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THEMA:   Gedichte

 3 Antwort(en).

Enigma begann die Diskussion am 15.07.04 (10:27) :

Das Schnabeltier
von Robert Gernhardt

Das Schnabeltier, das Schnabeltier
vollzieht den Schritt vom Ich zum Wir.
Es spricht nicht mehr nur noch von sich,
es sagt nicht mehr:"Dies Bier will ich!"
Es sagt:"Dies Bier,
das wollen Wir!"
Wir wollen es, das Schnabeltier!



Dichter mit Leserin am Strand
von Robert Gsella

Sieh das Meer entfesselt wüten
sieh die Winde stürmisch wehn
Sieh die Möwen äh.... sich drehn
Sieh ...hm..Tüten, hüten, brüten
Sieh mal da, da ....da ist ein Schwimmer -
Sie, das wird nix. Also gehen
wir am besten gleich aufs Zimmer.


Ballade vom Entsagenden
von Thomas Gsella

Seit gestern meid`ich Alkohol -
und singe heut`schon Lieder!
Trala, ich fühl mich herrlich wohl,
und meine Birne: herrlich hohl!
Mich dünkt, ich trinke wieder.

Thomas Gsella wurde von Robert Gernhardt für den Ringelnatz-Nachwuchspreis vorgeschlagen. Gsella ist Redakteur bei "Titanic".


iustitia antwortete am 15.07.04 (20:17):

Gsella liebt neben normalen Frechheiten auch Parodien... - Auf welchen Dichter, welches Gedicht und auf welche Metaphern spielt er hier an:

Thomas Gsella:
Ach, lieber Gott!

Im Fenster, lieber Gott, direkt mir gegenüber
Steht unter Sternen eine Frau, sehr alt und wach.
Sie steht dort stets, ach lieber Gott, und läge lieber
In einem Grab, das Herz bei Dir, die Augen brach.

Doch weil die alte lebt und hofft, des Himmels Geige
Entführe sie ganz sanft, wenn sie nur starr und stur
Dem Spieler, wenn er eintritt, ihren Rücken zeige,
drum steht sie da und glotzt mir auf die Tastatur.

Jetzt ist es Mitternacht; noch Stunden wird sie bleiben
Und dann ins leere Bett gehen. Wie ich traurig bin!
Ach, lieber Gott, tu diese Schachtel halt entleiben,
und dann was Jüngeres, was deutlich Jüngeres dorthin.
(taz 11.07.02)


iustitia antwortete am 15.07.04 (20:29):

Imma schnella, imma weita, mit Gsella...!

Thomas Gsella:
Chronik eines Gedichts

Kein Wort, nirgends. Nichts geschah,
nichts im Außen, nichts aus Innen.
Und ich war so sehr Beginnen.
Und ich schreib: Es ist nichts da;

doch kann anders als aus Nichtsein
je ein Etwas rein entstehn?
Muss denn Nacht nicht ganz vergehn,
damit Tag ist? Kann da Licht sein,

wo noch Dunkel existiert?
Ist nicht Nichts vor allem Leben?
Kann es jemals Schwarzes geben,
wenn aufs Weiß des Blatts nicht stiert

ich, der Dichter? Ist dies Weiße
nicht das Fatum jenes Ortes,
der, als Mutter, jeden Wortes,
weiß sein muss, um schwarz - ach Scheiße,

nö, das wird nix. Ab ins Bett;
morgen dann das Topsonett."

(taz 21.03.2001)


iustitia antwortete am 15.07.04 (21:22):

Thomas Gsella:
Fragen eines lesenden Vaters

Wer machte Marylin Monroe groß?
In den Büchern stehen die Namen von Regisseuren.
Haben die Regisseure die Osanit Kügelchen
Gegen innere Unruhe beim Zahnen verabreicht?
Und die mehrmals geehrte Claudia Schiffer
Wer, bitte, hat sie denn hergestellt?! In welchen Löchern
Des Steffi Graf Anwesens vegetiert heute Peter?
Wer legte die vielbesungenen Sirenen
Auf Teppiche, damit sie es beim Krabbeln
Weich haben? Der große Karel Gott: Von wem
Hat er sein betörendes Timbre? Sang er nicht
Anfangs auch mal mit Vati? Ja bestimmt! Und
Selbst hinter dem sagenhaften Gespann der
Schumacher Brüder steckt letztlich ein
Paps

Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens Daddy bei sich?
Nein? Oder zumindestens sagen wir Hannibal:
Waren seine Elefanten nicht eventuell vaterseits
Finanziert (vorgestreckt)? Auch nicht?
Napoleon siegte im Dreißigjährigen Krieg. Wer
Hat ihm das erzählt?

So viele Berichte.
So viele Fragen.
(T.G.: S. Kille Kuckuck Dideldei. Gedichte mit Säugling. München 2003. Heyne TB. S. 74)
*

A.S. R.:
Hoppslalla,
Gsella:

So viele Gedichte.
So wenig Kinder.
So wenig Renteneinzahler.
Zu wenig Leser
auf Dauer.