Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Eigene Lyrik Kapitel 9

 38 Antwort(en).

team seniorentreff begann die Diskussion am 29.03.03 (01:20) mit folgendem Beitrag:

Weiterhin viel Freude und einen herzlichen Gruß an alle LyrikerInnen, DichterInnen und SchreiberInnen.

Kapitel 8 wird unter /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a383.html
archiviert

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a383.html


hl antwortete am 29.03.03 (14:38):

trost

uebergang
schwarzer taleinsamkeit
zu lichten hoehen

dunkelgewohnte augen
geblendet
von gleissendem licht

silhouetten schemenhaft
kaum wahrnehmbar
am horizont

noch haelt das zaehe
erdreich den schritt
lockt die dunkle melodie des lebens

waehrend rueckenwaerts
sich fluegel langsam
entfalten

trommelfelle
vibrieren im takt
der endlosigkeit

zoegert der fuss
erdgebunden in
hoehenfurcht

weit darueber
in den sphaeren der ewigkeit
schweben die seelen

in vollendeter harmonie
dringt der gesang der unendlichkeit
lockend in das ohr

(c) hl 2003
[geänderte fassung von Gesang der Freude/2002]


Rosmarie V.(Ruzenka) antwortete am 31.03.03 (18:28):

Sieger
______

Jung schön sein
fällt leicht

Jung Freunde gewinnen
nicht schwer

Wer alt schön ist
und Freunde gewinnt
ist ein Sieger

2002


schorsch antwortete am 01.04.03 (08:54):

Warum nur muss ich immer zu den Verlierern gehören ):--((((


Robert Anger antwortete am 01.04.03 (11:41):

Vergebliche Suche


Ich bin recht viel herumgekommen,
hab� steile Berge oft erklommen,
bin tief in Schluchten rumgestiegen,
behalf mit Schwimmen mich und Fliegen,
nahm Kutsche, Eisenbahn und Wagen -
Was soll ich sonst darüber sagen.

Der Sinn des Ganzen? Ich bekenne,
warum ich um den Globus renne!
Als Mann der Mode suche ich
das Nonplusultra, meine ich,
das Webkunst je erschaffen hat,
viel schöner als Damast, Brokat.

Viel feiner noch als reine Seide,
der Modemacher Augenweide.
Der scheinbar wunderbar gewebt
die Stimmung jedes Kenners hebt.
Wie oft wird dieser Stoff genannt
für den so viel ich rumgerannt.

Nun bin ich müd� vom vielen Suchen,
in dieser Welt von feinen Tuchen,
von Nylon, Perlon, Popelin,
von Leinen, Mako, Musselin.
Nun bleibt mir auf die alten Tage
zum xten mal die ew�ge Frage.

Wer sagt mir, wo ich ihn wohl find�:
�Den ,Stoff�, aus dem die Träume sind�.

Roan


schorsch antwortete am 01.04.03 (14:05):

Die Träume, die wir einstens suchten;
die Enttäuschungen, die wir verfluchten,
die hängen wohl alle in den Binsen.
Was uns noch bleibt? Ein breites Grinsen!

Schorsch


hl antwortete am 01.04.03 (21:04):

"...
Wer sagt mir, wo ich ihn wohl find�:
�Den ,Stoff�, aus dem die Träume sind�.

Roan"

das ist phantastisch, Robert, Inhalt, Idee und Form einfach sehr gut!


verseschmied antwortete am 02.04.03 (08:50):

Nicht vergeblich, meine ich


Wer so sucht, wie "Roan" hier sucht,
hat, wie ich mein', schon Fund gebucht.
Vielleicht ist's ihm nur noch nicht klar,
daß jener 'Stoff' d i e S p r a c h e war,
mit der er hier erklärt sein Suchen
nach Träumen - und nicht mehr nach Tuchen:

Das Sach-Hirn jetzt mit 'Kette', 'Schuß'
für 'Tuch' sich nicht mehr plagen muß.
Es webt jetzt Buchstab, Silbe, Wort
- kommt also von den 'Fäden' fort -
zu Zeilen, Versen und Gedichten
und - weshalb nicht? - sogar Geschichten.

Das Sach-Hirn hatte halt genug
und hat entschieden dann sehr klug,
das Sprach-Hirn, lange Zeit verklebt,
hervorzulassen, daß es lebt
und nun den 'Stoff für Träume' abgibt,
die das Sach-Hirn allzu gern wegschiebt.

Glückwunsch! - kann man "Roan" nur sagen.
Den Traum-Stoff jetzt nutzen! Nicht mehr erfragen!


01.04.03 B.S.


Evelyn antwortete am 02.04.03 (18:52):

Im Träumen bin ich ein Genie--
am hellerlichten Tage
stell ich im Spiel der Fantasie
die Tatsachen infrage.

Ich reite in den Himmel hoch
mein Flügelross im Zaum
und fülle jedes Erdenloch
mit einem grossen Traum--

Doch wenn mich etwas hindern kann
auf meinem Himmelsritt
bist du es,der so typisch Mann
stets neue Löcher tritt.


hl antwortete am 04.04.03 (09:33):

Träume..

am rande des weges

am rand meines weges dichte hecken
fliegenpilze die sich verstecken
weisse kugeln die laut knallen
unreife früchte die runter fallen

am rand meines weges der dunkle fluss
der immer immer fliessen muss
rosaweisses tränendes herz
roter klatschmohn gegen den schmerz

am rand meines weges grosse bäume
dicke wurzeln wie kinderträume
grüne wiesen mit löwenzahn
dicke köpfe leuchtend warm

am rande des weges leben die träume
grosse sanfte weiche räume
welt ist fern leben ist klein
am rand meines weges geh ich allein

hl/2001


eva3 antwortete am 08.04.03 (09:37):

Fund


Am Ufer
zwischen Tang und bunten
zerbrochenen Muschelschalen,
lag eine Flasche;
dunkelgrünes Glas,
schmutzverkrustet,
fest verschlossen,
ausgeworfen vom Meer.

Meine Fingerspitzen brannten,
als ich sie berührte,
dabei fröstelte ich
bange im kühlen Wind.

Mir schien es,
als tanze in ihr
ein dunkler Schatten,
mich lockend,
das Siegel zu brechen.

Wer bist du, kleiner Teufel ?
Willst du mir dienen ?
Versprichst du mir
Reichtum und Liebe
auf dieser Welt
um meiner Seele willen ?
Oder willst du dich rächen
am Finder,
um menschlicher Bosheit willen
in einem früheren Leben ?
Bist du ein Bote
der Geisterwelt
und willst mir nur Gutes ?

Ich zögerte und wagte es nicht,
die Flasche zu öffnen.
Feige vergrub ich sie
nahe einer jungen Pinie,
damit ihre Wurzeln
sie fest umwüchsen
und keiner sie fände
in langen Jahren.

Aber vielleicht
verbarg ich nur
den Schatten einer armen Seele,
die, verflucht, vergebens mich bat
um die Erlösung.


Eve-Marie Wipper antwortete am 09.04.03 (00:43):

Ganz ohne Freude wachst du auf am Morgen,
beginnst den Tag,bevor du weißt warum?
Du rennst verzweifelt gegen deine selbsterstellten Wände
und wünschst dir sehr,der Tag wär bald herum.

In deiner Not siehst du die Sonne garnicht scheinen,
spürst nicht den kühlen Wind auf deiner Haut.
Du kannst dich über gar nichts wirklich freuen
und jede Tür erscheint dir zugebaut.

Wie an so vielen Tagen vorher
und an noch anderen,die werden sein
sehnst du verzweifelt dich der Nacht entgegen,
nach ein paar Stunden nicht so freudlos einsam sein.

In deinen Träumen kannst du fröhlich lachen,
empfängst du Zärtlichkeit und wirst geliebt.
Du kannst dir was du selber gibst auch nehmen,
was dir die Kraft zum Weiteratmen gibt.

O lass nur nicht die Nacht mit diesem Glück entschwinden,
errette es dir doch in deinen Tag hinein,
womöglich wäre es ein Schritt zum neuen Anfang,
du könntest auch am Tage wieder fröhlich sein.

Und ist die Sonne wieder dann im Schwinden schon begriffen,
und ziehen Sterne lautlos ihre Bahn,
versteckt der Mond sich hinter seiner schmalen Sichel,
beginnt die Nacht,- sehnst du den neuen Tag heran.

1983 nach schwerer Zeit


dela antwortete am 11.04.03 (14:41):

TRAUM


Über den Bergen
das Licht erloschen,
Vögel verstummt,
versunken die Sonne,
und länger werden
die dämmernden
Schatten.

Lauschst du
des Windes
säuselndem Hauche?
Sind sanft
dir nun Schleier
entfaltet
der Nacht?

Des Tages
Bilder
wie Perlen kopiert -
und Tränen.
In leiser Trauer
ziehn sie
vorbei.

ER breitet
den Mantel darüber,
die Seele kehrt heim -
versinkt in den Tiefen
des Schlummers,
den Armen
der gütigen Nacht.

...und sucht...
sucht bangend
die Farben,
Gerüche, Gefühle,
Gewissheit. -
Neu diese Bilder...
und neu
auch die Liebe. �

(D)


Rosmarie S antwortete am 17.04.03 (14:02):

Frühlingswind

Zärtlicher Wind umsäuselt mein Ohr,
wachsender, schwellender Frühlingschor �
Flüstert Versprechen im Blättergeraune,
weckt schlafendes Herz, erfrorenen Sinn -
Schon pulst das Leben in mir: Ich bin!
Wehender Wind, ich lausche und staune.


rsch, 16.4.03
Allen hier Anwesenden ein frohes Osterfest!


Rosmarie S antwortete am 06.05.03 (13:44):

Gerade sehe ich, dass ich mich schon wieder mal mit dem Wind beschäftigt habe...

Frühlingssturmwind

Wildes Wehen, Wipfelneigen -
Rauschend braust die Wilde Jagd -
Müdes Herz, fast schon verzagt,
spürt Frühlingsmut im Sturmesreigen.

Toben, schweben und erbeben -
Frei wie der Wind, mit klarer Sicht,
jauchzt mein Herz im Frühlingslicht,
meint, Licht und Leben zu verweben.

rsch, 28.4.03


dela antwortete am 06.05.03 (23:06):

STAKKATO


Horizonte massig
und schwer,
schwarzblau
belastet
der Himmel
die Weite.


Hier Lichtblitze,
grollend da
Antwort
im Donner.
Wechsel im
lärmenden Spiel.


Dem Sturm
nachfolgt die Stille, -
horch: stakkato -
jetzt prasselt
der Regen
aufs Dach.


Im Aufatmen
sanft
breitet nun
Duft sich
über die Flur.

(D)


hl antwortete am 07.05.03 (02:19):

Frühlingsgefühle

Gänseblümchen, Krokus rot
Vögel zwitschern Lieder
immer wieder

Bomben fallen, Menschen tot
Duft von weissem Flieder
immer wieder

Sonnengold auf Frühlingsgrün
Schmerz zerfetzter Glieder
immer wieder

Rotes Blut auf gelbem Sand
blauer Himmel darüber
immer wieder

Stacheldraht und Carepaket
gebracht vom fremden Sieger
immer wieder

Kriegsgetöse, Frühling erwacht
Friedensruf gegen Hohn der Macht
immer wieder

ach, wie schön ist unsre Welt
es riecht nach Blumen, Blut und Geld
immer wieder..

hl/ Mai 2003


hl antwortete am 07.05.03 (21:43):


ein Muttertagsgedicht..

Das letzte Buch

Was für eine Welt, Mutter,
hast du mir hinterlassen?
Zu hoch war der Kredit,
den du verbraucht!


Du wiegtest mich in zentralbeheizten Armen.
Kein Weg war dir zu weit,
mich freizeitmässig zu verfahren.
Für Liebe jedoch, da fehlte dir die Zeit.

Mit Fastfood hast du mich ernährt,
die Plastikteller warf man einfach fort.
Per Flugzeug, darauf legtest du den grössten Wert,
ging's in die Ferien zum allerfernsten Ort.

Im Whirlpool lernte ich nicht schwimmen,
doch in der Disko, leicht zu leben.
Ach, Mutter, warum hast du mir
nicht ab und zu mal Zärtlichkeit gegeben?

Ein grosses Haus, du hast es mir vererbt,
der dicke Teppich machte Stimmen leis'.
Warum nur, Mutter, warntest du mich
nicht vor dem, was ich heute weiß?

Das Haus ist nun unbeheizt und kalt,
Schlammlawinen und Müll vor dem Tor.
Abgeholzt ist jetzt jeder Wald,
das Wasser kommt nicht mehr aus dem Rohr.

In einer Höhle hause ich, alt und krank,
das letzte Buch gibt mir die letzte Wärme.
Der Titel: "Zum Muttertag - Hab' Dank!"
Für dieses Buch, Mutter, hab ich dich gerne.

hl/Mai 2003


Rosmarie S antwortete am 08.05.03 (20:45):

Maientraum

Blättergelichter im Maienwald.
Funkelndes Grün birgt Feengestalt.
Glucksendes Lachen umflüstert mein Ohr.
Ach, duftiges Wesen, tritt endlich hervor!
Jetzt glitzert und blitzet und kichert es hell
und dreht sich in blendenden Schleiern gar schnell.
Mit brennendem Auge suche ich Halt.
Doch schwindet die Fee - ihr Jubeln verhallt.
Was bleibt, ist der lächelnde Märchenwald.

rsch, 6.5.03


schorsch antwortete am 09.05.03 (09:39):

Ja, das haben all die guten Feen:
sie lassen sich nur ungern sehn;
und hat man endlich eine gefunden,
ist sie schwuppdi schon verschwunden!

Schorsch


Robert Anger antwortete am 09.05.03 (10:38):

Die schwerste Last

Du hörst es oft in diesen Tagen;
ein jeder muss sein Päckchen tragen.
Es käme auf den Inhalt an
wie schwer man letztlich trägt daran.
Egal ob Heiden oder Christen:
Am schwersten sind Beziehungskisten.

Roan/21.04.2003


Rosmarie S antwortete am 09.05.03 (14:00):

> Ja, das haben all die guten Feen:
> sie lassen sich nur ungern sehn;
> und hat man endlich eine gefunden,
> ist sie schwuppdi schon verschwunden!

Lieber Schorsch, aber groß wird der Abschiedsschmerz erst, wenn sie dabei die Brieftasche mitgehen ließ... :-)))


Rosmarie S antwortete am 11.05.03 (22:10):

Gedanken reden

Gedanken reden, reden ohne Ziel.
Sie kreisen auf den immer gleichen Wegen.
Ich suche Stille, doch es nützt nicht viel.
Es denkt in mir, dies trübe Endlosspiel.
Gedankendenken ist nicht wegzufegen.

Plötzlich verstummt und schweigt der Redefluss.
Auf Berges Höhe schau ich in die Weite.
Endlich erlöst wie durch des Prinzen Kuss,
erwacht mein Herz - Frei, ohne Muss
schau ich, und Frieden weilt an meiner Seite.


rsch,10.5.03


Dozentin antwortete am 15.05.03 (21:15):

Ein gewisses Maß an Unkenntnis voneinander
ist die Voraussetzung dafür,
dass zwei Menschen immer Feunde bleiben.


Koloman Stumpfögger antwortete am 25.05.03 (15:32):

Was ist das, leicht so hingesagt,
Fremdenhaß?
Ist der Kontrast dazu
Eigenliebe?
Oder ist es dies:
Was wissen wir von uns,
was von den anderen?

Ich war noch nie im Irak,
Vom denken des Koran und derer, die ihn leben,
weiß ich im Vergleich zum alten Testament (davon nicht viel), fast nix.

In Ravensburg gibt es eine Moschee.
Ich war noch nie drinnen, sah nur Kinder davor spielen. Hörte sie singen in
einer mir unbekannten Sprache.

Ich bitte um Entschuldigung für mir mein ( eigentliches Nicht-) Mitmischen, aber mich selbst fragen
wollen.

Koloman


hl antwortete am 30.05.03 (10:49):

schutzlos

es ist ein schmaler grat
zwischen überschäumender lebensfreude
und tiefer verlassenheit

.................vorsichtig bewege ich mich
.................auf dem engen pfad der vernunft

während aus der tiefe leise lockend
weiche graue nebel nach oben schweben
bietet das leben keine hand mich zu schützen

.................nur die sicherheit meines schrittes hält mich
.................obwohl meine füsse tanzen möchten

der uralte rhythmus meines herzens
schlägt leise den Takt versunken in
den vergangenen liedern meiner lippen

................endlos wiederkehrend mein weg
................im echo der zeit

hl


eva3 antwortete am 01.06.03 (10:27):


Aphrodite

Die dunkle Woge aus der Tiefe des Meeres,
sie wurde zur mächtigen Welle;
als sie sich am Ufer verströmte,
mit der Erde vermählte,
wurde aus Schaum und Gischt,
perlmutterfarben im Lichte des Mondes,
Aphrodite geboren.

Auch uns erfasst immer wieder die dunkle Woge,
trägt uns die Welle der Liebe
zum Regenbogen empor -
doch sie zerschlägt an felsiger Klippe,
verebbt kraftlos am ebenen Stand.
Uns uns bleibt nur am sandigen Ufer
ein schmaler Streifen
trocknender Schaum -
perlmutterfarben -
und dann nichts mehr.

eKr


schorsch antwortete am 01.06.03 (11:03):

Eine Woge sah ich, genau wie du,
am Strande Siziliens, sie rief mir zu:
"He du, dich hab ich doch schon mal
gesehen, das war doch anno dazumal
am Strande von Rimini-Bellaria;
ich weiss genau, du warst auch da.
Ist zwar ganz schön, dass es dich gibt,
doch was ne Woge wie mich nicht liebt,
ist, so blöde angestarrt zu werden,
als gäbe es ne einzige Woge auf Erden,
die sich bewegt vom einen Strand
zum anderen und von Land zu Land.
Ach wir wäre ich doch zufrieden,
es gäbe keine Schorschs hienieden!


Rosmarie antwortete am 08.06.03 (13:02):

Sommerfrieden

Buchenspitzen wedeln ins Blau
Wölkchen ziehen
Sommerfrieden - grün, blau und lau
Schatten fliehen

Treiben die inneren Stimmen im Wind
Fliehen die Sorgen, die keine mehr sind
Träumt klopfendes Herz, es sei noch ein Kind
Ach, Sommerwind!

Schatten wachsen und kriechen ins Blau
Stille erwacht
Ich streife mein Haar, dies fellweiche Grau
Frieden der Nacht


rsch, 7.6.03


hl antwortete am 09.06.03 (10:10):

Brücken

Es gibt eine Welt, die heisst meine Welt.
Durch Wort und Liebe sie sich erhält.
Dort lebe ich, ohne dich.

Es gibt eine Welt, die heisst deine Welt.
Unsichtbarer Zaun die Grenze hält.
Dort lebst du, ohne mich.

Wir bauen Brücken im irgendwo.
Wir gehen auf der Strasse nirgendwo.
Wir schaffen eine Welt, die ist unsere Welt.

Unsere Welt heisst überall.
Sie leuchtet wie goldener Kristall.
Die Liebe das Dunkel erhellt.

.. hl

Internet-Tipp: https://www.hl-lyrik.de/lyrik-bild/7bruecken.jpg


Sita antwortete am 24.06.03 (02:35):

Mache keinen lauten Schritt
mit Entsetzen würd' ich wach
Sing mir leise nur dein Lied
und so geh' ich zögernd mit
folg dir sehnend, träumend nach
So zerbrechlich ist der Traum
darf nur flüsternd in mir wehen
darf nur durch die Nächte gehen
hat am Tage keinen Raum
So verletzlich sind Gefühle
so verletzlich unser Herz
selbst beim zarten Liebesspiele
nahe dem ersehnten Ziele
sind wir nahe auch dem Schmerz
Habe dies Gefühl genossen
diesen Traum, ich wäre dein
Sollte dies die Liebe sein
ist sie fest in mir verschlossen


schorsch antwortete am 24.06.03 (08:02):

Liebe Sita

Wenn dieses Gedicht von dir ist, dann bist du eine begnadete Dichterin!


schorsch antwortete am 24.06.03 (08:06):

Maiensonntag


Früh um vier bin ich erwacht,
hatte eine schlechte Nacht,
träumte einen bösen Traum.
Lieg` nun im Bett mit dumpfem Sinnen;
lass` die Zeit vorüberrinnen;
Finsternis erfüllt den Raum.

In mir beginnt`s zu überlegen,
was sich alles heut` soll regen.
Sind die Pflichten schon bereit?
Doch dann schleicht in meine Dösung
Lebensfreude und Erlösung:
Es ist Sonntag, ich hab` Zeit.

Langsam beginnt die Nacht zu bleichen,
böse Träume, Sorgen weichen.
Ist da nicht ein Sonnenstrahl?
Nicht mehr länger kann ich liegen,
denn der Tag, die Freude siegen,
die Sonne lässt mir keine Wahl.

Schnell mach` ich mich aus den Kissen.
Waschen, barten, ein paar Bissen,
dann verlasse ich das Haus.
Auf der Strasse gähnt die Leere,
worüber ich mich nicht beschwere,
denn ich will ins Land hinaus.

Zügig lenk` ich meine Schritte,
bleibe in der Strassenmitte,
denn es stört noch kein Verkehr.
Und nach einer knappen Stunde
seh` ich in der weiten Runde
nichts mehr von dem Häusermeer.

Seh` nur noch Äcker, Wiesen, Bäume,
blauen Fluss und weite Räume;
bin mitten drin in der Natur.
Denk` nicht mehr an Arbeit, Mühe
und den Chef, der in der Frühe
jedes Tages schon spielt stur.

Kirschbäume blüh`n und Aprikosen.
In der Ferne leises Tosen;
es ist im Bach der Wasserfall.
Ein Rabe krächzt sein Lied vom Morgen
und ein Kuckuck, voller Sorgen,
hört eig`nen Ruf im Widerhall.

Ich ziehe durch die Wiesen, Auen
und freue mich am Wind dem lauen,
der heut` vielleicht noch Regen bringt.
Ich seh` den Weih am Himmel gleiten
und seh`ein junges Mädchen reiten,
das leise von der Liebe singt.

Die Sonne streichelt mich am Rücken
und ich fühle voll Entzücken,
dass auch in mir die Sehnsucht keimt;
der Wunsch, es möcht` in meinem Leben
noch manchen Maiensonntag geben
und noch mancher Vers sich reimt.

In der Ferne Kirchenglocken,
die das Volk zur Kirche locken,
um zu loben seinen Herrn.
Ich kann das nicht, denn um zu loben
brauch` ich nicht den Turm da droben;
ich find` ihn schöner halt von fern!

Und ich brauche nicht die lauten
Menschen, die den Turm dort bauten,
denn sie loben mir zu laut.
Und die Kirche, der ich traue
und in die ich gerne schaue,
ist nicht von Menschenhand gebaut.

`s ist die Natur, die Pflanzen, Tiere;
nur die sind`s, nach was ich giere
und was mein altes Herz erfreut.
Nicht etwa, dass ich Menschen meide,
doch schau` ich lieber meine Heide,
die Blumen, die ins Gras gestreut.

Maiensonntag geht zur Neige,
wartet, dass der Mond nun steige
und die rote Sonne sinkt.
Fledermäuse flatternd schwingen;
Nachtigall beginnt zu singen;
Abendstern am Himmel blinkt.

Mit langem Schatten, wie ein Riese,
tritt ein Reh nun auf die Wiese;
wittert in die Abendluft.
Kein anderer Laut durchbricht die Stille,
als das Schlaflied einer Grille.
Wer hier noch stört, der ist ein Schuft.

Drum, um den Zauber nicht zu bannen,
schleich` ich heimlich mich von dannen,
tret` in meine Hütte ein.
Dann such` ich meine alten Kleider,
denn morgen muss ich wieder, leider,
beizeiten auf der Arbeit sein.

Mai 1993...schorsch, alias Georg von Signau


Rosmarie antwortete am 24.06.03 (21:33):

Grenzlandhoffnung

Bodenwälle, alte Gräben
Krieg, Zerstörung, Not und Tod

Altes Grenzland, heute streben
wir nach mehr als täglich Brot
Freiheit, Arbeit, Urlaubszeiten
Wälder, die nicht gifterschlafft

Mögen wir für Frieden streiten
bis Verstehen Frieden schafft

rsch, 24.6.03


sieghard antwortete am 24.06.03 (22:30):


Wer Frieden hat im eignen Haus,
trägt Frieden in die Welt hinaus.
-


dela antwortete am 25.06.03 (17:09):

Vollenden


Wo Mohnblumen
flammendrot
am Wegrand verglühen
Schatten alter Alleen
lichtgesprenkelt
mich kühlen

Wo Farne
moosgrün
Feuchte behüten
Brücken schlagen
vom Dunkel
zum Licht

Wo Ackerwinden
ungestüm
auf Zartes
sich stützen
unschuldig weiße
Blüten entfalten

Da will ich
vollenden
den Reigen des Lebens
mit Kränzen aus Mohn
Ähren - den Farnen
und Winden

(D)

Juni 2003


Joan antwortete am 29.06.03 (20:54):

Auf vergessenen Wiesen

Auf weiten vergessenen Wiesen rennen
und barfuss laufen zum See
und Schilfrohr zwischen die Lippen klemmen
und Honig saugen vom Klee

und trunken werden von Sommerdüften
und bäuchlings liegen im Gras
und Sumpf durchwaten bis an die Hüften
und Froschlaich sammeln im Glas

und Bussardschreie und Horste kennen
und Biberdämme besehn
und einzeln die Bäume beim Namen nennen
und ihre Sprache verstehn

und querfeld reiten auf sattellosen
und warmen Pferden im Wind
und toll vor Lust einen Schrei ausstossen
und horchen,ob Echos sind

und Röcke am Dornengestrüpp zerreissen
und Haut zerkratzen dabei-
in ungewaschene Äpfel beissen
Vorbei


sofia204 antwortete am 30.06.03 (11:32):

liebe Joan

noch hab ich Dein Gedicht auf einem Zettel,
bald kann ich�s auswendig :-)


Robert Anger antwortete am 30.06.03 (15:29):

Liebe Joan,

vorbei ... das ist der Lauf der Zeit. Wer solch schöne Erinnerungen hat, ist reich. Bewahre deinen Schatz.
Die Erinnerung ist der einzige Platz, von dem dich niemend vertreiben kann.
Gruß Roan