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THEMA:   Ingeborg Bachmann / 30. Todestag

 7 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 17.10.03 (10:30) mit folgendem Beitrag:

Es jährt sich zum 30sten Male der Todestag von Ingeborg Bachmann. Sie wurde 1926 in Klagenfurt geboren, studierte Philosophie und promovierte 1950 über "Kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers. Sie hat viele Preise für ihre literarischen Arbeiten erhalten: Preis der "Gruppe 47", Hörspielpreis der Kriegsblinden, Berliner Kritikerpreis, Literaturpreis der Stadt Bremen, Georg-Büchner-Preis, großer Östereichischer Staatspreis und Anton-Wildgans-Preis.
Ihre wichtigsten Werke sind "Die gestundete Zeit", "Die Anrufung des Großen Bären", "Malina", "Simultan", viele Gedichte, Erzählungen, Essays.
Ihr Leben gestaltete sich schwierig, persönliche Verletzungen blieben nicht aus. Tablettensucht (?) schien auch eine Rolle zu spielen. Unter nie ganz richtig geklärten Umständen starb sie 1973 an ihren Brandverletzungen in Rom.


tiramisusi antwortete am 17.10.03 (11:20):

...mit einem mann an der seite und nach der physischen trennung aber weiter andauernden festen bindung an ein monstrum von mann wie max frisch muss sie wohl sehr verletzt gewesen sein. das thema hatten wir aber schon einmal... für den zusammenhang hier ein link zu einem nzz-artikel:

Internet-Tipp: https://www.nzz.ch/2003/03/08/li/page-article8EIXK.html


Medea. antwortete am 17.10.03 (11:49):

Danke, tiramisusi, für den interessanten Link - vieles wußte ich gar nicht oder habe es im Laufe der Jahre vergessen ....
Was für ein bezeichnender Satz: "... sie war verliebt, er war es nicht, sie war ihm zu gescheit ... " -

ein Satz, der seine Gültigkeit nicht verlieren wird ... .-)

Da Ingeborg Bachmann hier bereits behandelt wurde, seht mein posting als eine nochmalige Erinnerung an sie an.


iustitia antwortete am 17.10.03 (12:11):

Frau Bachmanns Tod war eine direkte Folge ihres Tablettenmissbrauchs. Hätten die behandelnden Ärzte davon gewusst, wäre sie - mit Leichtigkeit - gerettet worden. Die hohen SPALT-Dosen, deren sie täglich bedurfte, haben ja auch ihr Schmerzempfinden so stark herabgesetzt, dass sie die Verbrennungen im Bett zu spät merkte - und im Krankenhaus kam niemand auf die Idee, ihr diese Antischmerzmittel in die Infusion zu tun.
Marie-Luise Kaschnitz hat lange vor dem Tod der Bachmann, ihrer Freundin, eine Geschichte geschrieben, die das Schicksal vorwegnahm: "Die Füße im Feuer". Die Erzählung war nicht nur eine Erinnerung an C.F. Meyers Ballade...
*
Zur Abhängigkeit: Jeder Mensch, der sich abhängig macht, ob von Substanzen oder Personen (und hier war ja beides miteinander verquickt) hat auch selbst ein Stück der Verantwortung zu tragen. (Sonst kann auch nie eine Therapie gelingen, wenn diese Einsicht nicht gelingt.)
Max Frisch ein "Monstrum" ist nennen - ist trivial und moralisch einfältig! Jedes Genie ist für unbedarft andere ein "Monstrum", na, sag ich lieber: ein Risisko. Die Bachmann war auch ein Genie, für ihre Lebenspartner.


tiramisusi antwortete am 17.10.03 (12:19):

aber nein, medea - es kommen ja immer neue leute dazu und ingeborg bachmann ist immer wieder ein interessanters thema. persönlich liegen mir ihre werke zum grössten teil nicht so besonders und speziell die lesungen bei den bachmann-wettbewerben trampeln oft auf dem image dieser frau herum ( sie kann sich ja nicht mehr wehren). aber als mensch, als frau, finde ich sie ungeheuer interessant.

wohl selten haben im letzten jahrhundert zwei menschen ihre persönlichen verletzungen und gefühle so offen und literarisch ausgetobt wie max frisch und ingeborg bachmann. sein "mein name sei gantenbein" muss ingeborg bachmann unglaublich verletzt haben und sie veröffentlichte lange nichts. erst 71 dann den roman "malina" soll sie ihm passende antworten gegeben haben. was da zwischen den zeilen steht, wussten wohl nur die zwei. nach ihrem tod hat er sie dann immer wieder beschworen und seine schuldkomplexe auf papier gebracht. (triptychon mit dame, montauk, oder die erzählung "blaubart").


tiramisusi antwortete am 17.10.03 (12:21):

das mit dem MONSTRUM war eher als kompliment gemeint - wenn ich ihn einen netten mann genannt hätte, DAS hätte ihn beleidigt, anton.


Geli antwortete am 17.10.03 (13:26):

Danke, Angelika, für den interessanten Link!
Man erfährt doch immer noch was Neues :-)))


iustitia antwortete am 22.10.03 (18:29):

Für Interpretinnen:
Ingeborg Bachmann:
Arzl, 10. Okt. 45

Was soll ich machen? Ich bin oft so einer trostlosen Depression preisgegeben. Das ist eine Hoffnungslosigkeit, ein Abstieg in eine uferlose Verzweiflung. Ob ich doch noch einmal diese Sonne schaue! Meine Sonne. Ich trag ein Bild davon im Herzen, ich muß sagen im Herzen, denn woher käme dieser Brand im Blut. Gott muß mich einmal hören. Ist das möglich, daß man rufend durch die Welt gehen kann, ohne gehört zu werden! - Wenn ich keine Genugtuung erleben würde, dann hätte das doch alles keinen Sinn. Nein, ich könnte doch einfach nicht mehr. Einziger Freund, � die Kunst ist eine harte Herrin� muß ich noch weiter gehen in meiner Demut oder kann ich einmal den harten Stern verlassen und aufrecht vor das Bild des Gottes treten.
Einmal, Geliebter, werd' ich aufstehen und alle Einfalt und Knechtschaft von mir schütteln, schon um sie innerlich noch verpflichtender und schwerer auf mich zu nehmen, um den äußeren, irdischen Preis eines Glanzes. - Wie mußt Du mich sehen. So entwürdigt! Doch wozu sollte ich vor Dir in Masken stehen. Ich muß den Schleier abreißen um Dir meine Glut vor die Füße zu werfen, mein Blut sollst Du in verzweifelten Umarmungen verspüren. Ich kann bald nicht mehr.
Meine Wünsche sind dunkel und blutrot! Ich muß handeln.

*
(Veröffentlicht von Isolde Mosert, im März 1991. Wer das ist...? Ingeborg B.s Schwester.)