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THEMA:   Eine zauberhafte Liebeserklärung

 16 Antwort(en).

Antonius begann die Diskussion am 12.03.03 (23:26) mit folgendem Beitrag:

Auch ein "Gegengewicht", hoffentlich:
Die Liebeserklärung eines großen deutschen Juden:
Eine Liebesgeschichte - besonderer Art:

Er, ein junger Jude, der eine Reise nach Hamburg machen musste, im Auftrag seines Dienstherrn, bei dem er seine philosophischen Ideen und Ideale zurechtstutzen lassen musste, um wenigstens in Berlin wohnen bleiben zu können. Als Mensch der sechsten, untersten Klasse, die extra für Juden geführt und immer überprüft wurde.
In Hamburg lernte er die Frau seines Lebens kennen; doch da gab es viele Widerstände.
Im Gedankenaustausch lenkte der junge Mann einmal das Gespräch behutsam auf das Thema �Heiraten�. Sie, Fromet geheißen, senkte die Augen und fragte, ob es wahr sei, daß die Ehen im Himmel geschlossen würden, wie es im Midrasch, der Auslegung zum Alten Testament, geschrieben stehe.
�Gewiß�, sagte er, �und mir ist noch etwas Besonderes geschehen. Bei der Geburt eines Kindes wird im Himmel ausgerufen: Der und der bekommt die und die! Wie ich nun geboren werde, wird mir auch meine Frau ausgerufen, aber dabei heißt es: Sie wird leider Gottes einen Buckel haben, einen schrecklichen. Lieber Gott, habe ich da gesagt, ein Mädchen, das verwachsen ist, wird gar leicht bitter und hart, ein Mädchen soll schön sein. Lieber Gott, gib mir den Buckel und laß das Mädchen schlank und wohlgefällig sein.�
Fromet Gugenheim hieß das Mädchen und die Liebesbeziehung hielt auch, nachdem der Liebhaber wieder abreisen musste. In Berlin konnten sie heiraten, und sie überlebte später, nach vielen Geburten und gemeinsam überstandenen Nöten, ihren Mann um 26 Jahre.
Zum Purimsfest schrieb er ihr eine Geschichte: "Einst kam zum Socrates dem Weisen ein Schüler und sprach: 'Mein lieber Socrates! Wer mit dir umgeht, bringt dir was zum Geschenk. Ich habe dir nischt zu schenken als mich selbst, sey so gut und verschmähe mich nicht.' 'Wie!' sprach der weise Mann, 'achtest du dich so gering, daß du mich bittest, dich an-zu-nehmen?'- Nun gut! Ich will dir einen Rat geben: bemühe dich, so gut zu wer-den, daß deine Person das angenehmste Geschenk werden mag. Mein Märchen ist aus. Auch ich, meine liebste Fromet! will mich bemühen so gut zu werden, daß Sie sagen sollen, ich könnte Ihnen nichts Besseres schenken als Ihren aufrichtigen Mausche aus Dessau."

Ja, körperlich ein Krüppel, mit einem Buckel, ein kleiner, aber großer "Wicht", weil sein Vater weder Arzt noch gesunde Ernährung aufbringen konnte für die Kinder, geistig eines der aufklärerischen Genies des 18. Jhs.:
Moses Mendelssohn (1729 - 1786); Lessings Vorbild für "Nathan den Weisen".


Angelika antwortete am 13.03.03 (00:18):

Nuu wenn er iss geweesen e Jidd, wird er den Namen G*ttes nicht ausjesprochen haben...


Antonius antwortete am 13.03.03 (13:30):

@ Angelika. Nein, das ist eine zu einfache Verallgemeinerung. Mendelssohn fühlte sich als deutscher Aufklärer und war auch bei Kant gut gelitten, übersetzte die esten fünf Bücher des AT ins Deutsche, also für Christen - um eine jüdische, vollstandige Fassung der Bücher Moses zum Vergleich zu bieten, den Pentateuch.
Schreibweisen wie G"tt gibt es heute wieder, aber nicht verpflichtend, sie sollen auf Ehrfurcht abzielen und Missbrauch verhindern; es gibt keine Vorschrift, den Namen zu scheuen. Das Bilder-Verbot allerdings steht in den Zehn Geboten und ist wichtig, dass die Menschen sich nicht auf Grund eines Bildes zu einer Festlegung genötigt sehen oder andere dazu zwingen wollen, aber nicht das Verbot der Benennung. Es gibt ja auch Umschreibungen,für die Anrufungen, für den Dank, für den Jubel. "Adonai" etc.
*
Mir ging es aber auch darum, ob andere so hübsche oder lustige Liebeserklärungen kennen - von sich selber, von genialen oder besonders humoristischen oder sprachschöpferischen Menschen....?


Medea. antwortete am 13.03.03 (13:56):

@ Antonius

Diesen Liebesbrief von Phil Bosmans finde ich besonders schön:

Du bist ein Wunder, das auf dieser Erde lebt. Du bist einmalig, einzigartig, unverwechselbar. Warum staunst Du nicht, warum freust Du Dich nicht über Dich selbst und über all die anderen um Dich herum? Ist es Dir so selbstverständlich, daß Du lebst, daß Du Zeit bekommst, um zu singen und zu tanzen, Zeit, um glücklich zu sein?
Warum denn Zeit verlieren mit sinnlosem Jagen nach Geld?
Warum sich haufenweise Sorgen machen um Dinge von morgen und übermorgen? Warum sich zanken, sich anöden, warum in sinnloser Betriebsamkeit machen und warum schlafen, wenn die Sonne scheint?


Angelika antwortete am 13.03.03 (16:00):

Ungeachtet aller Leibesfeindlichkeit und Masturbationshysterie seiner Epoche schrieb der grosse Deutsche Dichter und Denker (1772-1829) als zweite seiner 10 Sonetten eine "Ode an die Freude" der besonderen Art - eine Liebeserklärung an seine Hand ...

Du meine Hand bist mehr als alle Weiber,
Du bist stets da, wie keine Frau erprobt,
Du hast noch nie in Eifersucht getobt,
Und bist auch nie zu weit, du enger Reiber.
Ovid, mein Lehrer weiland, hat dich recht gelobt,
Denn du verbirgst in dir ja alle Leiber,
Die ich mir wünsche. Kühler Glutvertreiber,
Dir hab` ich mich für immer anverlobt.
Ich stehe stolz mit dir im Raume
Und streichle meine bläulichrote Glans;
Schon quirlt sich weiß der Saft zum Schaume.
So zieh` ich aus Erfahrung die Bilanz:
Die Zweiheit freut mich nur im Wollusttraume,
Sonst paart sich meine Faust mit meinem Schwanz.


Angelika antwortete am 13.03.03 (16:05):

Ach, seinen Namen vergass ich ... Friedrich Schlegel war der Verfasser..der Bruder von August Wilhelm Schlegel.
Sein bekanntestes Werk ist der Roman LUCINDE den man auch bei Gutenberg Online nachlesen kann.

Internet-Tipp: https://gutenberg.spiegel.de/schleglf/lucinde/lucinde.htm


Nuxel antwortete am 13.03.03 (17:22):

ne,das muss ja wohl nicht sein!


Antonius antwortete am 13.03.03 (17:33):

Danke an die Geberinnen!
Der Schlegel war ja wohl der stärkste Kregel - aber bei d e r Frau!
Würdig sei hier auch Herr Geheimrat Goethe zitiert, aus seinem "Tagebuch", wo Herr "Christe" sich auf "Herr Iste" reimt.

(...) "Doch Herr Iste hat nun seine Grillen
Und lässt sich nicht befehlen noch verachten,
Auf einmal ist er da, und ganz im Stillen
Erhebt er sich zu allen seinen Prachten..."

Also gleich im Plural majestatis!
Welch Versprechen, welch Ver-sagen:
Jedem Mann
schwillt da gleich der kann,
äh, Kamm...
Und muss es selber wagen.
*
Das Tagebuch steht auch wohl bei gutenberg.spiegel...(?)


pilli antwortete am 14.03.03 (00:30):

ein besonderes vergnügen bereitete Michael Quast heute abend bei Harald Schmidt; rezitierte er doch vortrefflich
die "Ode an die Freude" :-)als er die cd "Die klassische Sau" vorstellte. für die Goethe fans vielleicht auch von interesse mal unbekanntes zu hören.


Angelika antwortete am 14.03.03 (12:04):

Liebeserklärungen der besonderen Art sind vom wortgewaltigen Marin Luther überliefert.
Sein eher verqueres und negatives Frauenbild, das er ursprünglich hatte, wurde im Laufe der Zeit durch Katharina von Bora, die andere Hälfte Luthers, verändert - denn aus Liebe hatte er die ehemalige Nonne, die zusammen mit 8 Mitschwestern dank seiner Hilfe hinter Heringsfässern versteckt auf einem Fuhrwagen aus dem ihr verhassten Kloster geflohen war, nicht geheiratet. nach ihrer Flucht im sicheren Wittenberg angekommen, war Luther den Damen behilflich, Unterkunft und Arbeit zu bekommen und auch, nach und nach Ehemänner für sei zu finden. Nur für die eigensinnige Katharina wollte sich keiner finden. Luther hatte zwar einen Pfarrer für sie ausgesucht - aber der wollte sie nicht. So wohnte und arbeitete sie bei dem mit Luther eng befreundeten berühmten Maler Lukas Cranach dem Älteren und seiner Frau Barbara. Cranach wusste wohl, was er tat, als er die Bora regelmässig auch in das schlampige Haus von Luther schickte, um dort für Ordnung zu sorgen - immerhin hatte sie ein Auge auf ihn geworfen. So wurde die Hochzeit zwischen dem inzw. 42 Jahre alten Martin und der 26jährigen Katharina in kleinem Kreis gefeiert.

Wenige Tage nach der Hochzeit schrieb Luther an seinem Freund Nikolaus von Amsdorf: "Denn ich empfinde nicht hitzige Liebe oder Leidenschaft für meine Frau, aber ich habe sie sehr gern." Ein Jahr später, am 17.6.1526, bezeichnete er sich in einem Brief an seinen Freund Georg Spalatin, dem sächsischen Hofkaplan, bereits als glücklicher Ehemann und seine Katharina als die beste Frau und das geliebte Weib. Für seine Zufriedenheit fand er auch folgende Worte vor seinenFfreunden: "Ehe ich heiratete, hat mir ein ganzes Jahr hindurch niemand das Bett zurechtgemacht, in dem das Stroh von meinem Schweiß faulte. Ich war müde und arbeitete mich den Tag ab und fiel so ins Bett, wußte nichts darum." Außerdem begann er bereits kurz nach seiner Eheschließung seine "Käthe" sehr zu schätzen: "Ich wollte meine Käthe nicht um Frankreich und um Venedig dazu hergeben, erstens darum, weil Gott sie mir geschenkt und mich ihr gegeben hat; zweitens, weil ich oft erfahre, daß andere Frauen mehr Fehler haben als meine Käthe (obwohl sie auch einige hat, stehen (ihnen) doch viele große Tugenden entgegen); drittens, weil sie den Glauben des Ehestandes, das ist Treue und Ehre, wahrt. So soll umgekehrt auch das Weib über den Mann denken."

Der oft cholerische und schwermütige Martin Luther, der als konservativ, unnachgiebig, unbelehrbar und oft gereizt galt, hätte wirklich keine bessere und zu ihm passendere Frau finden können. Die erste Zeit der Ehe war für ihn jedoch nicht ganz leicht, da er bisher völlig allein gelebt hatte. Besonders die Redesucht Katharinas, die im Kloster so lange hat schweigen müssen, fiel ihm anfangs auf die Nerven. Zudem hatte sie sich angewöhnt, bei ihm sitzen zu bleiben, auch wenn er studieren wollte.

Katharina war wohl wirklich eine "Traumfrau": fleißig, sehr sparsam, umsichtig, energisch, redegewand und durchsetzungsfähig. Dumm war sie auch nicht - und liess ihren Mann gerne im Glauben, dass er der Kluge und sie das Dummchen sei. Sie wird gewusst haben, warum, denn Luther konnte kluge Frauen nicht ausstehen. "...wenn Weiber wolberedt sind, das ist an ihnen nicht zu loben; es steht ihnen baß an, daß sie stammlen und nicht wol reden können. Das zieret sie viel besser." Seiner Meinung nach hatte sich die Frau dem Mann wegen ihrer geringeren Körperstärke und -kraft und ihres kleineren Verstandes unterzuordnen. Zudem hatte sie in der Gemeinde zu schweigen.

Luthers sehr negatives Frauenbild konnte Katharina von Bora an vielen Stellen korrigieren. Denn letztendlich war seine Käthe - wie Martin Luther seine Gattin nannte - die Stärkere in ihrer Ehe, die ihren oft schwer depressiven Mann seelisch wieder aufrichtete und den oft kranken Mann - Luther litt an Nieren- und Blasensteinen, Gicht und schweren Kreislaufstörungen - mit aller Liebe gesundpflegte. Außerdem ruhte die ganze Last des Haushaltes auf ihren Schultern. So nannte sie Martin Luther schließlich auch respektvoll "Herr Käthe", da sie schliesslich die Hosen anhatte.

Aus der anfänglichen Vernunftehe zwischen Luther und seiner Käthe war mittlerweile eine herzliche Liebesbeziehung geworden. In seinen Briefen standen somit als Anrede- und Schlußformen stets "meinem Liebchen" und "dein Herzliebchen" Eine seiner wie ich finde schönsten Liebeserklärungen schrieb er an Käthe etwa ein jahr nach der Heirat. Da bemerkt er in einem nebensatz, dass es durchaus sehr schön sei, am Morgen ein Paar Zöpfe neben sich auf dem Kpfkissen zu finden...


Angelika antwortete am 14.03.03 (12:10):

...ja, und die schönste Liebeserklärung, die ich je bekam, kam von meinem inzwischen verstorbenen Freund und Gefährten Frithjof:

"Es ist furchtbar mit Dir - aber ohne Dich ist es schrecklich!"

:-)


Angelika antwortete am 14.03.03 (13:46):

Albert Einstein darf an der Stelle nicht fehlen, zumal heute doch sein Geburtstag ist. Es gibt ein zauberhaftes Buch mit Briefen an und von seiner geliebten Mileva. Durch diese Liebesbriefe an/von seiner ersten Frau erfuhr die Welt auch von der Existenz einer gemeinsamen Tochter. Und auch beim Verfassen von Liebesbriefen erweist sich Einstein als einfallsreiches Talent. So trägt auch das Buch als Titel einen Satz aus einem seiner Briefe:

"Am Sonntag küss ich Dich mündlich" ...


Angelika antwortete am 14.03.03 (13:56):

...und gleich noch eine Liebeserklärung an eine Frau, deren Name mit M begann und die heute noch jeder sehen kann, der in das schöne Montenegro reist und über die Serpentinentrasse vom hoch in den Bergen gelegenen Cetinje nach Kotor hinunter zur Küste fährt. An der Stelle, wo man von oben sowohl die Bucht von Kotor als auch die Bucht von Tivat sehen kann, könnte die Strasse auf dem dort befindlichen langen Höhenzug rein theoretisch eigentlich auch gerade verlaufen Stattdessen beschreibt die Passstrasse eine auffällige, gewaltige Doppelschleife in der Form eines riesigen M. M wie ... Milena. Sie war die Frau von König Nikola von montenegro und soll ein "Gschpusi" mit dem österreichische Strassenbaumeister gehabt haben, der sejhr in sie verliebt war. Dieses M auf ewig blieb auch dem König nicht verborgen und er ... entliess den Baumeister in Schimpf und Schande. Ist schon toll, was manche Männer sich so einfallen lassen :-)


Rosmarie S antwortete am 14.03.03 (18:19):

"Ist schon toll, was manche Männer sich so einfallen lassen :-)" (Angelika)

Ja, das ist einfach toll! Und zwar nicht nur Männer, die Geschichte schrieben...

Einer Freundin von mir passierte es früher einmal, dass sie sich mit ihrem Liebsten an geheimem Ort traf. Sie gingen im Wald spazieren, und er führte sie immer einsamere Wege... :-)) Doch plötzlich - mitten im Wald - stand ein Zweimannzelt aufgebaut. Innen lag schon der Champagner bereit...

Als sie gehen mussten, gruben sie das Zelt ein. Dort ruht es aufgrund ungünstiger und trauriger Umstände heute noch. :-(((


WANDA antwortete am 15.03.03 (17:56):

Rosmarie S - wäre das nicht ein wunderbares Gerüst für eine Kurzgeschichte oder eine Geschichte überhaupt?


Rosmarie S antwortete am 15.03.03 (23:03):

Da hast du Recht, liebe Wanda! Vielleicht auch gerade deshalb, weil diese große Liebe, dann doch nicht lebbar war... Magst du nicht mal eine Geschichte darüber schreiben? DU kannst das, ich "weiß" das! Ich würde sie liebend gern lesen!
Aber noch viel lieber hätte ich sie damals selbst erlebt... :-)))


Antonius antwortete am 16.03.03 (00:01):

Und Goethe, nochmals...
Johann Wolfgang von Goethe: Das köstlichste Ringelchen

Köstliche Ringe besitz ich! Gegrabne fürtreffliche Steine
Hoher Gedanken und Stils fasset ein lauteres Gold.
Teurer bezahlt man die Ringe geschmückt mit feurigen Steinen,
Blinken hast du sie oft über dem Spieltisch gesehn.
Aber ein Ringelchen kenn ich, das hat sich anders gewaschen,
Das Hans Carvel einmal traurig im Alter besaß.
Unklug schob er den kleinsten der zehen Finger ins Ringchen,
Nur der größte gehört, würdig, der elfte, hinein.
*
Von Goethe gibt es noch etwa zehn intim-erotische, ja pornografische Gedichte; sie sind im 53. Band der Weimarer Ausgabe gesammelt und fehlen in den "normalen" Auswahlbänden zu Goethes Werken.
- In Netz gibt es auch eine Kurzgeschichte, die den Titel trägt "Der Ring des Hans Carvel" von Frederic Brown.