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THEMA:   Ein Schulsatire aus dem Jahre 1975

 3 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 21.01.04 (14:46) mit folgendem Beitrag:

Aus dem Jahre 1975 - garantiert...!
Aber: W e r schrieb diesen Text? Ach, der Titel? Ja, den will ich wohl verraten: "Wie der Ochs vorm Berge"

Deutschlands Mittelgebirge haben Zuwachs bekommen. Neben dem Butterberg, dem Rinderberg und dem Berg der Beschwerdebriefe, die täglich von verzweifelten Eltern wegen des unzureichenden Schulunterrichts geschrieben, wegen der hohen Portosätze der verschuldeten Bundespost aber nicht abgeschickt werden - neben diesen stattlichen Bergen erhebt ein neuer sein nicht minder stattliches Haupt, der Lehrerberg.
Er wächst noch, berichten professionelle Bergsteiger, macht aber heute schon einen vielversprechenden Eindruck.
Was er den Eltern verspricht, sind endlich kleine Klassen, in denen Kinder leichter und vielleicht sogar gerne lernen. Er verspricht Lehrer, die ihre Schüler beim Namen kennen und Zeit haben, sich um jeden einzelnen zu kümmern, an-statt in ihnen nur frühpubertierende Nasenbohrer zu sehen, die die Schule nur besuchen, um sie, die Lehrer, zum Wahn-sinn zu treiben. Auch verspricht der Lehrerberg so etwas wie wetteifernde Konkurrenz unter den Lehrern; das heißt, es könnten einige von ihnen auf den Gedanken kommen, sich im Unterricht Mühe zu geben, weil nach dem Leistungs-prinzip, dem die Schüler unterworfen sind, endlich auch die Lehrer beurteilt werden.
Der Lehrerberg verspricht ein Ende zu machen mit den Stunden, die ausfallen, weil ein Lehrer krank ist; ein Ende mit dem stumpfsinnigen Lehrbetrieb, in dem Schüler mit
Wissen vollgestopft werden auf eine Art, die mit den Lege-batterien der Hühnerfarmen vergleichbar ist: Oben Schil-lers Glocke rein, unten eine Zensur raus - Hoffnung aufs Abitur, nur wenn man auswendig gelernt hat, aber keine Chance, wenn man stottert.
All dies verspricht der Lehrerberg. Doch wenn das Ver-sprechen wahr werden soll, müßten sich unsere Schüler in weit größerem Maße als bisher aus Angst vor Zeugnissen umbringen. Denn die vielen Lehrer sind nicht überzählig, weil es zu viele davon gibt, sie sind überzählig, weil es für sie zu wenig Stellen gibt. Und die gibt es nicht, weil der Staat sparen muß. Wo aber spart er am bequemsten? An der Bildung der heranwachsenden Staatsbürger. Denn eine Demokratie braucht auch Dumme.
Wer würde sonst Politiker wählen, die sich voller Stolz als christlich oder als sozial bezeichnen, die stolz darauf sind, daß wir die stärkste Armee, die stabilste Währung, die reichste Industrie und die längsten Autobahnen haben, aber das armseligste Bildungswesen aller zivilisierten Industrienationen - wer außer den Dummen wird solche Fehlbesetzungen auf die Dauer wählen wollen?
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Gesucht: Der Autor, die Autorin..!


iustitia antwortete am 23.01.04 (19:12):

Der kritische und witzige Schreiber war Wolfram Siebeck...

Ja, der war vor mehr als 20 Jahren ein lesbarer Autor. Seit er mit Kochdeckeln tappert und mit algerischen Buschböhnchen, gekauft im Pariser Sowieso-Markt, und seine Eitelkeit frittiert, ist er mir so was von egal.
Aber ich wünsche ihm keinen Zungenkrebs.
Nur: Warum er so viel gelesen und nach-gekocht und gekauft wird, dass er mit dem Luxus seinen Bedarf bestreiten kann - keine Ahnung, was daran sinnvoll ist.
Er gehört - geistesgeschichtlich - in die Endzeit des Römischen Imperiums. Die hatte damals - um 100 - 120 - schon alles: feinste Küchen, schönste Laster, Brot und Spiele, Anorexie... - also Werteverluste derer, die angaben, die Werte zu verkörpern.


Medea. antwortete am 23.01.04 (20:42):

Wolfram Siebeck kenne ich tatsächlich nur durch seine Rezepte - exellent, aber leider etwas umständlich und aufwendig. Hier das klassische Rezept "Coq au Vin":
er schreibt Rotwein vor, und zwar einen Chambertin. Allerdings glaubt er, daß auch ein Huhn in einem normal guten roten Burgunder schmecken könnte. :-))

Für 4 Personen
1 großes, zerteiltes und enthäutetes Huhn, 120 g mageren, geräucherten Speck, in schmale ca. 2 cm lange Streifen geschnitten, 200 g frische, halbierte oder geviertelte Champignons, 25 Perlzwiebeln, 1 großes Glas Cognac, 1 Flasche roten Burgunder, Butterschmalz, 1 Knoblauchzehe, schwarzen Pfeffer, 1 Lorbeerblatt, 1/2 TL getrockneten Thymian, Muskat, 1 Prise getrockneten Rosmarin

Zunächst die Champignonss in Butter anbraten, würzen und beiseite stellen.
Die Speckstücke in heißem Butterschmalz anrösten, die Zwiebeln dazugeben und bräunen.
Alles herausnehmen und in dem Bratenfett die Hühnerstücke golgelb anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen und zum Schluß die feingehackte Knoblauchzehe dazugeben.
Mit dem Cognac flambieren.
Die Hühnerstücke in einen Bratentopf geben, Zwiebeln, Speck, Thymian, Rosmarin, Lorbeerblatt und die Chamgignon dazu und mit 1 Prise Muskat würzen. Den Rotwein darüber und zugedeckt auf kleiner Flamme garen lassen. Soße durch Einkochen reduzieren und stückchenweise Butter mit dem Schneebesen einschlagen.
Zu dem Gericht trinkt man den gleichen Rotwein,, mit dem das Huhn gekocht wurde. Guten Appetit

(entnommen aus Wolfram Siebecks "Kochschule für Anspruchsvolle", Nymphenburger Verlag)


info antwortete am 23.01.04 (20:59):

Doppeleintrag gelöscht