Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Gedichtsuche

 5 Antwort(en).

Friedgard begann die Diskussion am 06.03.01 (18:16) mit folgendem Beitrag:

Leider konnte mir das Forum der Uni Gießen nicht helfen.
Früher wurde das Gedicht wohl in Volksschulen gelesen oder es
fand sich in Kinderbüchern. Kennt einer es vielleicht und kann mir
auf die Sprünge helfen:
"Ja, das Kätzchen hat gestohlen
und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
daß er sie im Teich versenkt...."

Der Junge wirft das Kätzchen selbst in den See und springt
hinterher, um sie zu retten.
"Wäre Peter nicht, der Lange...."
Rettung, Bettruhe, heißer Tee - die Katze sitzt auf dem
Fensterbrett und putzt sich...
"...und sie soll nicht wieder sterben?
Trinke nur, so soll sie's nie."
Ich habe alte Kinder- und Lesebücher durchgesehen, aber leider ohne
Erfolg. Vielleicht kann mir jemand helfen?


Heidi antwortete am 06.03.01 (20:55):

Aus der Kindheit


"Ja, das Kätzchen hat gestohlen,
und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
daß er es im Teich versenkt !"


Nachbars Peter hat's vernommen,
ungerufen kommt er schon:
"Ist die Diebin zu bekommen,
gebe ich ihr gern den Lohn! "

"Mutter, nein, er will sie quälen.
Gestern warf er schon nach ihr,
bleibt nichts andres mehr zu wählen,
so ertränk' ich selbst das Tier."

Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen,
wie es glänzt im Morgenstrahl!
Lustig hüpft's dem kleinen Jungen
auf den Arm zu seiner Qual.

"Mutter, laß das Kätzchen leben,
jedesmal, wenn's dich bestiehlt,
sollst du mir kein Frühstück geben,
sieh nur, wie es artig spielt!"

"Nein, der Vater hat's geboten,
hundertmal ist ihr verziehn!"
"Hat sie doch vier weiße Pfoten!"
"Einerlei! Ihr Tag erschien!"

"Nachbarin, ich folg' ihm leise,
ob er es auch wirklich tut!�
Peter spricht es häm'scherweise,
und der Knabe hört's mit Wut.

Unterwegs auf manchem Platze
bietet er sein Liebchen aus;
aber keiner will die Katze,
jeder hat sie längst im Haus.

Ach, da ist er schon am Teiche
und sein Blick, sein scheuer, schweift,
ob ihn Peter noch umschleiche -
ja, er steht von fern und pfeift.

Nun, wir müssen alle sterben,
Großmama ging dir vorauf,
und du wirst den Himmel erben,
kratze nur, sie macht dir auf!

Jetzt, um sie recht tief zu betten,
wirft er sie mit aller Macht,
doch zugleich, um sie zu retten,
springt er nach, als er's vollbracht.

Eilte Peter nicht, der lange,
gleich im Augenblick herzu,
fände er, es ist mir bange,
hier im Teich die ew'ge Ruh.

In das Haus zurückgetragen,
hört er auf die Mutter nicht,
schweigt auf alle ihre Fragen,
schließt die Augen trotzig - dicht.

Von dem Zucker, den sie brachte,
nimmt er zwar zerstreut ein Stück;
doch den Tee, den sie ihm machte,
weist er ungestüm zurück.

Welch ein Ton! Er dreht sich stutzend,
und auf einer Fensterbank,
spinnend und sich emsig putzend,
sitzt sein Kätzchen blink und blank.

"Lebt sie, Mutter?" "Dem Verderben
warst du näher, Kind, als sie!"
"Und sie soll auch nicht mehr sterben?"
"Trinke nur, so soll sie's nie!"



Friedrich Hebbel


Edith antwortete am 06.03.01 (22:02):

Oh ja, liebe Friedgard, dieses Gedicht kenne ich auch und hatte es vergessen.
Liebe Heidi, danke. Es hat mich an die Kindertränen erinnert, die darüber vergossen wurden.


Heidi antwortete am 06.03.01 (22:26):

Ist es nicht schön, dass wir noch mit Gedichten aufgewachsen sind?
Die Kinder von heute werden später vielleicht Erinnerungen an Fernsehserien oder PC-Spiele austauschen. :-))


lydia h. antwortete am 07.03.01 (06:50):

den katzenfreundinnen (wer solch gedicht noch auswendig-wenn auch nur teilweise- weiss, ist bestimmt eine solche) empfehle ich die HP meiner freundin beate aus norddeutschland. es ist eine wunderschöne und sehr informative page. dort fand ich auch einmal obiges gedicht im forum. bei der "renovation" der page ging es,zusammen mit anderen beiträgen, leider verloren.


Friedgard antwortete am 07.03.01 (09:57):

Danke, Heidi! Dacht ich mir doch, daß in unserem Kreis einer das Gedicht
kennt!
Ja, wir sind glücklich dran, daß wir auf einen solchen Fundus an Gedichten
zurückgreifen können.
Ich hätte es nicht bei Hebbel gesucht - eher bei Heinrich Seidel oder Rückert.
Wenn ich dran denke, welchen Kult man heute mit Haustieren treibt und wie
rauh man damals mit ihnen umging! - Auch ich erinnere mich aus meiner KInder-
zeit, als unsere Katze Junge bekam, kam ein Mann, der sie umbringen mußte.
Das ist die Sterilisation doch die "humanere" Methode!