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THEMA:   Was ist Lust und was ist Sucht?

 19 Antwort(en).

Karaoke begann die Diskussion am 06.08.03 (07:32) mit folgendem Beitrag:

Unsere Medien überschütten uns mit Statistiken.
Die Deutschen rauchen zu viel, sie trinken zu viel Alkohol und sie essen zu viel, zumindest falsch.
Kurz, wir schaden unserer Gesundheit, wo und wie wir nur können.
Das mag sein, aber wo ist die Grenze zwischen geniessen und süchtig sein?
Ab wann ist ein Raucher nikotinsüchtig?
Schon bei drei Zigarretten am Tag,oder erst ab zwei Schachteln?
Klar, rauchen erzeugt Lungen- ,Zungen- und Kehlkopfkrebs.Es schädigt die Arterien, macht zu einem gewissen Grad Zeugungsunfähig und schädigt letzlich das Gehirn.
Das mag alles richtig sein, aber bekommen nicht auch Nichtraucher all diese Erkrankungen?
Alkoholiker,- ab wann ist man einer? Schon bei regelmässigem Schlaftrunk?, oder nur, wenn man immer einen gewissen Alkoholspiegel benötigt?
Alkohol schädigt Leber, Nieren und die Gehirnzellen.
Es gibt aber auch Antialkoholiker mit Schumpfleber.
Naja, und zuviel, oder falsch essen,- tun wir das nicht alle ein bischen?
Folgen sind natürlich Adipositas (Fettleibigkeit),Herz- und Kreislaufbeschwerden, Fettleber,kaputte Knie, körperliche Unbeweglichkeit, Skelettschäden usw.
Was aber ist "in Maßen " essen? Was ist das Richtige auf dem Teller?
Nur noch Obst und Gemüse? Nie mehr sündigen und ein bischen naschen? Macht das überhaupt noch Spass?
Natürlich sollen wir auf unsere Gesundheit achten, nicht rauchen, nicht trinken, maßvoll essen und gesunden Sport treiben.
Alles was wir übertreiben mit seinen daraus resultierenden Folgeerkrankungen belastet uns und letztlich auch unser Gesundheitswesen in hohem Maße.
Daran tragen wir alle mit, auch die Antialkoholiker, die Nichtraucher und die sportlichen Ranken und Schlanken.

Nun weiss ich immer noch nicht, was noch Lust, oder schon Sucht ist.




WANDA antwortete am 06.08.03 (07:58):

Sucht ist Lust, von der man nicht lassen kann.


schorsch antwortete am 06.08.03 (08:25):

Martin Luther hat mal auf die Frage, wie oft man Sex haben dürfe, geantwortet: "Jede Woche zween, das macht im jahre hundertvier; schadet weder ihr noch dir!"

Ich denke, genau so wie Luther das pauschalisiert hat, wird von Ernährungspäpsten das mit dem Essen und trinken pauschalisiert. Jeder mensch ist doch eine Nummer für sich. Was für den einen gilt, gilt nicht notgedrungen für den anderen. Ausprobieren - und dann reagieren, das ist vielleicht das richtige Rezept.

Inbezug auf das Rauchen und Trinken aber muss ich sagen, da gilt das gleiche wie beim Dreschen: Wer die Hand mal drin hat, der kommt nicht mehr raus - es sei denn, es stellen ihm andere den Motor ab!


Simba antwortete am 06.08.03 (13:18):

"In der Woche zwier (zwischen zwei und vier) -schadet weder ihm noch ihr" sagte Luther: Schorsch da hast uns doch glatt 104 mal im Jahr unterschlagen ;-))


Medea. antwortete am 06.08.03 (13:36):

.... Alles, was in Maßen geschieht - ist leider langweilig ... :-)


mechtild antwortete am 06.08.03 (13:43):

Ein Witz der für alle geschrieben wurde, die bei jedem Wehwehchen Panik bekommen und alles richtig machen wollen und zum Dank dann aber glauben, sie haben das Recht ewig zu leben. Weniger kann mehr sein.
Witz: Kommt ein 80 jähriger Mann zum Arzt und sagt: �Herr Doktor ich esse gesund, trinke keinen Alkohol und habe keine Weibergeschichten.� Arzt: �Warum wollen sie dann 100 Jahre alt werden?�
"Gesundheit ist ein Gut, was einem jederzeit genommen werden kann."


pilli antwortete am 06.08.03 (14:18):

"Es gibt zwei Arten von Menschen: die Rechtschaffenen, die sich für Sünder halten.
Die übrigen, die Sünder, die sich für rechtschaffen halten."
(Blaise Pascal)

sucht mit lust erfahren, beinhaltet eine chance, lust ohne sucht zu geniessen...


sofia204 antwortete am 06.08.03 (14:38):

Die Lust pur will die Sucht gar nicht dabei haben,

die Sucht macht aus der Lust eine Gewohnheit,

die Gewohnheit ist der Sklavenhalter


dirgni antwortete am 06.08.03 (19:37):

@ Karaoke

Du sagst: "Nun weiss ich immer noch nicht, was noch Lust, oder schon Sucht ist"
Da kannst Du Dich glücklich schätzen, denn dann bist Du wohl nie mit einem süchtigen Menschen in Kontakt gekommen. Wenn man so theoretisch an das Thema herangeht, ab wann bezeichnet man ..., welche Krankheiten sind zu erwarten ..., hat man das Elend von wirklich Süchtigen noch nicht erlebt. Und solange die Gesellschaft Süchtige nur als Kostenfaktor im Gesundheitswesen sieht, anstelle diese Menschen als Kranke und Hilfsbedürftige anzunehmen, wird das Problem nicht gelöst werden können.


schorsch antwortete am 07.08.03 (09:12):

Die Lust ist der Steigbügelhalter der Sucht. Aber keiner ist gezwungen in den Sattel zu steigen!

Schorsch

PS. Man kann das Pferd auch streicheln statt es zu besteigen!


Helga B. antwortete am 10.08.03 (14:34):

Karaoke, es gibt sicher viele Definitionen von Sucht. Eine ist, wenn alles andere nicht mehr wichtig ist als nur der Stoff (oder z.B. bei der Spielsucht das Spiel) und Deine sämtlichen Gedanken vom Aufstehen bis zum Ins-Bett-Gehen darum kreisen, dann ist man süchtig. Definieren kann man es nur allein. Niemand anders kann sagen, daß der andere süchtig ist. Aber ich glaube, daß wir alle ein bißchen süchtig sind in der heutigen Zeit.
Manche sagen, "süchtig" komme von suchen, andere wiederum, daß es von seek (oder seak) = krank kommt. Vielleicht ist es ein wenig von allem.


gitti antwortete am 30.08.03 (20:59):

Ich habe zum Thema einen Spruch gefunden:

Wir glauben, dass Sucht nicht von den Drogen kommt.
Sondern von betäubten Träumen, verdrängten Sehnsüchten, verschluckten Tränen und erforenen Gefühlen!


felix antwortete am 31.08.03 (12:58):

Meiner Meinung nach muss man dann von Sucht sprechen, wenn Abstinenzerscheinungen auftreten, wenn die Lust nicht befriedigt wird.

Beispiel:

Wer freiwillig und ohne Stress-Symptome einige Tage auf Alkohol verzichten kann, muss nicht als Alkoholiker betrachtet werden, auch wenn sein üblicher Alkoholkonsum so ist, dass er von vielen Ärzten als Sucht-Abusus eingestuft wird.

Einen Unterschied sehe ich auch in der psychischen und körperlichen Abhängigkeit.

Es gibt Genussmittel und Befriedigunshandlungen, die kaum zu körperlicher - aber leicht zu psychischer Süchtigkeit führen können.

Somit ist auch eine unterschiedliche Suchtprophylaxe oder Therapie erfolgsversprechend.


Ursula antwortete am 31.08.03 (16:35):

Sucht hat an sich noch nichts mit Krankheit zu tun, sondern ist ganz allgemein eine M ö g l i c h k e i t menschlichen Verhaltens. Sie kann sich ganz verschieden äußern, und auch Arbeit und Sexualität beispielsweise können sich unter bestimmten Bedingungen zur süchtigen Fehlhaltung entwickeln.

Rauschgiftsucht ist lt. WHO als "Zustand periodischer oder chronischer Intoxikation" definiert.

Das entscheidende Merkmal für die Rauschgiftsucht ist die p s y c h i s c h e (nicht die körperliche) Abhängigkeit:
Der Süchtige hat ein unbezwingbares (seelisches) Verlangen, die Einnahme der Droge fortzusetzen und sie sich mit allen Mitteln zu beschaffen. Außerdem entwickelt er eine Toleranzsteigerung.

Oft (nicht immer) muß zum Erreichen der Wirkung die Dosis ständig erhöht werden, und bei Reduktion oder Absetzen der Droge können (nicht müssen) Abstinenzerscheinungen auftreten...

Es gibt Menschen, die über lange Zeit einen toxischen Alkoholmißbrauch betreiben, beim Absetzen auch erhebliche körperliche Entzugserscheinungen bekommen, aber niemals süchtig (=seelisch abhängig) werden.


Ursula


simaja antwortete am 31.08.03 (23:29):

ich hoffe nicht wieder falsch verstanden zu werden, oder für lächerlichkeit zu sorgen.

aber ich denke, ich habe zur zeit ein gutes beispiel zur lust/sucht.

ich treibe schon immer sport, schon von kind an, nie damit aufgehört,bin schon zu wettkämpfen gefahren, richtig organisiert trainiert... also so die ganze palette.

bis vor ungefähr einem jahr habe ich den sport aus spaß betrieben, zwar auch regelmäßig, aber es war immer ein gedanke bei (mal wegen abnehmen, mal nur aus gaudi raus, mal aus spaß, auch aus langeweile...)
ich denke ,da habe ich den sport nur als LUST betrieben.
stand auch immer zu meinem sport, zur dauer des sports...


wie gesagt seid etwas über einem jahr, ist in meinem körper so ein gefühl: "ich muß es machen" kein anderer logischer gedanke. eigentlich will ich in dem moment gar nicht durch die gegend rennen, sondern vielleicht lieber schlafen.
aber mein inneres sagt, joggen und ich kann nicht anders. renne los.
dies bezieht sich auch noch auf die vielen anderen sportarten, die ich betreibe.

da ist ein richtiges krippeln im körper , geht nicht mit vernunft abzustellen, kann es nicht bändigen.

was noch dazu kommt, ich finde es sogar "unmöglich" in meinem alter z.B noch inliner zu laufen (behersche es aber schon ziemlich gut)denke aber über andere die es auch machen." die haben doch einen knall"
ich finde das ist schon echt sucht bei mir, weil ich mache es , will aber nicht, ja finde es sogar unangebracht. also eher lächerlich, daß ich es tue.


felix antwortete am 01.09.03 (01:38):

@Ursula

Dass somatische Abhängkigkeit mit Abstinenzsyndrom ohne psychische Abhängigkeit keine Sucht sein soll ist nicht vorstellbar. Bei gewissen Drogen reagiert der Gesamtorganismus beim Entzug so unangenehm, dass es eine Gewaltsleistung braucht, um die Linderung nicht durch erneuten Konsum zu bewirken. ... auch dann, wenn die Psyche sich heftig dagegen wehrt.


Ursula antwortete am 01.09.03 (12:04):

Hallo Felix,

der letzte Satz meines Beitrages (31.08.03, 16:35 Uhr) bezog sich nur auf vorübergehenden (!) Alkoholmißbrauch (beispielsweise in einer schweren Lebenskrise) und keinesfalls auf andere Drogen.
Wenn der betreffende Mensch den Alkohol plötzlich absetzt, bekommt er mit hoher Wahrscheinlichkeit für einige Tage körperliche Entzugserscheinungen, die aber nicht zwangsläufig in eine dauerhafte Alkoholabhängigkeit einmünden...

Für die Entstehung bzw. das Fortbestehen einer (Alkohol-)Sucht sind psychopathologische Faktoren ausschlaggebend.

Übrigens hat die WHO wegen der definitorischen Schwierigkeiten schon vor vielen Jahren empfohlen, den Begriff "Sucht" im Zusammenhang mit der Einnahme von Drogen (im weitesten Sinne) durch den Begriff "Abhängigkeit" zu ersetzen.

Gruß, Ursula


Felix antwortete am 02.09.03 (09:59):

Im Zusammenhang mit der Suchtprävention wurde erkannt, dass vorallem die weitgehend erworbene, anerzogene, erlernte Frustrationsintoleranz zur Disposition der Abhängigkeit führt.
Dies beginnt beim Verhalten der Mutter beim Stillen ihres Säuglings. Der Erziehungsstil respektiv das Fehlen von Erziehungsmassnahmen bereitet den Weg zur Suchtkarriere vor.

Die Verzweiflungstat der Gesellschaft ... Suchtmittel zu verbieten und damit zur Kriminalisierung der Szene beizutragen ist deshalb der verkehrte Weg!


Ursula antwortete am 02.09.03 (13:27):

Hallo Felix,

Milieufaktoren spielen mit Sicherheit eine große Rolle, und ich kann mir viele Erziehungsfehler vorstellen, die die Entwicklung einer gesunden Frustrationstoleranz behindern und damit eine süchtige Fehlhaltung fördern können...

Aber was meinst Du mit Deiner Feststellung: "Dies beginnt beim Verhalten der Mutter beim Stillen ihres Säuglings"?
Welche (suchtfördernden) Fehler kann eine Mutter beim Stillen nach Deiner Ansicht machen? Das verstehe ich nicht.

Es gibt aber auch unübersehbare Hinweise auf genetische Faktoren, die v.a. in der Zwillings- und Adoptivkinderforschung gewonnen wurden.

Mir ist z.B. eine schwedische Untersuchung in Erinnerung, in der eineiige mit zweieiigen Zwillingspaaren verglichen wurden, wobei wenigstens einer der Zwillingspartner wegen Alkoholismus in sozialen Konflikt gekommen sein mußte.

Es zeigte sich, dass bei über 50% der eineiigen Zwillinge auch der andere Partner Alkohliker war, bei zweieiigen Zwillingen waren es dagegen nur 30%.

Bei der Untersuchung von Adoptivkindern mit mindestens einem alkoholsüchtigen biologischen Elternteil (alle waren in frühestem Kindesalter von Nicht-Alkohilikerfamilien adopiert), fanden sich später signifikant mehr Alkoholiker als bei Adoptivkindern, deren biologische Eltern keine Alkoholiker waren...

Ursula


Felix antwortete am 02.09.03 (15:10):

Hallo Ursula,

Recht hast du mit der Feststellung, dass die Forschung ergeben hat, dass angeborene und erworbene Faktoren zum Suchtverhalten beitragen.
Wie auch für gewisse Krankheiten gibt es vererbbare Dispositionen dazu, obwohl es keine Erbkrankheiten im engeren Sinne sind.
Meist treten solche Erkrankungen familiär gehäuft auf, auch wenn völlig unterschiedliche Mileubedingungen geherrscht hatten.
Mit dem Stillen wollte ich andeuten, dass schon in dieser frühen aber prägenden Entwicklungsphase Erfahrungen mit Ertragen von Frustration im Wechselspiel mit Befriedigung gemacht werden.
Die Auffassung, dass eine Entwicklung ohne Frustrationen zur Aggressionsarmut führe, hat sich bekanntlich als falsch erwiesen. Ganz im Gegenteil sind die Auswüchse dieser geschädigten Generation inzwischen bekannt.
Meiner Meinung nach wäre eine gut ausgewogene Erfahrung, dass man auch mit Frustrationen leben kann, die Ausgangslage, Resistenzen gegen Suchtverhalten zu entwickeln.
Dies ist einfacher gesagt als getan!