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THEMA:   Das Glück auf dieser Welt zu sein

 2 Antwort(en).

Ingie begann die Diskussion am 16.07.02 (16:57) mit folgendem Beitrag:

Das Glück auf dieser Welt zu sein
Von Liz Hiller

Auf dem Tisch stand ein schöner bunter Blumenstrauß. Das Bett war frisch bezogen. Durch die blank geputzten Fenster strahlte die Sonne. Die Teppiche waren gesaugt, die Möbel poliert, und im Badezimmer lag auf dem Toilettentisch ein Stück duftender Seife. Willkommen zu Hause!
Ich kam nach einer schwierigen Knieoperation aus der Reha zurück. Meine Familie und meine Freundinnen hatten es gut mit mir gemeint. Es gab Kaffee, Streuselkuchen und ein Glas Sekt für alle. Ich setzte mich in meinen Sessel, stellte die Krüken an die Seite und dachte mir, was für ein Glück, auf dieser Welt zu sein.
Aber dann ging es los. Jeder erzählte von seinen großen und kleinen Wehwehchen, die ihm während meiner Abwesenheit passiert waren.
Die Enkel hatten Grippe, und einer der vom Fahrrad gefallen war, trug noch den Verband um das Handgelenk. Die Tochter hatte Bronchitis, der Schwiegersohn Rückenschmerzen, die Bandscheibe fing an, Schwierigkeiten zu machen. Auch die Freundinnen jammerten. Irgendwo schmerzte etwas, das Sehvermögen ließ nach, sie brauchte eine Brille mit stärkeren Gläsern, die andere eine Salbe gegen Venenschmerzen in den Beinen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen.
Ich hob mein Sektglas und sagte: �Schluss damit.� Ich habe in der Reha so viel über Krankheiten und Schmerzen gehört, weil man dort ja den ganzen Tag mit sich und und seinen Leiden beschäftigt ist. Aber nun zu Hause möchte ich über die schönen Seiten des Lebens sprechen, möchte fröhliche Dinge hören. Denn das Glück des Lebens ist ein Mosaikbild, das aus lauter unscheinbaren kleinen Freuden zusammen gesetzt ist. Ich sah auf meine Fenster und dachte: Freude ist, das Leben durch einen Sonnenstrahl hindurch gesehen.
Und siehe da: Meine Freundinnen erzählten von einer Reise nach Rom, die sie zusammen unternommen hatten. Sie schwärmten von den warmen Farben, den alten Brauntönen, den Pinien in den Parks oder an der Via Appia Antica. �Roma acterna�, sagten sie, �unvergessen, Rom in seiner ganzen Ewigkeit.�
Meine Familie hatte eine Reise nach Andalusien gemacht. �Cordoba, Granada, Cadiz�, erzählten sie, �und die Farben, die schönen mutigen Torreros, der gute Wein, die schöne Stadt Sevilla.� Und die Enkel lachten beim Erzählen ihrer Versuche, Flamenco zu tanzen. Einer wollte dem anderen in dem, was er erlebt hatte, übertrumpfen. Schmerzen und Leiden waren vergessen, von Schönheit und fröhlichen Erlebnissen war die Rede.
Ich staunte. Nronchitis, Venenleiden, Bandscheibe, neue Brillengläser, alles schien vergessen. Noch ein GlasSekt auf dieses Wiedersehen. Aber ich habe daraus gelernt. Wenn man selbst positiv dem Leben gegenüber eingestellt ist, dann reicht oft nur ein Satz oder ein paar Worte, um die Menschen vom Jammern und Wehklagen zur Freude am Leben zu bringen, damit sie begreifen: Es ist ein Glück, auf dieser Welt zu sein!
Als der Besuch wieder gegangen und ich allein war, dachte ich über diesen Nachmittag, der dann nach all den Wehklagen doch fröhlich endete, nach. Wie einfach ist es, durch ein paar Worte die Menschen von Schmerzen und Leiden abzulenken und sie daran zu erinnern, dass es meistens die kleinen Dinge des Lebens sind, die glücklich machen. Eine blühende Wiese, ein grüner Baum, ein Brief oder ein Telefonanruf von einem lieben Menschen. �Das Lachen erhält uns vernünftiger als der Verdruss�, schrieb der Dichter Gotthold Lessing.

LG Ingie
Genieße die Schönheiten des Alltags, es hilft also nichts, sich nur in Sorgen und Nöten zu vergraben.


Brigitte antwortete am 26.07.02 (00:06):

Es ist für mich ein Glück auf der Welt zu sein. Wenn ich mal einen schlechten Tag habe, kommt auch mal vor, dann nehme ich meine Liste die ich extra für diesen Zweck gemacht habe zur Hand. Da stehen viele Dinge darauf die mir sonst Freude machen. Schon beim lesen geht es mir dann wieder besser.


filosof antwortete am 26.07.02 (08:29):

wer die tiefen seines lebens nicht auskostet, weiß die höhen seines lebens nicht zu schätzen