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THEMA:   Loriots Achtzigster...!

 7 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 12.11.03 (20:12) mit folgendem Beitrag:

Loriot - er wird 80!
Dem wünsch ich ewiges Leben - was ja mit seinem Werk gegeben ist.
Wenn ich sagen soll, was der schönste Text oder Sketch ist, denke ich immer an die "Jodelschule".
Einiges wird wiederholt, im TV. Loriot ist wirklich einmalig in der deutschen Landschaft.
Welches ist euer Lieblingsstück?


Medea. antwortete am 12.11.03 (20:26):

Immer noch die beiden Herren mit der Quietschente in der Badewanne .... lach ....


DorisW antwortete am 12.11.03 (20:42):


Der Herr ißt eine Kalbshaxe "Florida"...

Laßt doch mal die Kinder nach vorne!

Er hat mir ins Essen gequatscht! "Schmeckt's?" hat er gefragt!


tiramisusi antwortete am 12.11.03 (21:13):

"Ein Klavier, ein Klavier!" ...herrlich..der Sketch mit der Videokamera :-))

Der Hund, der über Politik diskutieren kann ...flöööt :-)

Die Nudel an der Nase ... immer wenn ich bandnudeln koche, denk ich dran ...

unvergesslich auch sein Gedicht "Es weihnachtet" mit der Förstersfrau ...

Loriot und vielleicht noch dem Peter Ustinov wünscht man wirkliche Unsterblichkeit.


pilli antwortete am 12.11.03 (21:26):

ich liebe es, seine eleganten wort-drehungen -wendungen und schöpfungen zu lesen.

insbesondere, wenn er die "Gelsenkirchener-Barock" Fans treffgenau darstellt und den genuss von angewärmtem kartoffelpürree vom vortag im film "Ödipussi" mit entsprechender mimik zum höchst anzudenkenden gourmet-erlebnis ankündigt.

"Das große Loriot-Lexikon" der FAZ. NET füge ich als link an, vielleicht entdeckt die eine oder der andere noch nicht bekanntes.

:-)

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?P6C723586


iustitia antwortete am 12.11.03 (23:06):

Ein Text von Günther Jauch
Oh!, da wird ja einer umgebracht!

Was Loriot damals im Fernsehen zeigte, das war so anders als der ansonsten übliche bieder-verstaubte �Zeitgeist-Witz� und rüttelte zum Teil auch an Tabus. Da fuhr jemand wie ein Berserker mit einem Ford Capri durch die Lande. Als das Fahrzeug zum Still-stand gekommen war, stieg Loriot mit Brille, weißem Stock und gelber 3-Punkt-Binde aus. Der erste Ge-danke: �Um Gottes willen, darf man denn so was im Fernsehen machen?� Dann waren da nackte Frauen auf irgendwelchen Rolltreppen, die ich in dem Alter noch nie gesehen hatte (die Frauen!)... Und dann war da dieser ganz besondere Humor, der sich eben auch in den Zeichnungen, gepaart mit einem ganz eigenen Wortwitz, verbreitete. Das war für mich etwas völlig Neues und sehr spannend.
Loriots Protagonisten sind sehr oft in der soge-nannten besseren Gesellschaft angesiedelt. Auf ir-gendwelchen Rennbahnen oder in feinen Gourmet-tempeln etc. Da ist die Fallhöhe natürlich besonders groß. Diese ganzen vornehmen Leute fallen in so schreckliche Abgründe herunter, daß sie am Ende ge-nau da landen, wo sie die Leute vermuten, auf die sie vorher so verächtlich niedergeblickt haben. Das hat mir immer gut gefallen, daß Loriot im Grunde etwas Zersetzendes, oft �die Stützen der Gesellschaft Zer-setzendes� hatte und insofern seinen Humor immer systemwidrig, aber gleichzeitig subkutan unter die Leute gebracht hat.
Das Adventsgedicht zum Beispiel kann man heute prima vortragen. Es klingt von der bürgerlichen Atti-tüde her sehr adventlich und, in der Maske des brav aufsagenden Kindes rezitiert, fällt einem auch erst beim zweiten oder dritten Hören auf - oh, da wird ja einer umgebracht!
Der Humor von Loriot ist zeitlos, weil er sich nie zum Sklaven der Aktualität und des Zeitgeistes ge-macht hat. Seine immer wiederkehrenden Themen sind die Beziehung zwischen Mann und Frau, wie man sich ordentlich in einer klein- oder großbürgerlichen Gesellschaft zu verhalten hat, wie unsere Politiker - denken wir an die Bundestagsrede - einfach so vor sich hinpalavern. Das sind Dinge, die vor 30 Jahren so waren, die heute noch so sind und die in 5o Jah-ren immer noch so sein werden. Manche werfen ihm vor: Du hast nichts zu Atomkraftwerken gesagt, deinen Standpunkt zum NATO-Doppelbeschluß nicht hinreichend deutlich gemacht, und nie hat das Knollenmännchen seiner Empörung über das Waldsterben Luft gemacht. Das ist aber alles relativ uninteressant, weil solche thematischen Einengungen ganz schnell vergessen sind. Jugendliche zucken heute mit den Schultern und wissen zu den Themen gar nichts zu sagen. Wenn sie aber heute die Jodelschule sehen, bekommen sie mehr über Gleichberechtigung mit, als wenn man sie in tausend feministische Seminare ge-schickt hätte. Heute gibt es viele jüngere, die sich die Grzimek- und Merseburger-Parodien ansehen, ohne die beiden Personen überhaupt zu kennen. Trotzdem liegen sie regelmäßig vor Lachen am Boden. Das ist im Grunde die höchste Form von Humor: etwas er-folgreich zu parodieren - und keiner kennt das Original.
(Aus: Loriot und die Künster. Vicco von Bülow zu seinem 80. Geburtstag. Diogenes verlag 2003.)

* Den ersten Sketch finde ich nicht vollständig beschrieben. Da bruas ja ein rasant fahrende Auto in kleine Straßen, verwinkelte Gassen und auf ein Lokal zu, nah an den Bürgersteig.
Dann steigt mühsam der blinde "Vicco" aus - und schleppt sich keuchend ins Lokal...


tiramisusi antwortete am 13.11.03 (15:29):

weil es ja schon fast in die Jahreszeit passt..:-)
Advent

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
Schneeflöcklein leis herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
Häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.

Und dort vom Fenster her durchbricht
Den dunklen Tann ein warmes Licht.
Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
Die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
Hat sie den Förster umgebracht.

Er war ihr bei des Heimes Pflege
Seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muß es sein.

Und als das Rehlein ging zur Ruh',
Das Häslein tat die Augen zu,
Erlegte sie - direkt von vorn
Den Gatten über Kimm und Korn.

Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
Zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase
Und ruhet weiter süß im Dunkeln,
Derweil die Sternlein traulich funkeln.

Und in der guten Stube drinnen
Da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
Den Gatten sauber zu zerteilen.

Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
Nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
(was der Gemahl bisher vermied) -

Behält ein Teil Filet zurück
Als festtägliches Bratenstück
Und packt zum Schluß, es geht auf vier
Die Reste in Geschenkpapier.

Da tönt's von fern wie Silberschellen,
Im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so tiefer Nacht
Im Schnee noch seine Runde macht?

Knecht Ruprecht kommt mit gold'nem Schlitten
Auf einem Hirsch herangeritten!
�He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
Die armen Menschen Freude machen?"

Des Försters Haus ist tief verschneit,
Doch seine Frau steht schon bereit:
"Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
's ist alles, was ich geben kann."

Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
Ein Sternlein blinkt - es ist Advent.


schorsch antwortete am 13.11.03 (17:17):

Nebst Sir Ustinov für mich der bedeutendste Wortkünstler der Gegenwart!