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THEMA:   Günther Weisenborn "Ahnung"

 1 Antwort(en).

Inga begann die Diskussion am 02.12.02 (16:59) mit folgendem Beitrag:

Hallo,

kennt jemand von Ihnen das Gedicht "Ahnung" von Günther Weisenborn?
Ich hoffe, Sie können mir weiterhelfen.


Antonius Reyntjes antwortete am 25.12.02 (19:13):

Günther Weisenborn:
AHNUNG

Wer am Tisch sitzt und ißt,
hört schon vor der Tür
die Schritte derer,
die ihn hinaustragen werden.

Der die Lampe andreht, weiß,
seine Hand wird kalt
wie die Klinke sein,
eh der Nächste die Lampe ausdreht

Wer sich früh anzieht,
ahnt, daß er Ostern
mit diesem Anzug
unter der Wiese liegt.

Wer den Wein trinkt, weiß,
dieser Rausch wird
sein Hirn nicht mehr erreichen,
sondern auslaufen wie ein Ei.

Leicht ist der Schrei
der eiligen Schwalben.
Sie sind rasch , aber rascher
als sie ist das Ende.

(Im Exil 1941 geschrieben. G.W., geb. 1902 in Velbert; ging nach Frankreich ins Exil; 1940 von Portugal nach New York; starb 1945; Text aus: An den Wind geschrieben. Lyrik der Freiheit 1933 - 1945. Hrsg. v. Manfred Schlösser. München 1962: dtv sr 7. S. 15f.)