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THEMA:   Nur Wirkstoff auf dem Rezept

 11 Antwort(en).

Werner Bleicher begann die Diskussion am 19.03.02 (15:49) mit folgendem Beitrag:

Bei der letzten Gesundheitsreform hat doch Frau Gesundheitsministerin Schmid durchgesetzt, dass auf dem Arztrezept nicht mehr das Medikament sondern nur der Wirkstoff verordnet wird und der/die Apotheker(in) das passende billigste Medikament aussucht; die Wirksamkeit billiger Medeikament sei die gleiche.
Ich habe nun zwei meiner Dauermedikamente genau verglichen und festgestellt, dass bei einem der beiden selbst der Wirkstoff nur so ähnlich heißt wie bisher und bei beiden die "sonstigen Bestandteile" andere und zum Teil auch weniger waren. Ganz offensichtlich hat man uns belogen und beschwindelt uns mit minderwertigeren Medikamenten um die Kosten zu senken. Der Preisunterschied scheint also doch irgendwie berechtigt. Wer eine horrende Aufzahlung leisten kann bekommt das bisherige alle anderen müssen eben doch mit einer Zweiklassenmedizin vorlieb nehmen.
Welche erfahrungen habt ihr?


Ex-Arzt antwortete am 20.03.02 (12:31):

"Sonstige Stoffe" werden zur Verarbeitung, Stabilisierung des Wirkstoffs als Pille, Tablette, Dragee etc. genommen und können je nach Hersteller unterschiedlich sein.

Auch "Wirkstoffe" können sich durch OH-, H2O- oder sonstige chemische Anhängsel unterscheiden, ohne daß sich etwas an der Wirkung ändert. Daher firmen-unterschiedliche "Namen".

Andererseits darf man davon ausgehen, daß viele Ärzte zwar die Wirkungen, nicht aber die Wirkstoffe kennen. Eine solche Auflage wird also schwer durchzuführen sein.

Ist das Gesetz denn tatsächlich schon eins? Wo sind dann die Diskussionen nicht nur der Ärzte, sondern auch der Apotheker dazu?


Werner Bleicher antwortete am 20.03.02 (15:58):

An Ex-Arzt: Bitte einmal Wirkstoff von Beloc-Zok und Metoprolol-ratiopharm vergleichen.
Zum letzten Satz: Ja! Ärzte sind offensichtlich verunsichert und Apotheker erhalten jeweils die gleiche Rezeptgebühr (Zuzahlung)
Wo aber bleibt der Protest der Patienten? Gerade wir Rentner zahlen nach wie vor unseren Krankenkassenbeitrag und seit der Ökosteuer auch wieder in die Rentenkasse - wie schon einmal ein ganzes Berufsleben lang?! Wir finanzieren also bereits unsere Rente mit jedem Liter Benzin wieder selbst. Weil wir aber keine Lobby haben machen die Politiker mit uns was sie wollen - und nennen das "sozial".


Ex-Arzt antwortete am 20.03.02 (18:46):

Bei beiden Medikamenten ist der Wirkstoff "Metopolol".

Medikamente mit diesem Wirkstoff gibt es mit zig Namen, je nach Land bzw. Hersteller.

Aber: Beloc-Zok N1 = 25,04
Metopolol ratiopharm N1 = 14,45


pilli antwortete am 20.03.02 (19:02):

@ werner bleicher

mir ist eine teilnehmerin im forum "feierabend" in erinnerung, sie ist selbständige apothekerin und dort unter dem nickname "loewe oder loewin" registriert. vielleicht interessant für dich, mal kontakt aufzunehmen. ansonsten nicht erschrecken, diese site ist voller werbung und nicht so übersichtlich wie hier. aber für den guten zweck reicht`s.

nette grüsse,
pilli


Günter Paul antwortete am 21.03.02 (11:33):

Lieber Werner Bleicher,
meine Frau und ich haben noch nicht festgestellt, daß das vom Arzt verordnete Medikament durch die Apotheke gegen ein anderes ausgetauscht wurde. Mag an einer engen Zusammenarbeit zwischen unserem Apotheker und den behandelnden Ärzten beruhen. - Auf jeden Fall würde ich mich gegen den Austausch verwahren, wenn Unterschiede im Wirkstoff und der Zusammensetzung des Medikamentes anzunehmen sind. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Pharmafirmen teilweise unterschiedliche Handelsnamen für denselben Wirkstoff verwenden (Handelsnamen sagen in der Regel nichts über die wirkliche chemische Zusammensetzung aus!) und daß die Zusatzstoffe nicht in jedem Fall zum Heilungsprozeß beitragen, sondern oft nur Trägerstoffe sind. Das läßt sich aber klären, wenn man sich mit dem Arzt und/oder dem Apotheker berät.

Im übrigen halte ich die �aut idem�-Regelung (�oder dasselbe�-Regelung) für äußerst problematisch, weil sie das Zusammenspiel der Bestandteile (auch der Begleitstoffe) ebenso ignoriert wie die Placebo-Wirkung (psychologische Wirkung), die für den Heilerfolg oft von großer Bedeutung sind. Zudem glaube ich nicht, daß die Apotheker mit großem Eifer an die Umsetzung dieser Regelung herangehen werden. Sie sind am Umsatz und deshalb nicht am Absatz billiger Medikamente interessiert.-

Man sollte deshalb aber nicht auf die Ärzte und Apotheker schimpfen und bestimmt nicht auf die kleinen Angestellten der Krankenkassen, die weisungsgemäß handeln. Das Übel liegt nach meiner Auffassung darin, daß die Arzneimittelfirmen den Markt mit einer auch für Fachleute nicht mehr überschaubaren Fülle von Arzneimitteln überschwemmen, die sich in der Zusammensetzung kaum, wohl aber im Namen, im Inhalt der Werbesprüche und vor allem im Preis (und damit im Firmengewinn) unterscheiden. Hier sollte nach meiner Meinung die Politik ansetzen.

Grüße von
Günter Paul


Ex-Arzt antwortete am 21.03.02 (12:29):

HERZLICHEN Dank :-), Herr Paul, daß Sie meine Ausführungen noch einmal wiederholt haben. Ich bin nicht so für Wortreichtum und daher manchmal nicht so gut verständlich in meinen Erklärungen.


Krüger Klaus antwortete am 30.03.02 (09:33):

1. Die "Rezeptgebühr" erhält nicht der Apotheker, sondern Ihre Krankenkasse. Der Apotheker muß diese vom Patienten kassieren und zu 100% an die Kassen weiterleiten und das alles zum Nulltarif!
2. Belok ZOK und Metoprolol ratio sind nicht identisch.
Nicht nur der Wirkstoff ist entscheidend, sondern auch die Art der Freisetzung, d. h. wie sich die Tablette auflöst und den Wirkstoff freigibt. Desweiteren kann die Wirkdauer durch "Wirkstoff-Anhänge" verändert werden. Daher
immer den Apotheker fragen (In Apotheke nach dem Apotheker/-in fragen!)
3. Das Aut Idem Gesetz ist breits gültig. Der Apotheker kann
im unteren Preisdrittel auswählen, wenn der Arzt die Auswahl zuläßt. Allerdings ist das untere Preisdrittel noch nicht festgelegt und damit ist die Regelung nicht durchführbar. Man rechnet im Herbst mit der Festlegung.
4. Da der Apotheker Arzneimittel besser als der Arzt vergleichen kann ist die Regelung durchaus von Vorteil für den Patienten. Vorrausgesetzt der Patient teilt dem Apotheker Probleme mit seinen Medikamenten mit.
Diese Regelung ist zwar nicht schön aber keine Katastrophe.
Andere neue Gesetzesvorhaben sind viel schlimmer.


Ex-Arzt antwortete am 30.03.02 (10:32):

Guten Tag Herr Krüger,
ich habe nicht gesagt, daß die beiden Präparate "identisch" seien, sondern s. unter 20.3.


Jolli antwortete am 02.04.02 (22:37):

Nach der Aut-idem-Regelung sollen verstärkt Generika (nachgemachte Arzneimittel, die nach Ablauf des Patentschutzes der Originalmedikamente hergestellt werden) verordnet werden. Generika sind genauso gut wie die Original-Medikamente, können allerdings wesentlich billiger produziert werden, da hier die Kosten der Forschung und aufwändige Werbung wegfallen.
Die Aut-idem-Regelung gibt es nur, wenn Generika zur Verfügung stehen, es betrifft also bei weitem nicht alle Medikamente.
Ich sehe dies nicht als problematisch an, im Gegenteil. Zumal mein Arzt mir - sollte ich allergische Reaktionen zeigen in Bezug auf veränderte "Füll- und Farbstoffe" - das Gewohnte weiter verschreiben darf.


Ex-Arzt antwortete am 03.04.02 (10:00):

Hoffentlich haben die Zweifler an meinen Angaben (s. unter 20.3., 18:46) die gestrige Sendung der ARD "Plusminus" gesehen.
Dort wurden eben diese Präparate als beinhaltende desselben Wirkstoffs gezeigt.


Jolli antwortete am 04.04.02 (12:59):

Und nun beginnt schon die Unterwanderung dieses Gesetzes durch die Hersteller: Es werden andere Packungsgrößen angeboten als die der Nachahmerprodukte - und schon ist man wieder dabei!!! und wie immer ist es der Patient, der zahlen wird - egal ob mit erhöhten Beiträgen oder mit mehr "Zuzahlungen".