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THEMA:   Der einzelne Mensch

 7 Antwort(en).

hedwig begann die Diskussion am 27.04.02 (16:31) mit folgendem Beitrag:

An einem sehr stürmischen Regentag auf den Bus wartend, bemerkte ich ein vor Angst schreiendes kleines Kind, höchstens fünf oder sechs Jahre alt, das, bei geöffnetem Regenschirm, regelrecht weggeweht zu werden drohte.
Schnell lief ich zu ihm, nahm es an die Hand und schloss mit der anderen Hand den Schirm.
�Jetzt geht es wieder�, beruhigte ich es, �und wenn du den Schirm zugeklappt lässt, passiert dir nichts. Dann hat der Wind keine große Fläche mehr, an der er viel Kraft sammeln kann, um dich dadurch wegzutragen. Lass dich lieber nass regnen, damit du sicher bleibst, solange du unterwegs bist�.
Das kleine Mädelchen nickte erleichtert und ging nun ohne Angst seiner Wege.
Mir war der Bus inzwischen abgefahren, und beim Warten auf den nächsten bewegte mich der Gedanke, wie hilflos und bedroht man sich, als einzelner Mensch, gegen Naturgewalt fühlen kann. Ein menschliches Geschöpf, wie gering kann es sein im großen Welten-All. Für mich war das Erlebnis mit dem Kind eines, das einem Menschen immer wieder begegnet, auf irgend eine Weise und empfinden lässt, was wirkliches, wahres Glücklichsein bedeutet.


schorsch antwortete am 27.04.02 (16:36):

Da hast Du aber Glück gehabt, liebe Hedwig, dass nicht der Vater oder die Mutter des Mädchens dazu kam und Dich verdächtigte, das Kind entführen zu wollen.

Schorsch


Rosmarie Schmitt antwortete am 27.04.02 (22:19):

Liebe Hedwig,

deine Gefühle und Gedanken kann ich gut nachempfinden!

Dir und allen einen schönen Sonntag - ohne allzuviel Sturm und Regen!
Rosmarie


Utelo antwortete am 27.04.02 (23:32):

Hi Hedwig,
solche Begebenheiten hatte ich häufig, wenn ich tatsächlich zu Fuß zur Arbeit ging, anstatt mit dem Auto zu fahren. Diese kleinen Schulkinder, teilweise nicht richtig angezogen, Anorak offen, Kapuze trotz Regen und Wind nicht auf, Schuhriemen nicht richtig zugebunden, daß sie oft hingefallen sind. Auch ich habe ihnen geholfen und dafür ein liebes Lächeln erhalten und beim nächsten Mal treffen wurde ich auch gegrüßt.
Wenn dann tatsächlich ein Elternteil aufgetaucht wäre und Stunk gemacht hätte, wäre ich wahrscheinlich gelassen und freundlich geblieben und hätte ihnen erklärt, warum ich dem oder einem anderen Kind geholfen habe.
Ansonsten denke ich, daß solch kleline Kinder n i c h t alleine zur Schule gehen sollen, zumindest könnten sie zu zweit oder dritt gehen. Da wäre auch das Risiko von den falschen Leuten angesprochen zu werden, erheblich geringer. Aber nur weil es zuviele böse Menschen gibt, kann ich doch meine Hilfsbereitschaft nicht killen.


hedwig antwortete am 01.05.02 (11:58):

Liebe Rosmarie Schmitt, Sei herzlich gegrüßt udn bedankt!


Rosmarie Schmitt antwortete am 01.05.02 (22:59):

Liebe Hedwig,

deine Erlebnisse und Geschichten haben mich immer sehr angerührt, auch wenn ich nicht zum Antworten kam. Du hast einen besonderen Blickwinkel, der mir liegt. Hoffentlich schreibst du noch öfter Begebenheiten für uns auf!

Danke und herzlichen Gruß
Rosmarie


DorisW antwortete am 02.05.02 (09:59):

Mein Erlebnis zum Thema "Der einzelne Mensch, den Elementen ausgeliefert" hatte ich auf meiner Motorradtour 1999; die Erzählung beginnt im Ötztal, abends gegen halb neun nach einer 600-km-Tour über 10 Pässe in 3 Ländern:
Die Abfahrt durch's Ötztal zieht sich endlos, es wird dunkel, ab und zu regnet es, ich bin stellenweise leicht angenäßt und friere auch. Schließlich ziehe ich doch wieder die Handschuhe an. Kurz vor Einbruch der völligen Dunkelheit komme ich in Ötz an. Wie weiter? Durch's Inntal wäre es einfacher und bequemer zu fahren, aber viel weiter, und es ist doch schon so spät...
Also über's Kühtai. Auf dem Weg hinauf wieder Dauerregen. Es sind 16 km von Ötz bis zum Kühtaisattel, und ich lenke mich vom Frieren ab, indem ich ausrechne, wieviel Minuten ich für den Weg bei welcher Durchschnittsgeschwindigkeit brauche... Da bei der Dunkelheit durch das regennasse Visier rein gar nichts zu erkennen ist, fahre ich mit offenem Visier. Unglaublich, was bei diesem Regen trotzdem für Falter durch die Nacht tanzen. Noch Stunden später spüle ich mir am Waschbecken ein ameisengroßes Insekt aus dem Auge.
Noch mehr leid tun kann man sich eigentlich nicht: es ist stockfinster, keine Menschenseele mehr unterwegs, der Hintern tut weh von 600km und 12 Stunden im Sattel, ich bin naß und verfroren und klappere mit den Zähnen. Der Regen prasselt unerbittlich auf mich ein. Schlimmer geht's nimmer? Von wegen. Denn unterhalb vom Kühtai beginnt dichter Nebel, durch den ich nun durch muß bis Haggen. Man sieht nur noch wenige Meter weit. Ich passiere einen Leitpfosten und fahre Schlangenlinien auf der Straße, um den nächsten zu finden. Alles, was ich sehe, ist weiße Watte, die das Scheinwerferlicht reflektiert und mich blendet. Keine Ahnung, was hinter, vor und über oder rechts und links von mir ist! Es kann genauso gut eine flache Wiese wie ein steiler Abgrund sein. Ich könnte fast ebenso gut die Augen zumachen... Es ist unmöglich zu erkennen, wo's langgeht!

Mittelstreifen auf der Straße? Nicht zu erkennen. Rechter Straßenrand? Manchmal. Aber wenn ich mich nur nach dem rechten Rand richte, folge ich vielleicht irgendwo einer falschen Abzweigung und lande kilometerweit abseits bei irgendeiner Jägerhütte... Wirklich zweifle ich immer mehr daran, ob ich überhaupt noch auf der richtigen Straße bin. Aber manchmal tauchen dann doch für einen Moment vertraute Punkte aus dem Nebel auf: das Jagdschloß Kühtai, das Ortsendeschild von Kühtai, ein Weiderost... Und plötzlich stehen drei schwere, massige Leiber quer auf der Straße: Kühe wundern sich über den späten Passanten und schauen mir gleichmütig zu, wie ich zwischen ihnen hindurchmanövriere. Gut, daß ich fast nur Schrittempo gefahren bin...
Ich durchfahre die beiden Galerien. Auch darin steht dichter Nebel, trotzdem haben sie etwas Beschützendes; immerhin kann man die Betonpfeiler zur Orientierung einigermaßen erkennen.
Kurz oberhalb von Haggen komme ich endlich wieder aus dem Nebel heraus. Hier überquert noch ein Fuchs vor mir die Straße und schaut erschreckt in meinen Lichtkegel; dann ist der Spuk vorbei.
Was für eine Erleichterung, wenn es plötzlich "nur" noch dunkel, naß und kalt ist, aber man wieder SEHEN kann!


Rosmarie Schmitt antwortete am 03.05.02 (18:34):

Liebe Doris,

danke für deinen spannenden Bericht! Ich bewundere dich, dass du weitergefahren bist, obwohl du so gefroren hast... Beim Frieren hört bei mir nämlich jede Selbstdisziplin auf. :-)))

Ein kuscheliges Nest heute Abend wünscht allen
Rosmarie