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THEMA:   Johannes Heesters

 28 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 05.12.03 (20:44) mit folgendem Beitrag:

Heute wird im Fernsehen Johannes Heesters besungen. Für mich war er schon immer ein alter Mann. In einem Interview zu seinem 99 Geburtstag (jetzt wird er Hundert), hat er mich wegen seiner Vitalität sehr beeindruckt. Wer von Euch hat noch Jugenderinnerungen an ihn? Ich kenne schon alte Filme von ihm, aber wie war sein Bild in der Öffentlichkeit damals?


schorsch antwortete am 06.12.03 (10:22):

Ich habe ihn eigentlich vor Jahrzehnten als kitschig empfunden. Heute aber gilt meine Bewunderung seiner vitalen Energie - und dass er es offenbar immer noch versteht, eine um Jahrzehnte jüngere Frau glücklich zu machen!


mart antwortete am 06.12.03 (11:04):

Zum Glücklichmachen würde mir viel einfallen, aber ich laß es besser. Jeder kann ja selbst nachdenken!


schorsch antwortete am 06.12.03 (16:36):

Ein Witzchen gefällig?

Klagt eine Frau ihrer Freundin: "Mein Mann ist sexuell zu hundert Prozent nix mehr..."

"Das ist noch nichts im Vergleich zum meinigen - der ist zu 200 % nix mehr....)

...aber mehr als 100 % gibts ja gar nicht...."

"....doch - er war bis vor einer Woche auch zu hundert Prozent nix mehr - dann ist er die Treppe runtergefallen und hat sich die Zungenspitze abgebissen.....!"


mart antwortete am 06.12.03 (19:27):

Also, ich hab eigentlich nicht in erster Linie an Sex gedacht - Frau weiß sich da sicher zu helfen - eher an das Glück, für das Geld eine Voraussetzung ist.


pilli antwortete am 06.12.03 (19:47):

tja "sein bild damals und heute?"

da sollte sich wohl jeder ein eigenes bild machen:

ich zitiere:

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Christian Eder/Zum 100. Geburtstag von Johannes Heesters
From: Furtlehner Leo ([email protected])
Date: Wed Dec 03 2003 - 16:12:23 CET

Danilo in Dachau
Zum Umgang mit Künstlerjubiläen in Österreich


Heut geh ich ins Maxim
Dort bin ich sehr intim
Ich lasse mich bestaunen
von meinen lieben Braunen
Der Adolf schätzt mich sehr
und Goebbels noch viel mehr
Sie dürfen gern besetzen
mein teures Vaterland...


Weit konnte man es als holländischer Provinztenor bringen im Dritten Reich. Herrn Johannes Heesters, dessen Hunderter die ???Seitenblicke�-Schickeria soeben abgefeiert hat, standen in den Kriegsjahren nicht nur die Operettenhäuser und Filmstudios offen. Nein, er trat auch an anderen zentralen Kulturorten der Nazis in Erscheinung,
wie aus einer Bildunterschrift in einem Erinnerungsalbum des Jubilars hervorgeht:

Es ist ein froher und heiterer Nachmittag im Konzentrationslager.

1941 beehrte der Künstler das KZ Dachau. Ein Foto zeigt ihn, wie er in der Kantine des Lagers eine Tasse Kaffee trinkt. Froh und heiter, wie es eben seine Art war. Immer nur lächeln, ob man nun im Maxim ist oder in einem KZ. Eine sonnige Natur eben ... Ob er für die bekannt
kulturbeflissenen Herren von der SS auch gesungen hat, ist nicht überliefert.

In seinem Heimatland wird ???Jopie� nicht ganz so geschätzt wie hierzulande. Er gilt dort als übler Kollaborateur der Nazis, der in der Unterhaltungsindustrie des Dritten Reiches tätig war, während die Hitlertruppen 1940 Holland überfielen, in weiterer Folge die Niederländer drangsalierten und die holländischen Juden in die
Vernichtungslager deportierten. Dabei hat sich bekanntlich der ???echte Österreicher� Arthur Seyß-Inquart als ???Reichsstatthalter� besonders hervorgetan.

Herr Heesters würde ungeachtete seines ehrwürdigen (?) Alters noch heute auf der Stelle verhaftet, sollte er es wagen, die holländische Grenze überschreiten zu wollen.

Sein viel gerühmter Charme, der auch die schon
immer deutlich hörbaren Schwächen seines Tenorinos wettmachen musste, würde ihm in diesem Fall nichts nützen.

Aber das ebenso operettenselige wie in Bezug auf die Geschichte des Dritten Reiches zwischen Schlampigkeit und Verlogenheit changierende offizielle Österreich hat den alten Charmeur gebührend gefeiert.

Unangenehme Fragestellungen wurden dezent weggelassen - aus Pietät und Respekt gegenüber dem alten Herrn, versteht sich. Gegenüber den Opfern des Regimes, das ihm eine glänzende Karriere ermöglichte, hielten sich
Respekt und Pietät hingegen oft bis heute in ziemlich engen Grenzen ...
Aber, wie heißt es doch in der beliebtesten Operette aus der Heimat großer Söhne? ???

Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern
ist...�

Dieses Lied ist ja so etwas wie unsere heimliche Nationalhymne. Gewiss, Heesters war nicht der einzige Künstler, der sich einem unmenschlichen Regime andiente. Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze, meint das bekannte Sprichwort. Werden Künstler allerdings zu Lebzeiten gefeiert oder wird ihrer nach ihrem Ableben gedacht, sollte das jedenfalls nicht auf eine
derart verlogene Weise erfolgen, wie dies in Österreich leider häufig geschieht. Nicht nur im Fall des Johannes Heesters.


Quellen:
Dermota, Anton: Tausendundein Abend. Mein Sängerleben. Dtv, München 1981 gehört. Die Ö1- Klubzeitung, November 2003
Herrmann, Walter: Max Lorenz. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1981 Kesting, Jürgen: Die großen Sänger des 20. Jahrhunderts. Cormoran, Düsseldorf 1993

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?F46032CB6


pilli antwortete am 06.12.03 (20:02):

by the way,

SWR und das ZDF "Wetten dass..." präsentieren den ehrwürdigen herrn heute abend.

wetten, dass die menge wieder johlen, klatschen und trampeln wird?

:-))


dirgni antwortete am 06.12.03 (23:00):

Vielen Dank pilli :-(

für den link zur Volksstimme (Zeitung der Kommunistischen Partei Österreichs). Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, mich dort zu informieren.

Pflegst Du Dich immer so kritiklos der Meinung von tendenziösen Zeitungen einfach anzuschließen?


pilli antwortete am 06.12.03 (23:24):

dirgni :-)

ich wäre ebenfalls niemals auf die idee gekommen, mich dort zu informieren! ich gab lediglich die worte "Johannes Heesters und das Dritte Reich" bei google ein und siehe da...:-)es hat noch ne menge mehr "kritisches"...das meiste davon aus österreichischen quellen :-)

wo bitte steht, daß ich mich der meinung einfach anschließe? mein kommentar lautete, ausser der wiederholung der frage von Karl nach damals und heute, wie folgt:

"da sollte sich wohl jeder ein eigenes bild machen:"

dirgni, noch lese ich fleissig in all den gefundenen seiten; bilde also mein bild noch.

gerade hier im forum hab ich ne menge links zu "tendenziösen" zeitungen gefunden :-) und ich lehne nicht grundsätzlich etwas ab, nur weil es stimmen könnte.

watt können die kommunisten dafür, daß der jubilar sich wie viele andere dem regime andiente?

nun, der jubilar selbst hat soeben ein bischen bilanz gezogen beim SWR...zum kotzen!


dirgni antwortete am 07.12.03 (00:07):

pilli,

so wie Du zitiert hast (s.die ") nahm ich an, daß <Dieses Lied .....> Deine persönliche Schlußfolgerung ist, und dann würde sich <unsere heimliche Nationalhymne> auf Deutschland beziehen. Ein Paar fehlende Gänsefüßchen können da schon verzerren.

Wie immer auch - es berührt mich nicht; ich mochte und mag Heesters nicht. Als Repräsentant der oldies ist er als 100-Jähriger aber zweifellos bemerkenswert.


schorsch antwortete am 07.12.03 (09:19):

@pilli: "...Herr Heesters würde ungeachtete seines ehrwürdigen (?) Alters noch heute auf der Stelle verhaftet, sollte er es wagen, die holländische Grenze überschreiten zu wollen...."

Vielleicht wurde er also nur so alt, weil er Angst hat, DIE Grenze zu überschreiten? (;--))))


simba antwortete am 07.12.03 (09:55):

Tja - Nestbeschmutzer gibt es immer wieder und auch viele bewerfen unser Land mit Dreck, vielleicht um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken? Da muss sogar der Heesters herhalten und aus Seitenblicken werden Seitenhiebe...
Aber unser soooo verlogenes schlampiges sich noch immer der Walzerseligkeit hingebendes Österreich hat auch noch andere Seiten - wens interessiert der möge es lesen:

"Österreich � Asylland mit Tradition

Schon 1951, im Gründungsjahr des UN-Flüchtlingshoch-kommissariats, wurde ein Zweigbüro in Österreich eingerichtet. Damit ist UNHCR von allen UN-Organisationen am längsten in Österreich vertreten. UNHCR half hier organisatorisch und finanziell bei der Bewältigung der Flüchtlingsnot nach dem 2. Weltkrieg. Aufgrund seiner geografischen Lage zwischen den Blöcken war Österreich jahrzehntelang das wichtigste Land für die Erstaufnahme von Flüchtlingen und Auswanderern in Europa. Seit 1945 sind mehr als zwei Millionen Flüchtlinge nach Österreich gekommen, fast 700.000 Menschen sind geblieben.

Als 1956/57 180.000 Ungarn nach Österreich kamen, gab es im Land schon 114.000 Flüchtlinge aus den Nachkriegsjahren zu versorgen. 20.000 von ihnen lebten noch in Flüchtlingslagern.

Nach Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die damalige Tschechoslowakei brachten sich im Jahr 1968 162.000 Tschechen und Slowaken durch Flucht nach Österreich in Sicherheit. Die meisten konnten zurück, 2000 Menschen ließen sich nieder. 1972 nahm Österreich aufgrund international vereinbarter Quoten erstmals nicht-europäische Flüchtlinge auf: 1500 asiatisch-stämmige Ugander, danach Chinesen, Vietnamesen, Kambodschaner und Kurden.

1980/81 setzte die nächste große Fluchtbewegung aus Osteuropa ein: Als in Polen das Kriegsrecht ausgerufen wurde, kamen 33.000 Flüchtlinge nach Österreich. 90 Prozent reisten in Drittländer weiter.

Die kriegerischen Auseinandersetzungen nach dem Zerfall Jugoslawiens trieben viele Menschen in die Flucht. Um den Jahreswechsel 1991/92 kamen rund 13.000 aus Kroatien, wurden hier versorgt und kehrten im Frühjahr 1992 größtenteils heim. Zu diesem Zeitpunkt trafen schon die ersten Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina ein. Rund 90.000 solcher �De-facto-Flüchtlinge" wurden hier aufgenommen. Nach 1995 kehrten viele heim, doch rund 60.000 Bosnier fanden in Österreich eine zweite Heimat - die umfangreichste und aufwändigste Aufnahmeaktion in der langen Geschichte des Asyllandes Österreich.

Als im Frühjahr 1999 die Vertreibung der Kosovo-Albaner eskalierte, nahm Österreich, wie andere Staaten, Flüchtlinge auf - mehr als 5000 Menschen. Gleich nach dem Ende der Kämpfe im Sommer 1999 begann eine erste Rückkehrbewegung."
Soweit ein UNO- Bericht - dass man bei uns den Flüchtlingen nicht ihre Unterkünfte abfackelt, sollte man auch nicht unerwähnt lassen....


pilli antwortete am 07.12.03 (10:21):

@ schorsch,

tja, es hat sie noch die menschen mit kritischer denke und verantwortung auch für vergangenes, hüben wie drüben.
ich hatte keine ahnung davon, daß unsere holländischen nachbarn so entschlossen reagieren könnten und bin sehr froh, wenn auch dem google-zufall folgend, gerade diese seite entdeckt zu haben.

@ Simba

meinst du nicht, daß du hier irrst? :-)

das thema ist doch "Johannes Heesters" oder? und das gerade eine seite aus österreich, sich hier kritisch mit dem jubilar beschäftigt, zeigt doch gute ansätze, dinge aufzuarbeiten. ich habe viele seiten aus österreichischer sicht bei den favoriten :-) gerne mache ich sie bekannt. es sind dort ausgezeichnete infos zu erhalten.

warum gleich in die angriffs-position gehen? warum gleich die sorge, was verteidigen zu müssen? :-)


pilli antwortete am 07.12.03 (10:49):

@ Simba

especially for you :-) einige kommentare zur person des jubilars aus deutscher presse-sicht, es tut wirklich nicht not, landesspezifische empfindlichkeit zu zeigen :-) :


hier kopiert aus dder taz:

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johannes heesters: mit 99 jahren ein wenig vergesslich
"Im Herzen bin ich Holländer", erklärt der 99-jährige Johannes Heesters am heutigen Samstag in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung und vergisst mal wieder das Wichtigste: Im Herzen ist er Holländer, im Pass Österreicher und auf der Bühne deutscher Nationalsozialist. Da würde es niemanden wundern, wenn der Rheumadeckensender ZDF im Zuge der momentanen Nostalgiewelle den langsamsten Moderator der Welt verpflichtete: Johannes Heesters. Der von seinen Landsleuten auch "der vergessliche Holländer" genannt wird. Hatte Heesters doch seine Karriere während des Nationalsozialismus begonnen. Er war einer der Lieblingsschauspieler seines Führers, der ihn einmal 1939 eigens aus Berlin nach München hatte einfliegen lassen. Auch vor den SS-Truppen des Konzentrationslagers Dachau durfte Heesters den Musenbaron geben: "Heut gehn wir ins Maxim" - und die anderen in die Gaskammern � Daran möchte der meisenalte Mann heute zwar nicht mehr erinnert werden, aber wer will denn auch schon nachtragend sein? Wir!

taz Nr. 7138 vom 23.8.2003, Seite 32, 34 Zeilen (TAZ-Bericht), in taz-Ffm: S. 28 * in
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Männlichkeit mit Samthandschuhen
Johannes Heesters wird heute 100 Jahre alt. Das in Würde gealterte Symbol für galantes Machotum war den dankbaren Nachkriegsdeutschen Beleg dafür, dass im Krieg nicht alles so schlimm gewesen sein konnte. Heesters war so rein, dass das Publikum sich in ihm erkennen können wollte
VON JAN FEDDERSEN
Wie sie ihm alle applaudieren! Die Ovationen wollen kein Ende nehmen: Dagmar Koller, Alice & Ellen Kessler, Nadja Tiller, Waltraud Haas, Unterhaltungsfossile der Wirtschaftswunderjahre. Seine Tochter Nicole, die dem Vater in die Schauspielerei folgte, tuschelt ihm in dieser Szene während der ARD-Geburtstagsgala ein "Es läuft ganz toll, Jopie" ins Ohr. Auch eine Cosma Shiva Hagen gratuliert dem Ernst Jünger der Bühne beglückt - sie spielte mit ihm 1999 in Garmisch-Partenkirchen, sie war die "Momo".

Die meisten aber, die ihm die Ehre am ehesten zu erweisen gehabt hätten, seine Weggefährten aus den Tagen seines beruflichen Aufstiegs, die leben nicht mehr: Heinz Rühmann, Willy Fritsch, Zarah Leander. Die Ufa-Granden zu Nazizeiten, begraben und nur noch im Gedächtnis unserer Großeltern bewahrt.

Aber was macht das schon? Johannes Heesters, im Jahre 1903 im niederländischen Amersfoort geboren, war ohnehin der wichtigste unter ihnen - und wohl, neben Rühmann, der einzige, der das tausendjährige Versprechen fast schadlos überstanden hat. Seine Laufbahn nahm durch die Niederlage der Nationalsozialisten keinen Knick, im Gegenteil, obwohl er wie die Leander oder Marika Rökk von der Flucht jüdischer Stars aus Deutschland profitiert hat: Heesters Ruhm war ja erst möglich, weil er unter den Nazis spielte, weil er mitmachte, weil er seine Chance jenseits seiner holländischen Heimat suchte - und nutzte.

mehr davon auf : https://www.taz.de/pt/2003/12/05/a0082.nf/text
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siehst du da so viel unterschiedliches ?

:-)


simba antwortete am 07.12.03 (10:58):

@pilli
"Aber das ebenso operettenselige wie in Bezug auf die Geschichte des Dritten Reiches zwischen Schlampigkeit und Verlogenheit changierende offizielle Österreich hat den alten Charmeur gebührend gefeiert."
Klar - die Österreicher sollen sich gefälligst ducken und die Klappe halten - wenn man sie beschimpft und vor allen Dingen schämen, schämen und wieder schämen!!!
Ich wollte hier eigentlich nur aufzeigen dass es auch noch ein Österreich gibt, welches sich sehr wohl der Flüchtlinge und Ausgestossenen annimmt - aber das ist wohl rücksichtslos gegenüber denen, die Österreich gern mit brauner Farbe überzogen sehen?


pilli antwortete am 07.12.03 (11:10):

simba :-)

es sind die worte eines österreichers und nicht meine; ich biete an, einmal nachzudenken, wer da geehrt wird. wieso glaubst du, "Österreich sei mit brauner farbe überzogen?" wenn es doch so nachdenkliche schreiber hat? :-)

gerade las ich bei Spiegel online einen kommentar, das gibt weit mehr anlass, zu erschrecken. sind wir wieder so weit? frage ich mich nachdem ich folgendes las:

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Obstinat unpolitisch

Von Reinhard Mohr

Die ARD widmete dem heute 100 Jahre alt gewordenen Schauspieler und Sänger Johannes Heesters eine glanzvolle Jubiläumsgala mit vielen Stargästen. Die dunkleren Momente aus der Vergangenheit des stets gut gelaunten Unterhaltungskünstlers wurden etwas verschämt ins spätere Abendprogramm verbannt...

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und dann zu den dunklen momenten:

...Erst in der nachfolgenden Sendung "Kontraste" (RBB) wurde die Frage aufgeworfen, wie politisch "verstrickt" all jene Ufa-Stars waren, die doch nur "gute Laune" verbreiten wollten. "Gute Laune" aber, so wusste Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ganz genau, "ist einer der wichtigsten Kriegsartikel".

Das ARD-Magazin präsentierte einen Brief, den Johannes Heesters 1942 an Joseph Goebbels geschrieben hatte, worin er bat, doch bitte häufiger in Spielfilmen der Ufa eingesetzt zu werden. Am Ende grüßte er mit "Heil Hitler - Ihr sehr ergebener Johannes Heesters". Im Mai 1941 hatte Heesters, der 1937 von Holland nach Wien gezogen war, das Konzentrationslager Dachau besucht. In seinen Erinnerungen bezeichnet er es als "normales Häftlingslager".

Die gute Laune jedenfalls scheint ihm auch danach nicht abhanden gekommen zu sein. Ohne Zweifel: Heesters ist einer jener obstinat "unpolitischen" Unterhaltungskünstler, die nicht einmal bemerken wollen, in welcher Zeit sie eigentlich leben und wem sie mit ihren Spielkünsten letztlich dienen. Doch mit Figuren wie Leni Riefenstahl, die die Nazi-Propaganda mit Filmen wie "Triumph des Willens" aktiv betrieb, hat der Mann im Frack und weißem Schal erkennbar nichts zu tun.

Umso erstaunlicher, dass in der ARD-Chefetage noch gestern versucht wurde, die Ausstrahlung des absolut angemessenen "Kontraste"-Beitrags über die Ufa-Stars zu verhindern. Denn nicht einmal der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz wollte über den Überlebenskünstler Johannes Heesters moralisch den Stab brechen - er empfinde nur "leise Wehmut", dass der Jubilar nicht ein einziges Mal öffentlich gesagt habe: "Ja, es tut mir Leid, dass ich mich so habe in Dienst nehmen lassen."

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tja, da sollten uns wohl informationen seitens der ARD vorenthalten werden oder übertreibe ich wieder masslos?

:-)



webmaster antwortete am 07.12.03 (11:31):

Liebe Simba,

ich sehe nicht, dass in diesem Thread irgendwo Österreich angegriffen wurde, Wenn dies in einem der zitierten Artikel geschah (von einem Österreicher), so ist das doch nicht gleichbedeutend mit der Meinung einer Schreiberin hier. Heesters spiegelt mit seiner Geschichte die Problematik des zurückliegenden Jahrhunderts. M.E. ist es legitim nicht nur "Hurra, er wird 100" zu schreien, sondern anläßlich seiner Person nachdenklich zu werden. Hätte ich damals mit seinen Talenten diese verborgen, um nicht im Rampenlicht zu stehen? Ich zweifel daran und deshalb geht es m. E. nicht darum, über einen Menschen den Stab zu brechen, sondern seine Geschichte kann Anlass sein, darüber nachzudenken, wie "harmlose" Unterhaltung von den Mächtigen instrumentalisiert werden kann.

Mit freundlichen Grüßen, Karl


iustitia antwortete am 07.12.03 (11:33):

Dank an pilli:
Ja, über meinen Landsmann - den "Lieblingsschauspieler" Hitlers - da muss man schon etwas genauer nachlesen - und den Nestling beschmutzen, der aus irgendwelchen Gründen - statt "mehr Stahl ins Blut" "mehr Stuss und Charme ins Blut" wie Ernst Rieifenstahl und Leni Jünger die Eins (oder noch mehr)vor der "Doppelnull" (so W. Droste in der taz; der Artikel ist hier ja schon zitiert) erreichte.
Charmantes Trio der Mitläufer - sooo ist das "Laufen" wohl gesünder und materiell ein- und erträglicher als Walking, Jogging oder Wahrheit-Suchen oder Vorturnen.
Hoch lebe das vollendete Deutschtum im Kriechen! Da kann man so wenig mitkriegen: sehen, optisch, akustisch, geistig...


simba antwortete am 07.12.03 (11:40):

Liebe Pilli,
noch nie wurde ich so oft und von so vielen mit diesen Vorwürfen konfrontiert, die mein Land betreffen wie hier in diesem Forum. Ich habs versucht mit sachlichen Argumenten und sie hier kundgetan aber das ist sinnlos es nutzt nix -man will uns Österreicher gar nicht anders sehen und irgendwann steigt einem mal die Galle hoch und man wird unsachlich. Das mit dem Heesters habe ich übrigends nicht gewusst- und dafür bin ich dir dir auch dankbar, wenn du solche Dinge aufzeigst :-) Aber ich heule auf, wenn man alle Österreicher in einen Topf wirft und sie jenen gleichstellt, die wirklich Verbrechen begangen haben.


pilli antwortete am 07.12.03 (12:05):

simba, liebe simba :-)

bitte glaube mir, wenn überhaupt, galten die wahllos ausgesuchten kommentare nur dem jubilar. :-) und ähnlich wie du, bin ich in der vergangenen nacht erst neugierig geworden, wie nun die medien und ihre meist jungen und aufgeklärten vertreter mit diesem heiklen thema umgehen. :-)

mich interessiert dabei, wie weit sie sich verkaufen, um gerade mit so einer thematik umzugehen...frei und offen oder doch eher "publikumsfreundlich" :-)

simba, mich interessieren "menschen" und nicht die nationalität, die im pass steht; bitte nicht verwechseln!
wenn du aber der meinung bist, "topfdenken" zu entdecken :-)dann heule gerne...ich bin immer dankbar für entsprechende hinweise.


dirgni antwortete am 07.12.03 (12:54):

Hallo simba,

auch ich steige über die Adresse Seniorentreff.at ein. Aber nicht überall, wo at drauf steht, ist auch at drin. Ich habe aus den von Dir genannten Gründen schon öfters ST-Pausen eingelegt.

In diesem Fall denke ich, wurde ohne Absicht die erstbeste Meldung zitiert, die pilli "in den Kram paßte" (wie man bei uns sagen würde).


pilli antwortete am 07.12.03 (13:22):

neee...dirgni :-)

nicht die "erstbeste" sondern die "erstdeutlichste" info...

das gab den ausschlag bei meiner wahl. daß nun auch noch eine österreichische stimme sich hier erhob, datt nahm ich einfach als besonderes "zuckerl" an. dirgni, sicher ist auch dir mittlerweile bekanntgeworden "für pilli nur datt beste"...aber never das "erstbeste" lach. es hat genug leutz, die sich damit manchmal sogar lebenslang zufrieden geben. :-)die vollen termin-bücher der psycho-docs zeigen mir datt deutlich. (ich darf die rechnungen an die patienten für so ein "goldeselchen" schreiben):-)

und nun mach ich ett doch, für euch beide eine besondere listung von "at" links, die euch vielleicht die augen öffnen können, wie viele eurer landsleute durchaus sehr kritisch denken. ich darf doch annehmen, daß kritisches denken erwünscht ist?

dirgni, warum machst du pausen? ich las auch in "at" foren gleich gute auseinandersetzung wie hier :-) glaubst du wirklich "augen zu und durch" hilft weiter?

:-)


simba antwortete am 07.12.03 (13:32):

Nur her damit liebe Pilli - auch ich denke kritisch - aber ich hab eben immer das Gefühl den Grossteil meiner Landsleute vor euch beschützen zu müssen ;-)


dirgni antwortete am 07.12.03 (13:33):

neee ... pilli :-)

"für euch beide eine besondere listung von "at" links"
für mich braucht es das nicht. Ich folge gerne Anregungen aus dem Diskussionsforum, klicke mal und entscheide dann, ob ich es lesen möchte. Aber im allgemeinen hab ich meine Art zu surfen.

"glaubst du wirklich "augen zu und durch" hilft weiter?"
Kommt auf die Situation an, manchmal ja - wenn nötig. Wo nicht, dreh ich auch einfach um und wähle einen anderen Weg. Auch das kann sinnvoll sein.


pilli antwortete am 07.12.03 (14:27):

na klar doch Simba,

bissel geduld erbitt ich mir nur, ich schwelge gerade in deutsch-österreichischen "schokoladigen träumen" :-)plätzchen a la Sacher, marillengetränkte baisers und wiener-melange gefüllte buttertrüffel, ich liebe sie! :-)

zum zeitvertreib derweil:

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Populärer Darsteller im Nazi-Deutschland

Zum Anlass seines Geburtstages rückt neben seinen einstigen künstlerischen Triumphen auch wieder sein Verhalten während der NS-Zeit in den Blickpunkt. Nicht ohne Grund. Heesters war einer der populärsten Darsteller in Nazi-Deutschland, und einen erst spät bekannt gewordenen Besuch im KZ Dachau hatte er nie ausreichend erklären können.


"Man konnte in Wien viel lernen, aber nur wenig verdienen." Heesters übersiedelte also bewusst in das nationalsozialistische Deutschland. Heesters, der aufstrebende, gutaussehende Tenor aus Holland, kam für die Nazis genau zur rechten Zeit.

"Arbeit war verlogen"

Denn auch für die boomende NS-Filmindustrie war der Charmeur bald unersetzlich. Zwar hat Heesters bei keinem jener Streifen mitgewirkt, die echte ideologische Aufrüstung betrieben, doch dass selbst die scheinbar harmlosesten Unterhaltungsfilmchen vor allem der Ablenkung dienten, hat Heesters später selbst zugegeben: "Unsere Arbeit war die verlogenste, die es damals gab."

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:-)

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?S46522DB6


mart antwortete am 07.12.03 (14:40):

Nun, es ist schon eine m.E. gewollte Provokation, von den sehr vielen Seiten und Zeitungskommentaren mit kritischen Anmerkungen über Heesters Arrangement mit dem Nationalsozialismus diejenige auszuwählen, die die meisten und bösartigsten Seitenhiebe auf die unvollkommene Vergangenheitsbewältigung in Österreich enthält.

Nun wissen hoffentlich jetzt alle, denen es früher vielleicht entgangen ist, daß praktisch jeder Filmschauspieler, jeder im Filmgeschäft tätige, praktisch jeder Künstler ob er nun Karajan oder Furtwängler heißt oder Gründgens oder Wessely, der im 3. Reich tätig war bzw. tätig sein wollte, sich in irgendeiner Weise arrangieren mußte.

Wie die Betroffenen später diese Zeit darstellten, ist sehr interessant und sollte uns zum Nachdenken anregen. Auch das immer in Wechselwirkung damit stattfindende Echo in der Öffentlichkeit ist wert, intensiv behandelt zu werden.

Heesters war ein blinder Mitläufer dieses Regimes wie Millionen anderer Menschen auch, und konnte auch die vielen Jahre nach 45 keinen kritischen Abstand dazu gewinnen - wie Millionen anderer Menschen auch.

Ich glaube, Heesters 100. Geburtstag ist der falsche Aufhänger für eine Betrachtung, inwieweit sich Journalisten
"verkaufen" um "publikumswirksam" zu sein.


mart antwortete am 07.12.03 (16:43):

Und wie gefällt folgende Würdigung?

"fossile: ältester penis der welt entdeckt

"Amerikanische Wissenschaftler haben den bisher ältesten Penis der Welt entdeckt. Nein, es handelt sich nicht um Johannes Heesters - obwohl Schrumpelzustand und Faltenwurf eine gewisse Ähnlichkeit erkennen lassen. Der knittrige Operettenluschi Heesters jedoch lebt erst seit 100 Jahren und kann deshalb gar nicht mit dem sympathischen Penisbesitzer verwechselt werden: einem Muschelkrebs beziehungsweise dessen 425 Millionen Jahre alten Fossil, das von den Forschern in der englischen Grafschaft Hertfordshire freigelegt worden ist. Wie das Dödel-Fachmagazin Science am Donnerstag berichtete, bekam das fünf Zentimeter große Krebstier den Namen Colymbosathon ecplecticos - übersetzt: "Schwimmer mit großem Penis". Das Fossil gilt als wissenschaftliche Sensation, weil sich die Spezies trotz der Evolution in Jahrmillionen nicht verändert hat. "Diese Kerlchen sind völlig unbeeindruckt durch die Jahrmillionen getrottet", erklärte ein Forscher.

Womit wir wieder bei Johannes Heesters wären, dessen heutigen Geburtstag wir für die nächsten 425 Millionen Jahre vergessen."

taz Nr. 7226 vom 5.12.2003, Seite 20, 34 Zeilen (TAZ-Bericht)

Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2003/12/05/a0147.nf/text.ges,1


mart antwortete am 08.12.03 (17:19):

Nachdem niemand sonst seine Erinnerungen beschreiben will, hier eine aufschlußreiche von H.Karasek aus der Biographie von Jürgen Trimborn: "Der Herr im Frack. Johannes Heesters"


"Freilich hat der Autor (= Trimborn) beim Wettstreit um die devoteste Annäherung keine echte Chance gegen Hellmuth Karasek.

"In dessen Kindheitserinnerungen, die das Buch zusammen mit mühsam aufpolierten, aber politisch korrekten Mannesworten einleiten, reiht sich eine verbale Ausfallerscheinung an die nächste:

�Für mich avancierte er zum Ideal: ein strahlend schöner Mann, ein Bonvivant, ein Eroberer. Ja, ein Eroberer � aber einer weiblicher Herzen. Der Krieg, den er führte, wurde im Salon geschlagen, seine Waffen waren der Rosenstrauß und das Champagnerglas, in dem die Lebenslust perlte. Seine Waffen waren sein blendendes Aussehen, sein umwerfendes Lächeln, seine vollendeten Manieren und � seine bald hell strahlende, bald zart schmeichelnde Stimme. Er war ein Tenor, der auch noch gut aussah: (...).� Unglaublich?

Stimmt, aber trotzdem steht es da, und beschreibt ausdrücklich nicht nur die Eindrücke des kleinen Karasek, der immerhin noch nichts dafür konnte: �So sah es mein kindliches Gemüt, ich war um die zehn Jahre alt, und der Eindruck sollte sich als bleibend, als prägend herausstellen.�

So ist das eben mit den Legendenverehrungen und den Verkaufszahlen.

Internet-Tipp: https://www.titel-magazin.de/heesters.htm


simba antwortete am 08.12.03 (18:18):

Ich kann zwar nichts zum Heesters beitragen, sehr wohl aber zu den Verhältnissen damals, und es geht hier nicht um Schauspieler sondern um Bühnenautoren und Dichter - ist aber nicht uninteressant:
" Es war um Mitte der Dreissigerjahre. In Deutschland herrschte Hitler und herrschten die Rassegesetze, die sich auch auf den Theaterbetrieb des gesamsprachigen deutschen Raums verheerend auswirkten. Um in Deutschland aufgeführt zu werden, musste man der Reichskulturkammer angehören und um der Reichskulturkammer anzugehören, musste man reinrassiger Arier sein - ein unter Marton - Autoren nur sporadisch vertretener Menschenschlag. Infolgedessen wurde ( und nicht allein vom Verlag Marton) "getarnt". Es genügte jedoch keineswegs, die Stücke jüdischer Autoren nun etwa unter einem arisch klingenden Decknamen anzubieten. Vielmehr musste der Inhaber dieses Namens tatsächlich existieren und den "Ariernachweis" bringen, um in die Reichskulturkammer aufgenommen zu werden., die sowohl seinen bürgerlichen wie seinen Decknamen nach sorgfältiger Prüfung registrierte. Gegen entsprechendes Entgelt waren solche "Tarner" zumindest ausserhalb Deutschlands leicht zu haben, und manch ein Gevatter Handschuhmacher oder ein Magistratbeamter, der nie in seinem Leben eine Zeile geschrieben hatte, sah sich plötzlich in einen beifallumrauschten Dramatiker verwandelt. Im deutschen Volkstheater zu Wien - dessen Direktor Rolf Jahn für derlei Manöver besonders zugänglich war und daher den Ehrentitel "Tarnvater Jahn" trug - erschien der von Marton gemietete Tarner als Fleissaufgabe bei den Proben eines von ihm "getarnten Stücks" und begann sogar dreinzureden und nahm nach der Premiere inmitten der Hauptdarsteller den Applaus des Publikums entgegen...."
Gefunden habe ich diesen Absatz in dem Buch " Die Erben der Tante Jolesch" (Seite 32) von Friedrich Torberg - einem jüdischen Schriftsteller - also einer der die Verhältnisse sehr genau kannte - und der schrieb, dass sogar jüdische Autoren während dieser Zeit ihre Stücke aufführen liessen. Ich will Heesters weiss Gott nicht in Schutz nehmen - aber ich denke man müsste wohl alle Schaupieler im deutschen Sprachraum die während der Nazizeit Theater gespielt haben an den Pranger stellen - es sei denn , sie haben sich zu Kriegsende blitzschnell die Fronten gewechselt...