich schon als Gymnasiast in der Singelite, später in einem gemischten Chor. Dabei kamen die meisten Oratorien zur Aufführung. Ich sang mich vom Kabensopran bis zum Männerbass durch. Pilli .. kein Vergleich auch zum besten Tonträger und Superverstärkeranlage! Mein erster Lenco-Plattenspieler ... und alles weitere kaufte ich mir mit meinem selbstverdienten Geld ... Ich bekam ausser einer Violine und Unterricht nichts geschenkt ...Pilli!
Heute freue ich mich auch immer wieder an meiner umfangreichen Musiksammlung auf verschiedenen Tonträgern ... oder kreiere eigene Kompositionen auf dem Synthesizer oder Computer .... Pilli merkst du etwas?

Fred
einen werdenden Menschen in seiner Entwicklung und Selbstwerdung so zu begleiten und zu fördern, dass seine Anlagen und Fertigkeiten sich frei entfalten können ( .. tönt besser als Erziehung ... bezeichnet aber das gleiche) ist auch in unserer Zeit möglich. Verändert haben sich vielleicht die Methoden und Mittel, die man dazu braucht.

Ingrid
der Umstand, dass heute die programmierbare Waschmaschine die Wäsche sauber macht ... und dass man nicht mehr die Bettlaken am Dorfbach über Steine schlagen muss ... hat wirklich nichts mit unserem Thema zu tun.

Menschen dazu zu bringen ... auch mit ihrem Frust auszukommen ... ist in unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Das Projekt mit den spielzeuglosen Kindergärten ist im Rahmen eines Suchtpräventionsprogramms in Basel und an andern Orten durchgeführt worden. Der Ansatz sollte eigentlich einleuchten!


Felix antwortete am 15.04.02 (00:50):

Wer sich mit "spielzeugfeien Kindergärten" näher befassen möchte findet hier einige Hinweise:

https://www.bayern.jugendschutz.de/schwerp/MATESUCH.HTM
https://www.ajfp.bs.ch/spielzeugfreier_kindergarten_als_projekt_der_suchtpraevention.pdf
https://www.spielzeugfreierkindergarten.de/literatur.html
https://wien.gruene.at/floridsdorf/kinder/kth-u2-s1.html

(Internet-Tipp: https://www.ajfp.bs.ch/spielzeugfreier_kindergarten_als_projekt_der_suchtpraevention.pdf)


schorsch antwortete am 15.04.02 (10:16):

@ Mechthild: "....Dem Kind dabei hilft, die Spielgeräte zu benutzen und sie repariert, wenn sie kaputt sind....."

Recht hast Du. Und ich möchte noch erweitern: "Den Kindern ZEIGEN, wie man die Spielzeuge (und anderes) repariert." Denn Kinder lernen von uns. Und wenn wir Zeit haben für sie und ihre Probleme, dann werden sie einst auch Zeit haben für ihre Kinder und deren Probleme - und - wer weiss!? - auch für uns.

Schorsch


ausfeldi antwortete am 15.04.02 (10:25):

Ach, wie gut, dass es noch einige EWIG-GESTRIGE gibt unter diesen wenigen, aber intensiven Zynikern, die nur sich in narzisstischer Manier zu jedem sozialpolitischen Thema äussern müssen, obwohl sie von Erziehung (ja so heißt das nun mal) keine Ahnung haben. Mich wunderts bei diesen Einstellungen sogenannter Erwachsener nicht mehr, dass immer mehr dumpfe Glatzköpfe durch die Lande poltern. Denen wollte auch niemand mehr zeigen, wie wichtig es ist, mit Anderen, Fremdem, Einfachem zu leben. Ganz außerhalb von der Spassgesellschaft. Was soll denn mit denen geschehen, die keine Freude (Spass) am Autofahren, ihrer Arbeit, ihrer Sozialwohnung, ihrem Minigehalt/Minirente haben? Auslagern?
ausfeldi


lydia h. antwortete am 15.04.02 (10:52):

guten morgen,

ich habe leider im moment keine zeit alle beiträge zu lesen. habe also vorerst nur felixs und pillis beitrag gelesen. und einige andere ünberflogen.


auch ich hasse es normalerweise auch sehr, wenn ältere leute dauernd von den "guten" alten zeiten schwärmen und über die ewig schlechte heutige jugend reden.

was heisst schon heute - was gestern? es gab immer ein gestern und wird immer ein heute geben.

ABER hier geht geht es doch um was ganz anderes. hier hat der felix nicht schwärmerisch und unrealistisch von seiner erfahrung als kind geredet!

nein, das was er erlebte, das könnte man zu jeder zeit - zumindest teilweise verwirklichen.

(z.B ein teil der spielsachen auf den dachboden versorgen und diese von zeit zu zeit auswechseln.)

eine meiner schwiegertöchter findet es auch bedrohlich in wieviel spielsachen ihre kinder seelisch zu ersticken drohen

sie sagt selber, es sei so schwierig, einesteils möchte man dem kind freude bereiten mit all dem was man selber nicht hatte- und man kann es sich leisten.

andernteils sieht man wie diese freude nur ganz kurz anhält und alles andere als kreativ wirkend ist!!!

IM GEGENTEIL je mehr ein kind hat, wie unkreativer wird es!! auch- je mehr es hat je agressiver oder auch aphatisch wird es.

ich selber habe fünf kinder im alter von 18 bis 33, 4 jungs und ein mädel grossgezogen (die letzten 7 jahre alleine) alles absolute wunschkinder!

unsere kinder hatten immer viel weniger spielsachen und fast nie neu kleider und schon gar keine markenklamotten, weil sowas finanziell einfach nicht drinlag.

dafür habe ich mit ihnen aus allen nur erdenklichen materialien gebastelt bis zum abwinken.

wir benutzten also nie diese grässlichen "vorgekauten" bastelpackungen, in welchen alles was es dazu braucht (also auch die idee und die fantasie) schon fertigzusammengestellt geliefert wird.
und mit welchen man natürlich darnach auch keine unordnung hinterlässt. - sehr praktisch aber oberlangweilig.

unser erster besass am wenigsten spielsachen von allen 5. heute sind sie alle sehr kreativ und grosse improvisationkünstler, aber der absolute profi auf diesem gebiet ist der älteste!

mensch- was haben unsere kinder immer nach hause geschleppt was andere fortgeworfen!!

das war nicht immer leicht, all dieses sammelsurium rund ums- und im haus!!

aber wenn ich dann sah, wie sie diese sachen reparierten oder einfach mit viel fantasie etwas anderes drausmachten, dann schaute ich über das chaos hinweg und freute mich, dass sie sich selber so toll beschäftigen können. langeweile, das habe ich bei denen NIE erlebt, das war etwas was sie gar nicht kannten.
mfg

lydia


lydia h. antwortete am 15.04.02 (10:53):


ach ja- ein fernseher hatte wir auch nicht, aber sie hatten gar keine zeit den gross zu vermissen.
es gab zwar auch tage wo sie darnach verlangten weil sie in der schulpause nicht mitreden konnten wenn andere vom vorabendlichen film erzählten.

auf den fernseher verzichteten wir aber nicht aus finanziellen gründen sondern ganz bewusst wegen den kindern.

die lehrer haben das auch immer wider erwähnt, dass man dies ganz deutlich und positiv merken könne, dass unsere kinder keine tv konsumenten seien.

bei den zwei jüngsten war die situation dann anders.
die konnten bei nachbarn einfach ins haus und unkontrolliert den kasten anlassen.sie waren damals 4 und 6 1/2.


da musst ich handeln (auch gegen den willen meines damaligen mannes) und auch ein gerät anschaffen.

dieses kam aber zuoberst im haus ins gästezimmer.
wo man also sozusagen hingehen musste wie ins kino:-)

ich liess die kleinen auch nie alleine schauen, nicht einmal das gutenachtgeschichtchen:-) wir setzten uns immer gemeinsam hin und genossen es zusammen.

als sie etwas grösser waren und länger schauen durften, wählte ich die programme sorgfältig aus. tagsüber nahm ich interessante sendungen auf die sie dann nach der schule ansehen konnten. tierdokumentationen liebten sie am meisten.

mfg
lydia

ps heute schauen sie natürlich nicht mehr mit der mutter fern! *gggggg*


Margit Wanner - bongoline antwortete am 15.04.02 (10:57):

Ich glaube, Egoismus haben wir selbst am besten gelernt. Ist es nicht Egoismus, die Kinderzimmer mit Spielsachen vollzustopfen, um sich damit seine eigene Ruhe zu erkaufen. Ist es nicht so, daß nicht mehr gesehen und gehört werden will. Kinder geben doch schon von der Wiege an zuerst mit Gesten, dann mit beginnenden Worten Zeichen, was ihr Bedürfnis wäre. Aber anstatt darauf zu achten, wird ein Kugelspiel an den Wagen gehängt, na nun beschäftige dich mal selbst. Ober das Bettchen wird ein aufziehbares, tonverfälschendes Spielwerkel gehängt, wer hat denn noch Zeit, sich ans Bettchen zu setzen und dem Kind beim Einschlafen zu helfen, der Fernseher wartet doch schon. Uns fehlt doch die Kreativität, wo sollen sie dann die Kinder her haben. Wir denken doch nicht mehr im Kleinen, wie sollen dann Kinder bescheiden denken lernen. Wir haben doch das Plastikzeitalter geschaffen, die Kinder sind gezwungen, darin zu leben. Wir sind so egoistisch geworden zu glauben, Kinder müßten sich mit sich selbst beschäftigen. Und wir sind so egoistisch geworden, in unseren Kindern die Rentensicherung zu sehen und wir geben als Dank für die Sicherung dieses für uns wichtigen Lebensabschnittes Plastik !!!!!!! - Und nun meine Frage - wer hat Egoismus bestens gelernt?


WANDA antwortete am 15.04.02 (13:35):

kann auch nicht alles lesen, möchte aber meinen senf dazugeben.
vertraut bei kindern auf die erbmasse und euer vorbild. auch kinder mit viel viel spielzeug können durchaus sensibel sein und soziale verhaltensweisen zeigen.
für mich besteht da kein zusammenhang.
gerade das ganz arme kind (indien) MUSS EGOISTISCH SEIN; UM ZU ÜBERLEBEN


Rosmarie Vancura antwortete am 15.04.02 (13:52):

Schorsch u.a. noch schöner ist es, mit den Kindern Spielzeug zu erzeugen.

Habe gerade heute drei Nachbarskindern das Hüpfspiel
"Himmel und Hölle" mit Kreiden auf die Strasse gemalt
und noch schöner..." Ich habe vorgehüpft".

Wir müssen lernen zu lehren damit Kinder lernen und später ihre Kinder lehren können.
Es grüsst: Die hüpfende Oma!


lydia h. antwortete am 15.04.02 (16:42):

Hallo Wanda,
>auch kinder mit viel viel spielzeug können durchaus sensibel sein und soziale verhaltensweisen zeigen.

Dass diese Kinder genauso sensibel sein können wie die überfluteten, das ist schon klar.
auch, dass nicht jedes kind, welches im spielzeug fast ertrinkt grossen schaden nehmen muss.
Der Mensch ist ja bekanntlich ein zähes Wesen:-)

natürlich sollte man auch bedenken, dass der Massstab in der jetzigen zeit schon anders angesetzt werden muss als vor jahrzehnten.
nicht weil ein "heutiges" Kind unbedingt anders ist als ein "gestriges". Aber an die umstände muss man sich nun mal (ob man will oder nicht) ein wenig anpassen sonst müsste man auch bei uns erwachsenen gleich alles entfernen was man früher nicht hatte.

vor allem kann man nicht mehr sozusagen "von 100 auf null" Denn was damals (im Beispiel von Felix mit dem sonntagsholzbaukasten) überhaupt kein problem war (das kannten die meisten kinder nicht anders) das wäre heute (mit nur zwei spielsachen) einfach nicht mehr durchführbar und sicher auch nicht sinnvoll.

denn es ist ein grosser unterschied ob man dies damals tat, als es auch im ganzen umfeld für die kinder sehr wenige reizfelder gab, oder heute wo sie stündlich tausenden von solchen reizen ausgesetzt sind (besonders in der stadt) die "heutigen" kinder sind demnach viel abgehärteter gegen reizflut. daher darf man sicher auch die anzahl der spielsachen einwenig anpassen. anpassen - aber nicht überhäufen:-)
und eben- ab und zu die hälfte davon für eine weile verstecken. das gibt dann jedesmal ein riesenfest, wenn sie wieder zum vorschein kommen. die freude daran ist oft sogar grösser als an neuen sachen. es ist wie das widersehen alter freunde.

was die komplett spielsachenfreien kindergärten betrifft, das finde ich (ist nur meine geringe meinung:-) eben ein rennen von einem extrem ins andere. als versuchskaninchen herhalten müssen einmal mehr die kinder (wie war das damals mit dem versuch der antiautoritären erziehung?, wer nicht mitmachte war nicht in! ;-))
mfg lydia h.


Nick antwortete am 15.04.02 (16:49):

Mit Kinder spielen. Was schöneres gibt es nicht. Wer das nicht tut, der verpasst sehr viel im Leben seiner Kinder.


lydia h. antwortete am 15.04.02 (17:42):

und in seinem eigenen :-))


e k o antwortete am 15.04.02 (19:34):

Was Felix da von sich gibt, ist "Schnee vom letzten Jahrhundert", das kann man heute nicht mehr praktizieren.

Da halte ich mich lieber an lydia h's Ausführungen, die sind doch ganz anders, weil zeitbezogen und realistisch. Alles, was sie schreibt, kann ich Unterstützen, ich denke genauso.


lydia h. antwortete am 15.04.02 (20:23):

liebe(r?) eko

danke für die anerkennenden worte (tut echt gut:-))

doch- so wie ich felixs erstes (und irgend ein weiteres herausgepicktes:-) posting verstand glaube ich aber nicht, dass er meint man dürfe heute einem kind nur 2 spielzeuge geben. ich verstand das so, dass auch er den riesen überfluss in welchen die kids sich heute durchwühlen müssen ankreidet.

aber eben, wie schon gesagt ich habe immer noch nicht ganz alles gelesen, komme nur immer wieder mal zwischendurch auf die page (bin heute fast den ganzen tag am surfen weil ich wichtige infos brauche (und diese nicht immer auf anhieb finden kann:-/)

liebe grüsse
lydia h.


Felix Schweizer antwortete am 16.04.02 (00:02):

Hallo eko & Co ...

mit "Schnee vom letzten Jahrhundert" versuchst du ... wie es deine Art ist ... die sehr rezenten Feststellungen in den Dreck zu ziehen. Du hast auch nicht bemerkt, dass das letzte Jahrhundert erst vor Kurzem geendet hat!
Bitte widerlege zuerst einmal sachlich folgende Postulate:
- Ein Überfluss an Spielobjekten, Reizen, Befriedigungen fördert die Frustrationsintoleranz.
- Dieser Überfluss ist für die Entwicklung der Fantasie und eigener Strategien nicht förderlich.
- Bei den letzten zwei Generationen beobachten wir in unserem Kulturbereich progressiv das Auftreten und die Folgen dieses Überflusses.
- Grund für diese Fehlentwicklung sind z.B. der materielle Wohlstand, ein Überangebot an Befriedigungsmitteln, ein bequemer "Laissez faire"-Stil oder sogar eine fatale antiautoritär-verbrämte Kapitulation vor der eigenen Erziehungs-Verantwortung.
- In den letzten Jahrzehnten ... aber besonders mit der vermehrten Zunahme des Fernsehkonsums .. beobachten Fachleute eine signifikante Abnahme der Kreativität, der Originalität, des Einfallsreichtums und vorallem der Motivation zur Selbsttätigkeit. Statt dessen macht sich ein Konsumverhalten breit, das zweifelhafte Gütemassstäbe verwendet. Wichtig ist, dass etwas "sackstark" ... "affengeil" ist oder "Pepp" hat.

Das ist kein Generationenkonflikt ... wo die ältere Generation an der jetzigen alles kritisieren muss ... sondern eine Wertänderung unserer Sozietät. Wir müssen diese Tendenzen auch nicht unbedingt werten. Vielleicht ist diese Generation einer Konsumgesellschaft besser angepasst ... als wir. Möglicherweise sind wir mit unseren idealistischen Vorstellungen kuriose Auslaufmodelle.
- Menschen ... nicht nur Kinder .. brauchen Leitblanken ... auch wenn man das nicht gerne einsieht.


Felix antwortete am 16.04.02 (09:45):

.. tschuldigung... "Leitplanken" ... nur die Nerven liegen manchmal blank .. dann sind es "Leidblanken"... &:-))


schorsch antwortete am 16.04.02 (10:30):

Wir machten es mit unseren Kindern so - und so wird es von ihnen auch mit ihren Kindern praktiziert:
Ein Teil der Spielsachen wandert fein säuberlich auf den Estrich. Nach einigen Monaten wandern andere Spielsachen dorthin und die Enkel können auswählen, welche der sich im "Depot" befindenden sie wieder für eine Zeitlang haben wollen. So ist Gewähr geboten, dass die Kinder nicht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen - und die Eltern müssen weniger die Beine hochziehen, wenn sie durchs Kinderzimmer gehen!

Schorsch


Felix antwortete am 16.04.02 (11:15):

Hallo Schorsch,

genau so haben wir es bei unserem Sohn auch gehalten ... Dazu kam, dass wir von Zeit zu Zeit wenig begehrte Spielsachen an entsprechende Institutionen wie Kinderspital, Spielgruppen etc. verschenkten oder endgültig entsorgten.

Aber .... wie du ja richtig bemerkt hast .. eko ... war das noch im letzten Jahrhundert ... heute wäre dies ja gar nicht mehr praktikabel .... oder doch?


Felix Schweizer antwortete am 16.04.02 (12:33):

Vielleicht noch eine Bemerkung zum Problem des TV-Konsums:

Zwar hatten wir während der Kindheit unseres Sohnes keinen Fernseher in unserer Wohnung. Erst als Lehrer wurde ich mit dem Problem des TV-Konsums konfrontiert. An Elternbesprechungen versuchte ich jeweils, wenn dieses Problem angesprochen wurde, folgende Anregungen zu geben:

- Gebt euren Kindern ein ihrem Alter angemessenes Zeitbudget pro Woche (z.B. 3 Std für einen Primarschüler in der 3. Klasse).
- Stellen sie mit ihren Kindern anhand des Programmheftes ein persönliches Wochen-Programm zusammen.
Dabei müssen die Wünsche aller Familienmitglieder koordiniert werden. Dabei gibt es von den Eltern festgelegte Sperrzeiten in welchen keine Belegung möglich ist.
- Versucht als Eltern .. eure Kinder .. bei stark emotional geladenen Sendungen zu begleiten .. und anschliessend über das Gesehene zu sprechen.

Das tönt kompliziert, ist aber mit gutem Willen aller Beteiligten praktikabel. Eine Hilfe z.B. bietet ein Stundenplan - Formular in das man übersichtlich das Wochenprogramm eintragen kann.

Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass man Sendungen bewusst auswählt und dadurch auch anschaut ... und nicht zufällig sieht. Es gibt auch kein Herumflippen. Ebenso können Konflikte bei konkurrenzierenden Wünschen im Vorfeld in Ruhe bereinigt werden.

Ich mache mir keine Illusionen. Die meisten TV Konsumenten jeglichen Alters lassen sich einfach von diesem Medium berieseln. Die Glotze läuft einfach ... von bewusstem Ein- und Ausschalten keine Spur. Bei schulpflichtigen Kindern macht sich diese Art von unstrukturiertem, oft auch masslosem Konsum deutlich bemerkbar. Den Grad der Süchtigkeit spürt man sehr gut an den Abstinenzerscheinungen ... wenn der Apparat einmal kaputt ist .. oder wenn bewusst fernsehfreie Perioden eingeplant werden.
Ich staune immer wieder ... wie Familien mit dem Camper in einer wunderschönen Landschaft .. mitten in der freien Natur stationiert sind ... und nichts Gescheiteres zu machen wissen ... als wie zuhause vor der Glotze zu sitzen!
Glaubt ihr mir nicht? Schaut einmal wieviele eine Antenne mitführen!


Ingrid Steiner antwortete am 16.04.02 (15:23):

Hallo Felix,
"Möglicherweise sind wir mit unseren idealistischen Vorstellungen kuriose Auslaufmodelle"

Ich denke, damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Alles hat Leben nur in seiner Zeit und wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Aber auch mein dreijähriger Enkel, blättert die TV-Programme durch, stellt fest, jetzt ist kein Koch da, der mich interessiert (kochen spielen ist seine Lieblingsbeschäftigung mit den großen alten Töpfen von "ganz ganz weit hinten")dann weiß er, mit welchem Knopf er das Fernsehn abstellen kann, und tut es auch.

Wenn mir meine Mutter erzählt hat, daß ihre Großmutter den Kasten abgesperrt hat, weil sie Angst hatte, mein Mutter könnte mit meinen Vater schwimmen gehen (in der züchtigen Adjustierung von damals)- na glaubst Du wirklich, daß ich dabei an idealistische Vorstellungen geglaubt hab? -:)

Viele Grüße
Ingrid


Klaus antwortete am 19.04.02 (22:15):

Hallo Felix,

Du hast mit allem recht, kann ich nur sagen.
Habe vieles selber durchgemacht und damit auch Erfahrungen
gesammelt.
Trotzdem ist der Erfahrungsaustausch hier toll.

Allen herzliche Grüße
aus Schwerin
:-)

(Internet-Tipp: https://www.all-in-all.com)


de la antwortete am 22.04.02 (14:08):

Der folgende Text stimmt mich nachdenklich:

"Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.
Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

(Sokrates, gr. Philosoph, 470-399 v.Chr.)"