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THEMA:   Gedichte Kapitel 22

 130 Antwort(en).

admin begann die Diskussion am 20.01.02 (22:28) mit folgendem Beitrag:

Kapitel 21 wird unter nachstehender Adresse

/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a233.html

archiviert.

Hier kann es weiter gehen.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a233.html)


Heidi antwortete am 20.01.02 (22:51):

Weiß und violett

Zwischen Lilien, weiß,
und schwarzblauen Lilien,
zerstreute meine Seele
ihren Schmerz, so düster,
wie eine Lilie, weiß,
oder eine maulbeerfarbene Lilie.

Der Abend erstarb
in Idealismen,
violett und weiß,
gleich wie Lilien

von Juan Ramon Jimenez (spanische Lyrik des 20.Jhd.)


Gute Nacht..


sieghard antwortete am 21.01.02 (07:45):

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Wie könnten wir das Licht erblicken?
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt uns Göttliches entzücken?

[Goethe in seiner Farbenlehre, die
lateinische Vorlage des Ägypters und
Neuplatonikers Plotin notierte er in
sein Tagebuch:
neque vero oculus unquam videret
solem, nisi factus solaris esset.]
.


Ulrike antwortete am 21.01.02 (11:42):

"Nie und niemals aber sähe das Auge die Sonne, wenn es nicht zur Sonne gehörig gemacht worden wäre."

Hallo Sieghard,
bitte korrigiere mich, wenn ich es falsch übersetzt habe.

Ja, Platon grüßt hier. Die Verarbeitung platonischer Ideen in dem Gedicht (Ist es von Dir?) ist sehr gut gelungen.

Beste Grüße
Ulrike


Erika Kalkert antwortete am 21.01.02 (13:55):

Dornen

Hat dich im Winter ein Dorn gestochen
in deinen Finger, in dein Gemüte,
sei still! Im Lenze nach wenigen Wochen
versöhnt er dich mit lieblicher Blüte.

Und hast du Wunden und Weh zu klagen
von rauhen Dornen im Menschengarten:
du mußt nicht reuten, du mußt nur warten,
sie werden vielleicht dir noch Rosen tragen.

Friedrich Wilhelm Weber


hl antwortete am 21.01.02 (22:13):

fähnchen im politischen wind

fähnchen, fähnchen
dreh dich im wind
richtungsänderung
windgeschwind
heut' nach west
morgen nach nord
findest keinen
sich'ren hort
dreh dich fähnchen
dreh dich weiter
dein munteres drehen
stimmt mich heiter
nichts ist endgültig
keine meinung steht fest
dreh dich fähnchen
von nord nach west
was gestern schwarz war
ist heute rot
endgültig ist wohl
nur der tod

hl


Ulrike antwortete am 22.01.02 (10:28):

Kapiert

Aha, also:

ein Kosmopolit
macht keinen
Unterschied
zwischen
Rhode Island
Rhodos
und Rhodesien!

(Jörn Pfennig 1981)


Rosmarie Vancura antwortete am 22.01.02 (11:45):

Die Kinder die sich lieben
-------------------------

Die Kinder die sich lieben umarmen sich im Stehn
an den Türen der Nacht
Und die passierenden Passanten zeigen mit den Fingern auf sie hin
Aber die Kinder die sich lieben
Sind für niemanden da
Und es ist nur ihr Schatten
Der da zittert in der Nacht
Der den Zorn der Passanten entfacht
Ihren Zorn, ihr Mißfallen, ihr Lachen und ihren Neid
Die Kinder die sich lieben sind für niemanden da
Sie sind woanders sehr viel ferner als die Nacht
Und sehr viel höher als der Tag
Weitab vom ganzen Weltgetriebe
Im hellen Glanz ihrer ersten Liebe.



Les enfants qui s'aiment
________________________

Les enfants qui s'aiment s'embrassent debout
Contre les portes de la nuit
Et les passants qui passent les designent du doigt
Mais les enfants qui s'aiment
Ne sont la pour personne
Et c'est seulement leur ombre
Qui tremble la nuit
Exitant la rage des passent
Leur rage leur mepris leurs rires et leur envie
Les enfants qui s'aiment ne sont la pour personne
Ils sont ailleurs bin plus loin que la nuit
Bien plus haut que le jours
Dans L'eblouissante clarte de leur permier amour.

Jacques Prevert
Übersetzung von Kurt Kusenberg
erschienen bei Rowohlt


:-) Heidi antwortete am 22.01.02 (12:01):

menschen, die sich lieben

die letzte liebe eines lebens
wird gezeichnet sein
von reife, klugheit und vertrauen
dachte ich
doch siehe, die letzte liebe
eines lebens
ist wie die erste
himmelhochjauchzend zutodebetrübt
geprägt von unsicherheit
eifersucht und missverständnis
doch wer will sie missen
diese wunderbare unwirkliche
letzte liebe eines lebens

hl


Ulrike antwortete am 22.01.02 (12:17):

Reinschrift

Wird es Garamond wird es Bembo sein
Einerlei. Vor Deinem und meinem Fenster
ritzen die Elstern mit schwarzweißen Federn
uns unser uns uns ins erste und letzte Licht
Schritt für Schritt Wort für Wort
wir üben vierfüßiges Gehen deklinieren uns
im Duett wie herrlich
leuchtet mir die Natur
deines reinen Tisches neben dem meinen
Dein Leben und meines endlich auf einem freien Blatt.

(Ulla Hahn)


sieghard antwortete am 22.01.02 (14:12):

Sulfnbk.exen-Schreck
Das sind die Weisen,
die durch Irrtum zur Wahrheit reisen,
die im Irrtum verharren,
das sind die Narren.
.


Dela antwortete am 22.01.02 (15:49):

Hallo Sieghard,

den Irrtum erkennen
beim Namen ihn nennen.
Sulfnbk.exen-Schreck
nun- ist er weg.
---------------------------


Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
Kommt er dem armen Vogel näher.

Der Vogel denkt: Weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frißt,
So will ich keine Zeit verlieren.
Will noch ein wenig quinquillieren
Und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.

(Wilhelm Busch)


Rosmarie Schmitt antwortete am 22.01.02 (16:43):

> Sulfnbk.exen-Schreck...
> .... das sind die Narren.

Lieber Sieghard, liebe Dela,
ihr seid halt weise...

Neidisch
Rosmarie

Mich tat das Hoax erwischen,
nun spür ich den Wind, den frischen.
Über die Felder wehte er kalt;
wie fror ich im Frühlings-Winterwald...
Doch mehr noch frier ich vorm PC:
Wie tut meine Dummheit weh, ach weh!
Wo find ich nun wieder die ...exe?
Ich wollt, ich wär�ne Hexe!


Rosmarie Schmitt antwortete am 22.01.02 (18:49):

Ganz besonders herzlichen Dank, lieber Sieghard, für das Zuschicken der von mir zuvor gemeuchelten sulfn.exe! Manche Dichter sind doch besonders hilfsbereite Menschen!

Dir und allen einen schreckfreien Abend!
Rosmarie

Ein Mensch, naiv in PC-Dingen,
dem tat ein Virenlösch gelingen.
Hurra, sulfn.exe ist schon tot!
Doch kurz darauf, da sieht er rot:
Was er so schnöd hinwegbefördert,
was lustvoll er gemeuchelmördert,
fehlt nun in seines Rechners Bauch.
Besonnenheit tut�s manchmal auch.


Adol antwortete am 23.01.02 (00:08):

Hallo alle miteinander,
es tut mir sehr leid dass ich Euch alle so in schrecken versetzt habe.
Von demjenigen von dem ich die Meldung bekommen habe erschien mir sehr glaubwürdig.
Da ich mit einigen auch über E-Mail Kontakt habe, erschien es mir zweckmäßig es in dieser Runde bekannt zu geben. Ich bitte um Entschuldigung. Adolf

Ich wünsche dir Geborgenheit

Ich wünsche dir Geborgenheit, ein richtiges Zuhause
in einem Kreis voll Fröhlichkeit oder in stiller Klause.

Ich wünsche dir Geborgenheit, ein heimliches Asyl,
wohin du, wenn du mit der Welt entzweit,
dich flüchten kannst, ein inneres Ziel.

Ich wünsche dir Geborgenheit, wo man dich schlafen lässt
und wunschlos glücklich sein in einem warmen Nest.

Geborgenheit, die findest du in Büchern, in Musik,
im Frieden, im geliebten Du, doch nirgendwo im Krieg.
Elli Michler


sieghard antwortete am 23.01.02 (08:55):

Der Adolf tats mit Ehrlichkeit,
hat guten Glaubens eingeweiht,
uns, die poeten in die G'fahr,
die stelle sulfnik.exe dar.
Aus Fehlern wurden all wir klug,
nun, mit diesem Virus ist's genug!
.


schorsch antwortete am 23.01.02 (09:53):

Da macht die Rosmarie doch husch,
husch einen Vers wie Wilhelm Busch.
Gäbs einen Busch-Preis hierzulande,
diese Dichterin die wär imstande,
als Erste diesen Preis zu kriegen;
man(n) würde ihr zu Füssen liegen!

Schorsch


Rosmarie Schmitt antwortete am 23.01.02 (13:10):

Ach, Schorsch, du lieber Schmeichelkater,
was lügst du nur, mein lieber Vater!
Doch lüge bitte noch recht oft,
denn Komplimente unverhofft
erfreuen doch mein Herz so sehr!
Doch würd� mir man(n) zu Füßen liegen,
so würd� der Schorsch vor Spaß sich biegen,
denn eines ist doch längstens klar:
Den ersten Preis (und Scheinchen bar...)
den hat schon lang der Schorsch verbraucht!
Und jetzt er Komplimente haucht... :-)))

Mit herzlichem Dank für dein lustiges Gedicht!
Rosmarie


Dela antwortete am 23.01.02 (15:13):

Kehr ein bei mir

(Friedrich Rückert 1788-1866)

Du bist die Ruh
Der Friede mild
Die Sehnsucht du,
Und was sie stillt.

Ich weihe dir
Voll Lust und Schmerz
Zur Wohnung hier
Mein Aug und Herz.

Kehr ein bei mir
Und schließe du
Still hinter dir
Die Pforten zu.

Treib andern Schmerz
Aus dieser Brust!
Voll sei dies Herz
Von deiner Lust.

Dies Augenzelt,
Von deinem Glanz
Allein erhellt,
O füll es ganz!


Ulrike antwortete am 23.01.02 (18:16):

Ermunterung

(Phylax an Karo)

Ein Thor, der sich mit Grillen plagt
Und winselt ob der Zeiten Schwung.
Mein Sohn, du hast genug genagt
Den Knochen der Erinnerung!

Dem dient die Welt, der nie verträumt
Die rechte Zeit, den rechten Ort!
Das schnelle Glück ist bald versäumt:
Zuschnappen! heisst das Zauberwort.

(Heinrich Seidel)


hl antwortete am 24.01.02 (11:00):

zeitfaktor

je länger ich übe
ohne dich zu sein
umso besser gelingt es mir
wenn ich nicht mehr üben muss
wird das ziel erreicht sein:

du wirst dann frei sein
von mir

hl


hl antwortete am 24.01.02 (11:18):

ausbrennen

die zeit heilt alle wunden
sagt man
doch manche wunden
werden immer wieder
neu geöffnet
damit die bitterkeit
heraus fliessen kann
und die wunde sich
nicht schließt
über dem herd
des verletztseinwollens
vielleicht sollte man
sie ausbrennen
mit der glut der liebe

hl


Dietlinde antwortete am 24.01.02 (11:29):


Liebe Heidi,

"Ausbrennen"

Diese wunderbaren Gedanken Deines letzten Gedichtes gefallen mir ganz besonders!

Herzlichen Dank!

Allen Seniorentrefflesern, Autoren und Mitgestaltern wünsche ich einen wunderschönen Tag!

Liebe Donnerstagsgrüßchen
Dietlinde


sieghard antwortete am 24.01.02 (14:50):

Einst, wenn der Winter begann,
du hieltest von seinen Schleiern,
den Dämmerdörfern, den Weihern
die Schatten an.

Oder die Städte erglommen
sphinxblau an Schnee und Meer -
wo ist das hingekommen
und keine Wiederkehr.

Alles des Grams, der Gaben
früh her in unser Blut - :
wenn wir gelitten haben,
ist des dann gut?

[Gottfried Benn 1886-1956]
.


Ulrike antwortete am 24.01.02 (15:50):

Möchte, obwohl die vorherigen Gedichte mir gut gefallen, dem Ganzen mal wieder eine heitere Note geben.

Der Dichter

Abends zählt er seine Leiden,
tut sich an dem Vorrat weiden,
wählt eins aus, bedichtet es,
und das Dichten richtet es.

Morgens aber fleht er wieder:
Schicksalshammer, sause nieder!
Denn ich seh mich schon im Grabe,
wenn ich nichts zu dichten habe.

(Robert Gernhardt: Lichte Gedichte)


Brita antwortete am 24.01.02 (16:43):

...auch Religionen globalisieren sich...
heute in Assisi....

Lobgesang (Franz von Assisi)

Höchster, allmächtiger, guter Herr,
Dein sind das Lob, der Ruhm, die Ehr und aller Segen.
Dir gehören sie, Höchster, allein.
Kein Mensch ist wert Dich zu nennen.

Gelobt seist Du, mein Herr, samt all Deinen Kindern
Und der Schwester Sonne besonders,
Denn am Tage zündst Du für uns sie an.
Schön ist sie und strahlt in großem Glanze.
Von Dir, o Höchster, bringt sie Kunde.

Gelobt seist Du, mein Herr, für Bruder Wind
Und Luft und Wolken, freundliches und jedes Wetter!
Mit ihnen hegst du Deine Kinder.

Fortsetzung bei Bedarf...


Martin.F antwortete am 24.01.02 (19:19):

Hallo Lyrikfreunde nachfolgend ein ganz spezielles Gedicht,ich hoffe es gefällt Euch.


Das Nussbaumblatt von Lois Fürnberg 1909-1957

Heut hat der Wind ein welkes Nussbaumblatt in unsern schmalen kalten Hof getragen
Der nichts als eine hohe mauer hat
Da haben wir die Hände ausgestreckt danach
Die schweigend wir den Hof durchschritten

Was so ein Blatt für sommerwünsche weckt
Und einer fings in seiner hohlen Hand und hielt es zart und zärtlich an die Wange
Ein Nussbaumblatt von Juliglut verbrannt
Und reichte es dem der hinter ihm ging stumm
Der küsste es und so im Weitergange ging es ein welkes Nussbaumblatt geküsst reihum


Martin.F antwortete am 24.01.02 (19:25):

Und auf die Nacht etwas Leichtverdauliches....

Die Wahlesel von Heinrich Heine 1797 � 1856


Die Freiheit hat man satt am End
Und die Republik der Tiere
Begehrte das ein einziger Regent
Sie absolut regiere
Jetwege Tiergattung versammelte sich
Wahlzettel wurden geschrieben
Parteisucht wütete fürchterlich
Intrigen wurden getrieben

Das Komitee der Esel wart
Von altlangohren regieret
Die hatten die köpfe mit einer kokard
Die schwarz rot Gold verzieret
Es gab eine kleine Pferdepartei
Doch wagte sie nicht zu stimmen
Sie hatte angst vor dem Geschrei
Der altlangohren der Grimmen

Als einer jedoch die Kandidatur
Des Rosses empfahl mit Zeter
Ein Altlangohr in die rede im fuhr
Und schrie du bist ein Verräter
Du bist ein Verräter es fliste dir
Kein tropfen vom Eselblute
Du bist kein Esel ich glaube schier
Dich warf eine welsche Stute

Du stammst vom Zebra, vielleicht die haut
Sie ist gestreift zebräisch
Auch deiner stimme naselnder laut
Klingt ziemlich ägyptisch hebräisch
Und wärst du kein Fremdling so bist du doch nur
Ein Verstandesesel ein kalter
Du kennst nicht die tiefen der Eselnatur
Dir klingt nicht ihr mystischer Psalter

Ich aber versenkte die Seele ganz
In jenes süsse gedösel
Ich bin ein Esel an meinem Schwanz
Ist jedes Haar ein Esel
Ich bin kein römling ich bin kein slav
Ein deutscher Esel bin ich
Gleich meinen Vätern sie waren so brav
So pflanzenwüchsig so sinnig




Sie spielten nicht mit Galanterei
Frivole Lasterspiele
Sie traten täglich frisch fromm fröhlich frei
Mit ihren Säcken zur Mühle
Die Väter, die Väter sind nicht tot im Grab
Nur ihre Häute liegen
Die sterbliche Hülle vom Himmel herab
Schaut sie auf uns mit Vergnügen

Verklärte Esel im Glorialicht
Wir wollen Euch immer gleichen
Und niemals von dem Pfad der Pflicht
Auch nur einen Fingerbreit weichen
Oh welche Wonne ein Esel zu sein,
Ein Esel von solchen lang Ohren
Ich möcht es von allen Dächern schrein
Ich bin als ein Esel geboren

Der grosse Esel, der mich gezeugt
Er war von deutschem Stamme
Mit deutscher Eselsmilch gesäugt
Hat mich die Mutter die Mamme
Ich bin ein Esel und werde getreu
Wie meine Väter die alten
An der alten lieben Eselei
Am Eselstume halten

Und weil ich ein Esel so rate ich Euch
Den Esel zum König zu wählen
Wir stiften das grosse Eselreich
Wo nur die Esel befehlen
Wir alle sind Esel Iaa Iaa
Wir sind keine Pferdeknechte
Fort mit den Rossen es lebe hurra
Der König vom Eselgeschlechte

So sprach der Patriot im Saal
Die Esel Beifall rufen
Sie waren alle National
Und stampfen mit den Hufen
Sie hatten des Redners Haupt geschmückt
Mit einem Eichenkranze
Er dankte Stumm und hochbeglückt
Wedelt er mit dem Schwanze





Ulrike antwortete am 24.01.02 (19:42):

:-))))))))


HEINE!!! Es lebe Düsseldorf am Rheine und die rheinische Frohnatur. Und das Kommödchen!!!

Danke, sehr amüsant, aber ohne Unterstrich?

Nur Mut.


Heidi antwortete am 24.01.02 (20:57):

Kluge Sterne

Die Blumen erreicht der Fuß so leicht,
Auch werden zertreten die meisten;
Man geht vorbei und tritt entzwei
Die blöden wie die dreisten.

Die Perlen ruhn in Meerestruhn,
Doch weiß man sie aufzuspüren;
Man bohrt einLoch und spannt sie ins Joch,
Ins Joch von seidenen Schnüren.

Die Sterne sind klug, sie halten mit Fug
Von unserer Erde sich ferne;
Am Himmelszelt, als Lichter der Welt,
Stehn ewig sicher die Sterne.

Heinrich Heine (1844-1851)


Dela antwortete am 24.01.02 (22:15):

Gebet

(Else Lasker-Schüler)

Ich suche allerlanden eine Stadt,
Die einen Engel vor der Pforte hat.
Ich trage seinen großen Flügel
Gebrochen schwer am Schulterblatt
Und in der Stirne seinen Stern als Siegel.

Und wandele immer in die Nacht...
Ich habe Liebe in die Welt gebracht,
Daß blau zu blühen jedes Herz vermag,
Und hab ein Leben müde mich gewacht,
In Gott gehüllt den dunklen Atemschlag.

O Gott, schließ um mich deinen Mantel fest.
Ich weiß, ich bin im Kugelglas der Rest,
Und wenn der letzte Mensch die Welt vergießt,
Du mich nicht wieder aus der Allmacht läßt,
Und sich ein neuer Erdball um mich schließt.

(1917)


Heidi antwortete am 24.01.02 (23:05):

"Und jenes Nichts brachte viele Tränen,
und das Nichts war Werkzeug des Todes,
und das Nichts brachte den Tod für so viele."
Francisco de Quevedo

"Schon ist eine neue Null herangereift,
die ihre Anbeter finden wird."
Antonio Machado


Cero

Aufforderung zur Klage. dies ist ein Klagelied,
Augen endlos weinend,
Schutthaufen voraus, durch die Trümmer
ungezählter Tage.
Trümmer, die eine Null ausbreitet - Schöpfer des Nichts,
Geschöpf des Menschen -, eine Null, wenn sie
explodiert.

Sie ist blind gefallen. Er, man
hat sie ausgeklinkt in sechstausend
Meter Höhe, um vier.
Gibt es Augen,
die von so hoch
die Reize der Erde wahrnehmen können?
Glückliche Welt? Lebensstränge,
die sich flechten und entflechten,
Schmetterlinge, Menschen, Tiger,
sich liebend, sich vergessend?
Nein. Geometrie. Abstrakte
Farben ohne Bewohner,
glatter Atlasschwindel.
Zu Hunderten blätterten Windfinger
die einzelnen
Seiten um
- weiße Wolkenränder -
mit den Ländern der Erde
die ein Kartenbündel geworden.
Und wem täte eine Karte
leid, aus solcher Ferner? Leid
tut uns eine schillernde
Seifenblase, die platzt;
oder am Sandstrand
das Krachen, eine Muschel,
die barst
unter dem absichtslosen Fuß.
Aber jene Höhe so hoch,
daß die Vögel sie nicht mehr mögen,
blendet dem Willen seinen Grund weg
mit tausend durchsichtigen Lüften.
Unsichtbar werden die zarten
Anmutszeichen der Welt:
Die Lilie mit ihren Staubfäden,
die Kolibris mit ihren Flügeln,
die Adern hin und her
in sanftem Blau gezogen
über eine Mädchenbrust.
Wem wären sie Liebe,
wenn nicht aus der Nähe betrachtet?

Er hat seine Pflicht getan;
Was von zwanzig Zifferblättern her
die Instrumente befahlen,
ganz genau: auskinken
im richtigen Augenblick.

Nichts

Am Anfang
sah er fast gar nichts. Einen
Flecken, langsam schwellend,
weiß, weißer, schon schneeweiß.
Ein Pferch voller Schafe?
Wollbüschel, Flocken?
Das mußte es sein ...
Welch eine Last wich von ihm!
Das war es: ein Bild,
das wiederkehrt.
Zwanzig Jahre zuvor, als Kind.

Er war ein Kind - weit zuvor -
das in ländlichen Sommern
mit Lämmern spielte
auf den Weiden. Wettrennen,
Spiele, Gelächter, flaches
Hinschlagen auf den Grasgrund,
so neu noch im Tau,
daß die Frohmut der Welt,
neu geschaut in aller Klarheit,
ihm das Antlitz erfrischte.
Ja, dieses Weiß von soeben,
dort unten,
über Vliese gebreitet,
kann nichts Schlimmes bedeuten:
Herden über Herden,
in Ruhe weidend
auf einer weiten Kleelandkarte.
Nicht Schlimmes. Runde Echolaute
jener zweifachen Unschuld
zwanzig Jahre zuvor: Kindlichkeit,
mit den Lämmern herumalbernd,
und himmlisches Schäkern
des Sonnenkindes mit der Wolkenherde,
die der Morgen, der Hirte, vor sich hertreibt.
Indes,
hinter so viel Weiß
auf Erden - es war nicht die Karte -,
dort, wo die Null einschlug,
begann das große Desaster.



Pedro Salinas [1891-1951] (Übs.Gustav Siebenmann)
in Spanische Lyrik des 20.Jahrhundert
Reclam ISBN 3-15-008035-5


sieghard antwortete am 25.01.02 (08:03):

Wie sich das Galgenkind
die Monatsnamen merkt

Jaguar
Zebra
Nerz
Mandrill
Maikäfer
Ponny
Muli
Auerochs
Wespenbär
Locktauber
Robbenbär
Zehenbär

[Christian Morgenstern 1871-1914]
.


Heidi antwortete am 25.01.02 (11:56):

Du bist aus lauter Gischt...

Du bist aus lauter Gischt, aus leichtem, fiedrigem Meerschaum,
und dich kreuzen die Küsse, dich benetzen die Tage.
Meine Miene, mein Bangen hängen an deinem Blicke.
Gefäß von Widerklängen und gefangenen Sternen.
Ermüdet bin ich: alle Blätter fallen und sterben.
Die Vögel fallen, sterben. Die Leben fallen, sterben.
Müde bin ich, so müde. Komm, begehre mich, rüttle mich.
Ach, mein elender Wunschtraum, Girlande, hell in Flammen!
Die Qual, sie fällt, sie stirbt. Es fällt, es stirbt die Sehnsucht.
Die Flammen fallen, sterben im unendlichen Dunkel.

...

Pablo Neruda


Ulrike antwortete am 25.01.02 (12:11):

Gedicht einer Kolumbianerin, die heute in Berlin lebt:

Wurzellos verfolge ich das Raunen
einer armseligen Menschenmasse
bereit die Grenzen meiner Blindheit
zu sprengen

Auf der Flucht zwischen den Gipfeln
eines glockenlosen Dorfes
irre ich zu guter Stunde durch seine Gassen
und beschwöre ohne Bitterkeit
meine Affairen mit dem Tod

Ich erahne eine Landschaft frei von Kerkern
eine Welt ohne Nadeln in den Händen
wenn ich Brillen
patriarchalischer Art zerbreche

Es genügt nicht sich von der geballten
Ignoranz zu isolieren
auch nicht eine Brücke zur Liebe zu schlagen

Sonia Solarte: Mundo Papel - Papierwelt


Ulrike antwortete am 25.01.02 (19:37):

@ Martin F.

das Nussbaumblatt besticht,
aber Sonstiges nicht
denn die Partei hatte immer "Recht"
dieses stammte nicht von Brecht
sondern von Parteisoldaten
davon sei heut abgeraten...;)


hl antwortete am 25.01.02 (21:29):


leise, leise sing ich, leise
poesie geht auf die reise
reise ohne wiederkehr
poesie weint nun nicht mehr

leise, leise sing ich, leise
altvertraute klageweise
flöten-, geigen-, harfenklang
begleiten nun den elfensang

leise, leise sing ich, leise
geh' mit den sternen auf die reise
besuche die sonne und den mond
schau' nach wer in eden wohnt

leise, leise sing ich, leise
poesie geht auf die reise
poesie weint nun nicht mehr
reise ohne wiederkehr

hl


elsabe antwortete am 26.01.02 (11:07):

Denkt dran, was wir hier hingeschmiert,
wird eines Tages archiviert
und nicht gelöscht, was besser wär'.
Also nehmt die Griffel her,
schreibt lieber etwas, was von Wert
und den Seniorentreff auch ehrt!


Heidi antwortete am 26.01.02 (12:04):

mal wieder ein "Gedicht"




Träume, die in deinen Tiefen wallen


Träume, die in deinen Tiefen wallen,
aus dem Dunkel lass sie alle los.
Wie Fontänen sind sie, und sie fallen
lichter und in Liederintervallen
ihren Schalen wieder in den Schoß.

Und ich weiß jetzt: wie die Kinder werde.
Alle Angst ist nur ein Anbeginn;
aber ohne Ende ist die Erde,
und das Bangen ist nur die Gebärde,
und die Sehnsucht ist ihr Sinn -


Rainer Maria Rilke, 22.2.1898, Berlin-Wilmersdorf


Martin.F antwortete am 26.01.02 (12:30):

Das Gute Kind


Nimm dieses Geldstück Röschen
und gehe in die Stadt
und kaufe dir was süsses
der Zuckerbäcker hat

Die kleine nahms und küsste
die Mutter noch zum Lohn
sang seelig wie ein Engel
und hüpfte froh davon

Bald kehrt das Kind zurücke
naht zögernd ihr und spricht
ich kaufte nichts o mutter
ach bitte zürne nicht

Dort unten vor dem Tore
da sass ein alter Greis
es wehten Seine Locken
im Winde Silberweiss

Er baht um Brot der Arme
ihn hungerte gar sehr
und mancher ging vorüber
so kalt und mitleidslehr

Da drückte ich mein Geldstück
ihm heimlich in die Hand
und eine Träne rollte
mir dankend in den Sand

Sie schwieg die Mutter weinte
und blickte Himmelwärts
und zog in heiliger Liebe
das gute Kind ans Herz


Johann Jakob Vogel von Glarus

Liebe ulrike was bedeutet ohne unterstrich?


ulrike antwortete am 26.01.02 (13:35):

Hier noch etwas "Aufgeklärtes"

ICH

Die Ehre hat mich nie gesucht;
Sie hätte mich auch nie gefunden.
Wählt man, in zugezählten Stunden,
ein prächtig Feierkleid zur Flucht?

Auch Schätze hab ich nie begehrt.
Was hilft es sie auf kurzen Wegen
Für Diebe mehr als sich zu hegen,
Wo man das wenigste verzehrt?

Wie lange währts, so bin ich hin,
Und einer Nachwelt untern Füßen?
Was braucht sie wen sie tritt zu wissen?
Weiß ich nur wer ich bin.

Gotthold Ephraim Lessing


sieghard antwortete am 26.01.02 (15:03):

Stille Winterstraße

Es heben sich vernebelt braun
Die Berge aus dem klaren Weiß,
Und aus dem Weiß ragt braun ein Zaun,
Steht eine Stange wie ein Steiß.

Ein Rabe fliegt, so schwarz und scharf,
Wie ihn kein Maler malen darf,
Wenn er's nicht etwas kann.
Ich stapfe einsam durch den Schnee.
Vielleicht steht links im Busch ein Reh
Und denkt: Dort geht ein Mann.

[Joachim Ringelnatz, d. i.
Hans Bötticher, 1883-1934]
.


Dela antwortete am 26.01.02 (15:52):

Im Park

(Joachim Ringelnatz)

Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum
Still und verklärt wie im Traum.
Das war des Nachts elf Uhr zwei.
Und dann kam ich um vier
Morgens wieder vorbei,
Und da träumte noch immer das Tier.
Nun schlich ich mich leise- ich atmete kaum-
Gegen den Wind an den Baum,
Und gab dem Reh einen kleinen Stips.
Und da war es aus Gips.


Harold antwortete am 26.01.02 (17:02):



dein gesicht ist der abend
eines erschöpften vogels
seine flügel atmen
sein lächeln sucht schutz
in den wäldern


(Hubert Schirneck)


Ulrike antwortete am 26.01.02 (20:15):

dein herz ist der morgen
eines erfrischten thai-elefanten
sein rüssel trägt
seine kraft bewegt
tonnen von teak


sieghard antwortete am 26.01.02 (21:24):

deine hand ist der klang
eines jungen harfenspielers
ihr zupfen ermuntert
ihr streicheln entzückt
mein ganzes herz


Rosmarie Vancura antwortete am 26.01.02 (21:29):

Die erschreckende Grenze
________________________

an der ich immer wieder
doch nur mich
finde, wenn ich dich
liebe.

Als wärest du
ein fremdes Land,
das nie einer
erforschen wird.

und ich
bin es auch.

Vielleicht ist die Liebe
nichts anderes,
als das auszuhalten
und nicht wegzugehen


Ulrich Schaffer


harold antwortete am 26.01.02 (23:20):

... noch ein Gedicht ohne Titel:


alles glück ist
von der lebensdauer
eines tropfens
der von einem blatt ins moos fällt

(dieses leben lang
schläft der weg unter dir)


Adolf antwortete am 27.01.02 (04:02):

Hier ein Gedicht ohne ober und unter Strich. Gruß Adolf

Mit dem Fortschreiten der Jahre,
mit dem Spärlicherwerden
der greifbaren Geschenke,
an denen die Jugend so überreich war,
bin ich freudedurchlässiger geworden.
Empfindlicher für die sanften Winde
der Freude.
Der Atem der Jahreszeiten,
der Geschmack der Luft,
der Geruch der Stunden,
ein Tausendfuß auf der Wand,
und schon wiehert das Blut
in der Tiefe der Brust
wie eine ganze Herde leichtfüßiger Pferde;
und Sinne und Seele,
mein Haus und die fernsten Wüsten,
Erinnerung und Paradies
strömen über ihre Grenzen
und spielen auf mir,
dieser armen menschlichen Geigenseite,
die Melodie des Unsterblichen.
Luigi Santicci
Mit dem Fortschreiten der Jahre,
mit dem Spärlicherwerden
der greifbaren Geschenke,
an denen die Jugend so überreich war,
bin ich freudedurchlässiger geworden.
Empfindlicher für die sanften Winde
der Freude.
Der Atem der Jahreszeiten,
der Geschmack der Luft,
der Geruch der Stunden,
ein Tausendfuß auf der Wand,
und schon wiehert das Blut
in der Tiefe der Brust
wie eine ganze Herde leichtfüßiger Pferde;
und Sinne und Seele,
mein Haus und die fernsten Wüsten,
Erinnerung und Paradies
strömen über ihre Grenzen
und spielen auf mir,
dieser armen menschlichen Geigenseite,
die Melodie des Unsterblichen.
Luigi Santicci


sieghard antwortete am 27.01.02 (08:49):

Erinnerung 27.1.1945

Freude, dass der Mandelzweig
wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt.

Dass das Leben nicht verging,
so viel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering
in der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg,
leicht im Winde weht.

Freude, dass der Mandelzweig,
sich in Blüten wiegt,
bleibe uns ein Fingerzeig,
wie das Leben siegt.

[Schalom Ben Chorin]
.


Ulrike antwortete am 27.01.02 (10:36):

anschlussgedicht

deine stimme ist der sonnentag
einer emsigen hummel
ihr summen gesellig
ihre flugbahn wellig
in mandelbäumen


Heidi antwortete am 27.01.02 (10:41):

Ein Sonntagsgedicht

Sozusagen grundlos vergnügt

Ich freu mich, daß am Himmel Wolken ziehen
Und daß es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
- Daß Amseln flöten und daß Immen summen,
Daß Mücken stechen und daß Brummer brummen.
Daß rote Luftballons ins Blaue steigen.
Daß Spatzen schwatzen. Und daß Fische schweigen.

Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
Und daß die Sonne täglich neu aufgeht.
Daß Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, daß ich bin.

In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
- Weil er sich selber liebt - den Nächsten lieben.
Ich freue mich, daß ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Daß alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freu mich, daß ich.. Daß ich mich freu.

Mascha Kaléko


Einen schönen Sonntag wünsche ich allen


Wolfgang antwortete am 27.01.02 (14:57):

Heast as nit...

Heast as nit
Wia die Zeit vergeht

Gestern no'
Ham d'Leut ganz anders g'redt

Die Jung'n san olle fort
Und die Alt'n san gstorb'n

Und gestern is' heit word'n
Und heit is' bald morg'n

Hubert von Goisern und die Alpinkatzen von der CD "Aufgeigen st�tt niederschiassen" (1992)

(Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/)


Dela antwortete am 27.01.02 (16:14):

Hätt ich geahnt, als ich zuerst Dich schaute

daß mich die warme Sonne Deiner Blicke
verjüngen würde und mit dem Geschicke
feuriger Glut im Alter noch betraute.

Ich wäre, wie der Hirsch, der Luchs, der Panther
entflohen jeder schnöden Schicksalstücke
und wäre hingeeilt zu meinem Glücke.
Längst wären wir begegnet dann einander !

Doch warum gräm ich mich, wo ich nun finde
in Deinen Engelsaugen meinen Frieden,
all meine Ruhe und mein ganzes Heil ?

Vielleicht wär damals mir dies Angebinde
noch nicht geworden, das mir nun beschieden,
seit Deiner Tugend Fittich ward mein Teil

(Michelangelo an Tommaso Cavalieri 1532)


Brita antwortete am 27.01.02 (21:10):

Winternacht

Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt,
Still und blendend lag der weiße Schnee,
Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt,
Keine Welle schlug im starren See.

Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf,
Bis sein Wipfel in dem Eis gefror;
An den Ästen klomm die Nix herauf,
schaute durch das grüne Eis empor.

Auf dem dünnen Glase stand ich da,
Das die schwarze Tiefe von mir schied;
Dicht ich unter meinen Füßen sah
Ihre weiße Schönheit Glied um Glied.

Mit ersticktem Jammer tastet sie
An der harten Decke her und hin,
Ich vergeß das dunkle Antlitz nie,
Immer, immer liegt es mir im Sinn!

Gottfried Keller


hl antwortete am 27.01.02 (22:27):

kein elfengedicht:


wahrwirr

gleichschuldig mitgültig
freudloses glück
resignierte hoffnung
geht vorwärts zurück

in tränen getrocknetes
glückliches leid
unsichtbares zeichen
irrealer zeit

tätiges nichtstun
erdachter realität
für sprechendes schweigen
ist rechtzeitig zu spät

hl


Adolf antwortete am 28.01.02 (08:14):

Spruch des Tages:

Richtig freuen kann man sich nur,
wenn ein anderer sich mitfreut.
Mark Twain

Ich wünsche allen einen guten Tag
und eine gute Woche. Adolf


sieghard antwortete am 28.01.02 (08:28):

Krähen im Schnee

Die schwarzen Krähen auf dem weißen Feld:
Der Anblick macht mein Herz erregt.
Es stäubt der Schnee. In Wirbeln kreist die Welt.
Sie sitzen auf den Bäumen unbewegt.

Die Zaubertiere aus der alten Zeit,
Sie sind bei uns nur zu Besuch.
Sie tragen noch das Galgenvogelkleid,
Sie hörten einst den rauhen Henkerfluch.

Was denken sie? Ach, du errätst es nicht!
Sie starren einsam vor sich hin.
Der Himmel hat ein milchig trübes Licht.
So war die Welt im ersten Anbeginn.

Nun naht vom Wald her sich ein neuer Gast.
Die andern sehen ihm nicht zu.
Er lässt sich nieder auf dem weißen Ast.
Und dann ertönt auch durch die Winterruh

So rauh wie hohl der alte Krähenschrei.
In ihm ist Langweil und Verdruss.
So hocken sie, das schwarze Einerlei,
Und wirbelnd fällt der Schnee, wohin er muss.

[Georg Britting1891-1964]
.


Dela antwortete am 28.01.02 (11:31):



Einst

(Lulu von Strauß und Torney)

Und wenn ich selber längst gestorben bin,
Wird meine Erde wieder blühend stehen,
Und Saat und Sichel, Schnee und Sommerpracht
Und weißer Tag und blaue Mitternacht
Wird über die geliebte Scholle gehen.
Und werden Tage ganz wie heute sein:
Die Gärten voll vom Dufte der Syringen,
Und weiße Wolken, die im Blauen ziehn,
Und junger Felder seidnes Ährengrün,
Und drüberhin ein endlos Lerchensingen!
Und werden Kinder lachen vor dem Tor
Und an den Hecken grüne Zweige brechen,
Und werden Mädchen wandern Arm in Arm
Und durch den Sommerabend still und warm
Mit leisen Lippen von der Liebe sprechen!
Und wird wie heut der junge Erdentag
Von keinem Gestern wissen mehr noch sagen,
Und wird wie heut doch jeder Sommerwind
Aus tausend Tagen, die vergessen sind,
Geheime Süße auf den Flügeln tragen!

Gruesse Euch Freunde der Lyrik!


Rosmarie Schmitt antwortete am 28.01.02 (13:15):

Liebe Dela,

zu deinem wunderschönen Gedicht von Lulu von Strauß und Torney passt vielleicht Ina Seidel.

Herzliche Grüße
Rosmarie

Trost

Unsterblich duften die Linden -
Was bangst du nur?
Du wirst vergehn, und deiner Füße Spur
Wird bald kein Auge mehr im Staube finden.
Doch blau und leuchtend wird der Sommer stehn
Und wird mit seinem süßen Atemwehn
Gelind die arme Menschenbrust entbinden.
Wo kommst du her? Wie lang bist du noch hier?
Was liegt an dir?
Unsterblich duften die Linden -

Ina Seidel
(1885 - 1974)


Rosmarie Schmitt antwortete am 28.01.02 (13:18):

Lieber Sieghard,

danke für das Krähengedicht! Das sind meine Lieblingsvögel... :-))

Eine schöne, kreative Woche dir und der ganzen Runde hier!
Rosmarie


sieghard antwortete am 28.01.02 (14:29):

Die Saiten meiner Harfe
stimmen zu deiner Ordnung,
und die Flöte meiner Lippen
lege ich an deine Gesetze.
Du bist der Grund all dessen,
was an mir gut ist.
Du bist der Quell der Erkenntnis,
der Brunnen der Heiligkeit,
der Gipfel des Glanzes.
Ich singe, preise und lobe Dich.

[Qumran]


hl antwortete am 28.01.02 (15:23):

zu "Einst" und "Trost"


"Morgen erst"

Über euch Himmelblau
Weit entfernt Wolkengrau
Sternensilber Sonnengold
Wiesengrün soviel ihr wollt
Bächlein klar und Quelle rein
Fischlein können glücklich sein
Blumengelb und Blumenrot
Morgen erst ..ist die Erde tot

hl


Dela antwortete am 28.01.02 (15:29):

Danke Rosmarie und Sieghard, meine Antwort mit Fontane:


Die Frage bleibt

(Theodor Fontane)

Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht fragen, warum? warum?
Nur nicht bittere Fragen tauschen,
Antwort ist doch nur wie Meeresrauschen.
Wies dich auch aufzuhorchen treibt,
Das Dunkel, das Rätsel, die Frage bleibt.


Dela antwortete am 28.01.02 (15:36):

Und in der Zwischenzeit dein blaues "Morgen erst", liebe(r) hl,- wie schön. Danke!


hl antwortete am 28.01.02 (15:41):

fragen und antworten

es gibt fragen
auf die gibt es antworten
es gibt antworten
die fordern handeln

andererseits

gibt es fragen
die niemand stellt
es gibt antworten
die niemand hören will

weil handeln manchmal
unbequem ist

hl


Ulrike antwortete am 28.01.02 (16:20):

Fragen

Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer
Steht ein Jüngling-Mann.
Die Brust voll Wehmut, das Haupt voll Zweifel,
Und mit düstern Lippen fragt er die Wogen:

"O löst mir das Rätsel,
Das qualvoll uralte Rätsel,
Worüber schon manche Häupter gegrübelt,
Häupter in Hieroglyphenmützen,
Häupter in Turban und schwarzem Barrett,
Perückenhäupter und tausend andere
Arme schwitzende Menschenhäupter -
Sagt mir, was bedeutet der Mensch?
Woher ist er gekommen? Wo geht er hin?
Wer wohnt dort oben auf goldenen Sternen?"
Es murmeln die Wogen ihr ewges Gemurmel,
Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,
Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt,
Und ein Narr wartet auf Antwort.

Heinrich Heine: Die Nordsee, Zweiter Zyklus


Brita antwortete am 28.01.02 (18:14):

Eingelegte Ruder

Meine eingelegten Ruder triefen,
Tropfen fallen langsam in die Tiefen.

Nichts, das mich verdroß! Nichts, das mich freute!
Niederrinnt ein schmerzloses Heute!

Unter mir - ach, aus dem Licht verschwunden -
Träumen schon die schönern meiner Stunden.

Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern:
Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?

Conrad Ferdinand Meyer


Dela antwortete am 28.01.02 (19:06):

Sachliche Romanze

(Erich Kästner)

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen, sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
Und Zeit irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleine Café am Ort
Und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
Und konnten es einfach nicht fassen.


hl antwortete am 28.01.02 (23:30):

nachtjuwelen

schwarze perlen
auf rotem band
gleiten durch meine hand

fallen im dunkeln
seh' sie noch funkeln
sterne aus fernem land

rote korallen
auf weisser schnur
tod stellte meine uhr

ging an mir vorüber
ich rief ihn wieder
bruder aus fernem land

goldener stern
im weichen frühlingsgras
machte mir die wangen nass

stern ist versunken
löschte sein licht
verbarg mein gesicht

weisse diamanten
so hart, so klar
sagen was wahr und war

warmes licht
bringt sie zum funkeln
leuchten nur im dunkeln

.. regenbogenleicht
ich singe im traum
und merk es kaum

hl


sieghard antwortete am 29.01.02 (08:49):

Im Winter

Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.

Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.

Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.

[Georg Trakl 1887-1914]
.


Luzia antwortete am 29.01.02 (10:46):

Für Ulrike------- auch von Heinrich Heine

Zu fragmentarisch ist Welt und Leben!
Ich will mich zum deutschen Professor begeben,
der weiß das Leben zusammenzusetzen,
und er macht ein verständlich System daraus;
mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen
stopft er die Lücken des Weltenbaus.


Ulrike antwortete am 29.01.02 (11:42):

Liebe Luzia, ganz lieben Dank, wie konntest Du nur meine Einstellung zu gewissen Professoren erraten?:-)))

Wen meint wohl Heine, dieser Flegel?
Na klar, er meint Professor Hegel
Der dialektisch stets umkreiste
Die Welt, doch immer nur im Geiste!
Der pietistisch-reformiert
Den Obrigkeiten attestiert
Dass ihr System der Unterdrückung
Für Biedermeier sei Beglückung
Denn alles das, was absolut
Hieß Professor Hegel gut.

Hallo Rosmarie, vielleicht braucht das ICH noch etwas Zeit, irgendwann hat es dann ein Coming Out oder auch nicht:)))

Grüßchen Ulrike


Dela antwortete am 29.01.02 (13:08):

Wieder zurück mit Wilhelm Busch zum Thema Kapitel 22 ?


(Wilhelm Busch)


Wirklich, er war unentbehrlich
Überall, wo was geschah
Zu dem Wohle der Gemeinde,
Er war tätig, er war da.

Schützenfest, Kasinobälle,
Pferderennen, Preisgericht,
Liedertafel, Spritzenprobe,
Ohne ihn da ging es nicht.

Ohne ihn war nichts zu machen,
Keine Stunde hatt er frei.
Gestern, als sie ihn begruben,
War er richtig auch dabei.


ricardo antwortete am 29.01.02 (13:13):

Hiiiiilfe
Bitte keine Gedichte mehr zusenden

(Internet-Tipp: https://www.freiburger-stadtmusikanten.de)


richard antwortete am 29.01.02 (15:03):

Generation

Ausgeschlupft
Schlupfgehupft.

Hupfgebuttert.
Buttbemuttert.

Muttgeschaffen.
Schlaffgeschlaffen.

Schlaffgeflippt.
Flippgestrippt.

Stripbegradigt.
Gradbegnadigt.

Gnadverkalkt.
Kalkgewalkt.

Walkhienieden.
Niedgeschieden.

Schiedgehimmelt.
Himmelgebimmelt.

(Richard Pietrass *1946)


eva antwortete am 29.01.02 (15:49):

Vom Schiurlaub zurückgekehrt
bemerkte ich verwundert,
was mein Laptop mir beschert :
Gedichte, über hundert !
Bisher ist keine Zeit gewesen,
alle diese nur zu lesen;
zu bedenken, sie zu gliedern,
geschweige, sie auch zu erwidern !

Wenn meine blauen Flecken schwinden,
werdet Ihr mich hier wiederfinden.


Brita antwortete am 29.01.02 (18:33):

@alle

Was ist das für ein Feuerwerk?
Die Geistesblitze zucken -
man freut sich sehr an diesem Werk
und sollte ja nicht mucken...


Es ist doch wahrlich ein Genuß
Was hier ad hoc entsteht -
Vertreibt mir jeglichen Verdruss
und Langeweile geht...


Heidi antwortete am 29.01.02 (20:50):

Junge Leiden - Traumbilder
I
Mir träumte einst von wildem Liebesglühn,
Von hübschen Locken, Myrten und Resede,
Von süßen Lippen und von bittrer Rede,
Von düstrer Lieder düstern Melodien.
Verblichen und verweht sind längst die Träume,
Verweht ist gar mein liebstes Traumgebild!
Geblieben ist mir nur, was glutenwild
Ich einst gegossen hab in weiche Reime.
Du bliebst, verwaistes Lied! Verweh jetzt auch,
Und such das Traumbild, das mir längst entschwunden,
Und grüß es mir, wenn du es aufgefunden --
Dem luftgen Schatten send ich luftgen Hauch.

Heinrich Heine


Heidi antwortete am 29.01.02 (21:15):

Am Rande der Nacht


Meine Stube und diese Weite,
wach über nachbetendem Land, -
ist Eines. Ich bin eine Saite,
über rauschende breite
Resonanzen gespannt.

Die Dinge sind Geigenleiber,
von murrendem Dunkel voll;
drin träumt das Weinen der Weiber,
drin rührt sich im Schlafe der Groll
ganzer Geschlechter.....
Ich soll
silbern erzittern: dann wird
Alles unter mir leben,
und was in den Dingen irrt,
wird nach dem Lichte streben,
das von meinem tanzenden Tone,
um welchen der Himmel wellt,
durch schmale, schmachtende Spalten
in die alten
Abgründe ohne
Ende fällt...


Rainer Maria Rilke, 12.1.1900


sieghard antwortete am 30.01.02 (08:59):

wenn im öflein s feuer kracht,
winter durch das fenster lacht,
wenn die flocken lustig toben,
sollst den lieben werwolf loben.

flöhlich streunt er duch das feld,
fühlt den frieden dieser welt,
sträubt sein fellchen voller wonne,
frank und frei von aller sonne.

liebe kinder, nichts wie raus!
hurtig aus dem vaterhaus,
nehmt vom süßen weihnachtskuchen,
geht mit ihm den werwolf suchen.

[Hans Carl Artmann 1921-2000]
.


Ulrike antwortete am 30.01.02 (09:00):

Faunsflötenlied

Ich glaube an den großen Pan,
Den heiter heiligen Werdegeist;
Sein Herzschlag ist der Weltentakt,
In dem die Sonnenfülle kreist.

Es wird und stirbt und stirbt und wird,
Kein Ende und kein Anbeginn.
Sing, Flöte, dein Gebet der Lust!
Das ist des Lebens heiliger Sinn.


(Otto Julius Bierbaum 1865-1910)


Heidi antwortete am 30.01.02 (09:53):

PFLÜCK diese kleine Blume und nimm sie und zögre nicht,
ich fürchte, sie welkt und fällt in den Staub.

Sie wird keinen Platz in deinem Kranze finden,
doch ehre sie mit dem Schmerzensdruck deiner Hand
und pflücke sie ab.

Ich fürchte, der Tag könnt enden, eh ich es merke
und die Zeit des Opferns vergeht.

Ist auch die Farbe nicht tief
und ihr Duft nur schwach,
nütze die Blume für deinen Dienst
und pflück sie, solange es Zeit ist.

Rabindranath Tagore "Gitanjali" (6)


;-)) Heidi antwortete am 30.01.02 (11:21):

Diesen ungewissen Seelen

Diesen ungewissen Seelen
Bin ich grimmig gram.
All ihr Ehren ist ein Quälen,
All ihr Lob ist Selbstverdruß und Scham.

Daß ich nicht an ihrem Stricke
Ziehe durch die Zeit,
Dafür grüßt mich ihrer Blicke
Giftig - süßer hoffnungsloser Neid.

Möchten sie mir herzhaft fluchen
Und die Nase drehn!
Dieser Augen hilflos Suchen
Soll bei mir auf ewig irregehn.

Friedrich Nietzsche


Heidi antwortete am 30.01.02 (11:25):

auch sehr schön :-)

An den Mistral
Ein Tanzlied

Mistral - Wind, du Wolken-Jäger,
Trübsal - Mörder, Himmels-Feger,
Brausender, wie lieb ich dich!
Sind wir zwei nicht eines Schoßes
Erstlingsgabe, eines Loses
Vorbestimmte ewiglich?
Hier auf glatten Felsenwegen
Lauf ich tanzend dir entgegen,
Tanzend, wie du pfeifst und singst:
Der du ohne Schiff und Ruder
Als der Freiheit freister Bruder
Über wilde Meere springst.
Kaum erwacht, hört ich dein Rufen,
Stürmte zu den Felsenstufen,
Hin zur gelben Wand am Meer.
Heil! Da kamst du schon gleich hellen
Diamantnen Stromesschnellen
Sieghaft von den Bergen her.
Auf den ebnen Himmels-Tennen
Sah ich deine Rosse rennen,
Sah den Wagen, der dich trägt,
Sah die Hand dir selber zücken,
Wenn sie auf der Rosse Rücken
Blitzesgleich die Geißel schlägt, -
Sah dich aus dem Wagen springen,
Schneller dich hinabzuschwingen,
Sah dich wie zum Pfeil verkürzt
Senkrecht in die Tiefe stoßen, -
Wie ein Goldstrahl durch die Rosen
Erster Morgenröten stürzt.
Tanze nun auf tausend Rücken,
Wellen-Rücken, Wellen-Tücken -
Heil, wer neue Tänze schafft!
Tanzen wir in tausend Weisen.
Frei - sei unsre Kunst geheißen,
Fröhlich - unsre Wissenschaft!
Raffen wir von jeder Blume
Eine Blüte uns zum Ruhme
Und zwei Blätter noch zum Kranz!
Tanzen wir gleich Troubadouren
Zwischen Heiligen und Huren,
Zwischen Gott und Welt den Tanz!
Wer nicht tanzen kann mit Winden,
Wer sich wickeln muß mit Binden,
Angebunden, Krüppel - Greis,
Wer da gleicht den Heuchel-Hänsen,
Ehren-Tölpeln, Tugend-Gänsen,
Fort aus unsrem Paradies!
Wirbeln wir den Staub der Straßen
Allen Kranken in die Nasen,
Scheuchen wir die Kranken-Brut!
Lösen wir die ganze Küste
Von dem Odem dürrer Brüste,
Von den Augen ohne Mut!
Jagen wir die Himmels-Trüber,
Welten-Schwärzer, Wolken-Schieber,
Hellen wir das Himmelreich!
Brausen wir ... o aller freien
Geister Geist, mit dir zu zweien
Braust mein Glück dem Sturme gleich. -
- Und daß ewig das Gedächtnis
Solchen Glücks, nimm sein Vermächtnis,
Nimm den Kranz hier mit hinauf!
Wirf ihn höher, ferner, weiter,
Stürm empor die Himmelsleiter,
Häng ihn - an den Sternen auf!

Friedrich Nietzsche


Heidi antwortete am 30.01.02 (11:50):

Nicht immer will ich
Der sein, der zu den Dingen
Dieser Erde geht
Und sich erklärt
Einmal kann doch auch
Der Berg, bitte sehr
Bei mir erscheinen
Und sich hinhalten den Steinen
Die herfliegen und mich meinen
Er kann laut sagen, daß
Wahnsinn das andere
Unzutreffende Wort für
Das Ent-rückt-Sein
Und der Dichter
Ein menschlicher Berg ist
Den Wind will ich
Bei mir wissen, damit er
In mir nach Gewalten fahndet
Zum Sturm wachsen lernt
Und niederwalzt, was nicht verdient
Lebensraum zu füllen
Alle ausgesetzten Träume
Dürfen sich Nacht für Nacht
Unter meinen Fittichen einnisten
Ich werde sie abrichten
Gegen die Geier

Galsan Tschinag


Dela antwortete am 30.01.02 (11:56):

guten morgen, ihr froehlichen poeten. geloescht wurden eure kessen Purzelbäume, trotzdem danke. nun soll es wieder ernster werden.


Ein Wort

Ein Wort, ein Satz -:
aus Chiffren steigen erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.
Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.

Gottfried Benn


Ulrike antwortete am 30.01.02 (12:18):

ja,schön;-)

wieder ernster:-)))

Als Nietzsche die Menschheit erkannte
in einem Esel
die Heiligkeit
des Esels
Begingen sie gleich darauf ein Unrecht
Er in dem Haus der Irren.

Kann man keinen Esel lieben -harmloses Ding -
und hier verbleiben?
Ist es deshalb, weil Eselsliebe nicht katalogisiert ist
als eine Rolle?

Wo ist denn überhaupt das Katalogbuch?
Eine Liebe mehr, die wir entdeckt haben
erfanden Eselsliebe.

Sie nehmen die grüne Revolution in den Mund, sie, die zusähen,
wie ein Esel zu Tode geprügelt wird
Oder herabgedrückt wird durch den langen Bart Jesu
Christi
Sie nannten Nietzsche einen Ant-Christ
sie, die sie nie die Last eines Esels erleichtern würden.

Taban io liyong, Uganda, 1997


Ulrike antwortete am 30.01.02 (12:32):

Für Dela;-)

Mein Antezedens ist für mich ein Mysterium
Ich muss es in Gedichten erkunden
Von Brecht. Oder meine eigenen schreiben.

Brecht der Bruder von Villon;
Villon der Bruder von Charlie Chaplin;
Charlie Chaplin der Bruder von Kaplan;
Kaplan der Bruder vom Thurber James;
James Thurber der Bruder von...

Sie sind sehr ernsthaft unernsthaft.

Taban lo Liyong, Uganda, 1997


Dela antwortete am 30.01.02 (15:28):

Die Freuden

(Goethe)

Es flattert um die Quelle
Die wechselnde Libelle,
Mich freut sie lange schon;
Bald dunkel und bald helle,
Wie der Chamäleon,
Bald rot, bald blau,
Bald blau, bald grün;
Oh, daß ich in der Nähe
Doch ihre Farben sehe!
Sie schwirrt und schwebet, rastet nie!
Doch still, sie setzt sich an die Weiden.
Da hab' ich sie! Da hab' ich sie!
Und nun betracht' ich sie gnau
Und seh' ein traurig dunkles Blau -
So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!


Heidi antwortete am 30.01.02 (15:44):

Nach Goethe kommt Schiller :-) (auch wenn nicht immer Grund zur Freude ist)

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu sein,
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja - wer auch nur eine Seele
sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt.

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.


Ulrike antwortete am 30.01.02 (17:10):

(auch wenn nicht immer Grund zur Freude ist)

Man kann nicht

Man kann nicht
an das Licht denken
und gleichzeitig an den Tod
an die dampfende Teetasse
und an die Struktur der Trinität
an die Zahnarztrechnung
und an den ersten Kuß
an den Tumor
und an die Windungen der Loire -

Man kann nicht am Denken verzweifeln
und gleichzeitig
denken

(Ludwig Steinherr *1962)


schorsch antwortete am 30.01.02 (19:10):

Ach wie fühl ich mich so klein,
ein Nichts aus Staub geworden;
ach könnt ich doch was Besseres sein,
kriegt ich, wie Schiller, einen Orden.
Doch bin ichs leider nicht;
bin nur ein Dichter-Wicht!

Nicht von Goethe, nur von Schorsch


Heidi antwortete am 30.01.02 (19:18):

Wer solche Gedichte schreibt kann kein "Wicht" sein ;-)

Bergwelt

Berge unter lichten Wolken,
Sturzbach, der zu Tale rauscht,
Herdenkühe, frisch gemolken,
Gemse, die Gefahr erlauscht;
Bergblumen ducken ihre Köpfe,
zwei Murmeltiere halten Wacht,
an Krüppellärchen flattern Zöpfe,
die Wind und Wetter grau gemacht.
Ich wandere dem Licht entgegen,
bestaun` die hehre Alpenwelt,
trotze kaltem Wind und Regen
und bin wie selten aufgestellt.
Rund um mich tanzen Nebelfetzen,
feuchten mir das Haar, die Haut;
Perlenpracht auf Spinnennetzen,
so schön, wie ich noch nie geschaut.
Märchenzauber? Zauberwelten?
ich verlier` mich hoffnungslos darin,
geniess` die Luft, die rein und sauber
und fühle, dass ich glücklich bin.

Die Wolkendecke, nun gerissen,
weicht dem zarten Himmelsblau,
verziert von weissen Wolkenkissen;
Gletscherwind wird lind und lau.
Seufzend pack` ich meine Sachen,
greif` zögernd nach dem Wanderstab,
durch meine Seele zieht ein Lachen,
das ich schon fast vergessen hab`.
Abwärts lenk` ich meine Schritte,
verlass` die hehre Zauberwelt;
hoch zum Himmel geht die Bitte,
dass der Herr sie lange noch erhält.

Georg Segessenmann


Ulrike antwortete am 30.01.02 (19:59):

Von den Alpenrosen:-))) zu den Rosen im Flachland.

Sieben Rosen hat der Strauch
Sechs gehörn dem Wind
Aber eine bleibt dass auch
Ich noch eine find.

Sieben Male ruf ich dich
Sechsmal bleibe fort
Doch beim siebten Mal versprich
Komme auf ein Wort

(Bert Brecht)


Rosmarie Vancura antwortete am 30.01.02 (20:44):

Gelassen
_________

Ich lasse mich lachen-
und ich lasse mich weinen
Ich lasse mich zornig sein
und liebevoll
oder müde

ein lose gewordener Milchzahn
im Munde des Lebens
eine kleine Wunde
die morgen
verheilt sein wird

Erich Fried


sieghard antwortete am 31.01.02 (08:23):

Grauer Wintertag

Es ist ein grauer Wintertag,
Still und fast ohne Licht,
Ein mürrischer Alter, der nicht mag,
dass man noch mit ihm spricht.

Er hört den Fluss, den jungen, ziehn
Voll Drang und Leidenschaft;
Vorlaut und unnütz dünkt sie ihn,
Die ungeduldige Kraft.

Er kneift die Augen spöttisch ein
Und spart noch mehr am Licht,
Ganz sachte fängt es an zu schnei'n,
Zieht Schleier vors Gesicht.

Ihn stört in seinem Greisentraum
Der Möwen grell Geschrei,
Im kahlen Ebereschenbaum
Der Amseln Zänkerei.

All das Getue lächert ihn
Mit seiner Wichtigkeit;
Er schneielet so vor sich hin
Bis in die Dunkelheit.

[Hermann Hesse1877-1962]
.


Dela antwortete am 31.01.02 (13:21):

Das Glasperlenspiel

(Hermann Hesse)

Musik des Weltalls und Musik der Meister
Sind wir bereit mit Ehrfurcht anzuhören,
Zu reiner Feier die verehrten Geister
Begnadeter Zeiten zu beschwören.

Wir lassen vom Geheimnis uns erheben
Der magischen Formelschrift, in deren Bann
Das Uferlose, Stürmende, das Leben,
Zu klaren Gleichnissen gerann.

Sternbildern gleich ertönen sie kristallen,
In ihrem Dienst ward unserm Leben Sinn,
Und keiner kann aus ihren Kreisen fallen,
Als nach der heiligen Mitte hin.

Es führen über die Erde
Strassen und Wege viel,
Aber alle haben
Dasselbe Ziel

Du kannst reiten und fahren
Zu zwein und zu drein,
Den letzten Schritt
Mußt du gehen allein.

Drum ist kein Wissen
Noch Können so gut,
Als daß man alles Schwere
Alleine tut.


Luzia antwortete am 31.01.02 (15:52):

Jeden Abend

Jeden Abend sollst du deinen Tag
prüfen, ob er Gott gefallen mag,
ob er freudig war in Tat und Treue,
ob er mutlos lag in Angst und Reue;
sollst die Namen deiner Lieben nennen,
Haß und Unrecht still vor dir bekennen,
sollst dich alles Schlechten innig schämen,
keinen Schatten mit ins Bette nehmen,
alle Sorgen von der Seele tun,
daß sie fern und kindlich möge ruhn.
Dann getrost in dem geklärten Innern
sollst du deines Liebsten dich erinnern,
deiner Mutter, deiner Kinderzeit;
sieh, dann bist du rein und bist bereit,
aus dem kühlen Schlafborn tief zu trinken,
wo die goldnen Träume tröstend winken,
und den neuen Tag mit klaren Sinnen
als ein Held und Sieger zu beginnen.

Hermann Hesse


Dela antwortete am 31.01.02 (17:15):

Was vorüber ist

(Rose Ausländer)

Was vorüber ist
Ist nicht vorüber
Es waechst weiter in Deinen Zellen
Ein Baum aus Tränen
Oder
Vergangenem Glück.


Ulrike antwortete am 31.01.02 (21:08):

EIN BLATT,baumlos,
für Bertolt Brecht:

Was sind das für Zeiten,
wo ein Gespräch
beinah ein Verbrechen ist,
weil es soviel Gesagtes
mit einschließt?

(Paul Celan 1971)


Adolf antwortete am 01.02.02 (02:00):

Ich wünsche allen einen schönen Morgen und Tag,
mögen Eure Wünsche in erfüllung gehen.

Um die Liebe Gottes zu entdecken,
man muss keine großen Reisen machen,
um die Schönheit der Schöpfung zu sehen,
und ebenso braucht man
keine großen Ekstasen zu haben,
um die Liebe Gottes zu entdecken,
Aber man muss still sein und warten können,
um zu begreifen.
Henri J. M. Nouwen


Ulrike antwortete am 01.02.02 (11:07):

Danke für die freundlichen Wünsche, wünsche Dir eben solches.:-)

Wahrhaftig

Wenn der Frühling kommt mit dem Sonnenschein,
Dann knospen und blühen die Blümlein auf;
Wenn der Mond beginnt seinen Strahlenlauf,
Dann schwimmen die Sternlein hintendrein;
Wenn der Sänger zwei süße Äuglein sieht,
Dann quellen ihm Lieder aus tiefem Gemüt; -
Doch Lieder und Sterne und Blümelein,
Und Äuglein und Mondglanz und Sonnenschein,
Wie sehr das Zeug auch gefällt,
So macht�s doch noch lang keine Welt.

(Heinrich Heine)


hl antwortete am 01.02.02 (12:15):

ideal

was ist die welt?
vielleicht habe ich es
vergessen?
die welt
das bist du
das bin ich
das ist die erde
und die natur mit ihren
wechselnden jahreszeiten
mehr braucht es
- eigentlich -
nicht

hl


Ulrike antwortete am 01.02.02 (13:28):

Ideale

Wäre Natur
Paradiesisch und pur
Wär dies real
Gäb�s kein Ideal


Dela antwortete am 01.02.02 (16:50):

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wolken schweben
Und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen's nicht) in Mitte
Der Ewigkeit...

(Johann Gottfried Herder)


Arwen antwortete am 01.02.02 (19:24):

Hallo!
Gedichte liebe ich ja bekanntlich. Aus einem ,,bestimmten Buch" habe ich die schönsten herausgelesen:

WARNUNG

O Wanderer im Schattenland,
Verlier den Mut nicht vor der Wand,
Des Waldes schwarz von Ost nach West,
Denn bald bricht Sonne durchs Geäst,
die Sonne, wie sie kommt und geht,
des Morgens früh, des Abends spät,
Und jeder Wald kommt an sein End...

BADEGEDICHT

Ein Lob dem Bande, dem warmen Guss,
der spült den Staub und des Tages Verdruss!
Ein Lümmel ist er, der trielt und sitnkt,
wer heißes Wasser nicht laut besingt.

O zärtlich klingt des Regens Laut,
Und das Rieseln des Baches im Wiesenkraut,
Docgh nimmer tut der regen und Bach so gut,
wie heißes Wasser im Zuber (kleine Wanne) tut.

Auch kaltes Wasser, allenfalls
netzt, wenn man durstig ist, den Hals;
Doch geht �s ans Trinken, raten wir:
Das bessre Kehlenbad ist Bier. :-)

So, in ,,eigener Lyrik" findet ihr mein neues Gedicht!
Viel Spass, Grüßchen

Arwen

(Internet-Tipp: https://herr-der-ringe-film.de)


admin antwortete am 01.02.02 (23:21):

Hallo Arwen,

würdest Du bitte Verfasser und wenn möglich Quellenangabe zu Deinen obigen Gedichten angeben. Es gibt sonst Probleme mit dem Urheberrecht.


Heidi antwortete am 01.02.02 (23:41):

Die Poesie und ihre Störer

Im tiefen Walde ging die Poesie
Die Pfade heilger Abgeschiedenheit,
Da bricht ein lauter Schwarm herein und schreit
Der Selbstversunknen zu: �Was suchst du hie?
Laß doch die Blumen blühn, die Bäume rauschen,
Und schwärme nicht unpraktisch weiche Klage,
Denn mannhaftwehrhaft sind nunmehr die Tage,
Du wirst dem Wald kein wirksam Lied entlauschen.
Komm, komm mit uns, verding uns deine Kräfte;
Wir wollen reich dir jeden Schritt bezahlen
Mit blankgemünztem Lobe in Journalen,
Heb dich zum weltbeglückenden Geschäfte!
Laß nicht dein Herz in Einsamkeit versumpfen,
Erwach aus Träumen, werde sozial,
Weih dich dem Tatendrange zum Gemahl;
Zur alten Jungfer wirst du sonst verschrumpfen!�
Die Poesie dem Schwarm antwortend spricht:
�Laßt mich! verdächtig ist mir euer Streben;
Befreien wollt ihr das gejochte Leben
Und gönnt sogar der Kunst die Freiheit nicht?
Euch sank zu tief ins Aug die Nebelkappe,
Wenn euer Blick nicht straßenüber sieht,
Und wenn ihr heischt vom freigebornen Lied,
Daß es dienstbar nur eure Gleise tappe.
Ein Blumenantlitz hat noch nie gelogen,
Und sichrer blüht es mir ins Herz die Kunde,
Daß heilen wird der Menschheit tiefe Wunde,
Als euer wirres Antlitz, wutverzogen.
Prophetisch rauscht der Wald: die Welt wird frei!
Er rauscht es lauter mir als eure Blätter,
Mit all dem seelenlosen Wortgeschmetter,
Mit all der matten Eisenfresserei.
Wenn mirs beliebt, werd ich hier Blumen pflücken;
Wenn mirs beliebt, werd ich von Freiheit singen;
Doch nimmermehr laß ich von euch mich dingen!�
Sie sprichts und kehrt dem rohen Schwarm den Rücken.

Nikolaus Lenau (1838)

(Internet-Tipp: https://www.gutenberg.aol.de/lenau/gedichte/poesie.htm )


sieghard antwortete am 02.02.02 (09:20):

Ich hab' noch einen Koffer in Berlin,
deswegen muß ich nächstens wieder hin.
Die Seligkeiten vergangner Zeiten
sind alle noch in meinem kleinen Koffer drin.

Ich hab' noch einen Koffer in Berlin.
Der bleibt auch dort, und das hat seinen Sinn.
Auf diese Weise lohnt sich die Reise,
denn wenn ich Sehnsucht hab,
dann fahr ich wieder hin.

[Hildegard Knef 1925-2002]
.


Dela antwortete am 02.02.02 (15:48):

hallo sieghard,
wie beziehungsreich, gerade jetzt diesen text von hildegard knef.
-----------------------------------------------------

Die Wiesen und die Stege
Sind voller Licht,
Das allerwege
Aus der Bläue bricht;
Und tief im Tale,
Am Hang geschmiegt,
Im letzten Strahle
der Garten liegt.

Dort unten träumet
Am alten Ort
Vom Wald umsäumet
Meine Kindheit fort.
Ach, könnt ich sie wecken
Und bei ihr knien,
Sie würde erschrecken,
wie fremd ich geworden bin.

Hermann Hesse (Juli 1900)


Arwen antwortete am 02.02.02 (17:51):

Hallo!
Es tut mir sehr leid, dass ich nicht den Verfasser meines Gedichts hier erwähnt habe. Wie gesagt: ,,Das Wissen verfolgt mich, doch ich bin schneller."
Der Verfasser des Gedichts oben nennt sich J.R.R. Tolkien.
Nochmals verzeihung
gruß, Arwen

(Internet-Tipp: https://herr-der-ringe-film.de)


Heidi antwortete am 02.02.02 (18:52):

mal was anderes :-)

Ja, Gebote braucht der Mensch doch wohl um zu überleben
also schafft er ständig neue, sie zu übergeben .

an die Welt, die nach ihm sein wird und an seine Erben
denn es läßt sich mit Geboten wirklich leichter sterben

Lernte ich doch in der Schule: Keiner solle lügen
und so war ich völlig sicher: Niemand wird betrügen

Doch im Lauf von dreißig Jahren lernte ich verstehen
Das Gebot kreiert man ja nur, um es zu umgehen

Wasserpredigt - Weingelage, so stehn die Gesetze
Und wer heut Moral noch fordert, ruft schon auf zur Hetze

Darum sah ich mich gezwungen, eigne mir zu schaffen
Zehn Gebote für mein Leben als die letzten Waffen:

Aufrecht stehn - wenn andre sitzen
Wind zu sein - wenn andre schwitzen

Lauter schrein - wenn andre schweigen
Beim Versteckspiel sich zu zeigen

Nie als Andrer zu erscheinen
Bei Verletzung nicht mehr weinen

Hoffnung haben beim Ertrinken
Nicht im Wohlstand zu versinken

Einen Feind zum Feinde machen
Solidarität mit Schwachen

Und ich hab sie nie gebrochen bis auf ein Gebot:
Bei Verletzung wein ich manchmal, was ich mir verbot.


Bettina Wegner


Dela antwortete am 02.02.02 (22:12):

Kästner u.a.

Ihr habt ja recht, ich geb� es zu,
Bücher wälz� ich und finde im Nu
Gedichte gereimt und geschrieben.

Ins Forum stell� ich sie liebevoll,
jedermann Freude daran haben soll.
Gedichte gereimt und geschrieben.

Im Buch sie zu lesen das stände uns frei,
doch Genuss im Chor hier gestattet sei.

(D)


Frühling auf Vorschuss

(Erich Kästner)

Im Grünen ist's noch gar nicht grün.
Das Gras steht ungekämmt im Wald,
als sei es tausend Jahre alt.
Hier also, denkt man, sollen bald
die Glockenblumen blühn?
Die Blätter sind im Dienst ergraut
und rascheln dort und rascheln hier,
als raschle Butterbrotpapier.
Der Wind spielt überm Wald Klavier,
mal leise und mal laut.
Doch wer das Leben kennt, der kennt's.
Und sicher wird's in diesem Jahr
so, wie's in andern Jahren war.
Im Walde sitzt ein Ehepaar
und wartet auf den Lenz.
Man soll die beiden drum nicht schelten.
Sie lieben eben die Natur
und sitzen gern in Wald und Flur.
Man kann's ganz gut verstehen, nur:
sie werden sich erkälten!


Heidi antwortete am 03.02.02 (10:21):

"Ins Forum stell� ich sie liebevoll,
jedermann Freude daran haben soll.
Gedichte gereimt und geschrieben"

und so wollen wir's auch weiter halten, liebe Dela

Dir und allen anderen hier einen schönen Sonntag


sieghard antwortete am 03.02.02 (10:59):

Schneelied

Mit dem Schnee
will ich trauern.
Schmelzen wird er
und deine Schritte
vergessen.
Hier
bist du gegangen.

Kehr zurück.
Lass dich bitten
mit dem erwachten Fluss,
dem wieder
gefundenen Land.

Jetzt,
nach dem Frost,
tauen in meinen Briefen
die Sätze
und holen dich,
ohne Gedächtnis,
ein.

Kehr zurück.
Und sei
wie vor dem Schnee.

[Peter Härtling *1933]
.


Adolf antwortete am 03.02.02 (11:11):

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag.

Ich wünsche dir Gelassenheit

Ich wünsche dir Gelassenheit,
die Gabe, nach der du dich sehntest.
Sie kam dir abhanden im Laufe der Zeit,
in der du gefangen dich wähntest.

Ich wünsche dir Gelassenheit
im täglichen Streit der Gefühle
als Stütze und Halt deiner Standfestigkeit.
Damit kommst du am besten zum Ziele

Ich wünsche dir Gelassenheit,
Ich wünsche dir Gelassenheit,
damit deine Ängste, im Tempo der Zeit
nicht Schritt zu halten, entfliehen.

Ich wünsche dir Gelassenheit.
Ist sie dein, kann dir nichts mehr geschehen.
Was kommen will, findet dich lächelnd bereit,
hoch über den Dingen zu stehen.
Elli Michler


Ulrike antwortete am 03.02.02 (11:36):

Januar 2002

Ich wünsche dir Selbstbewusstsein.
Bilde dir ruhig auf dich etwas ein.
Du musst nicht denken, du seist irgendwer.
Du bist ein Einzelstück, nicht Sand am Meer.

Du musst dein Licht nicht unter einen Scheffel stellen.
Hervorgeholt, kann es vielleicht die Welt erhellen.
Du musst dich nicht verkriechen wie die Maus im Loch.
Lass deine Seele mit dir fliegen, wag es doch!

Du musst nicht gar zu furchtsam sein.
Die Angst beschneidet nur die Schwingen.
Dir fällt doch oft was Kluges ein,
warum soll�s nicht gelingen?

Es gibt viel Schönes auch an dir,
schau nur mal in den Spiegel!
Tritt frei heraus aus deiner Tür,
sie braucht doch keinen Riegel.

Trau dich heran an eine Tat,
zieh deine Flagge hoch am Mast
und zeig den Leuten dein Format
und dass du Selbstbewusstsein hast!

(Elli Michler)

Allen Freunden der Poesie einen schönen Vorfrühlingssonntag.


Dela antwortete am 03.02.02 (12:05):


Es scheint so

(Heinz Erhardt)

Es scheint so, dass auf dem Planeten,
den wir so gern mit Füßen treten
und ihn dadurch total verderben -
dass also hier nur Gute sterben!
Denn: las man je im Inserat,
dass ein Verblichner Böses tat,
dass er voll Neid war und verdorben,
und dass er nun mit Recht gestorben?
Es kann hier keinen Zweifel geben:
die Schlechten bleiben alle leben!


Dela antwortete am 03.02.02 (13:38):

:-)))

Alles hat seine Zeit

Ich wünsche Dir nicht alle möglichen Gaben.
Ich wünsche Dir nur, was die meisten nicht haben:
Ich wünsche Dir Zeit Dich zu freuen und zu lachen,
und wenn Du sie nützt, kannst Du etwas daraus machen.

Ich wünsche Dir Zeit für Dein Tun und Dein Denken,
nicht nur für Dich selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche Dir Zeit, nicht zum Hasten und Rennen,
sondern Zeit zum Zufriedenseinkönnen.

Ich wünsche Dir Zeit, nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge Dir übrigbleiben,
als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertrauen,
anstatt nach der Zeit auf die Uhr nur zu schauen.

Ich wünsche Dir Zeit, nach den Sternen zu greifen,
und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.
Ich wünsche Dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.
Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche Dir Zeit, zu Dir selber zu finden.
Jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.
Ich wünsche Dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.
Ich wünsche Dir Zeit zu haben zum Leben!


Elli Michler


Arwen antwortete am 03.02.02 (14:54):

DES BIERES WIRKUNG

Ein alter Krug, ein fröhlicher Krug
Lehnt grau am grauen Hang.
Dort brauen sie ein Bier so braun,
Dass selbst der Mann im Mond kam schaun
Und lag im Rausche lang.

Der Stallknecht hat einen Kater - miau! -
Der streicht im Suff die Fiedel.
Sein Bogen sägt die Saiten quer,
Mal quietscht sie laut, mal brummt es sehr
Vin seinem grausigen Liedel.

Der Schankwart hält sich einen Hund,
Der hat viel Sinn für Spaß,
Geht �s in der Stube lustig her,
Spitzt er das Ohr und freut sich sehr
Und lacht und lacht sich was!

Auch haben sie eine Hörnerkuh,
Stolz wie ein Königskind,
Der steigt Musik wie Bier zu Kopf,
Sie schwenkt den Schwanz bis hin zum Schopf
Und tanzt, das gute Rind.

und erst das silberne Geschirr
Und Löffel haufenweis!
Am Sonntag kommt das Beste dran,
Das fangen sie schon am Samstag an
zu putzen voller Fleiß.

Der Mann im Mond trank noch eine Maß,
Der Kater jaulte laut,
Die Kuh schlug hinten aus vor Schreck,
der Hund war nicht erbaut.

Der Mann im Mond trank noch eine Maß,
Und rollte sanft vom Fass;
Dann schlief er und traumte von braunem Bier
Am Himmel standen nur noch vier,
vier Sterne morgenblass.

Da rief der Knecht seiner blauen Katz:
,,Die Mondschimmel schäumen schon
und beißen auf den Trensen herum,
Der Mondmann aber, der liegt krumm,
Und bald geht auf die Sonn�!"

Da spielte der Kater hei-didel-dum-didel,
Als rief er die Toten herbei;
Er sägte ganz jämmerlich schneller und schneller;
Der Wirt rief: ,,He Mann! Es wird heller und heller,
Schon längst schlug die Glocke drei!"

Sie Rollten ihn mühsam den Hang hinan
Und plumps! in den Mond hinein,
Die MOndschimmel - hui! - gingen durch vor Schreck,
Die Kuh wurde toll, und das Silberbesteck,
Das tanzte Ringelreihn.

Beim Didel-dum-didel der Jammerfiedel
Jaulte das Hündlein sehr,
Da standen die Kuh und die Rösser kopf,
Die Gäste soffen aus Tassen und Topf
Und ließen die Betten leer.

Da riss die Saite und plötzlich sprang
Die Kuh übern Mond ins Gras,
Das Hündlein lachte und freute sich schon,
Doch das Samstagsgeschirr klirrte schamlos davon
Mit Sinntagslöffel und -glas.

Der Vollmond rollte hinter den Hang,
Die Sonne erhob ihr Haupt.
Da gingen die Leute am hellichten Tag
Zu Bett - welch verrückter Menschenschlag!
Das hätte sie nie geglaubt!

J.R.R. Tolkien (O-Ton Frodo)

(Internet-Tipp: https://herr-der-ringe-film.de)


Arwen antwortete am 03.02.02 (14:56):

ETWAS ZUM NACHDENKEN

Nicht jeder Verirrte verliert sich,
Nicht alles, was Gold ist, glänzt;
Die tiefe Wurzel erfriert nicht,
Was alt ist, wird nicht zum Gespenst.

Aus Schatten ein entspringe!
Aus Asche soll Feuer sich loh�n!
Heil wird die zerbrochene Klinge,
Der Kronlose steigt auf den Thron.

J.R.R. Tolkien (O-Ton Gandalf)

(Internet-Tipp: https://herr-der-ringe-film.de)


piri antwortete am 03.02.02 (16:18):

Heinrich Heine: Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut

Der Tisch war gedeckt. Hier fand ich
die altgermanische Küche.
Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut,
holdselig sind deine Gerüche.
Gestovte Kastanien im grünen Kohl,
so aß ich einst bei der Mutter!
Ihr heimischen Stockfische, seid mir gegrüßt,
wie schwimmt ihr klug in der Butter.
Jedwedem fühlenden Herz bleibt
das Vaterland ewig teuer.
Ich liebe auch recht braun geschmort
die Bücklinge und Eier.
Wie jauchzen die Würste in spritzendem Fett!
Die Krammetsvögel, die frommen
Englein mit Apfelmus,
die zwitschern mir: "Willkommen!"


Ulrike antwortete am 03.02.02 (17:58):

Zögern

Ich weiß nicht, was soll das bedeuten,
Daß ich so unschlüssig bin.
Ein Urteil aus Urschülerzeiten,
Das will mir nicht aus dem Sinn.

"Der Heine? Ein Blender, kein Dichter.
Ein Journalist, kein Poet.
Nie schluchzt er, nie singt er, stets spricht er.
Ein Feuerwerk. Kein Komet."

Der Heine scheint�s nicht zu bringen,
Hat sich da der Schüler gesagt.
Das hat mit seinem Singen
Der Studienrat Kraus gemacht.

Robert Gernhardt Klappaltar 1998


Adolf antwortete am 04.02.02 (05:40):


Das Leben wird ein Fest,
wenn du dich freuen kannst
an den einfachen Dingen.
Phil Bosmans


Wenn die Nacht vergeht
und der Morgen kommt,
vergehen auch Sorgen
und Schmerzen.


Dela antwortete am 04.02.02 (13:19):

Liebe- sagt man schön und richtig
ist ein Ding, was äußerst wichtig.
Nicht nur zieht man in Betracht,
was man selber damit macht,
nein, man ist in solchen Sachen
auch gespannt, was andre machen.

(Wilhelm Busch)


schorsch antwortete am 04.02.02 (14:25):

Und meine Ergänzung zu W. Busch:

Doch man sollte mit dem Warten
nicht übertreiben, sondern starten.
Und man sollte sich nicht scheuen,
sich aufs Küssen stets zu freuen.
Merke: Gesteuert wird das ganze Lieben
nicht nur vom Herz, sondern den Trieben!

Schorsch


Dela antwortete am 04.02.02 (16:26):

Folglich lieber Schorsch:
Zärtlich sollte man beginnen
Zeit könnt' sonst im Nu verrinnen.
Freuen auf das Kuessen?-
starten wird� man�s muessen.
(D)

Vielleicht auch so:

Niemals
(Wilhelm Busch)

Wonach du sehnlich ausgeschaut,
es wurde dir beschieden.
Du triumphierst und jubelst laut:
Jetzt hab ich endlich Frieden!
Ach, Freundchen, rede nicht so wild,
bezähme deine Zunge!
Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,
kriegt augenblicklich Junge.


sieghard antwortete am 04.02.02 (16:52):

Verheißung

Fühlst du durch die Winternacht,
Durch der kalten Sternlein Zittern,
Durch der Eiscrystalle Pracht,
Wie sie flimmern und zersplittern:
Fühlst nicht wehen laue Mahnung,
Keimen leise Frühlingsahnung?

Drunten schläft der Frühlingsmorgen,
Quillt in gärenden Gewalten
Und, ob heute noch verborgen,
Sprengt er rings das Eis in Spalten:
Und in wirbelnd lauem Wehen
Braust er denen, die's verstehen.

Hörst du aus der Worte Hall,
Wie sie kühn und trotzig klettern,
Und mit jugendlichem Prall
Klirrend eine Welt zerschmettern:
Hörst du nicht die leise Mahnung,
Warmen Lebensfrühlings Ahnung?

[Hugo von Hofmannsthal 1874 -1929]
.


Brita antwortete am 04.02.02 (19:45):

Früchte des Winters

Meine Einsamkeit ist noch jung, ein Kind.
Weiß nicht wie man Schneehütten baut
Wie man sich birgt in der Höhle.
Die Inseln auf denen ich mich ansiedeln will
Verschwinden gurgelnd im Wasser.
Jeden Tag bebt die Erde
Jede Nacht
Kommen die Winde
Meine Widersacher
Zerreißen die Hecke
Aus Traumblume Mohn.

Zu Kundschaftern taugen
Die nicht mehr kennen
Worte der Liebe und
Worte des Willkomms.
Auf ihrem verlorenen Posten
Bleiben sie stehen
Rufen werda
Und reden mit Geistern.

Wenn der Tod sie anspringt
Frostklirrend
Aus schwarzem Gebüsch
Fallen sie ihm entgegen
Früchte des Winters
Umstäubt
Von diamentenem Schnee.

Marie Luise Kaschnitz


Dela antwortete am 05.02.02 (13:22):

Frühling

(Joachim Ringelnatz)

Die Bäume im Ofen lodern.
Die Vögel locken am Grill.
Die Sonnenschirme vermodern.
Im übrigen ist es still.
Es stecken die Spargel aus Dosen
die zarten Köpfchen hervor.
Bunt ranken sich künstliche Rosen
in Faschingsgirlanden empor.
Ein Etwas, wie Glockenklingen,
den Oberkellner bewegt,
mir tausend Eier zu bringen,
von Osterstören gelegt.
Ein süßer Duft von Havanna
verweht in ringelnder Spur,
ich fühle an meiner Susanna
erwachende neue Natur.
Es lohnt sich manchmal, zu lieben,
was kommt, nicht ist oder war.
Ein Frühlingsgedicht, geschrieben
im kältesten Februar