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THEMA:   Weihnachten - altmodisch, politisch...

 16 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 11.12.03 (22:13) mit folgendem Beitrag:

GEORG HERWEGH: Die kranke Lise

Weihnacht! die kranke Lise schreitet
Durchs Faubourg hin in banger Flucht,
Sie hat zu Haus kein Bett bereitet
Für ihres Leibes erste Frucht.
Wohl manches prunkt im Fürstensaale,
Den stolzer Kerzen Glanz erhellt -
Marsch, Lise, weiter, zum Spitale!
Dort kommt das Volk zur Welt.

"Mein armer Weber mag nur zetteln,
Sein Fleiß und Schweiß - was helfen sie?
Das Volk muß Sarg und Wiege betteln;
Allons, enfant de la patrie!
Kind, dem sie unter meinem Herzen
Die Lust am Leben schon vergällt,
Geduld, bis wir im Haus der Schmerzen!
Dort kommt das Volk zur Welt.

Sie feiern heut dem Gott der Armen,
Die reichen Herrn, ein Freudenfest;
Doch glaubt nicht, daß sich das Erbarmen
An ihrem Tische sehen läßt,
Daß je in ihre Festpokale
Der Schimmer einer Träne fällt -
Marsch, Lise, weiter, zum Spitale!
Dort kommt das Volk zur Welt.

Du machst mir wahrlich viel Beschwerden,
Der Liebe Kind, ich dacht es nie;
Das wird ein wilder Junge werden:
Allons, enfant de la patrie!
Für eurer Prinzen zarte Nerven
Ist Daun auf Daune hoch geschwellt;
Ich muß in einer Grube werfen -
So kommt das Volk zur Welt.

Kläng noch die Trommel unserm Ohre
Und wär noch eine Fahne rein:
Der Lappen einer Trikolore,
Er sollte deine Windel sein;
Du wärst getauft, eh seine Schale
Ein Pfaffe dir zu Häupten hält -
Marsch, Lise, weiter, zum Spitale!
Dort kommt das Volk zur Welt.

Wer wird so ungestüm sich melden?
Mein kleines Herz, was suchst du hie?
Nur noch zum Grabe jener Helden!
Allons, enfant de la patrie!
Dort seh ich in des Frührots Helle
Die Julisäule aufgestellt -"
Und niedersank sie auf der Schwelle: -
So kommt das Volk zur Welt!

Zuerst erschienen in der Sammlung "Gedichte eines Lebendigen" (1843 im "Ausland", in der Schweiz); entnommen: Georg Herwegh: Gedichte und Prosa, hrsg. v. Peter Hausbek. Stuttgart 1975: RUB 5341. S. 56ff.


mart antwortete am 12.12.03 (00:40):

Wandel der Wunschzettel in 50 Jahren

Wilhelm Dinauer

"Der Seppi schreibt im Jahr 1948 folgenden Wunschzettel:

"Liebes Christkind,bitte hilf meiner Mama, daß ihr Husten endlich besser wird, und ich hätte so ger-ne ein ganzes Sackerl voller Schusser, weil man mit denen auch im Winter in der Stub`n soviel spielen kann.Und wenn ich mir no was wünschen derf, dann möcht` i ganz gern wieda amoi zum Onkel Max nach Holzkirchen fahrn, weil der do a Metzgamoasta is und i so vui Würscht essen derf, wia i dazwing.Und zum Schluß hob i no oan Wunsch - sogt d`Mama - es waar schee, wennst du uns helfen kannst, daß der Babba endlich aus der russischen Kriegsgefangen-schaft hoam kemma derf.Vielen Dank liebes Christkind

"Weihnachten 1955:
Christina schreibt an das ChristkindIch wünsche mir ein Monopolyspiel und einen Hula-Huup-Reifen. Dann brau-che ich ein Paar neue feste Winterschuhe und einen warmen Mantel, weil ich aus dem alten drausgewachsen bin. Für den Sommer wäre es eine Riesenfreude, wenn ich ein Fahrrad bekäme, daß ich damit in die Schule fahren könnte.Und ein Paar Schlittschuhe würden mich sehr freuen. Es können auch gebrauch-te sein, weil ich aus den Schuhen doch wieder drauswachse.Natürlich wünsche ich mir auch was gutes zum Essen, - Schokoladenlebkuchen mag ich besonders gern.Jetzt hoffe ich, daß ich nicht zu viele Wünsche aufgeschrieben habe.Es muß ja nicht alles sein.In Dankbarkeit
Christina

"Weihnachten 1965
Thomas schreibt:Ich brauche einen tragbaren Plattenspieler (DUAL) mit Koffer und viele tolle Platten.Unbedingt muß ich eine neue Skiausrüstung mit Sicherheitsbindung haben, weil wir Ende Januar ins Skilager fahren.Auch meine Handschuhe und die Haub`n und der Anorak sind total veraltet.Für den Sommer wären ein Paar adidas-Fußballschuhe recht und ein Fernseh-fußball in schwarzweiß.Übrigens, für den Weg ins Gymnasium wäre ein Mofa auf die Dauer billiger als die Buskarte.Mein Lieblingswunsch ist eine Gitarre, aber keine so altmodische braune, son-dern eine moderne weiße mit Metallverzierungen drauf und dazu ein Verstärker. Das muß aber nicht sein.Euer Thomas

"Weihnachten 1975
Sabine schreibt noch eine GeschenklisteJede Menge Poster für mein Zimmer,einen japanischen Taschenrechner,eine Minox-Kleinbildkamera mit Filmen dazu,einen tüchtig ausgebleichten Jeansanzug aus der Boutique,einen Kassettenrecorder mit Kassetten,Langlaufski mit Zubehör,für den Sommer eine Tauchausrüstung, wenn wir wieder nach Italien fahren,ein Klapprad zum Mitnehmen im Auto,ein selbstklebendes Fotoalbum, es können aber auch mehrere sein.Bitte abhaken, was ihr mir kauft, und die Liste dann weitergeben an Oma und Tante.

"Christkindlbrief 2000
Hi, Christkindl!Host überhaupts no ebbs gscheits do,oder bin i z`spat mit`n faxen scho dro?An tollen Computer möchte i b`stelln.Und s`Internet derf aa net fehln,daß i surfen ko wohin i mog,in der Früah, bei der Nacht und den ganzen Tog!Mit oam vom Aldi brauchst net kemma,den konnst höchtens für d`Hause nehma.A Handy koost ma aa no bringa,aber des muaß fünf verschiedne Töne singa,a Mailbox brauch` i obendrei,i muaß ja allawei erreichbar sei.Wennst mi boid belieferst, waar net schlecht,a Woch vorm Fest, des waar ganz recht,weil i am Heilg`n Abend scho fliag,nachdem i sonst koan Plotz mehr kriag im Düsenjet mit Überschallder bringt mi zum Silvesterball.
Tschüs und Ciao, Dein Kare Huaber
Bring fei pünktlich alles zuawa!


iustitia antwortete am 12.12.03 (07:33):

@ mart - Dank für die schönen Texte.
*
Zu dem Herwegh-Gedicht habe ich noch, pardon, wenn nicht nötig, einige Anmerkungen:

Anmerkungen:

Faubourg: Vorstadt

Zetteln: am Webstuhl die in Längsrichtung verlaufenden Garnfäden eines Gewebes spannen

"Allons, enfant de la patrie": "Vorwärts, Kind des Vaterlandes". Von Herwegh abgewandelte erste Zeile der Marseillaise (Allons enfants de la patrie)

Julisäule: Säule auf dem Platz der Bastille in Paris zur Erinnerung an die Julirevolution von 1830.

"So kommt das Volk zur Welt!" Eine provozierendere Kontrafaktur zur Verheißung des Engels in Lk 2,12 kenne ich nicht. Auch viele "Kind"-Beschwörungen aus den Evangelien, vielen Gedichten und Liedern stehen hier im religiösen und historischen Hintergrund; wollen also mitgehört werden.
*
Herweghs Gedicht ist ein selten gedruckter Weihnachtstext; zuletzt fand ich es in "Wunderbare Weihnachtszeit". Hrsg. v. Adolf Haslinger. Salzburg/Wien 1991. Residenz Verlag. S. 96f.


schorsch antwortete am 16.12.03 (08:36):

Kästner, DER Grossmeister der Ironie und des Sarkasmus`!

Ich versuche, (m)einen bescheidenen Beitrag als Schlussvers hinzukriegen:

Morgen Kinder, wird's nichts geben!
Singt mein Lied und denkt daran:
Lernen tut ihr für das Leben
und den Tod auch dann und wann!
Seid euch immer eingedenk:
Auch ein Rat ist ein Geschenk!

In diesem Sinne: Fröhliches Geschenke auspacken.....


pilli antwortete am 16.12.03 (10:16):

Ratschläge für Seltengänger

Am Heiligen Abend wird der eine oder andere in die Kirche gehen wollen, und es wird für die meisten von uns das einzige Mal in diesem Jahr sein, dass sie ein Gotteshaus betreten. Einige hilfreiche Hinweise mögen deshalb nicht schaden.

Seltengänger tun zunächst einmal gut daran, sich vor dem Kirchgang die passende Bekleidung herauszulegen. Den Damen sei geraten, weder zu kurz noch schulterfrei zu tragen. Warm, aber unauffällig sei angemessen.

Seltengänger beiderlei Geschlechts sollten sich sinnvollerweise vor dem Kirchgang mittels einer kleinen Mahlzeit eine gewisse Grundlage verschaffen, da Kirchen in der Regel keine Restaurationsbetriebe sind und auch kleinere Imbisse nicht gereicht werden. Selbst Süßigkeiten - Eiscreme oder Mon Cherie - stehen nicht zu Disposition. Auch der Verzehr mitgebrachten Knabberwerks ist in Kirchen eher unerwünscht.

So gestärkt macht sich der Seltengänger auf den Weg. Er erkennt sein Ziel vor allem daran, dass statt der üblichen Reklamebeschriftung ein bis zwei von weitem sichtbare Türme Attraktion signalisieren.

Wir schreiten nun durch das Eingangsportal und sind zunächst überrascht von der ungeheuren Höhe des Raumes. Dies hat freilich nichts zu besagen: Dort oben spielt sich auch im weiteren Verlauf des Abends nichts ab.

Der irritiert schweifende Blick des Seltengängers wird nun vergeblich nach einer Platzanweiserin suchen - zumal der Besuch der Veranstaltung kostenlos ist und also Eintritts- oder Platzkarten nicht ausgegeben werden. Man wird sich demnach - ohne freilich zu rennen oder zu schubsen - einen Platz auf einer der aufgestellten Bänke zu erobern haben.

Nun wird, entgegen den Erwartungen des Seltengängers, weder das Licht verlöschen noch die Werbung beginnen. Vielmehr erheben sich die Versammelten zur Begrüßung eines Mannes, der im Vordergrund des Raumes die weitere Gestaltung des Abends übernehmen wird.

Bei gelegentlichen gemeinsamen Gesängen sei dem Seltengänger geraten, weder lauthals ihm unbekannte Lieder zu improvisieren, noch bei rhythmischen Stellen in das beliebte Schunkeln zu verfallen, etwa mit Hilfe untergehakter Nachbarn.

Im Falle von zu absolvierenden Gebeten empfiehlt sich dem Seltengänger ein gesenkter Blick und das Verschränken der Finger. Und zwar verschränkt man seine Finger nicht in die der Nebenstehenden, sondern in die eigenen. Eine kleine Hilfestellung: in fehlerfrier Haltung betet der Seltengänger, wenn er bei diesem Ritual seine Hände etwa so hält, als ob er er seinen Wellensittich erwürgen wollte.

Im weiteren Verlauf des Abends wird der Solist im Vordergrund einen erhöhten Platz erklimmen, um von dort aus eine Rede zu halten. Da darf nun, am heutigen Abend, mit der Weihnachtsgeschichte gerechnet werden.

Hier scheint ein kleiner Hinweis für Seltengänger angebracht: Bei dem Kind, das in diesem Zusammenhang Erwähnung finden wird, handelt es sich um die gleiche Person, die wir im Vordergrund des Raumes unschwer als einen ans Kreuz genagelten Herrn erkennen können. Dies nur, damit Sie auch das Ende der ganzen Geschichte kennen, von dem heute abend freilich nicht die Rede sein wird.

fortsetzung:


pilli antwortete am 16.12.03 (10:17):

Der Mann auf der Kanzel wird im übrigen einige mehr oder weniger temperatmentvolle Appelle an das allgemeine Wohlverhalten der Anwesenden richten. Solche rhetorischen Höhepunkte sollen schweigend zur Kenntnis genommen und nicht mit Ausrufen wie "Bravo, der Mann!", "Weiter so!" oder "Hört, hört!" kommentiert werden. Von Applaus oder gar Pfiffen ist generell abzusehen.

Prinzipiell gilt: der Selten- verhält sich wie der Ständiggänger passiv; unabhängig von der Dauer der Festrede.

Auch musikalische Zuspielungen sollen keineswegs mit Rufen wie "Give it to me!" oder "Lauter!" gestört werden, da es sich hierbei um Live-Musik handelt, welche an der Rückwand des Raumes auf einem ugnewöhnlich umfangreichen Instrument namens Orgel hergestellt wird.

Zwischendurch soll weder geraucht noch gar frühzeitig gegangen werden. Gegen Ende der Veranstaltung bekommen Sie von Ihrem Nachbarn einen Beutel voller Geld überreicht. Überschwenglicher Dank ist unangebracht. Sie sollen lediglich Ihrerseits Geld in diesen Beutel hinein-, auf jeden Fall nicht aus ihm heraustun, und das Gerät schweigend weiterreichen.

Auch beim letzten gemeinsamen Aufstehen wird dann nicht die Nationalhymne zu Gehör gebracht, sondern ein kleines Abschiedslied geistlicher Natur intoniert, an dessen Ende Sie sich gemessenen Schrittes aus der Kirche zu entfernen haben.

Der Rest des Heiligen Abends schließlich ist dem Seltengänger wieder zur freien Gestaltung überlassen, wobei ihm das eben Erfahrene Richtschnur sein mag, oder auch eher nicht.


von: Robert Gernhardt/Bernd Eilert/Peter Knorr

Quelle: "Es ist ein Has' entsprungen" und andere Geschichten zum Fest, Haffmanns Verlag Zürich.
(amazon)
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:-)


iustitia antwortete am 16.12.03 (11:28):

Als Seltengänger werde ich mich der Krippe "für Kinder" nähern - und darüber sinnieren, dass keiner von der jüngeren Generation mehr meine Rente finanzieren will.
Und dann kommen die drei Könige, mit ihrem Geprunke. Aber ich weiß: ein Überfall - auf vorgetäuschtes Gold, Weihrauch und Myrrhe - in der Kirche fällt nicht auf. (Man fragt sich natürlich, wo die "Werte" geblieben sind; sind ihnen wahrscheinlich bei der Einreise in die Schweiz, äh, Ägypten, abgenommen worden; Zoll wg. unvollständiger Papiere. Oder ging damals schon alles als Gabe an den Heiligen Vater?)
Gloria in excelsis deo - ergo FRIEDEN - wenn man nicht die Monstranz aus dem Tabernakel holt und coram publico der Seltengänger fragt, wem denn das Gold abgepresst worden ist, für das Versprechen eines Plätzchens im Himmel.)


pilli antwortete am 16.12.03 (12:15):

Eine Legende

Es begab sich einmal, als der liebe Gott wieder über die Erde wandelte, dass es dunkel wurde und er am Hause eines reichen Mannes anklopfte und um ein Nachtlager bat.

Der reiche Mann erkannte nicht, wer da vor ihm stand, und er antwortete: "Tritt herein, unbekannter Fremder, das ist wohlgetan, dass du bei mir anklopfest. Gleich werde ich dir das schönste Bett im ganzen Hause herrichten lassen. Darf ich dich in der Zwischenzeit mit feinem Backwerk und köstlichen Weinen bewirten?"

Da gab sich der liebe Gott zu erkennen und sprach erfreut: "Dein Angebot ist sehr freundlich, reicher Mann. Die letzten Male, als ich über die Erde wandelte, musste ich nämlich immer beim armen Mann absteigen. Und das hat es mir, ehrlich gestanden, gar nicht gefallen. Bei dem war alles - unter uns gesagt - erschreckend ärmlich."

Nach diesen Worten aber schmausten und tranken die beiden nach Herzenslust, und es wurde noch ein richtig netter Abend.

von: Robert Gernhardt/Peter Knorr

gleiche quelle wie o.a.

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:-)


schorsch antwortete am 16.12.03 (18:16):

Schmunzel - und gleich eine kleine Geschichte als Illustration dazu:

Vor etwa zwei Wochen besuchte ich wieder mal das Lokal, das in unserer Gemeinde als Ref. Kirchgemeindesaal bekannt ist. Als Attraktion war ein Jugendchor angesagt worden, der von einem mir bekannten jungen Mann am Klavier begleitet werde. Die Neugierde, was dieser junge Mann zu bieten habe (ich kenne ihn schon seit der Zeit, als er als schwarzes Findelkind von einem kinderlosen Ehepaar hier adoptiert wurde). Der Jugendchor ist aus Jugendlichen verschiedener Konfessionen zusammen gewürfelt.
Als der Chor nun das erste Lied gesungen hatte, klatschte ich spontan und wurde dabei zögerlich vom Publikum unterstützt. Die Jugendlichen verbeugten sich dankend.
Dann begrüsste uns der hiesige Pfarrer. Er bat uns, den Applaus bis zum Ende aufzusparen.
Leider war dann nicht ersichtlich, wann dieses Ende war.......

Ich aber frage mich: Warum können wir Christen hier nicht einfach so spontan mitmachen und klatschen, wie es z.B. die Abkömmlinge der Sklaven in Amerika und Afrika tun? Haben wir vielleicht Angst, Gott zu erzürnen, wenn wir in "seinem" Haus uns als Kirchgänger anders als flüsternd und singend bemerkbar machen?


iustitia antwortete am 16.12.03 (20:59):

Ja, schorsch -

Beifall in der Kirche ist immer noch ein Problem. Ich gehe nur noch in eine, wo ich auch - im 21. Jh. - in meiner Sprache und mit allgemein üblicher Ansprache "angeredet" werde.
Wo ein Ritual zelebriert wird, das niemanden und nichts von hier und heute akzeptiert, fühl ich gelangweilt und ungehörig behandelt.
Für orthodoxe, "leblose" Pfarrer ist der Beifall ja ein Test - und sie haben Angst, dass der Beifall bei ihnen spärlich ausfällt, wenn ein anderer "Mann" mehr Gefallen und Anerkennung findet.
Das ist wie bei Lehrern, die keine Individualität zulassen, weil sie dann schlecht abschneiden könnten.


mart antwortete am 16.12.03 (21:07):

Shocked and not amused: Alme mater Rom

�Die amerikanische Hiphop-Sängerin Lauryn Hill hat den Vatikan mit einem Appell gegen Pädophilie geschockt, den sie am Samstagabend bei dem traditionellen Weihnachtskonzert in dem Saal Paul VI verlesen hat. Vor ihrem Auftritt vor 7.500 Zuschauern, darunter mehrere Kardinäle und Bischöfe, verlas die mehrfache Grammy-Gewinnerin einen selbst geschriebenen Text gegen die Plage der pädophilen Priester in der katholischen Kirche, der die Anwesenden zutiefst entrüstete...


Publikum geschockt

"Meine Worte werden einige von Ihnen verletzen. Was soll man aber von jenen Familien sagen, die von den Menschen verraten wurden, an die sie glaubten? Was kann man über jene im Körper und im Geist missbrauchten Kinder sagen?", fragte die Künstlerin vor dem versteinerten Publikum. "Der Fehler, den wir machen, ist zu heucheln, dabei sollte man zu Gott beten. Ich glaube nicht an die Vertreter Gottes auf Erden. Ich glaube nur an Gott. Die Menschen sündigen", betonte die Sängerin.

"Ich ehre und liebe Gott"

Ihre Worte lösten entrüstete Reaktionen aus. Einige Kardinäle verließen aus Protest den Saal. Cristina Parodi, Moderatorin des Abends, der vom privaten TV-Kanal Canale 5 hätte übertragen werden sollen, entschuldigte sich bei den Anwesenden. Canale 5, im Besitz des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi, wird sehr wahrscheinlich bei der Übertragung des Konzerts Hills Appell auslassen. Dabei hatte der Vatikan keine Zweifel gehabt, die bekennende Katholikin Hill zum Weihnachtskonzert einzuladen. Im Leben des US-Stars, die mit Bob Marleys Sohn Rohan Marley verheiratet ist, spielt der Glaube an Gott eine wichtige Rolle. "Ich ehre und liebe Gott. Er ist mit allem verbunden, was ich tue", sagte Hill kürzlich. Für ihr erstes Solo-Album "The Miseducation of Lauryn Hill" erhielt sie fünf Grammys, so viele wie keine Frau vor ihr. Als Sängerin wurde Lauryn Hill 1993 mit der Rap-Band Fugees bekannt.

"Hills Verhalten war einfach verwerflich. Statt zu singen, hat sie eine Rede gehalten. Sie hat das Vertrauen der Personen verraten, die sie eingeladen hatten. Ihre Ungezogenheit ist offensichtlich", kommentierte Bischof Rino Fisichella, der das Konzert organisiert hatte. Er beschuldigte die Sängerin, den Zuschauern die Weihnachtsstimmung ruiniert zu haben�

Internet-Tipp: https://kurier.at/kultur/473381.php


pilli antwortete am 16.12.03 (23:55):

liebe mart,

es geschehen wirklich noch zeichen und wunder...

solange es menschen gibt, die mutig und selbstbewusst anstelle von zuckerzeug-larifari nachdenkliches anbieten, erhellt hoffnung die vorweihnachtlich geprägte zeit.

wenn gott so manchem seiner vertreter auf erden begegnen würde, ob er noch glauben könnte?


schorsch antwortete am 17.12.03 (10:06):

Merke: KünstlerInnen sollen uns gefälligst unterhalten, nicht uns den Spiegel vorhalten....


mart antwortete am 17.12.03 (10:31):

Ob Brecht damit einverstanden wäre. Und wie es mit dem Theater als "moralische Anstalt"?

Aber Jesus würde, wenn er heute wiederkäme, sicher wieder gekreuzigt werden (wahrscheinlich in einer Irrenanstalt verschwinden) - das ist aber nicht die neueste Erkenntnis.


iustitia antwortete am 17.12.03 (21:52):

Ja, Schiller hat das Theater als "moralische Anstalt" betrachet und begründet; und ist in den Formulierungen zu oder über Religion bis an die Grenze des damals Möglichen gegangen.
Goethe hat viel deutlicher den katholischen "Christus" kritisiert, als kirchenpolitische Fiktion.
Das Beispiel der Sängerin Hill ist schon toll! So etwas hat schon lange kein Mann (als Vor-Sänger) mehr geleistet. Bei meinen Kindern merke ich aber, dass solche Protest-Wahrheiten schon lange nicht mehr "ankommen"; so was ist "überholt..." für die Jungen.
Aber für die TV-Sendung zu Weihnachten, wenn der Papst sich das anschaut, ist das dann - wunderbarerweise auf Kosten des "Friedens" - rausgeschnitten; wetten...?


iustitia antwortete am 18.12.03 (11:23):

ACHTUNG: MAXIMALE TEXTLAENGE VON ETWA 500 WOERTERN UEBERSCHRITTEN! GEHEN SIE ZUM KUERZEN ZURUECK ACHTUNG: MAXIMALE TEXTLAENGE VON ETWA 500 WOERTERN UEBERSCHRITTEN! GEHEN SIE ZUM KUERZEN ZURUECK