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THEMA:   Ein melodramatisches Seniorengedicht

 10 Antwort(en).

Joan begann die Diskussion am 19.06.04 (16:20) :

Ich genehmige mir, hier ein Gedicht von einem "unbekannten"`Verfasser in den Raum zu stellen,das vielleicht manchem von Euch den Rausch einer atemlosen Vergangenheit wieder spürbar macht.

Auf vergessenen Wiesen,

Auf weiten,vergessenen Wiesen rennen
und barfuss laufen zum See
und Schilfgras zwischen die Lippen klemmen
und Honig saugen vom Klee

und trunken werden von Blütendüften
und bäuchlings fallen ins Gras
und Sumpf durchwaten bis an die Hüften
und Froschlaich sammeln im Glas

und Bussardschreie und Horste kennen
und Biberdämme besehn
und einzeln die Bäume beim Namen nennen
und ihre Sprache verstehn

und querfeld reiten auf sattellosen
und warmen Pferden im Wind
und toll vor Lust einen Schrei ausstossen
und horchen,ob Echos sind

und Röcke am Dornengestrüpp zerreissen
und Haut zerkratzen dabei -
in ungewaschene Äpfel beissen
Vorbei.


schorsch antwortete am 20.06.04 (10:19):

in ungewaschene Äpfel beissen
Vorbei.

Vorbei?

Kukident machts möglich.....!


Joan antwortete am 20.06.04 (13:15):

Dank,Schorsch,für lakonische Bemerkung.Doch mit. "Genuss" wird`s halt seltener


Ursula antwortete am 20.06.04 (13:51):

Hier ein "Seniorengedicht" von Theodor Fontane:

Ja, das möcht ich noch erleben
(entstanden 1890; Erstdruck 1891)

Eigentlich ist mir alles gleich,
Der eine wird arm, der andre wird reich,
Aber mit Bismarck - was wird das noch geben?
Das mit Bismarck, das möcht' ich noch erleben.

Eigentlich ist alles soso,
Heute traurig, morgen froh,
Frühling, Sommer, Herbst und Winter,
Ach, es ist nicht viel dahinter.

Aber mein Enkel, so viel ist richtig,
Wird mit nächstem vorschulpflichtig,
Und in etwa vierzehn Tagen
Wird er eine Mappe tragen,
Löschblätter will ich ins Heft ihm kleben -
Ja, das möcht' ich noch erleben.

Eigentlich ist alles nichts,
Heute hält's, und morgen bricht's,
Hin stirbt alles, ganz geringe
Wird der Wert der ird'schen Dinge;
Doch wie tief herabgestimmt
Auch das Wünschen Abschied nimmt,
Immer klingt es noch daneben:
Ja, das möcht' ich noch erleben.


juergenschmidb antwortete am 20.06.04 (15:51):

Was reimt sich alles auf Senioren,
Wie Neugeboren und Verloren,
Von Jenseitsnähe auserkoren,
Ach ja, auch griechische Koren,
Die gibt es oben in Athen,
Ein jeder hat sie schon gesehn.
Auch trifft man sie in vielen Foren,
Manch einer fühlt sich oft wie Neugeboren,
Wenn er so richtig klönen kann,
Da lacht er, ja da bleibt er dran.
Oft sind Senioren auch die Mooren,
Die ihre Schuld getan, und Ohren
Dieser hörn's nicht gern.
So manches könnte man entbehr'n
Auch dies Geschwafel hier von mir,
Ist alles, nur nicht Elexier.
Drum schweig ich nun, denn ich will üben,
Denn Schweigen muss ich ja auch ...


wanda antwortete am 20.06.04 (17:28):

@Joan, kann man nicht das letzte Wort vielleicht ersetzen - z. B. in "und glücklich sein".

ein wunderschönes Gedicht - danke !


iustitia antwortete am 21.06.04 (08:31):

Ja, schön, prima - herrliche Metaphern, in die man sich einschwingen kann - wenn man/frau noch sich der Lebensslut anvertrauen mag.


lia1 antwortete am 22.06.04 (17:23):

Hallo, von mir ein Beitrag von keinem großen Dichter.
Für alle, die vor 1945 geboren sind.
Wir wurden vor der Erfindung des Fernsehens,des Penicillins, der Schluckimpfung,der Tiefkühlkost geboren und kannte Kontaktlinsen,Xerox und die Pille noch nicht.
Wir kauften Mehl und Zucker noch in Tüten und nicht in Geschenkpackungen.
Wir waren schon da,bevor es Radar, Kreditkarten, Telefax,die Kernspaltung, Laser und Kugelschreiber gab.
Es gab noch keinen Geschirrspüler, Klimaanlagen,Lastminute-Flüge und der Mensch war auch noch nicht auf dem Mond gelandet.
Wir haben erst geheiratet und dann zusammengelebt. In unserer Zeit waren Bunnies noch kleine Kaninchen,Kids kleine Zicklein und Käfer keine Autos.
Wir dachten nicht daran, daß der Wienerwald etwas mit gebratenen Hähnchen zu tun hätte und Arbneitslosigkeit war
eine Drohung und kein Versicherungsfall.
Wir waren da bevor es den Hausmann, Pampers, Aussteiger und computergesteuerte Heiratsvermittlungen gab.
Zu unserer Zeit gab es keine Gruppentherapie Sonnenstudios, das Kindererziehungsjahr für Väter und Zweitwagen.
Wir haben damals niemals UKW aus Transistorradios, Musik vom Tonband oder die New Yorker Symphoniker via Satellit gehört.
Es gab auch keine elektronische Schreibmaschinen, künstliche Herzen, Joghurt und Jungens , die Ohrringe trugen.
Die Worte Software, für alles, was man beim, Computer nicht anfassen und Non-Food für alles ,was man nicht essen und trinken kann,waren noch nicht erfunden.
In dieser Zeit hieß made in japan billiger Schund und wir hatten auch noch nie etwas von Pizzas, MacDonalds und Instant Kaffee gehört.
Wir liefen schon auf der Straße herum, als man für 5 Pfennige ein Eis, einen Beutel Studentenfutter oder eine Flasche Klickerwasser kaufen konnte.
Wir haben Briefe mit 6-Pfennigmarken frankiert und konnten für 10 Pfennige mit der Straßenbahn von einem Ende der Stadt bis zum anderen fahren.
Wir sind auch die letzte Generation, die so dumm war zu glauben,daß eine Frau einen Mann heiraten muß,um ein Baby zu bekommen.
Wir mußten fast alles selber tun und mit dem auskommen was wir hatten. Und Bock mußten wir immer haben.
Diese ganze Entwicklung haben wir über uns ergehen lassen müssen.
Aber wir haben es überlebt. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.
Na denn !


ricardo antwortete am 22.06.04 (23:54):

Also ich bin Jahrgang 28 und muß sagen, daß Ich das ganz anders sehe.
Ich bin froh die damalige Zeit überlebt zu haben und erfreue mich der heutigen mit ihrem herrlichen Komfort sehr.
Also umgekehrt wird ein Schuh draus.


Heidelinde antwortete am 25.06.04 (12:39):

Hallo Joan,
einfach schön Dein eingesandtes Gedicht!

Lieben Gruß
Heidelinde


Joan antwortete am 28.06.04 (17:37):

Na denn-liebe Lia1,die interessante Aufzählung darf nicht ohne anerkennende Reaktion bleiben--sie wäre noch zu ergänzen durch z.B. einklappbare Taxirücksitze,Schulgeldzahlungen,übliche Strassen-Hupkonzerte ,Hauspersonal für 30-40 Mark Monatsgeld ,Aussteuerforderung ,Rechte des Ehemannes,über das Vermögen der Frau zu verfüge4n und vieles mehr.
Und das "Seniorengedicht" war gar keins,war eines über Kindheit in den Masuren.Mit dem Titel oben hab ich es,
neugierig auf Reaktion,absichtlich "abgewertet".Heidelinde ,danke,dass Du es anders sahst.