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THEMA:   Mammographie-Screening: überschätzen wir den Nutzen?

 9 Antwort(en).

mechtild begann die Diskussion am 25.07.03 (21:18) mit folgendem Beitrag:

In Deutschland wird das flächendeckende Mammographie-Screening für Frauen ab 50 eingeführt. Die Wahrscheinlichkeit einer Fehldiagnose kann hoch sein, wenn es um die Aussagekraft eines Suchtests geht. Die Schweiz hat aus diesem Grund auf die Einführung des flächendeckende Mammographie-Screening verzichtet. Eine Patientin bei der ein Tumor festgestellt wird hat aber nur mit knapp 10 % Wahrscheinlichkeit tatsächlich Brustkrebs.
Durch die öffentliche Diskussion, vor allem auch auf Druck der Frauen selbst, auch in Deutschland ein flächendeckendes Mg-S einzuführen, ist das Thema z.Z. in den Medien, auf Kongressen und in Fachgremien stark präsent. Es mag auch ökonomische Gründe haben, weshalb ein Mammographie-Screening in Deutschland bisher nicht realisiert ist, es sind aber auch die zunehmenden Zweifel der Fachleute am Nutzen solcher Programme, die bisher die Einführung in Deutschland verhindert haben. Die unerwünschten Wirkungen eines Screenings, wurden bisher weit weniger beachtet als der mögliche Nutzen. Außerdem würde durch ein Mg-S die Qualität ärztlicher Leistung überprüfbar, wovor es vermutlich erhebliche Ängste gibt.
Ich neige immer mehr dazu auf Vorsorgeuntersuchungen zu verzichten. Eine ensthafte Krankheit läßt sich nicht verdrängen, sie erwischt einen früh genug und verändert das Leben. Wie handhabt ihr es nehmt ihr regelmäßig an Vorsorguntersuchungen teil?


Mart antwortete am 25.07.03 (22:16):

Dieses Thema wird sehr kontroversiell behandelt.

https://www.medical-tribune.de/GMS/bericht/mammascreening

"Eine von Tausend oder 25 %?
Doch so einfach ist es nicht, wie auch ein Blick in das neue Gutachten des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen zeigt. Die dänischen Epidemiologen stehen mit ihrer Einschätzung nicht allein, die Fachwelt ist in dieser Frage gespalten. Die "bittere Wahrheit" sei, so die Hamburger Epidemiologin Professor Dr. Ingrid Mühlhauser, dass es an wissenschaftlichen Beweisen fehle - dies gelte für jede Art von Früherkennung oder Vorbeugung.

Warum wir den Screening-Nutzen überschätzen, hat auch mit den Fallen der Statistik zu tun. Die Brustkrebssterblichkeit wird durch Mammographie-Screening um ca. 25 % gesenkt, heißt es. Wir denken, das sei sehr viel. Und so überweisen vor allem deutsche Gynäkologen Frauen jährlich zu vier Millionen "grauen" Mammographien, stellen der Berliner Gynäkologe Dr. Hans-Joachim Koubenec und der Berliner Psychologe Dr. Ulrich Hoffrage fest. Die Erfolgsquote klingt allerdings nur so gut, weil sie in Relativ-Prozent angegeben wird: Ohne Screening sterben vier von 1000 Frauen in einem Zeitraum von zehn Jahren, mit Screening sind es drei - also minus 25 Prozent. In Absolut-Prozent ausgedrückt: Mit Screening stirbt von 1000 Frauen eine weniger, die Brustkrebssterblichkeit sinkt also nur um 0,1 %. Anders ausgedrückt: Für eine normale Frau, die sich als eine unter 1000 Screening-Teilnehmerinnen sehen muss, ist die absolute Senkung der Sterblichkeit von 0,1 % der relevante Wert.

Bei Prozentangaben, kritisieren Dr. Hoffrage und Dr. Koubenec, wird in der Regel der Bezug verschwiegen. Ob dabei (hohe) Relativ-Prozente oder (niedrige) Absolut-Prozente genannt werden, hänge zumeist von der Intention des gerade Berichteten ab. "


Mart antwortete am 25.07.03 (22:20):

in https://home.t-online.de/home/koubenec/mammographie-screening/screening.htm

Autor: Dr. H.-J. Koubenec Impressum
Quelle: Berliner Ärzte 8/2000

Mammographie-Screening: Überschätzen wir den Nutzen?

"Ist der Test positiv (ist die Mammographie bösartig), habe ich auch Krebs. Ist die Mammographie negativ, bin ich gesund. Wenn ich Krebs habe, findet ihn auch die Mammographie." Leider ist keine dieser Annahmen richtig."

wird sehr ausführlich und interessant Stellung genommen.


simaja antwortete am 26.07.03 (13:28):

ich halte von solchen vorsorgeuntersuchungen nichts.
ich bin 43, habe aber schon meine menopause.
es wurde damals alles abgescheckt,ob es wirklich die wechseljahre sind, nichts anderes krankhaftes. seid dem bin ich aber auch nicht mehr zu den vorsorgeuntersuchungen beim frauenarzt gewesen, mir geht es gut, ich habe keine probleme.
im krankenhaus vor meiner gallen op wurde eine sehr gründliche körperuntersuchung gemacht, dabei wurde beim betasten der brust auch ein kleines knötchen festgestellt und mir geraten einen frauenarzt aufzusuchen. ich habe für august nun einen thermin und wenn eine mammographie von der ärztin vorgeschlagen wird, lasse ich das auch machen.
ich finde, solche vorgeschriebenen untersuchungen für alle (darmspiegelung ab einem bestimmten alter für alle ist ja auch im gespräch)sind raus geschmissenes geld. was ich eher finde, es sollten die körperuntersuchungen (abtasten, abhorchen, blutdruckkontrollen...) verstärkt werden und bei verdachtsmomenten die technischen untersuchungen indiwiduell veranlaßt werden.
auch sollten von ärzten ORDENTLICHE fragen zum allgemeinbefinden gestellt werden, aber so formuliert, daß der patient sich nicht gleich in eine schublade gesteckt vorkommt. sondern wirklich merkt, der arzt will einem helfen.


Medea. antwortete am 27.07.03 (08:21):

Meine Erfahrung ist eine andere: Ich bin zum vorgeschlagenen Mammographie-Screening gegangen (viele Frauen in meiner Stadt wurden dazu eingeladen) nebenbei bemerkt ist diese Untersuchung nicht gerade angenehm - und es wurde Gottseidank nichts festgestellt. Ganz anders bei meiner Schulfreundin, dort wurde ein Knoten entdeckt, der umgehend herausgenommen werden mußte. Er war nicht tastbar gewesen - sie bekam danach noch Bestrahlungen und eine Dreiwochenkur. Das Ganze war im vorigen Jahr.


Geli antwortete am 27.07.03 (10:05):

Ich gehe regelmäßig zur Mammographie (ca. alle 2 Jahre), denn ich denke mir, daß man dabei doch etwas in einem Stadium entdecken kann, wo eine Heilung leichter möglich ist.
Wie das von Medea genannte Beispiel zeigt, vergeht noch etliche Zeit, bis man einen Knoten tasten kann.
Außerdem wird anläßlich der Untersuchung zusätzlich ein Tastbefund (von einer Fachfrau) gemacht.


dino9 antwortete am 27.07.03 (11:40):

hallo,
ob,oder ob nicht hängt auch von der familienanamnese ab.
wenn die nicht so günstig ist sollte frau in einem entsprechendes mammazentrum gehen. die meisten ärzte haben nicht die nötige erfahrung u. richten mehr schaden an als es nutzen bringt.
gruß dino9


Walter antwortete am 27.07.03 (12:13):

Zu intensive Röntgenbestrahlung kann Krebs verursachen
Jeder Mensch wird in Deutschland durchschnittlich 1,5 Mal pro Jahr geröntgt. Damit liegt die Bundesrepublik im Europa-Vergleich an der Spitze. Und dabei ist - laut der Deutschen Röntgengesellschaft - jede zweite der jährlich rund 100 Millionen Röntgenuntersuchungen überflüssig.
Doch was die meisten Patienten nicht wissen: Bei jeder Aufnahme kann durch die Bestrahlung Erbgut, DNA, zerstört werden. Schäden, die der Körper dann teilweise nie wieder reparieren kann - und die das Krebsrisiko erhöhen. Je intensiver die Röntgenstrahlung ist, um so höher ist demnach die Gefahr, an Krebs zu erkranken. Das Tückische daran: Die Strahlen sind unsichtbar und verursachen im Falle einer Überdosierung keine warnenden Schmerzen. Inzwischen gehen Experten bereits davon aus, dass in der Bundesrepublik jährlich bis zu 50 000 Menschen an Krebs erkranken, weil sie Jahre zuvor einer viel zu hohe Röntgenstrahlung ausgesetzt waren.
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Jeder 7. Krebsfall also durch Röntgen ? Das sieht nach verdammt wenig Nutzen des Mammografie-Screenings aus, da Mammografien im Verhältnis zu anderen Rö-Aufnahmen etwa die 10-fache Strahlendosis benötigen.

Internet-Tipp: https://www.br-online.de/jugend/quer/higru/roentgenstrahlen.html


pilli antwortete am 27.07.03 (12:36):

vorletzter besuch beim frauenarzt (vorsorgeuntersuchung): August 1976 nach der geburt meiner tochter

letzter besuch beim frauenarzt (vorsorgeuntersuchung) sommer 1992

meine frage: kann der beginn der wechseljahre angedacht werden? wurde nach untersuchung und tests folgendermassen beantwortet:

"das ist nicht auszuschließen, die zeichen sprechen dafür.
"wir" schaffen das schon es gibt vieles, daß diese zeit erleichtert."

naja...lang ist es her...aber ne mammographie...nur so aus vorsorge?...für mich nicht! ich bin ja noch nicht mal von regelmäßigen vorsorgeuntersuchungen zu überzeugen.:-)

denke ich an die zuletzt gesehene fernseh-sendung bei der nach vielen jahren erst festgestellt wurde, daß aufgrund falscher oder verwechselter labor-bericht viele absolut unnütze brustamputationen vorgenommen wurden...

sehe ich mich bestätigt.


Mart antwortete am 28.07.03 (07:00):

Aus der informativen Seite:https://home.t-online.de/home/koubenec/mammographie-screening/screening.htm

�Sinkt die Brustkrebssterblichkeit?
Die zentrale Frage des Nutzens eines MG-Screenings ist die Verringerung der Sterberate an Brustkrebs
Es gibt eine ganze Reihe von Studien, die die Evidenz von Mammographie-Screening-Programmen untersucht haben. Wie so oft, sind die Ergebnisse nicht einheitlich, und so werden diese leidenschaftlich auf Fachtagungen und in Zeitschriften diskutiert...... Selbst der epidemiologisch Geschulte hat Orientierungsschwierigkeiten. Der wissenschaftliche Streit artet mittlerweile fast in einen Glaubenskrieg aus.

Hier die Zusammenfassung der Ergebnisse mehrerer Studien, bezogen auf jeweils 1000 Frauen (alle Altersgruppen) über einen Zeitraum von 10 Jahren (Mammographie alle 2 Jahre, Programme nicht qualitätsgesichert) (1,5,9,10,13 zit. nach 11).


1. Von 1000 Frauen mit Mammographie-Screening über einen Zeitraum von 10 Jahren hat nur eine Frau einen Nutzen: Sie stirbt nicht an Brustkrebs.
2. Die Brustkrebs-Sterblichkeit kann durch Mammographie-Screening um ca. 25 % gesenkt werden (Relativ-%).
3. Die Brustkrebs-Sterblichkeit kann durch Mammographie-Screening um ca. 0,1 % gesenkt werden (dieselbe Aussage wie 1. in Absolut-%).
4. Von 1000 Frauen mit Mammographie-Screening haben 999 keinen Nutzen: Sie sterben trotz Mammographie-Screening an Brustkrebs (3 Frauen), oder auch ohne Mammographie-Screening nicht an Brustkrebs (996).
5. Durch Mammographie-Screening werden um 25 % mehr Brustkrebs-Diagnosen gestellt.
6. Im Zeitraum von 10 Jahren haben 25 % der Frauen mit Mammographie-Screening mindestens einmal einen falsch-positiven Befund. Diese Rate ist bei Frauen um 40 Jahre (jährliche Mammographie) ca. doppelt so hoch (50 %).
7. Im Zeitraum von 10 Jahren haben mindestens 5 % der Frauen mit Mammographie-Screening eine OP der Brust, ohne daß sie Brustkrebs haben. Diese Rate ist bei 40jährigen Frauen (jährliche Mammographie) ca. viermal so hoch (20 %).
Gibt es auch einen Nutzen der "Späterkennung"?
Durch Früherkennung wird Brustkrebs eher erkannt. Dies hat jedoch nur dann einen Vorteil, wenn die Behandlung in diesem Stadium den Tod durch Brustkrebs verhindern kann. Spontan denkt man, dies sei logisch und wird meist der Fall sein.
Auch etwas anderes könnte der Fall sein. Frauen, bei denen früh Brustkrebs diagnostiziert wurde, und deren Lebenerwartung sich dadurch nicht verbessert hat, müssen länger als Krebspatientinnen leben, was in der Regel zu einer schlechteren Lebensqualität führt: z.B. durch Lymphödem, bestrahlte Brust oder gar Brustverlust.
Oder auch: es wird Brustkrebs gefunden, der lebenslang stumm geblieben wäre. Die Frau wird nur durch die Früherkennung zur "Krebspatientin".�

Die Qualitätssicherung bei der Mammographie wäre ein weiterer Problembereich
Fachleute und Frauenverbände beklagen schon seit längerem die schlechte Qualität, auch der diagnostischen (kurativen) Mammographie in Deutschland