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THEMA:   Schwulst und Phrase

 16 Antwort(en).

frieder begann die Diskussion am 14.07.04 (20:51) :

Hier im ST kann man Texte finden, die ganz locker daher plaudern, schlicht, klar und für jedermann verständlich. Aber es gibt auch
schwulstige oder gar phrasische Redewendungen.
Ich möchte nicht den Oberlehrer spielen, könnte ich auch gar nicht.
Und doch möchte ich sie gerne einladen, die folgende umständliche Ausdrucksweise in ein �schlichtes Deutsch� zu übertragen.
Ich habe es versucht, es war schwierig. Versuchen Sie es auch?

Protokoll aus einer Sitzung eines Vereins:
�Nachdem über die grundsätzliche Seite der Errichtung eines Ehrenmals in unserer Stadt bei allen Beteiligten hinreichende Übereinstimmung besteht, und zwar in positiven Sinne, dürfte es nunmehr unsere Aufgabe sein, der bedeutsamen Frage des in Betracht kommenden Standortes unsere besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.�

Gruß Frieder


wanda antwortete am 14.07.04 (21:00):

alle Beteiligten sind für die Errichtung eines Ehrenmals in unserer Stadt. Nun sollte noch über den Standort diskutiert werden.


hugo1 antwortete am 14.07.04 (21:07):

ohh frieder,,,,,sowas lieb ich,,,,könnte glatt von mir sein *g*
am schönsten ist,s , wenn nach dem dritten Halbsatz und einigen Zwischensätzen noch vor der fünften Zeile, in welcher sich der Verfasser mit einigen Nebengedanken abmüht, leicht vom eigentlichem Thema abgewichen und auf einige Ersatzgedanken zurückgegriffen wird, zumal dann der hervorragende Eindruck entsteht, es handelt sich hierbei um eine oder mehrere brauchbare, auf das eigentlich focussierende Zugeschnittene, obwohl da schon fast Keiner mehr die anfängliche Ausgangssituation im Auge haben dürfte,,,,,,usw. usf etc. pp. itd. *g*


schorsch antwortete am 14.07.04 (21:38):

@ frieder: "...Hier im ST kann man Texte finden, die ganz locker daher plaudern, schlicht, klar und für jedermann verständlich. Aber es gibt auch schwulstige oder gar phrasische Redewendungen...."

...und dann gibt es noch Sätze, die nicht eindeutig sind. Oder ist es vielleicht eindeutig, ob nun mit obigem Satz "Aber es gibt auch schwulstige oder gar phrasische Redewendungen...." nicht solche im ST gemeint sind?


frieder antwortete am 15.07.04 (10:57):

An Wanda. Deine Antwort ist klar und kurz. Einfach gelungen.
An Hugo1. Prima, Schwulst hoch drei.
An Schorsch: Die Antwort muß sich jeder selbst geben. Doch ich und sicherlich auch Du wirst ja sagen.

Doch was ist eine Phrase. Wer könnte mir da ein Beispiel anführen?
Gruß Frieder


Zacharias antwortete am 15.07.04 (14:40):

Errichtung Ehrenmal? Ja.
Wo?


iustitia antwortete am 15.07.04 (20:10):

Phrase? Phrasen?? Wer redete so? Wann? Warum?

Die nationalistische Revolution bringt die völlige Umwälzung unseres deutschen Daseins. An euch ist es, in diesem Geschehen die immer Drängenden und Bereiten, die immer Zähen und Wachenden zu bleiben. Euer Wissenwollen sucht das Wesentliche, Einfache und Große zu erfahren.
Euch verlangt, dem Nächstbedrängenden und Weitestverpflichtenden ausgesetzt zu werden.
Seid hart und echt in eurem Fordern.
Bleibt klar und sicher in der Ablehnung.
Verkehrt das errungene Wissen nicht zum eitlen Selbstbesitz. Verwahrt es als den notwendigen Urbesitz des führerischen Menschen in den völkischen Berufen des Staates. Ihr könnt nicht mehr die nur �Hörenden� sein. Ihr seid verpflichtet zum Mitwissen und Mithandeln an der Schaffung der künftigen hohen Schule des deutschen Geistes. Jeder muß jede Begabung und Bevorzugung erst bewähren und ins Recht setzen. Das geschieht durch die Macht des kämpferischen Einsatzes im Ringen des ganzen Volkes und sich selbst.
Täglich und stündlich festige sich die Treue des Gefolgschaftswillens. Unaufhörlich wachse euch der Mut zum Opfer für die Rettung des Wesens und für die Erhöhung der innersten Kraft unseres Volkes in seinem Staat.
Nicht Lehrsätze und �Ideen� seien die Regeln eures Seins.
Der Führer selbst und allein ist die heutige und die künftige deutsche Wirklichkeit und ihr Gesetz.
Lernet immer tiefer zu wissen: Von nun anfordert jedwedes Ding Entscheidung und alles Tun Verantwortung.


iustitia antwortete am 17.07.04 (17:33):

"Heil Hitler! Martin Heidegger, Rektor"
- so unterzeichnete dieser Mensch diesen Text im Druck, nachdem er ihn als Rede vorgetragen hatte: Martin Heidegger: Aufruf an die deutschen Studenten
*
Der Philosoph und Freiburger Universitätsdirektor rief 1933 die Studenten dazu auf, in absoluter Treue und Gehorsam Adolf Hitler, dem Führer, zu folgen.
Dieser Text ist eine Paradeform von Verlogenheit, Schwulst - und, das mus ich zugeben, rhetorisch wirkungsvoll extremer Gestaltung; kurze Sätze! Behauptungen! Befehle! Keine Erklärungen! Alles ist bekannt! Wird vorausgesetzt! Keine Dikussionen! Alles ist national notwendig! Ist ehrenvoll! Alles ist Wille! Alles ist mach(t)bar! Einer weiß alles - der Führer! Gehorcht den Imperativen! Das ist eure Verantwortung! Verstanden! Ja! Lauter!! (Lauterrrrr! Ich hörrrrr nix! Das ist ja ein Volk im Stimmbrrruch! Werde ich mich denn im Mai 45 umringen müssen, weil dieses Volk nicht auf seinen gottergebenen Führer hören will! Denn mein ist das Reich und die Ewigkeit! Amen! - Ich werrrrde es trrrotzdem verrrsuchen müssen! Auch wenn die Rrrrrussen 20 000 Panzer bauen werden um meinen Erfolg im Weltkrieg sabotieren zu können! Ich habe es gewusst! Amen! Wo finde ich noch ein anderes Volk??)
*
So panikartig und wahrheitsversoffen voll "denkt" und schreibt heute nur noch die BILD-Zeitung. Egal - ob gegen einen holländischen Trainer für die DFB-Elf (Nationalsache!) oder gegen Steuern!

*
Martin Heidegger, Philosoph, 1889 in Meßkirchen geboren, erhielt 1945 aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP Lehrverbot, das 1950/51 wieder aufgehoben wurde. Heidegger starb am 26. Mai 1976 in Freiburg.
Quelle: John Evert Haerd: Das Nibelungenepos. Francke, 1996; S. 219. Korrigiert nach Guido Schneeberger (Hg.): Nachlese zu Heidegger. Bern 1962. S. 135f.)
*
*
Sohnemann Heidegger hält heutzutage seinen Vater für einen Widerstandskämpfer! (Der ist ja auch in de BRD Beamter geblieben und hat ja auch eine gute Pension bezogen - der Vater!)

Internet-Tipp: https://www.information-philosophie.de/philosophie/heideggergespraech.html


navallo antwortete am 18.07.04 (13:34):

Und wie könnte man folgenden Satz übersetzen?
"Wenn Seniorentreffler, welche Beiträge, die ihre Lebenserfahrung, die gewißlich meist nicht klein ist, in ein Diskussionsforum stellen, meinen, sie könnten aus Schachtelsätzen und Phrasen, welche für deren Erklärung erforderlich sind, die gleichen Schlußfolgerungen wie nach einer normalen Unterhaltung ziehen, so ist das mit einem Forscher, welcher sich besonders mit Fliegen, die ja gelegentlich Ausscheidungen hinterlassen, beschäftigt, verlgeichbar, der aus dem Fliegenschiß auf die Größe und Färbung der excrementierenden Fliege schließt."


Karl antwortete am 18.07.04 (14:15):

@ navallo,

aber, aber, nichts gegen Fliegenforscher ;-)) Wo hast du diesen Satz denn aufgeschnappt?


navallo antwortete am 18.07.04 (15:29):

@Karl,
ich hatte ein paar Jahrzehnte Gelegenheit, mir häufig in Vorträgen solche Sätze anzuhören. Um auch so beeindruckend reden zu können - Unverständliches beeindruckt ja Zuhörer oft über die Maßen - habe ich während langweiliger Sitzungen diese Konstruktionen auf Zetteln geübt. Aus dieser Zeit stammt auch das Paradebeispiel:

"Der Hund, welcher den Hasen, der über das Feld, wo sich die Mühle, in der kein Müller mehr wohnt, läuft, excrementiert, ohne auf die Rufe des einsamen Wanderers, welcher den Besitzer, der sein Tier in einer Pause aus den Augen, um zu pinkeln, verloren hatte, zu beachten.

Man braucht für neue Sätze nur Substantive und Verben umzumodeln.

Eine andere Technik der Höchstsprache ist das Einbauen von Fremdwörtern, die nicht jedem geläufig sind.

Beispiel:
Esotherischer Okkkultismus reflektiert in heterogenen Auditorien perpetuierende Success Stories. Business-Orientierte innerhalb imbeziler Totalität haben das Know-how, sich in Keywords zu exprimieren. Die User transienter Generationen disponieren über ein Latinum, welches im intelektuellen up-to-date-Level durch anglistische Fragmente, verbale Recreationen und Abbreviationen substituiert wird.


navallo antwortete am 18.07.04 (15:30):

Übersetzung des vorangehenden Beispiels:
�Das unverständlich Geheimnisvolle beeindruckt die Menge immer. Das wissen die Gewieften unter den Einfältigen und äußern sich verschlüsselt. In früheren Zeiten benutzte man hierzu Latein, heute sind es Englischbrocken, Wortneuschöpfungen und Abkürzungen.�


navallo antwortete am 18.07.04 (15:56):

Ach so, Karl,
natürlich hab ich nichts gegen, sondern sehr viel für Fliegenforscher übrig :)). Mir wurde als "Nebenbei"-Histologe manchmal sehr wenig Untersuchungsmaterial zugeschickt und eine ausgiebige Diagnostik erwartet. In diesen Fällen pflegte ich dem Einsender zu sagen, daß man aus einem Fliegenschiß nur sehr unvollkommen auf die Größe und Farbe der Fliege schließen kann.


iustitia antwortete am 18.07.04 (22:37):

Wer kann das übersetzen? Oder hat eine Vermutung, wer so (ob ernsthaft oder maliziös) diese Sprachwucherung betrieb...?

�Der Produzent des Textes regrediert im Wirkfeld permissiver Modellmuster zur repressiven Statusdiskrepanzenveruneinheitlichung, thematisiert die denkautonome Semantiklosigkeit wertneutraler Denkanstöße, klammert die formalisierbaren Strukturen postmanieristischer Bewußtseinskategorien aus und verteufelt die soziopsychischen Dominanzen reversibler Wortgewohnheiten."


iustitia antwortete am 18.07.04 (22:40):

Da schreibt ein Sprachwissenschaftler...:

Kaum zu glauben, aber der folgende Satz stammt von unserem Klassiker Gotthold Ephraim Lessing: �Die linguistisch psychische Form der graphischen Ideenexpression des Individuums steht in einer approximativ äquivalenten Relation zur konstitutionellen Synthese seines physischen Organismus."
*
Gibt's das wohl auf gut Deutsch...? Auf original Lessingsch...?


iustitia antwortete am 18.07.04 (23:50):

Altes, fast Vergessenes aus der Fliegenforschung:
Loriot wäre zu ziteren; meine Großmutter ("Fliegen sind des Teufels lästigste Brut. Auch auf meiner Hochzeit habe ich sieben auf einen Streich erlegt. Allse Fliegenmännlein!!" Aber sie wolltt uns nie erklären, woran sie das Geschlecht unterscheiden konnte.)
Oder, mein Sohn, zur Feststellung von Wortarten und Satzgliedern; (in veralteter Kleinschreibung á la Meister George): Wenn fliegen hinter fliegen fliegen, fliegen fliegen fliegen nach.
Loriots Fliegen-Huldigung habe ich im Internet nicht gefunden.
*
Dumme Frage: "Wann gehen fliegen- und sturmerprobte Ostfriesen auf die Toilette...?"

Internet-Tipp: https://images.google.de/images?q=tbn:RM0VNn4hlokJ:www.holyshithappens.de/pics/scheisse_ist_gut.jpg


iustitia antwortete am 19.07.04 (23:28):

"Die linguistisch psychische Form der graphischen Ideenexpression des Individuums steht in einer approximativ äquivalenten Relation zur konstitutionellen Synthese seines physischen Organismus."
*
Diesen Satz hatte Lessing selber in gutem Deutsch vorgeprägt - und diese o.g. Schwafelvariante war schon als Spaß gedacht.

Dazu Lessing:: Jeder Mench hat seinen eigenen Stil, so wie seine eigenen Nase."