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THEMA:   Engelgedichte gesucht!

 7 Antwort(en).

lisa begann die Diskussion am 03.05.02 (17:31) mit folgendem Beitrag:

Hallo - Ich gehöre zwar noch nicht zu den Senioren (erst in 25 Jahren), aber weil ich aus beruflichen Gründen häufig im Internet Literatur (insbesondere Gedichte)recherchiere,lande ich immer wieder auf dieser Seite (wirklich klasse!!!)
Da ich momentan zum Thema Engel nicht mehr weiterkomme, wäre es toll, wenn mir hier jemand noch einige (vor allem unbekanntere Gedichte des 19. und 20.Jahrhunderts) schreiben könnte.


Erika Kalkert antwortete am 04.05.02 (18:09):

Von den Engeln

Nun laß dir erzählen, mein liebes Kind,
wie schön die guten Engel sind!
Sie sind so hell von Angesicht
wie Erd und Himmel im Frühlingslicht;
sie haben Augen gar blau und klar
und ewige Blumen im goldigen Haar,
und ihre raschen Flügelein,
die sind von silbernem Mondenschein.
Bei Tag und Nacht
schweben Engel in solcher Pracht.

Nun laßt dir erzählen, mein liebes Kind,
wie die Engel fliegen leis und lind!
So leis, als der Schnee vom Himmel fällt,
so leis, als der Mond zieht über die Welt,
so leis, als der Keim aus der Erde sprießt,
so leis, als der Duft durch die Lüfte fließt
so leis, als vom Baume weht das Blatt,
so leis, als das Licht über Land und Stadt:
so leis und lind
fliegen die Englein, mein liebes Kind.

Nun laß dir erzählen, mein liebes Kind,
wozu die Engel sind!
Wo ein Armer betet in seiner Not,
da bringen sie in das Haus ihm Brot;
wo beim kranken Kinde die Mutter wacht,
da nehmen das Kindlein sie in acht;
und wo in Gefahren ein Guter schwebt,
wo jemand weinet, jemand bebt:
dahin geschwind
gehen die Englein, mein liebes Kind.

Und willst du, mein Kind, die Englein sehn,
das kann auf der Erde wohl nicht geschehn;
doch wenn du hier lebst fromm und rein,
wird stets ein Englein um dich sein,
und wenn dereinst dein Auge bricht,
du nicht mehr erwachest zum Tageslicht,
dann wirst du ihn schaun, er winkt dir still,
dann folg ihm, wohin er dich führen will.
Im Himmelschein wirst du dann selber ein Engel sein.

Von Rudolf Löwenstein

(Entnommen aus einem ca.100 Jahre alten Lesebuch)


Antonius Reyntjes Recklinghausen antwortete am 05.05.02 (23:24):

Rolf Haufs:
Niederrheinischer Garten

Engel mähen den Rasen in der Mitte ein
Apfelbaum so alt als hätte Luther ihn gepflanzt
Blitze trafen ihn Regenfluten
Seine Früchte halten bis in den Winter
Zwischen Lavendel und Rosen
Rebhühner der Zilzalp zählt die Blätter
Liesse es sich nur immer in den Himmel schauen
Spiegelparadies dahin doch alle
Betend ihre Blicke errichten
Gasschwaden gegen Maulwürfe
Pickepackevolle Beerensträucher alles in allem der
Sommer. Mensch! er fällt uns auf die Nerven.
Keine Aufregung. Bald wird hier Bauland sein.

(Aus: Jahrbuch der Lyrik 1998/99. Hrsg. v. Christoph Buchwald und Marcel Beyer. München 1998: C.H.Beck. S. 84)


schorsch antwortete am 06.05.02 (08:59):

"Warum denn in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah!"

Oder anders ausgedrückt:

Was willst du denn auf Engelsuche
inmitten Tanne, Eiche, Buche?
Ich mein, was Engelein betreff,
finde man auch im Seniorentreff;
doch leider reime sich auf "Engel"
auch das lästig Wörtchen "Bengel"!

Schorsch


Friedgard antwortete am 06.05.02 (12:45):

Müssen es Gedichte sein?
Ein sehr schönes Buch zum Thema "Engel" ist im Herder-Verlag erschienen:
"50 Engel für das Jahr" - ein Inspirationsbuch - von Anselm Grün.
Friedgard.


Armin antwortete am 07.05.02 (10:35):

Zwar kommt wörtlich kein Engel vor -doch ich find es ganz passend.
Gerhart hauptmann
Gesang der Engel

Auf jenen Hügeln die Sonne,
Sie hat dir ihr Gold nicht gegeben ;
Das wehende Grün in den Tälern,
es hat sich für dich nicht bereitet.

Das goldene Brot auf den Äckern,
Dir woolt`es den Hunger nicht stillen;
Die Milch der weidenden Rinder,
Dir schäumt sie nicht in den Krug.

Die Blumen und Blüten der Erde,
Gesogen voll Duft und voll Süße,
Voll purpur und himmlischer Bläue,
Dir säumten sie nicht deinen Weg.

Wir bringen ein erstes Grüßen
Durch finsternis getragen;
Wir haben auf unsern Feldern
Ein Hauchen von Glück.

Wir führen am Saum uns`rer Kleider
Ein erstes Duften des Frühlings;
es blühet von unsern Lippen
Die erste Röte des Tages

Es leuchtet von unsern Füßen
der grüne Schein uns`rer Heimat;
Es blitzen im Grund uns`rer Augen
Die Zinnen der ewigen Stadt.


Erika Kalkert antwortete am 09.05.02 (09:33):

Des Kindes Engel

Mein Engel, weiche nicht, wenn ich mich schlafen lege,
breite deine Flügel aus, daß sich kein Unfall rege;
wehr auch das Böse ab, so mich im Traum anficht,
daß rein die Seele bleib'! Mein Engel, weiche nicht!

Mein Engel, weiche nicht, wenn ich vom Schlaf aufstehe
und nach des Herrn Befehl an mein Geschäft gehe;
halte mich zu jeder Stund' ihm treu und meiner Pflicht!
Ich folge deinem Wink. Mein Engel weiche nicht!

Mein Engel, weiche nicht, wenn ich soll Kummer tragen;
ob schwer, ob lang er sei, laß mich doch nicht verzagen!
Wisch ab mit Liebeshand den Schweiß vom Angesicht
und stärk die müde Seel'! Mein Engel, weiche nicht!

Mein Engel, weiche nicht, wenn ich einmal soll scheiden
von Welt und Freud' und Lieb';
o hilf mir's tun mit Freuden!
Kehr zu den Lieben dich, zu ihnen schwebe hin,
wenn ich zur Ruh gebracht, zu Gott geführet bin!

Klaus Harms

(Gefunden in einem Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen aus dem Jahre 1904)


Erika Kalkert antwortete am 11.05.02 (17:49):

Noch ein Engelsgedicht

Des Kindes Engel.

Es geht durch alle Lande
ein Engel still umher;
kein Auge kann ihn sehen,
doch alles siehet er;
der Himmel ist sein Vaterland
vom lieben Gott ist er gesandt.

Er geht von Haus zu Hause,
und wo ein gutes Kind
bei Vater oder Mutter
im Kämmerlein sich findt,
da wohnt er gern und bleibet da
und ist dem Kindlein immer nah.

Er spielet mit dem Kinde
so traulich und so fein;
er hilft ihm fleißig lernen
und stets gehorsam sein.
Das Kind befolgt`s mit frohem Mut,
drum bleibt es auch so lieb und gut.

Und geht das Kind zur Ruhe,
der Engel weichet nicht;
er hütet treu sein Bettchen
bis an das Morgenlicht;
er weckt es auf mit stillem Kuß
zur Arbeit und zum Frohgenuß.

Aus einem Lesebuch aus dem Jahre 1913 für die kath. Volksschulen der Rheinprovinz - Unterstufe - ohne Angabe eines Verfassers.